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Die Jugend und die deutsche Schuld

Lastet auf deutschen Schultern eine Erbschuld?


  • Umfrageteilnehmer
    362

TheHeartless

Geselle
20. April 2003
43
Eine Position der jungen Deutschen zur Geschichte des Dritten Reiches


Kein Tag vergeht, an dem der Deutsche nicht mit dem Dritten Reich konfrontiert wird.
Politiker von Bundes- und Landesebene nutzen die Mahnung zur Erinnerung für ihre Sache, stellen gedankliche Verbindungen zwischen den Verbrechen der Nationalsozialisten der 1930er und 40er Jahre und aktuellen Diskussionen um gesellschaftliche und politische Themen her, die jeder Logik entsagen.
Zuwanderungsproblematik, Fragen der Kranken- und Altersvorsorge, Meinungen zum Fehlverhalten fremder Staaten, Diplomatie und Förderung von Kunst und Kultur - alles muss "in Anbetracht der deutschen Geschichte" irrational entschieden werden.

Leidenschaftlich geißeln Nationalmasochisten in Büßerhemden das deutsche Volk; in Zeitungsessays hetzen selbsternannte Linksintellektuelle gegen jeden, der sich unschuldig fühlt, auch wenn in seinem Reisepass seine deutsche Herkunft beurkundet steht.

Die meisten der in Unehren ergrauten Linksintellektuellen bekennen sich nur dann zur deutschen Nation, wenn es um reumütige Schuldeingeständnisse geht. Ansonsten ist man in diesen Kreisen selten deutsch, sondern Weltbürger. Erst wenn sich die Gelegenheit bietet, sich "einmal wieder so richtig ordentlich" zu schämen, treten diese Personen als erste in der Reihe vor, und wünschen sich wohl insgeheim, eines der früheren Opfer würde endlich mit Steinen auf sie werfen. Wie würden sie es doch genießen, und sich noch artig bedanken, so wie es ihrer Ansicht nach deutsche Pflicht seit 1945 ist.

Wer unschuldig leiden mag, soll nicht andere hineinziehen, uns, den unschuldigen Deutschen, nichts aufzwingen wollen.

Würde ich dies in Form einer Rede von mir geben, spätestens hier wäre ein entsetztes Raunen im Saale zu vernehmen.

Darf er das sagen? Unschuldige Deutsche?
Leugnet er etwa den Holocaust?

Nein, ich leugne keine wahrhaftig geschehenen Verbrechen. Ich bedaure sie zutiefst. So wie ich jeden Mord, jeden Völkermord, überall und zu jeder Zeit auf der Welt, bedaure und verurteile.
Verbrechen werden nicht weniger schlimm, wenn sie weit weg auf anderen Kontinenten begangen worden sind.
Taten der deutschen Vergangenheit besonders hervorzuheben verharmlost alle anderen Verbrechen, ob nun in China zur Zeit der Kulturrevolution, in Stalin-Russland, in Nord- und Südamerika zur Zeit der Kolonisierung durch europäische Mächte, in Afrika zur Zeit des Imperialismus oder die ungezählten Verbrechen anderer Epochen und Völker.

Zukünftige Opfer, wenn sie dem Tode ins Auge blicken müssen, tröstet sicherlich nicht das Wissen um die Millionen Opfer deutscher Gewalt zwischen 1939 und 1945.
Zukünftige Täter dürfen sich und ihre Verbrechen nicht damit verharmlosen, dass sie an die "abscheulichen Deutschen" erinnern, die nun schon seit knapp 60 Jahren vorbildlich in Frieden und Demokratie mit ihren Nachbarn zusammenleben.

Die Deutschen seien wegen ihrer dunklen Vergangenheit "schuldig". Jede Aussage wird in ein Dämmerlicht gestellt, das den Eindruck von latent vorhandenem Antisemitismus erwecken soll.
Es ist ja auch die leichteste Methode, die Position unliebsamer Verhandlungspartner zu schwächen. Bei uns Deutschen funktioniert dies eben am besten mit der "Ihr habt aber früher...!".

Weshalb jedoch Deutsche, die bei Kriegsende noch nicht einmal volljährig, weshalb Deutsche, die während der nationalsozialistischen Herrschaft noch nicht lebten, weshalb diese Menschen "schuldig" sein sollen, für Verbrechen, die sie nicht begingen und nicht gutheißen?
Das ist eine perfide Taktik derer, die sich die Schuldeinrede, die sich unter Deutschen längst zum Selbstläufer entwickelt hat, zum wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Vorteil zu Nutze machen.
Nur so erhalten sich Minderheiten ihre überdimensionalen Privilegien, weil man ja als Nachkomme eines Opfervolkes Ansprüche gegen die Nachkommen des Tätervolkes zu stellen haben gedenkt.
Nur so fließen weiterhin freiwillige Entschädigungszahlungen eines verschuldeten Staates an Menschen, deren Ansprüche zweifelhaft oder längst verjährt oder durch vorherige Zahlungen abgegolten sind.
Nur so bringt man die deutsche Außenpolitik dazu, gegen die Interessen des deutschen Volkes zu handeln.
Und das, obwohl nur das Ende der Vorhaltungen einer vorbehaltlosen Freundschaft zwischen Deutschland und den anderen Nationen den Weg ebnet.

