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Ist Wissenschaft eine Religion ?

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Sing-Sil schrieb:
na nichtwissenschaftliche methoden können doch nur über die eigene wahrnehmung laufen. in der wisenschaft setze ich ja vorraus, dass rationalität die absolute grundvorraussetzung für alles ist. das gefühl oder die intuiton wird dabei gänzlich ausgeklammert.

Als "Beweismittel" wird sie ausgeklammert - was nicht heissen soll, dass Wissenschaftler nicht auch ihren Intuitionen folgen.


Sing-Sil schrieb:
wobei ich gerade überlege, dass der wissenschaftliche weg doch über logische folgerungen läuft. aber logische folgerungen lassen sich doch bei entsprechenden grundvorraussetzungen genauso auf religion anwenden...

aaaaalso mal ein beispiel:

"beweis mir die exiszenz gottes."

"siehst du den baum da? das ist der beweis."

"aber der baum ist doch durch den samen entstanden."

"und wo kommt der samen her?"



Eine logische Folgerung ist das zwar nicht, aber ich glaube zu verstehen, was du meinst :wink:





Sing-Sil schrieb:
letzendlich lassen sich doch die ganz grundlegenden naturkräfte wie strom oder schwerkraft nicht erklären. das bedeutet in der wissenschaft glaubt man an eine grundvorraussetzung und baut auf dieser logisch auf. das ist doch aber in der religion nicht anders...

Ja gut, wenn du die wissenschaftlichen Erklärungen bis an ihre interpretierbaren Grenzen in deine Religion integrierst, kannst du an den Grenzen deine transzendentale Fantasie/Intuition walten lassen - spricht ja nichts dagegen. Dann hast du der Wissenschaft folglich einen ziemlich großen Bereich überlassen, den sie selbst definiert, und der zudem immer größer wird - die Religion mußte auch historisch gesehen immer mehr Zugeständnisse an die Wissenschaft machen.
Davon abgesehen haben auch viele Wissenschaftler ihre Interpretationen von kosmologischen/biochemischen/physikalischen "Grenzbereichen" .
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Ich wollte ausdrücken, dass sich ein vollkommen rational-wissenschaftliches Weltbild von einem religiösen, das die Wissenschaft "integriert" hat (Newton zb. glaubte - von esoterischen Dingen abgesehen - unter anderem auch einen Gott), unter Umständen nur durch die Frage der "ersten Bewegung" unterscheidet - viele religiöse Menschen nehmen die Wissenschaft jedoch nur selektiv wahr.
Die Einarbeitung von wissenschaftlichem Fortschritt in Kult und Religion geht jedoch oft langsam und unvollständig voran, und führt eben mitunter zu einem Bremsen der wissenschaftlichen Entwicklung - früher wie auch heute, nur in anderen Bereichen und Dimensionen.
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
nun, das beispiel mit dem baum zeigt sehr schön den unterschied zwischen wissenschaften und religion.

denn damit hast du sicherlich recht, sing-sil:

wobei ich gerade überlege, dass der wissenschaftliche weg doch über logische folgerungen läuft [hervorhebung von mir].

kurzer exkurs zur wissenschaftlichen logik:

1. du hast eine theorie, eine vorannahme über die welt - diese sollte mit anderen theorien, die sich bewährt haben, in einklang stehen.

2. du deduzierst logisch aus diesen vorannahmen behauptungen über die welt.

3. du überprüfst empirisch, ob diese behauptungen über die welt zutreffen.

jetzt machen wir das mal mit dem baum und gott.

1. es gibt einen gott.

2. ???? problemproblem: was folgt denn logisch aus der existenz gottes? vor allem: was nicht??? folgt aus der existenz gottes logisch die existenz eines baums??? folgt dann auch nicht logisch die existenz eines ödigfuhböxciouh??? wenn nein, dann siehst du, warum dein beispiel nicht logisch ist. wenn ja, dann zeig mir bitte der/die das ödigfuhböxciouh.


ich würde als nicht-wissenschaftliche methode, zu erkenntnis zu gelangen, schriftgläubigkeit und meditation zählen. bei diesen methoden ist es wurscht, was tatsächlich in der welt passiert. du hast ein problem und entweder du löst es mit bibelworten oder du löst es, indem du drüber nachdenkst. mit echten erfahrungen braucht man das gar nicht abzugleichen.

so ging die wissenschaft im alten griechenland oder im mittelalter. da wurde, anstatt "nachzuschauen", sich auf aristoteles oder die bibel berufen. was dort nicht stand, durfte nicht sein, und was dort stand, war.
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
antimagnet schrieb:
so ging die wissenschaft im alten griechenland oder im mittelalter. da wurde, anstatt "nachzuschauen", sich auf aristoteles oder die bibel berufen. was dort nicht stand, durfte nicht sein, und was dort stand, war.

