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Angst, die 2.

A

Anonymous

Gast
Die Angst der Menschen als Ursache und zentrales Mittel zum Machterhalt der Religionen - das ist meiner Ansicht nach der zentrale Punkt!

Grundregel Nr. 1: Unwissenheit erzeugt Angst.
Der Mensch hat das Problem, dass er alles in seiner Umwelt vernünftig erklärt haben will. Dinge, die er sich nicht erlären kann, erzeugen Unsicherheit und Angst, weil sie sich durch ihre Unerklärbarkeit der Kontrolle und Vorhersagbarkeit entziehen. Der Mensch sucht daher stets nach Erklärungen, die ihm die Phänomene seiner Umwelt plausibel machen. Wichtig ist dabei der Unterschied zwischen wissen und glauben: Hat er eine (wissenschaftlich belegte) Begründung für ein Phänomen, so weiss er etwas. Findet er keine Begründung, so fängt er an zu glauben, weil er es nicht ertragen kann, keine Antworten auf seine Fragen zu finden. Exakt diese Unfähigkeit der Menschen, seine Wissenslücken gelassen hin zu nehmen, ist die Ursache allen Übels, der Startschuss der Religionen.

Grundregel Nr. 2: Wissenslücken werden ewig bleiben.
Den Menschen der Urzeit fehlten die wissenschaftlichen Antworten, die wir heute kennen. Aus heutiger Sicht einfachste Phänomene der Umwelt blieben ihnen unerklärt, weswegen sie sich beinahe alles Mangels Wissen mit Glauben plausibel machten. Weil sie nicht wussten, wie z.B. das Wetter entsteht, was Sonnenfinsternisse oder Krankheiten für Ursachen hatten, aber dringend eine Antwort benötigten, fingen sie an zu glauben, dass dahinter höhere Mächte stehen, die es zu besänftigen gilt. Die Religion war geboren. Wer den Menschen religiöse Antworten auf ihre Fragen geben konnte, machte sich ihre Angst zunutze und bekam Macht über sie. Insbesondere die Urangst der Menschen vor dem Tod und die Fragen nach dem "Danach" ist der zentrale Aspekt bei der Macht der Religionen. Weil wir nicht wissen, was uns nach unserem Tod erwartet, haben wir so große Angst davor, dass wir alles tun, was uns einen Aufenthalt im "Paradies" verspricht. Damit wurde der Mensch der Knecht der immer mächtiger werdenden Religionen, welche ihm das Paradies versprachen, wenn er so handelte, wie sie es ihm befahlen (was meistens machterhaltende oder gewinnbringende Gegenleistungen enthielt).
Das Wissen der Menschheit erweitert sich täglich, doch niemals werden all unsere Fragen wissenschaftlich zu klären sein. Mag auch der Spalt zwischen wissenschaftlich Erklärbaren und Unerklärbaren immer geringer werden, so wird er sich niemals gänzlich schließen.

Grundregel Nr. 3: Die Menschen werden immer glauben.
Aus Grundregel 1 und 2 folgt, dass der Mensch in seiner Umwelt immer Phänomene antreffen wird, die er nicht wissenschaftlich erklären kann, die er sich aber aus der daraus resultierenden Angst mittels Glauben erkären muss. Auch wenn die Anzahl der Gründe, heute einer Religion anheim zu fallen, immer geringer werden, so bleibt immer ein Rest, der die Religionen am Leben erhält. Sie liefern halt die verbleibenden Erklärungen, die die Wissenschaft nicht liefern kann.

Grundregel Nr. 4: Die Religionen streben nach Machterhalt.
Dazu muss nicht viel gesagt werden, denn es ist plausibel. Wer will einmal gewonnene Macht wieder hergeben? Der lange Kampf zwischen den politischen und kirchlichen Würdenträgern um die Macht über die Menschen zog sich durch die Jahrhunderte bis in die Neuzeit. Zum Glück haben wir in der Mehrzahl der Staaten mittlerweile eine Trennung zwischen Kirche und Politik.

Lösung: Unwissenheit zulassen!
Ich empfinde dieses Grundprinzip der Religionen - die Angst der Menschen vor dem Unerklärbaren zum Machtinstrument umzufunktionieren, um die eigenen Interessen durchzusetzen - zutiefst unmoralisch und verabscheuendswürdig. Meiner Ansicht nach gilt es, diesen Gürtel zu sprengen. Erst wenn der Mensch lernt, nicht erklärbare Phänome nicht mehr als potenzielle Bedrohung zu betrachten und Wissenslücken gelassen hinzunehmen, kann die Macht der Religionen gebrochen werden. Unbestritten ist die Suche der Menschen nach Erklärungen für das Unbekannte der entscheidende Motor für die Wissenschaften und unsere Zivilisationen und der Mensch sollte nicht aufhören weiter zu forschen. Doch wenn er an den Grenzen seines Wissens anlangt, sollte er sich sagen "Dann weiss ich es eben nicht!" und keinesfalls "Dann glaube ich eben, dass...".
Genau nach diesem Motto versuche ich zu leben:
Ich weiss nicht, was mich nach meinem Tod erwartet, aber deswegen glaube ich an nichts! Ich lass mich halt überraschen. Niemand weiss es, also warum sollte ich den anderen mit ihren Glaubensbekenntnissen vertrauen? Soll ich etwa ewig in die Kirche rennen und einen versuchen einen Gott zu besänftigen, auf dass ich nicht in der Hölle schmoren werde? Alles Quatsch! Niemand hat jemals die Existenz von Gott, dem Himmel und der Hölle wissenschaftlich bewiesen. Die Mühe kann ich mir also getrost sparen...
Ich weiss nicht, ob es da draussen noch anderes Leben gibt. Keiner weiss es. Und es ist mir schlichtweg egal. Deswegen werde ich auch niemals auf eine Sekte hereinfallen, die mir verspricht dass mich die Außerirdischen verschonen werden, wenn ich ihr nur all mein Geld gebe.
Ich weiss nicht, wie unser Universum entstanden ist und was sich womöglich dahinter verbirgt. Niemand weiss es! Na und?

All die ethischen und philosophischen Regeln, die einen toleranten, verzeihenden, respektvollen, mitfühlenden und wahrhaft menschlichen Umgang der Menschen miteinander ermöglichen sollen und auch durch die Religionen Verbreitung fanden, sind deswegen keinesfalls nichtig. Aber sie können auch völlig losgelöst von den Religionen gelten. Die 10 Gebote sind okay, aber ich muss nicht an Gott glauben, um danach zu leben.

Erdbähr
 

Abbadon

Großmeister-Architekt
28. Juni 2002
1.295
Tizian hat recht, zudem trennst Du nicht zwischen Religion und Kirche. Letztere haben Machtintressen, die Religionen als solche haben das nicht. Menschen glauben auch nicht nur aus Angst. Das war das Mittelalter, sorry. Und zu der definition zu glauben. Auch im Glauben kann man Antworten bekommen, Dinge erfahren. Teilweise viel mehr an erklärungen, als die wissenschaft. Aber nungut.
 

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