Deutschland legt sich durch diese selbstauferlegte Geschichte der Erbschuld eigenhändig in Ketten, liebt es offensichtlich, am Pranger zu stehen.

Generationen, die auf Grund der Linearität des Zeitablaufs gar keine aktive oder passive Schuld am Holocaust haben können, sind ohne "wenn" und "aber" ganz einfach unschuldig!

Das beste Alibi, der eindeutigste Beweis der eigenen Unschuld, ist immer noch, zum Zeitpunkt des Verbrechens erwiesenermaßen noch nicht einmal geboren worden zu sein!

Die These, auf allen nachfolgenden Generationen laste der Fluch der Erbschuld aus der Nazizeit, zeigt nur den ausgeprägten Selbsthass dessen, der sie aufstellt.

Es erinnert mich an die Erbsünde, die in der Bibel geschildert wird. Soweit mir bekannt, wird diese jedoch von Gott - mag man an ihn glauben - auferlegt, und nicht von pseudointellektuellen Linken, denen ein abgeschlossenes Weltbild zu eigen ist.
Interessanter Weise kann die Erbsünde nur von einem Messias von den Menschen genommen werden.
Die bedrückende Last dieser Erbschuld weckt die Sehnsucht nach diesem Erlöser.
Weckt also die schwerwiegende - in meinen Augen nur haltlos unterstellte - nationale Erbschuld die Sehnsucht nach einem nationalen Erlöser?
Die Anspielung auf Adolf Hitler, der sich selbst als nationalen Erlöser von der Erbschande des Versailler Vertrages nach dem ersten Weltkrieg sah, ist beabsichtigt.
Sie soll zeigen, dass es Gefahren in sich birgt, eine Nation zur ewigen Reue verdammen zu wollen. Gegenwehr ist die Folge.

Nebenbei möchte ich sagen, dass das ganze Prinzip der Erbschuld mich an ein urdeutsches, mythisch-germanisches Denken erinnert, wonach Ruhm und Ehre, aber auch Schimpf und Schande durch das Blut auf die Nachkommen übergeht. Dass gerade die Linken dieser Vorstellung anhängen, versetzt mich in Erstaunen.

Die Traumatisierung der ersten Nachkriegsgenerationen, die noch direkt mit den Verbrechen (teilweise begangen von Mitgliedern ihrer eigenen Familie) alltäglich konfrontiert worden sind, ist vielleicht die Wurzel dieser tiefsitzenden Selbstverachtung der Linksorientierten. Sie projizieren die Abscheu gegen die Verbrechen und Verbrecher auf sich selbst, auf ihre Generation und letztendlich auf alle Deutschen.

Spätestens bei uns, den Kindern der 68er Generation, endet diese Selbstzerfleischung, dieser Selbsthass. Wir haben erkannt, dass man deutsche Verbrechen der Vergangenheit in dieser belassen und sie verurteilen kann, ohne dadurch den Opfern ihre Trauer und ihr Leid abzusprechen, und vor allem, ohne sich selbst einzureden, man sei Täter, weil man Deutscher ist.

Sich ständig selbst nieder zu machen, ist, meine lieben Herren Grass und Reemtsma, eine nette Geste, aber eines ist es nicht: eine Entschuldigung oder eine Form der Wiedergutmachung.

Wir, die Jugend, ordnen uns eurem Schuldbekennungsritual nicht unter. Diese Tradition führen wir nicht mehr fort.

Das Angedenken der Opfer deutscher Verbrechen - aber auch der Opfer alliierter Verbrechen an deutschen Bürgern, die viel zu oft verlegen nur am Rande erwähnt werden - bleibt erhalten, aber es ist kein bestimmender Faktor in unserem Leben. Anders, als es bei euch der Fall zu sein scheint.