Ja, aber die Dogmen sind teilweise durch primitiv-empirische Methoden zustande gekommen. Wie erklärt man sich sonst zb. Vermutungen nach dem Muster, dass Mäuse aus Säcken mit Geitreide entstehen?
Der Unterschied ist kein absoluter - wie oben schon beschrieben "glauben" heute viele Menschen an einige Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung, andere werden übersehen, ignoriert oder sind nicht bekannt. Somit sind auch viele religiöse Menschen teilweise wissenschaftsgläubig - je nach Grad der Anpassung ihrer Glaubensdogmata an die (bekanntesten) wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Nicht zuletzt weil die Wissenschaft eben noch kein vollkommen in sich geschlossenes Weltbild liefert, ist sie für viele Menschen keine "totale Alternative" - sie weist keinen Weg, gibt keinen Grund, keinen Sinn - vielleicht abgesehen und Gattungs- und DNA-Solidarität...

Und Empirie gab es auch und gerade in den frühen "vorwissenschaftlichen"
Wisenschaften (zb. Astronomie in Mesopotamien, Medizin in Ägypten etc.), nur wurden die Erfahrungen nicht mit physikalischen und biologischen Erklärungsmustern versehen, sondern eben meist mit magischen oder mythischen, deren Basis nicht hinterfragt wurde - ebensowenig wie die meisten heutigen Nicht-Wissenschaftler den Hintergrund von mancher wissenschaftlicher Erklärung hinterfragen.

Aber die Rückkopplung war eben beschränkt - wie sonst könnten magische Rezepte neben detailierten medizinischen Beschreibungen zu finden sein? :wink:
 

Lyle

Vorsteher und Richter
16. Februar 2003
777
antimagnet schrieb:
ich würde als nicht-wissenschaftliche methode, zu erkenntnis zu gelangen, schriftgläubigkeit und meditation zählen. bei diesen methoden ist es wurscht, was tatsächlich in der welt passiert.
Also ganz so ist es ja nun nicht. Einer der Gründe warum ein "Schriftgläubiger" "schriftgläubig" ist, besteht darin, dass die Schrift eine Beschreibung liefert, die eben sehr gut das erklärt "was tatsächlich in der Welt passiert", zumindest bei der Bibel stimmt das.
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
kurz & knapp:
:wink:


wie geht erkenntnis - wissenschaftliche und religiöse?

du findest ein phänomen in der welt und versuchst es zu begründen. bis hierher sind sich wissenschaft und religion einig. nun überprüft aber die wissenschaft diese erklärung systematisch, indem aus der erklärung weitere logische folgerungen gezogen werden und geschaut wird, inwiefern diese vorhersagen denn auch wirklich zutreffen. das macht die religion nicht.

oder?


darf ich dich fragen, wie weit deine "schriftgläubigkeit" geht, lyle?

ich will dich nicht auf den prüfstand stellen damit, und auch nicht dich "bloßstellen", aber mich würde interessieren, ob du die geschichten der bibel "eins-zu-eins" für tatsächlich geschehen ansiehst, ob tatsächlich der heilige geist den schreibern "diktiert" hat, oder ob du das eher als "menschliche" metaphern über das zusammenleben der menschen ansiehst...
 

Sing-Sil

Geselle
3. Oktober 2003
37
@ antimagnet

das kommt mir zu verdreht...

wenn die erste annahme ist, es gibt eine schwerkraft, was ist dann die nächste? das es akjsdhakshd gibt?

wenn die erste annahme ist, dass es gott gibt, ist die nächste das das sein von ihm geschaffen ist. folglich ist der baum also eine erscheinungsform des göttlichen. das wäre für mich eine logische schlussfolgerung.

im übrigen ist meditation für mich eigentlich der höchste grad an echter erfahrung den man haben kann... :wink:

die beste methode nicht-wissenschaftlichen überprüfens ist für mich immer noch die eigene sinneswahrnehmung...