Ebenso verklären wir weder die eigene, noch die Vergangenheit fremder Nationen.
Rassenhass gab und gibt es überall auf der Welt. Selbst zur Zeit des Zweiten Weltkrieges gab es Rassenwahn in den angeblich so vorbildlich humanistischen Staaten wie den USA, die Neger von Weißen trennten, und ihre Atombomben lieber an "gelben" japanischen Kindern als an "weißen" deutschen erprobten. Das Verhalten der Briten und Franzosen gegenüber den unterdrückten Einwohnern ihrer Kolonien ist nicht zu verschweigen. Die unübertroffene Gewaltherrschaft Stalins und seiner Sowjets füllt die Geschichtsbücher.
Das macht keine deutschen Taten ungeschehen, aber Unrecht muss Unrecht bleiben.
Unrecht auch gegenüber Deutschen, die dem Terror der Siegermächte und später der Siegerjustiz ausgesetzt waren.

Wenn wir Bilder von SS-Aufsehern in Auschwitz im Fernsehen betrachten, dann sehen wir dort fehlgeleitete Menschen, entfesselte Bestien, aber eines sehen wir dort mit Sicherheit nicht: uns!
Ob nun ausgerechnet Deutsche dort zu sehen sind, ist uns gleich. Abscheuliche Gewalt bleibt abscheuliche Gewalt. Deutsche Täter sind nicht schlimmer und nicht besser als Nichtdeutsche.

Wir lassen uns auch bei der Frage nach einem wahrheitsgetreuen Bild der 30er und 40er Jahre in Deutschland, also auch nach den guten Seiten, nicht mit den schlechten Seiten und der empörten Anmerkung, das müsse reichen weil alles schlecht war, abspeisen. Nur wer auch die damals verführerischen, die guten Seiten des damaligen Systems kennt, kann verstehen, wie die schlechten Seiten, die Verbrechen, möglich wurden.
Kein kritischer Mensch gibt sich mit der Aussage zufrieden, ab 1933 sei Deutschland ein Land aus Elend, Hunger und alltäglichem Morden gewesen, ein Volk aus Misanthropen, das begierig jeden Tag durch Pfützen aus Blut über Straßen aus menschlichen Knochen watete, auf dem Weg zur Arbeit in ein Vernichtungslager.

Wer die guten Seiten totschweigt, verschweigt, wie es so weit kommen konnte, wie es kam.
Aus der Geschichte lernen, heißt, sie verstehen zu können, und dazu muss es möglich sein, sich über alles zu informieren und alles offen zu diskutieren, ohne Tabu.
Soll das erst nach dem Alterstod einiger verkrusteter Moralwächter Deutschlands möglich sein?
Kann das wirklich so lange warten?
 

Tetsuo

Geheimer Sekretär
9. Juli 2003
649
Warum auch immer werden wir (die jungen Deutschen) ja immer noch mit den Taten des 3 Reichs in verbindung gebracht. Ich bin ein ziemlich Gewaltloslebender Mensch der noch nicht einmal Fleisch isst weil er jedes Leben respektiert und muss mir so einen Scheiss anhören.
Ich hab gegen niemanden was der mir nix tut.
In jedem Land gab und gibt es Kriege in denen viele Unschuldige sterben.
Voralldingen Amerika hat ja eine sehr zivilisierte Vergangenheit.
Leider wissen die meisten Amis nicht mal das ihr Haus auf Indianerteretorien gebaut steht.
ACHTUNG: Ich will damit nicht ausdrücken das irgend etwas am 3 Reich und Konsorten gut oder minder schlimm ist! Nur das jedes Land schwere Lasten auf seinen Schultern trägt und erst mal an seine eigene Verganngenheit denken sollte.
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
getroffene hunde bellen, oder wie soll ich das verstehen?


wer hat dich denn an nazi-verbrechen beschuldigt?

mich noch niemand...

und ich kenn auch keinen, der sich dauernd schämt.
es scheint mir eher, du schämst dich dafür, dass sich "die anderen" zu viel schämen. keine angst, tun sie nicht.

im übrigen soll jeder vor seiner eigenen tür kehren, deswegen ist das schon okay mit der aufbereitung der deutschen geschichte in deutschland.
 

tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
Die Deutschen haben ihr Image bekommen.
So wie die Amerikaner alle Cowboys sind, jeder Mexikaner faul ist und alle Italiener bei der Mafia sind, sind die Deutschen halt Nazis

Die Schuld klebt an den Händen der Täter, Zuschauer und Nacheiferer.
Die Verantwortung tragen wir dennoch.

Warum sich jeder in so einem Posting von den Geschehnissen des dritten Reiches distanziert, kann ich nicht verstehen.
Ich übernehme die Verantwortung für diese Taten.
 

Kobalt

Großmeister
11. August 2003
61
Es wird halt immer Leute geben, die sich aus Gewissensgründen mit den eigenen alten Fäkalien einreiben müssen, sich dann aber wundern, daß niemand mit ihnen zu tun haben will. Darum ist Deutschland im Ausland auch so unbeliebt.
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
@Antimagnet:

Ich wurde schon als Nazi bezeichnet :wink: . Aber das lag bzw. liegt wohl an meiner neuen Frisur (extrem Kurzhaar). Schon lustig, wenn man im Deutschland-Trikot [Schwarz-Rot-Gold +Schwarz-Weiß] in die Schule kommt und dann als Nazi beschimpft wird.

@Tetsuo

"ACHTUNG: Ich will damit nicht ausdrücken das irgend etwas am 3 Reich und Konsorten gut oder minder schlimm ist! Nur das jedes Land schwere Lasten auf seinen Schultern trägt und erst mal an seine eigene Verganngenheit denken sollte."

Schon allein dass Du das extra erwaehnst, weil du denkst, jemand wuerde Dir vielleicht vorwerfen, du wuerdest das Geschehen im Dritten Reich verharmlosen wollen, zeigt doch, dass Du in diese Richtung schon Erfahrungen gemacht hast, so wie TheHeartless sie schildert ..
 

TheHeartless

Geselle
20. April 2003
43
ACHTUNG: Ich will damit nicht ausdrücken das irgend etwas am 3 Reich und Konsorten gut oder minder schlimm ist!

Das hörst Du eben nur Deutsche sagen, und das kritisiere ich!
Hast Du mal einen Amerikaner gehört, der sich für die Regierung Truman entschuldigt, die 2 Atombomben auf japanische Zivilisten geworfen hat?


@ Tsuribito

1. Wie sieht das in der Praxis aus, daß Du "die Verantwortung für diese Taten" übernimmst? Wie äußert sich das?

2. Aus welchem Grund siehst Du dich in der Verantwortung?

Daß die Menschheit so etwas wie im 3. Reich nicht mehr anstellen darf, dafür trägt jeder Mensch die Verantwortung. Wieso trägt ein Deutscher eine besondere Verantwortung?

Hat jeder Deutsche bei Geburt an schon "was auf dem Kerbholz"??
 

semball

Großer Auserwählter
26. Mai 2002
1.615
Ist schon eine Sache mit den Klischées:
wie gesagt, z.B. Italiener werden als spaghettifressende und korrupte Mafiacasanovas angesehen und wir halt als sauerkrautfressende und Monokeltragende Weißwurstnazis.
[offtopic]
Ich finde es hätte für uns schlimmer kommen können (schaut euch die Franzosen an :wink: :p :) )
[/offtopic]

Zurück zum Thema:
Die Vergangenheit halten wir uns schon manchmal vor, aber das zeigt doch nur, das wir Fehler der Vergangenheit ernsthaft bereuen (im Gegensatz zu nahezu allen anderen Ländern der Welt)
Ich steh jedenfalls auf mein Land und fühle mich ihm genauso verbunden, wie ich es ohne diese 12 Jahre Finsternis tun würde.
 

Giacomo_S

Ritter der ehernen Schlange
13. August 2003
4.092
Allerdings finde ich, daß dieser traurige Teil der deutschen Geschichte überrepräsentativ dargestellt wird, nicht nur bei uns. Immerhin handelt es sich um eine Periode von lediglich 12 Jahren, wenn auch mit den dramatischten Auswirkungen. Die deutsche Geschichte besteht nicht nur aus dem 3. Reich.
Ich diskutiere häufiger in einem amerikanischem Forum mit jungen Amerikanern.

antimagnet schrieb:
wer hat dich denn an nazi-verbrechen beschuldigt?

mich noch niemand...

Dann rede mal mit den Amis. Sobald die Diskussion etwas kritischer wird zu den aktuellen internationalen politischen Themen, kommt sofort die nationalistische Retourkutsche: "Ihr Deutschen sollt mal schön die Schnautze halten, ihr habt zwei Weltkriege begonnen, wir haben euch befreit, usw..." Der Verweis, daß man über die Gegenwart rede und nicht über die Vergangenheit, daß keiner der Teilnehmer Zeitzeuge war, interessiert die überhaupt nicht. Man ist Deutscher und hat somit seine nationale Rolle zu spielen. Man hätte uns gerne bei ihren Kriegen dabei gehabt - da wird die Diskussion dann irreal (Ich:"Was wollt ihr denn ? Ihr wolltet uns doch immer so freidliebend haben, oder ?)

antimagnet schrieb:
im übrigen soll jeder vor seiner eigenen tür kehren, deswegen ist das schon okay mit der aufbereitung der deutschen geschichte in deutschland.