@ hives

deine argumentation, dass die wissenschaft und die religion nur von verschiedenen "ersten bewegungen" ausgehen, hat jetzt aber finde ich nichts mit der frage zu tun, ob wissenschaft nun nicht auch eine religion ist. buddhismus und christentum haben ja auch total verschiedene ansätze und sind trotzdem beide religionen...

es wurden ja auch im laufe der geschichte oftmals religionen in andere eingebaut... (was ja der hauptgrund für den erfolg des christentums war...)
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Sing-Sil schrieb:
@ hives

deine argumentation, dass die wissenschaft und die religion nur von verschiedenen "ersten bewegungen" ausgehen, hat jetzt aber finde ich nichts mit der frage zu tun, ob wissenschaft nun nicht auch eine religion ist. buddhismus und christentum haben ja auch total verschiedene ansätze und sind trotzdem beide religionen...

Offensichtlich habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt:

Wissenschaft und Religion gehen genau dann und nur dann, wenn die Religion sämtliche wissenschaftlcihen Erkenntnisse integriert und sich sozusagen in die letzten Bastionen verzieht, mehr oder weniger ähnliche Wege. Das ist jedoch so gut wie nie der Fall, auch wenn viele religiöse Menschen vielleicht glauben, dies zu tun.
Die beschriebene Form der Religion wäre vielleicht noch eine "religiös inspirierte Wissenschaft" (falls jemand versteht, wa sich meine, man denke zb. an Newton), aber nicht wirklich Religion wie wir sie kennen.


Was die Unterschiede zwischen W. und R. angeht stimme ich im Übrigen antimagnet weitgehend zu (mit den genannten Einschränkungen und Relativierungen).
 

Sing-Sil

Geselle
3. Oktober 2003
37
jetzt geht mir blöderweise gerade der faden der diskussion flöten...

du redest also die ganze zeit garnicht über die frage ob wissenschaft und religion das gleiche sind sondern wann die fusion möglich ist?

wenn du antimagnet zustimmst warte ich immer noch auf die argumentaion warum dem so ist... :roll:
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Sing-Sil schrieb:
jetzt geht mir blöderweise gerade der faden der diskussion flöten...

du redest also die ganze zeit garnicht über die frage ob wissenschaft und religion das gleiche sind sondern wann die fusion möglich ist?

Richtig, so könnte man es ausdrücken. Es gibt eben zwei nachträglich konstruierte "Grundmodelle" mit Gemeinsamkeiten (zb. Empirie wird genutzt/Logik wird genutzt) und Unterschieden (zb. Empirie hat unterschiedlichen Stellenwert/ Logik dient dem Formulieren von Hypothesen oder aber der Festigung von Dogmen).
Ein konstatierbarer Unterschied ist meiner Ansicht nach, wie oben schon geschrieben, die Erklärung die gefunden wird (physikalisch/biologisch oder mythisch/magisch/transzendental).


Sing-Sil schrieb:
wenn du antimagnet zustimmst warte ich immer noch auf die argumentaion warum dem so ist... :roll:

Im letzten vorletzten Post hast du geschrieben:
die beste methode nicht-wissenschaftlichen überprüfens ist für mich immer noch die eigene sinneswahrnehmung...
Aber gerade die Empirie, die gezielte, überprüfte Sinneswahrnehmung ist ein wesentlicher Teil - eben eine Hälfte - der Wissenschaft.


Mir kommt es so vor, als ob du "Religion" sagst, aber eigentlich schon ein mehr oder weniger wissenschaftliches Weltbild meinst, in das du ein wenig Transzendenz retten willst - Überprüfung durch individuelle Sinneswahrnehmung gehörte vielleicht mit zur Dogmenbildung, aber nicht zum gewöhnlichen Alltag eines typischen religiösen Menschen.
 