Bei uns funktioniert das wenigstens. Aber die Amis...? Nicht mal eine Spur Verlegenheit. Oft genug habe ich mir das Argument "Wir Amerikaner korrigieren die Auswirkungen des Kolonialismus der Europäer" anhören dürfen. Waren ihre Indianerkriege und -Verteibungen etwa keiner ? Nur weil sie - wie die Tartaren in Sibirien übrigens auch - Regionen erschlossen haben, die auf dem eigenen Kontinent lagen, war es von der Konsequenz nicht weniger Kolonialismus und Imperialismus.
Man verstehe mich nicht falsch: Ich habe keine Lust auf ihr-habt-aber-auch-Argumente. Aber wir streiten das was vorgefallen ist, wenigstens nicht ab. Junge Amerikaner kommen aber mit so Argumenten, daß es gar nicht so viele Indianer gegeben hätte, die sich mit der Bevölkerung vermischt hätten, man gut mit ihnen umgegangen wäre usw. Hauptsache der Stolz der großen, demokratischen, freien USA wird nicht angekratzt. Die zu Anfang, trotz demokratischer Verfassung, kein Problem mit der Sklavenhaltung hatten.

In den letzten Jahren ist die Diskussion über den 2. Weltkrieg darüber hinaus in eine neue Sichtweise gekommen, das gehört für mich auch zur Aufarbeitung. Meine Familie kommt aus Schlesien, meine Eltern sind 1945 geflohen, zusammen mit 8 Millionen Menschen die von Ost nach West geflohen sind. 1 Million sind auf der Flucht gestorben, vielleicht weniger, vielleicht mehr. Meine Familie hat darüber nie viel Gewese gemacht; darüber hinaus galt es jahrzehntelang als Revanchismus, dieses Thema auch nur zu erwähnen. Was ich auch gut finde, ist die neuerliche Aufarbeitung der Städtebombardierungen, die hauptsächlich von den Briten , und zwar gezielt NICHT auf kriegswichtige Ziele wie Industrieanlagen, sondern gezielt auf Wohngebiete geführt wurden, während sich die Amerikaner mehr auf militärische Anlagen konzentrierten.
Waren das keine Kriegsverbrechen ? Diese Diskussion will man in England nicht führen. Im Gegenteil, für den massgeblich verantwortlichen Militär der Städtebombardierungen, ein Hetzer, der schließlich sogar von Churchill gebremst wurde, stellte man ein Denkmal auf, das bis heute steht.
Oder das größte Schiffsunglück der Geschichte. Nein, nicht die Titanic. Die Versenkung der Wilhelm Gustlov im Eismeer, ein ziviles Schiff, mit 8.000 Flüchtlingen an Bord, durch ein russisches U-Boot. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Der U-Boot Kapitän hat dafür eine Auszeichnung bekommen. Toller Held.

Auch diese Tatsachen sind Teil der Geschichte. Nur will sie niemand hören.
Genau wie die Unterstützung des 3. Reichs durch IBM. Die hiesige DEHOMAG, eine 100%ige Tochter der IBM USA, lieferte ihre Hollerith-Maschinen in jedes deutsche Konzentrationslager. Man benutzte sie, um die Datenerfassung der Konzentrationslager zu verwalten. Techniker der DEHOMAG gingen zur Wartung bis in die Lager hinein.
Nach dem Krieg wurde der gesamte Besitz der DEHOMAG IBM zugesprochen. Bis heute hat IBM nicht einen Cent an Entschädigungen gezahlt, mit dem Hinweis, daß man eine amerikanische Firma schon immer gewesen sei.
 

tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
Die BRD ist Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches und somit ist sie verantwortlich.
Mit Verantwortung übernehmen meine ich:
Nichts leugnen, Aufklärung betreiben und Erinnern. Man muss sich im klaren sein als Deutscher, ja als Europäer, vielleicht sogar als Mensch, was geschah und wie es geschah.

Es bringt nun wirklich nichts zu sagen: Mit den Taten damals hab ich nix zu tun das waren andere. Das ist Verdrängung.
Auch diese: Ich will am dritten Reich nichts verherrlichen Sprüche, die man überall findet, empfinde ich als nonsens.
Diese Ewige Schande hat mit Verantwortung nichts zu tun. Es wird auf der Vergangenheit rumgetrampelt und jeder, der auch nur Kritik an dem bisherigen Bild übt, wird öffentlich zertreten.
Die Vergangenheit zu akzeptieren und die Konsequenzen zu tragen ist die einzige Möglichkeit sein Politisches Selbstwertgefühl zu behalten
 

Wiesengrund

Geheimer Meister
26. Juni 2003
189
Giacomo_S schrieb:
Oder das größte Schiffsunglück der Geschichte. Nein, nicht die Titanic. Die Versenkung der Wilhelm Gustlov im Eismeer, ein ziviles Schiff, mit 8.000 Flüchtlingen an Bord, durch ein russisches U-Boot. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Der U-Boot Kapitän hat dafür eine Auszeichnung bekommen. Toller Held.

Weißt Du nicht, wann der zweite Weltkrieg aufgehört hat oder weißt Du nicht, wann die Wilhelm Gustloff versenkt wurde? Oder was für ein "Nach" soll das sein?
http://www.britannic.de/Ocean Liner/Wilhelm Gustloff/Wilhelm Gustloff.html
 

Giacomo_S

Ritter der ehernen Schlange
13. August 2003
4.092
Wiesengrund schrieb:
Weißt Du nicht, wann der zweite Weltkrieg aufgehört hat oder weißt Du nicht, wann die Wilhelm Gustloff versenkt wurde? Oder was für ein "Nach" soll das sein?
http://www.britannic.de/Ocean Liner/Wilhelm Gustloff/Wilhelm Gustloff.html

Entschuldigung, da war ich wohl falsch informiert. Immerhin war's ja 1945.
Dennoch, es bleibt eindeutug ein ziviles Schiff. Und daß dasselbe U-Boot noch ein Hospitalschiff (Steuben, 4.000 Tote) versenkt hat, spricht ja wohl für sich.
 

citriatus

Geheimer Meister
3. Mai 2003
193
TheHeartless schrieb:
Das hörst Du eben nur Deutsche sagen, und das kritisiere ich!
Hast Du mal einen Amerikaner gehört, der sich für die Regierung Truman entschuldigt, die 2 Atombomben auf japanische Zivilisten geworfen hat?
Ja.
 

Ganterchen

Großmeister
13. April 2003
83
Nein, die heutige Generation ist nicht für die Verbrechen des 3. Reiches verantwortlich. Sie ist aber verantwortlich dafür, daß den Verbrechen gedacht wird und daß sich dergleichen nicht wiederholt. Wer unbedingt vergessen will, ist meines Erachtens feige.

Hinzukommt, daß das 3. Reich in der Menschheitsgeschichte eine Sonderrolle einnimmt: nie davor und nie wieder danach, ist industrieller Massenmord an der Mitte der Bevölkerung betrieben worden. Oder andersherum: ohne die Gaskammern wäre der 2. Weltkrieg ein "normaler" Krieg, wie viele andere auch. Weil er aber untrennbar mit Auschwitz verbunden ist, stellt er einen nie dagewesenen Sündenfall dar.
Kein Wunder, daß mancher von den KZ nichts gewußt haben will, nachträglich ihre Existenz bestreitet, die Opferzahlen meint schönrechnen zu müssen oder "die Juden" posthum für "selbst schuld" (Stichwort: angebl. Weltfinanzjudentum) bzw. für angebl. "nicht besser als die Nazis" (Stichwort: Palästina) erklären will.

Und wer ständig glaubt, man würde mit Fingern auf ihn zeigen, der hat wohl einen Unterbewußten Schuldkomplex. Kann das sein, hmmm?
 

Gestreift

Vollkommener Meister
12. Juli 2003
516
@ TheHeartless

Das Thema gab es ja schon mal. Die Threadüberschrift war zwar eine andere, aber die Intention scheint die gleiche zu sein. Wobei mir eigentlich völlig unklar ist, was Du eigentlich vorhast.

Also zunächst einmal: Auf was möchtest du eigentlich hinaus?

Es haben vor mir schon ein paar andere gesagt: Juristisch betrachtet gibt es keine Erbschuld. Es gibt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch keine Erbsünde, so wie die Christen dies formulieren (Sündenfall Adam und Eva). Es gibt keine moralische Verantwortung für die Taten, die ein Vorfahr begannen hat.

Es gibt allerdings die Verantwortung, alles zu versuchen, das es nicht wieder zu einem geplanten, gezielten Massenmord an einer bestimmten Bevölkerungsgruppe kommt. Dies sage ich nicht, weil ich in irgendeiner Form ideologisch vorbelastet bin, sondern als Mensch. Ich denke, dass es wesentlich einfacher ist, miteinander auszukommen, wenn man keinen Völkermord plant oder ausführt. Mal abgesehen davon, macht es imho keinen Sinn, so etwas zu tun. Des weiteren besteht eine Verantwortung, mit allen Mitteln zu vermeiden, dass es zu einem Krieg kommt. Krieg bedeutet Elend. Ich möchte ihn nicht erleben und gönne ihm deshalb auch keinem anderen. Ich halte es sowieso für keine gute Idee Menschen umzubringen, egal aus welchem Grund und aus welchem Anlass. Auch die Menge die man tötet spielt keine Rolle. Schon ein Einzelner, der umgebracht wird, ist einer zuviel.