Sing-Sil

Geselle
3. Oktober 2003
37
genauso gehört aber nicht die vorstellung, dass alles im endeffekt nur modelle sind zum alltag eines im wissenschaftlichem rahmen lebenden menschen...

für mich ist religion absolut gleichbedeutend wie wissenschaft. es sind beides versuche die wirklichkeit zu beschreiben, die von verschiedenen vorraussetzungen ausgehen und einen in sich geschlossenen rahmen bilden. einigen menschen die in diesem rahmen leben ist das bewusst, vielen nicht. das problem ist nur, dass sich die wirklichkeit nun mal nicht beschreiben sondern nur erfahren lässt, daher hat meiner meinung nach die vorstellung von elektronen genausowenig oder genausoviel mit der wirklichkeit zu tun, wie die vorstellung von engeln. aber ich glaube ich schweife gerade auf ein ganz anderes thema ab... :wink:
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Sing-Sil schrieb:
genauso gehört aber nicht die vorstellung, dass alles im endeffekt nur modelle sind zum alltag eines im wissenschaftlichem rahmen lebenden menschen...

Da stimme ich zu, was die Realisierung der "Modellhaftigkeit" angeht.


Sing-Sil schrieb:
für mich ist religion absolut gleichbedeutend wie wissenschaft. es sind beides versuche die wirklichkeit zu beschreiben, die von verschiedenen vorraussetzungen ausgehen und einen in sich geschlossenen rahmen bilden.

Ich würde entgegengesetzt behaupten: Weder Religion noch Wissenschaft bieten für sich allein einen geschlossenen Rahmen.
Die Wissenschaft kann sehr detailiert Phänomene beschreiben, lässt die Menschen bei weitergehenden/spirituellen Fragen jedoch allein.
Religion wiederum führt Phänomene auf Dogmen zurück (oder integriert eben bis zu gewissem Maße), bietet aber oft mehr oder weniger eindeutige Antworten auf "Sinnfragen" (die jedoch nicht Gefahr laufen, falsifiziert zu werden).

Auch geht es der Wissenschaft um die Beschreibbarkeit der Welt durch Gesetze, die Vorhersagen für die Zukunft treffen lassen, welche falsifizierbar sind - was bei religiösen Dogmen oft nicht einmal zur Debatte steht.


Sing-Sil schrieb:
einigen menschen die in diesem rahmen leben ist das bewusst, vielen nicht. das problem ist nur, dass sich die wirklichkeit nun mal nicht beschreiben sondern nur erfahren lässt, daher hat meiner meinung nach die vorstellung von elektronen genausowenig oder genausoviel mit der wirklichkeit zu tun, wie die vorstellung von engeln. aber ich glaube ich schweife gerade auf ein ganz anderes thema ab... :wink:

Naja, Elektronen lassen sich messen (also empirisch konstatieren), Engel lassen sich vielleicht in diversen Zustände einbilden, aber weder messen noch in Gesetzen beschreiben, nach denen sie in der Welt wirken.
 

Sing-Sil

Geselle
3. Oktober 2003
37
und was genau ist messen? anzeigen auf einem gerät. da haben wir es wieder... messgeräte kommen auch aus dem wissenschaftlichen kontext. ich kann elektronen aber nicht ausserhalb davon wahrnehmen.

und was die gesetzmässigkeit angeht: ich denke schon das da ganz genaue gesetzmässigkeiten zugrunde liegen. bestimmten engeln werden doch z.b. bestimmte kräfte zugeordnet...

übrigens vielen dank mal für die anregende diskussion :D
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Sing-Sil schrieb:
und was genau ist messen? anzeigen auf einem gerät. da haben wir es wieder... messgeräte kommen auch aus dem wissenschaftlichen kontext. ich kann elektronen aber nicht ausserhalb davon wahrnehmen.

Aber du kannst Effekte beobachten, die durch sie hervorgerufen werden (zb. Braun'sche Röhre), und recht exakt "stimuliert" werden können.


und was die gesetzmässigkeit angeht: ich denke schon das da ganz genaue gesetzmässigkeiten zugrunde liegen. bestimmten engeln werden doch z.b. bestimmte kräfte zugeordnet...

Das würde mich näher interessieren. Gibt es da Regeln oder Sätze
"wenn a b und c dann kommt engel d angeflattert"?
Glaube ich kaum, wohl eher eine assoziative/mythische Beziehung wie in allen Religionen/Kulten. Die Regeln kommen in Religionen und Kulten (neben ethischen oder kosmologischen Dogmen - die nicht falsifizierbar sind) eher bei Deutungen/Vorhersagen (die mit Medizin und Psychologie verbunden waren) oder Absolutionen vor ( ebenfalls nicht falsifizierbar).