Du erwähnst erneut die guten Seiten, die das Dritte Reich deiner Meinung nach hatte. Deine Argumentation lautet wie folgt:

Wer die guten Seiten totschweigt, verschweigt, wie es so weit kommen konnte, wie es kam.

Ich finde es immer wieder fesselnd, wie Du es schaffst, Zusammenhänge auseinaderzureissen, die imho eine feste Einheit bilden. Folgendes bezeichnest Du als gut:

Förderung der sozialen Mobilität, bessere Wohnungen für die Arbeiter, Modernisierung der Industrie, die Einrichtung eines Wohlfahrtstaates, Beseitigung der Klassenunterschiede, bessere Arbeitsbedingungen, Schutz von Familien und Frauen, usw.

Ist es nicht vielmehr so, dass jeder, der sich mit dem Dritten Reich auseinandergesetzt hat, erkennen muss, dass die von dir genannten Punkte zwar positiv für die Deutschen gewesen sein mögen, allerdings lässt Du es völlig außer Acht, das mit dieser Wohltäterei bestimmte Absichten verfolgt wurden, die keineswegs gut sind. Insofern erscheint das "Gut" außerordentlich fragwürdig, wenn Du meine Meinung dazu wissen willst. Zumindest ist es keine sehr geschickte Wortwahl.
Ich würde mit dir übereinstimmen, wenn Du die Dinge so dargelegt hättest. Solltest Du aber nach wie vor, von guten Seiten sprechen, dann ist die Diskussion mit dir sinnlos.

Als Beispiel sei genannt. Jemand schenkt mir eine Banane, weil ich Hunger habe. Offenkundig eine gute Tat. Ist diese Tat immer noch gut, wenn ich weiß dass er die Banane jemandem weggenommen hat, der der ohne sie verhungern wird?

Dir scheint es auch darum zu gehen, dass nicht alle Deutschen blutrünstige Monster waren. Ich denke, das hat nie jemand bestritten. Es gibt überall auf der Welt Menschen, die Verallgemeinrungen bevorzugen. Dies gilt in Hinblick auf die Deutschen, aber auch auf unzählige andere Sachverhalte. Aber es gibt auch Menschen, die wissen, dass die "Weiße Rose" existiert hat, um eine Widerstandsgruppe mal exemplarisch anzuführen.

Offenbar musst du ja eine Menge schlechter Erfahrungen im Ausland oder mit Ausländern gemacht haben. Oder wie sonst, kommt es, dass Du solche Probleme hast?

Es ist dir auch entgangen, das man Deutschland als demokratischen Staat in der ganzen Welt respektiert. Wirklich informierte Ausländer, die einen gewissen Bildungstandard haben, sehen die Deutschen auch nicht in der von dir genannte Weise. Ich habe sowohl in Großbritannien als auch den USA und Spanien sehr schöne Erfahrungen sammeln dürfen. Man ist dort sehr wohl in der Lage zwischen der Generation von damals und den heute lebenden Menschen zu unterscheiden. Ich kann aber nicht in Gänze ausschließen, dass es Menschen gibt, die das anders sehen.

Wenn ich deine Posts lese, habe ich den Eindruck, dass du eine Weste (heutige Jugend) reinwaschen willst, die das überhaupt nicht nötig hat. Es erstaunt mich doch sehr, dass dein Gerechtigkeitsempfinden von dieser Monothematik so sehr berührt wird. Deshalb auch am Ende dieses Posts nochmals die Frage: Worauf willst du eigentlich hinaus?
 

Lydian

Großmeister
16. Juni 2003
69
Ganterchen schrieb:
Nein, die heutige Generation ist nicht für die Verbrechen des 3. Reiches verantwortlich. Sie ist aber verantwortlich dafür, daß den Verbrechen gedacht wird und daß sich dergleichen nicht wiederholt.

dem kann ich mal nur zustimmen. aber man muss doch zugeben das es nervt immer der böse dt zu sein, der sich als einziger jemals was zuschuldenkommen hat lassen. die verbrechen des 3.reiches, wie alle anderen in der geschichte, sollten als solche wargenommen und nicht gegeneinander aufgewogen werden. ich verstehe nur nicht, wie man heute irgendwelche handlungen oder nicht handlungen tun bzw. nicht tun sollte, darf nur weil man dt ist. einem holocoust überlebenden sollte auch ein mitjude keinen naziwitz erzählen, oder? was getan wurde war nicht richtig, man sollte daraus lernen ( gerade die israelis die ja die opferseite schon übernommen haben sollten vielleicht weiser sein und eben gerade nicht zu tätern werden, und nicht ihr opfergewesen sein als entschuldigung für ihr tätersein nehmen ) und es nicht wieder tun, und gerade als dt. von dem aufgrund der massiven beschuldigungen aber auch aufklärung und versöhnende gesten doch davon ausgegangen werden kann, das er genug informationen hat, bin ich doch auch berechtigt auf aktuelle probleme hinzuweisen, ohne aufgerechnet zu kriegen das mein opa doch ein nazi war ( war er nicht mal ). weil wir unseren scheiß jetzt schon hatten, dürfen alle anderen nacholen oder was?
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
Ganterchen schrieb:
Nein, die heutige Generation ist nicht für die Verbrechen des 3. Reiches verantwortlich. Sie ist aber verantwortlich dafür, daß den Verbrechen gedacht wird und daß sich dergleichen nicht wiederholt.