übrigens vielen dank mal für die anregende diskussion :D
Zu dem Zweck sind wir alle doch hier :wink:[/quote]
 

Vondenburg

Vollkommener Meister
11. Februar 2003
519
Sing-Sil schrieb:
und was genau ist messen? anzeigen auf einem gerät. da haben wir es wieder... messgeräte kommen auch aus dem wissenschaftlichen kontext. ich kann elektronen aber nicht ausserhalb davon wahrnehmen.
Das klingt jetzt vielleicht seltsam, aber die Anzeige der Messgeräte ist Teil Deiner sinnlichen Wahrnehmung und deren Interpretation ist Teil Deines hm... "Weltbildes" (Der Begriff "Weltbildbrille" gefällt mir da besser). D.h. wenn die Messgeräte etwas anzeigen, dann glaubst Du an Hand Deiner Erfahrungen und Deinem Wissen zu erkennen, dass da Elektronen fliessen.

Das ist genauso mit Deinen "normalen" Sinneseindrücken. Wenn Du einen Kasten mit Rädern schnell auf Dich zukommen siehst, siehst Du auf Grund Deiner Weltbildbrille, dass Du ganz schnell zur Seite springen musst, damit Du nicht vom Auto überfahren wirst. Der Mann neben Dir glaubt aber, dass vor ihm nur eine Leinwand steht (Seine Weltbildbrille war da offener für andere Sinneswahrnehmungen. Daher hat er das Flattern der Leinwand gesehen) und glaubt deshalb, dass das alles blos ein Film ist.

Bei den Wissenschaften ist es jetzt so, dass ein "idealer" Wissenschaftler genau die Subjektivität der Weltbildbrille kennt und deshalb seinen eigenen Theorien nicht trauen sollte. Deshalb kann er keine Erkenntnis als 100%-ige Wahrheit anerkennen. Dadurch hat er die Möglichkeit neue Erkenntnisse aufzunehmen und damit seine Weltbildbrille neu zu justieren oder gar komplett auszutauschen. (Ob im Guten oder Schlechten sei da mal dahingestellt)

Die Religion (oder der Glaube oder wie es immer auch genannt werden soll) dagegen ist ein großer Teil dieser Weltbildbrille.

Vereinfacht ausgedrückt: Die Wissenschaft ist der "Optiker" und die Religion die "Brille"...

Eingermassen verständlich und sinnvoll ausgedrückt? (das geht auch oder vornehmlich in Richtung antimagnet, weil er sich in der Thematik wesentlich besser auskennt, als ich.)
 

Lyle

Vorsteher und Richter
16. Februar 2003
777
@ antimagnet
darf ich dich fragen, wie weit deine "schriftgläubigkeit" geht, lyle?

ich will dich nicht auf den prüfstand stellen damit, und auch nicht dich "bloßstellen", aber mich würde interessieren, ob du die geschichten der bibel "eins-zu-eins" für tatsächlich geschehen ansiehst, ob tatsächlich der heilige geist den schreibern "diktiert" hat, oder ob du das eher als "menschliche" metaphern über das zusammenleben der menschen ansiehst...
Keine Sorge Du kannst mich ruhig fragen. Ich hab kein Problem damit hier zu sagen was ich glaube. Ich glaube wirklich daran, dass die Geschichten in der Bibel eins-zu-eins so geschehen sind, ebenso wie ich daran glaube, dass die Anweisungen der Bibel verbindlich sind. Ich glaube aber auch, dass die Auswahl dessen was in der Bibel steht, sowie die Art und Weise wie es beschrieben wird, mit Absicht so gewählt wurde, dass man sie als Metaphern o.ä. verwenden kann.
Ich glaube ferner an die wörtliche Inspiration, das direkte Diktat stellt dabei aber wohl eher die Ausnahme dar, obwohl das auch vorgekommen ist.

wie geht erkenntnis - wissenschaftliche und religiöse?