Hat die "heutige [deutsche] Generation" deiner Meinung nach mehr Verantwortung dafuer, dass sich sowas nicht wiederholt, als irgend eine andere auf der Welt?
 

Ganterchen

Großmeister
13. April 2003
83
Zu Lydian

Ich habe kein Problem mit Judenwitzen, ich erzähle auch gelegentlich welche. Solange es ein "Witz" ist, ist alles im Lot, sobald jemand anfängt sowas mit politischen Aussagen zu verknüpfen, werde ich hektisch.
Harald Schmidt z.B. witzelt permanent über Juden, Türken, Polen, immitiert Hitler... ich finde das verdammt lustig, weil ich weiß, daß er mit den Nazis nichts am Hut und eben ALLE durch den Kakao zieht. Würde Herr Schönhuber (gibt's den noch?) die selben Witze machen, wäre das eine ganz andere Geschichte. Insofern: wenn 2 das gleiche tun, ist noch nicht das selbe.
Ansonsten würde ich mich davor hüten IRGENDETWAS, was heute auf der Welt passiert, mit dem Holocaust zu vergleichen. Nicht, weil ich der Meinung bin, daß es sowas wie den Holocaust nie wieder geben kann, sondern weil VIELES, was heutzutage passiert in der Qualität nicht mit dem Holocaust identisch ist. Zudem werden solche Vergleiche immer dann gern angestellt, wenn es darum geht, die Taten der Deutschen im 3. Reich herunterzurechnen, aufzuwiegen zu "normalisieren" und das finde ich eben nicht ganz ungefährlich.


Zu Duftbaum

Das ist eine gute Frage.
Ich würde es mal so formulieren: die Verantwortung müßte bei Jedem auf der Welt eigentlich identisch sein, dadurch, daß sich aber jeder Mensch mit "seinem" Land verbunden fühlt, und sei es auch nur, wenn es um die Fußball-WM geht, hat man auch eine Verantwotung für die Vergangenheit "seines" Landes zu tragen, die die Verantwortung jener Menschen, die nicht zu diesem Land gehören, ein wenig übersteigt.
Insofern: ja.
 

Giacomo_S

Ritter der ehernen Schlange
13. August 2003
4.092
Ganterchen schrieb:
Ansonsten würde ich mich davor hüten IRGENDETWAS, was heute auf der Welt passiert, mit dem Holocaust zu vergleichen. Nicht, weil ich der Meinung bin, daß es sowas wie den Holocaust nie wieder geben kann, sondern weil VIELES, was heutzutage passiert in der Qualität nicht mit dem Holocaust identisch ist. Zudem werden solche Vergleiche immer dann gern angestellt, wenn es darum geht, die Taten der Deutschen im 3. Reich herunterzurechnen, aufzuwiegen zu "normalisieren" und das finde ich eben nicht ganz ungefährlich.

Oder überhaupt Vergleiche mit der Nazizeit. Da sollte man vorsichtig sein.
Wird von diversen poltischen Ecken gern gemacht, ich finde aber daß das auf Dauer inflationär wirkt.
 

Ganterchen

Großmeister
13. April 2003
83
Ja, es wird inflationär und vor allen Dingen nervt's ganz gewaltig.

Auf der anderen Seite: wer heute etwas in die Medien transportieren oder politisch etwas verkaufen will (bspw. eine Regierung den Bürgern, bei parteiinterner Willensbildung oder wenn die Medien der Politik und den Bürgern etwas nahebringen wollen), dann ist man bei der enormen Flut an Informationen geradezu gezwungen, das, was man sagt, möglichst sexy zu gestalten - dabei kommen oftmals unappetitliche Vergleiche zustande, z.T. bewegt sich das Geäußerte auch schon mal ziemlich knapp an der Unwahrheit.

Eine der Schattenseiten unserer Informations- und Mediengesellschaft. Wenn's nicht reißerisch ist, hört keiner zu.
 

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