du findest ein phänomen in der welt und versuchst es zu begründen. bis hierher sind sich wissenschaft und religion einig. nun überprüft aber die wissenschaft diese erklärung systematisch, indem aus der erklärung weitere logische folgerungen gezogen werden und geschaut wird, inwiefern diese vorhersagen denn auch wirklich zutreffen. das macht die religion nicht.

oder?
Nette Idealvorstellung, aber nicht ganz zutreffend. Ich werde Dir jetzt mal ein "Geheimnis" verraten. Die meisten Wissenschaftler sind in gewissen Grenzen auch "schriftgläubig" und vertrauend. Ich werde Dir jetzt mal wissenschaftliche Forschung beschreiben:
Du hast eine Problemstellung, auf die bist Du gekommen, in dem Du die Publikationen anderer Wissenschaftler gelesen hast. Bevor Du anfängst zu forschen machst Du dann eine Literaturrecherche, das heißt, Du suchst Dir das zusammen, was irgendjemand mal zu diesem Thema geschrieben hat. Wenn Du dann tatsächlich anfängst selber zu arbeiten, dann bauen Deine Methoden auf dem auf, was andere vor Dir gemacht haben. Bei all dem musst Du aber entscheiden, in wie weit Du dem was andere veröffentlicht haben vertraust. Wenn Du einer Publikation vertraust, dann verlässt Du dich auf deren Ergebnisse, wenn nicht, dann bist Du vorsichtig.
Und jetzt kommt die Frage, warum vertraust Du jemanden? Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zunächst mal die Fachbezogenen: Ist das was veröffentlicht wurde ist in sich logisch und widerspricht es keinen allgemeinen anerkannten Prinzipien? Ein anderes Kriterium sind andere Veröffentlichungen. Was hat der Autor früher geschrieben, war das verlässlich oder aus was für einer Schule kommt der Autor, was haben seine Lehrer geschrieben? Dabei verlässt Du dich nicht nur auf Dein eigenes Urteil sondern auch auf das anderer. Du fragst zum Beispiel andere Wissenschaftler die sich schon seit längerer Zeit mit dem Problemgebiet befassen, was sie von den und den Leuten halten. Wie zuverlässig ist das ganze? Gut ist es auch wenn Du diejenigen die Veröffentlicht haben persönlich fragen kannst, denn dann erfährst Du so einiges was nicht öffentlich gemacht wird.
Und dann wenn Du selber anfängst zu arbeiten wirst Du sehen in wie weit, das was Du selber erfährst mit dem in Übereinstimmung steht, was geschrieben wurde.

Als "Bibelgläubiger" verhalte ich mich auch nicht viel anders. Ich schenke der Bibel Vertrauen, aber Vertrauen braucht Gründe. Und darum frage ich mich eben auch, wie verlässlich ist das was geschrieben wurde, wie logisch ist das ganze in sich, wie stimmt es mit allgemeinen Prinzipien überein. Ich frage mich in wie weit die Bibel das was bekannt ist richtig beschreibt, ich sehe die Aussagen anderer, die die Bibel besser und länger kennen als ich, was sie für Erfahrungen gemacht haben, in wie weit sie sie zuverlässig gefunden haben. Ich überprüfe in wie weit die Bibel mit dem was ich täglich erlebe übereinstimmt in wie weit sie das Leben so wie ich es erlebe richtig beschreibt. Ich frage mich, ob die Vorhersagen die die Bibel gemacht hat zutreffen, sowohl in Bezug auf mein eigenes Leben, wie auch in bezug auf die Welt insgesamt.
So und jetzt kommt der Entscheidende Punkt. Nachdem ich so zu der Überzeugung gekommen bin, dass die Bibel zuverlässig ist, eben weil sie sich bereits als zuverlässig erwiesen hat, dann vertraue ich ihr, auch auf Gebieten wo ich sie nicht überprüfen kann.

Um das zu verdeutlichen ein Beispiel: Die Bibel macht viele Aussagen über Israel. Sie beschreibt die Geschichte dieses Volkes un des Landes. Diese Beschreibungen haben zum Teil die Eigenschaft dass zukünftige Ereignisse beschrieben werden, sie sind also Prophezeiungen. Weil sich von diesen Prophezeiungen schon viele erfüllt haben, weil sie nachweislich richtig waren, glaube ich auch daran, dass sich auch die Prophezeiungen erfüllen werden, die noch in der Zukunft liegen.

nun überprüft aber die wissenschaft diese erklärung systematisch, indem aus der erklärung weitere logische folgerungen gezogen werden und geschaut wird, inwiefern diese vorhersagen denn auch wirklich zutreffen. das macht die religion nicht.
Vielleicht hast Du es mittlerweile mitgekriegt.: Ich sehe das anders. Als Gläubiger - zumindest als Christ - musst Du deinen Verstand und deine Logik nicht ausschalten oder vergewaltigen. Du kannst die Aussagen durchaus überprüfen. Bei diesen Überprüfungen bin ich bislang aber zu der Erkenntnis gelangt, dass die Aussagen stimmen und eben darum vertraue ich auch den Aussagen, die ich nicht überprüfen kann.
 

milktoast

Geheimer Meister
1. Dezember 2002
201
@Sing-Sil
nd was genau ist messen? anzeigen auf einem gerät. da haben wir es wieder... messgeräte kommen auch aus dem wissenschaftlichen kontext. ich kann elektronen aber nicht ausserhalb davon wahrnehmen.

Nun ja das ist relativ. Man kann Elektronen tatsächlich nicht als solche wahrnehmen. Aber man kann das vorhandensein schon Sinnlich feststellen, auch anders als mit Messgeräten. Wenn du mir nicht glaubst, dann fasse mal an einen E-Weidezaun oder wirf mal einen Blick auf die Glühbirne.

und was die gesetzmässigkeit angeht: ich denke schon das da ganz genaue gesetzmässigkeiten zugrunde liegen. bestimmten engeln werden doch z.b. bestimmte kräfte zugeordnet...

Und genau da unterscheidet sich der Glaube von der Wissenschaft.
Man glaubt das es Engel gibt und ordnet ihnen bestimmte Eigenschaften oder Kräfte zu.
In der Wissenschaft stellt man fest das es bestimmte Effekte oder Kräfte gibt und entwickelt ein entsprechendes Modell.
Die Wissenschaft braucht reproduzierbare empirische Beweise um ein Modell als gültig (nicht wahr) anzusehen. Bei der Religion genügt schon der Glaube, und die Realität der Engel wird entsprechend des übrigen Weltbildes angepasst.
Dadurch das die Wissenschaft immer tiefer in die Religiöse Erklärung hineinreicht haben einige Gläubige Probleme mit der Wissenschaft, andere haben einen Glauben der gefestig/flexibel genug ist, das sie die Wissenschaft in ihren Weltbild nicht stört.

cu milktoast -der sich immer noch frägt was eine Religion eigentlich ist
 

fumarat

Erhabener auserwählter Ritter
21. Januar 2003
1.133
Ein entscheidender Punkt in dem Zusammenhang ist, daß ein Gläubiger (zumindest bei den Offenbarungsreligionen) der Überzeugung ist, daß es Gott gibt, welcher uns Menschen auf verschiedene Weise Botschaften übermittelt hat.

Ich verstehe, daß diese Vorstellung einem Atheisten schwer fällt. (Man sagt ja, daß ein Gläubiger einen Atheisten weitaus besser versteht, als umgekehrt). Wenn man davon ausgeht, daß sich die Religion entwickelt hat, als ein Art Sonderzweig der Existenzphilosophie, so wird man die Thematik nie wirklich vertstehen. Oder zumindest die Denkweise eines Gläubigen. Also. Religionsevolution ist eigentlich nichts anderes als ein Erklärungsversuch (oder Theorie) von Atheisten. Ein Atheist muß ja schließlich auch antworten finden auf brennende Fragen: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Weshalb sind wir hier? Oder eben auch: Woher kommen Religionen? Antworten findet ein Atheist nicht zuletzt auch in der modernen Wissenschaft. Stichwort Urknall oder Evolution.

Natürlich kann man diesen Fragestellungen auch aus dem Weg gehen und sich eben keine Erklärungen suchen. Das ist dann eine gewisse Form der Ignoranz. Stichwort Spaßgesellschaft. (Agnostiker würde ich als Sonderzweig innerhalb dieser Gruppe sehen 8) )

Nun, und Lyle hat eines doch recht gut erklärt. Ein wirklich Gläubiger sollte seinen Glauben auch hinterfragen mit durchaus wissenschaftlicher Methodik. Man überprüft also Schriften, Botschaften, Träume usw. bezüglich ihrer Glaubwürdigkeit und Logik. Und ist dann sekundär auch bereit Dinge zu akzeptieren, die sich unserer Logik gewissermaßen entziehen.

Nehmen wir vielleicht mal eine der ältesten Geschichten der Bibel als Beispiel. Die Erschaffung Adams und Evas. Diese beiden hatten Gott gar gesehen und waren absolut davon überzeugt, daß Gott sie erschaffen hatte. Sie wurden dann auf die Erde verbannt. Und mußten das ihren Kindern erklären. Das war dann schon schwieriger. Gott half ihnen, indem Er Wunderzeichen sandte. Und genauso ist es bis heute geblieben. Wir nehmen unser Umfeld war und können aus all den vorliegenden Erklärungen schöpfen und uns die logischste davon aussuchen. Manche haben sich eben für den Glauben entschieden.


Grüße fumarat
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
lyle, wie stehst du denn zu anderen religionen?

irren die sich oder haben sie halt ihre eigene, auch richtige wahrheit? oder ganz was anderes?

@vondenburg,

also, ich muss sagen, ich fand deine weltbildbrillen-erklärung echt super. da brauchste gar nicht tiefstapeln - so wesentlich besser kenn ich mich auch nicht aus, würd ich sagen. wenn ich hier was schreib, ist das ein ausdruck eines aktuellen gedankengangs, und nicht aus der warte eines eh-schon-alles-wissenden gemeint (kommt manchmal bei mir so rüber, was?).

@sing-sil:
messen bedeutet eigentlich nur wahrnehmen - aber nach systematischen regeln. man spricht auch in den sozialwissenschaften und in der psychologie von messen (zumindest in der quantitativen ausrichtung). es wird also gemessen, wie fremdenfeindlich die deutschen sind, oder wie extrovertiert eine person ist. typische messinstrumente sind hier halt fragebögen.

noch mal kurz zum logik-problem:

in der tat hast du recht, wenn du sagst, alles ist göttlich, also ist es dieser baum auch. das ist eine logische deduktion. es gibt nur zwei probleme bei dieser "theorie" ("alles ist göttlich"):

erstens sind solche allaussagen wissenschaftlich unfruchtbar: es gibt per definitionem nichts, was nicht göttlich ist. also kann man mit diesem kriterium auch keine klassen bilden, unterschiede erklären oder zusammenhänge aufstellen (mein reden im egoismus-thread übrigens). genau das will die wissenschaft aber.
und da nichts nicht-göttlich ist, ist es einfach nur eine definitionsfrage, keine empirische frage. definitionen sind aber willkürliche tautologien und haben keine wissenschaftliche erklärungskraft.

das zweite problem ist: es ist gar nicht überprüfbar. wie willst du denn feststellen, ob etwas göttlichen ursprungs ist? es gibt kein wissenschaftliches messinstrument für gott - und das mit gutem grund. was gäbe es für einen aufruhr in der welt, wenn wir beweisen könnten, dass gott nicht existiert - und genau so einen aufruhr, wenn wir beweisen könnten, dass er existiert.

kurzer exkurs zu wissensschaftlicher vorgehensweise:

aus der allgemeinen theorie "alle menschen sind sterblich" kann logisch deduziert werden: "wenn sokrates ein mensch ist, ist er sterblich".
das ist überprüfbar, messbar. und wenn wir das an ganz vielen menschen überprüfen, und feststellen, bis jetzt war keiner unsterblich, dann behalten wir obige theorie bei.

die theorie der göttlichkeit erfüllt zwar diese logische grundstruktur, ist aber halt nicht überprüfbar.

es ist übrigens ganz normal, dass die wissenschaft nur das sieht, was sie auch messen kann. wie sollte sie denn etwas sehen können, was nicht gemessen werden kann? was nicht gemessen werden kann, kann nicht systematisch wahrgenommen werden, kann nicht überprüft werden und kann somit nicht wissenschaftlich betrachtet werden...

um nochmal auf den ausgang zurückzukommen:
für mich gibt es halt parallelen, ähnlichkeiten und analogien zwischen diesen beiden erklärungssystemen (wissenschaft und religion), aber auch wichtige unterschiede im vorgehen und in der grundstruktur.
 

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