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Haben wir einen freien Willen?

B

Booth

Gast
dimbo schrieb:
wieso MUSS der Determinismus deiner Meinung nach berechenbar sein, um zu existieren?
Nicht der Determinismus ist berechenbar, sondern das "System" Universum, wenn es dem Determinusmus gehorcht.
siehe Erklärung von Determinusmus:
Wikipedia.de schrieb:
Deterministen vertreten die Meinung, dass bei bekannten Naturgesetzen und bekanntem Anfangszustand der weitere Ablauf aller Ereignisse prinzipiell vorausberechenbar sei.
Ich habe diese Definition nicht aufgestellt ;) - Vielleicht ist sie ja auch falsch oder unvollständig? Hat jemand ein anderes Lexikon zur Hand? :)

Kann doch auch genau so gut sein, dass zwar alles vorherbestimmt ist, wir aber trotzdem - da wir selber Teil des Systems sind, das wir zu beschreiben versuchen - den Determinismus nicht berechnen können. Selbst wenn es ihn gibt ist das kein Argument dafür, dass wir ihn berechnen können müssen. :wink:
Nun ja - wenn Der Determinismus so existiert, wie ich ihn aus der Definition verstanden habe, ist nunmal die Berechnung aller Zustände automatisch die Folge, sobald ein Zustand zu irgendeinem beliebig aber festen Zeitpunkt inkl. aller wirkenden Kräfte bekannt ist.
Wie gesagt... ich hab mir die Theorie ja nicht ausgedacht, und wenn ich die Definition falsch verstanden habe, bitte ich um Korrektur :)

gruß
Booth
 
B

Booth

Gast
Jay-Ti schrieb:
Ich versteh euch nicht... warum sprechen Schwarze Löcher gegen einen Determinismus??

Nicht IHR, sondern ICH sprach von schwarzen Löchern :)
Und die Tatsache, daß schwarze Löcher gegen den Determinusmus sprechen, habe ich versucht klarzustellen. Ich versuchs nochmal anders.
Um zu einem beliebigen Zeitpunkt das gesamte System "Universum" zu kennen (um dann daraus alle anderen Zustände mathematisch errechnen zu können), müssen wir alle Teilchen "kennen" und die Kräfte die zu dem Zeitpunkt wirken. Jedes schwarze Loch "verschluckt" aber im Prinzip die Informationen, der von ihm aufgenommenen Teilchen. Da diese Informationen nicht mehr verfügbar sind, ist somit auch nicht mehr lückenhaft der Gesamtzustand des Systems darstelltbar, um alle anderen Zustände daraus errechnen zu können. Ich weiss nicht, ob das klarer formuliert war... hoffe es aber :)

gruß
Booth
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Bei der Frage nach der "Willensfreiheit" ist für mich der Determinismus gar nicht so entscheidend:

Selbst wenn das Universum inkl. aller Menschen seit Millionen Jahren und für alle künftigen Zeiten vollständig determiniert wäre, könnte ich einen freien Willen haben: Wäre mein "ich" noch älter und hätte ich mich zuvor frei für eine Aufgabe des freien Willens entschieden...

Das ist zugegeben mehr akademisch, ist aber auch bei heutigem Forschungsstand aktuell. Denn wenn wir bei konkreten Handlungen fragen, wann und wie wir mit unserem freien Willen eingegriffen haben, so stoßen wir schnell darauf, dass da eine zeitliche Spanne entsteht.
(Wenn die Nervenreize zur Fingerkrümmung losgeschickt sind, können wir sie irgendwann nicht mehr stoppen.)
Auch die Wahrnehmung im eigenen Bewußtsein ("Jetzt will ich den Finger bewegen" scheint nicht der Ursprungszeitpunkt der Entscheidung zu sein.
(vgl. vorher meßbare Hirnpotentiale laut Libet).
Nun ziehe ich aber nicht den Schluss daraus, dass unsere Bewußtseinsempfindung zur Willensentscheidung nur schmückendes Beiwerk und eine Täuschung ist, sondern dass unser "ich" als Willensquelle tiefer verborgen ist.

Genaugenommen ist "Unsichtbarkeit und Unmessbarkeit" sogar der Garant für die Freiheit des Willens (vgl. freie und geheime Wahlen).
Ein wirklich freies Ich mit freiem Willen operiert am freisten aus einer anderen Dimension oder (vgl. Wahlkabine) aus einem geschützen Sonderraum heraus.

Hier stoßen wir natürlich zur Meta-Physik vor.
Umgekehrt führt auch die Bewußtseinsanalyse spätestens im vorsprachlichen Raum (Wie gelangen Worte in unser Bewußtsein) noch an Grenzen. Auch wenn über das Unbewußte schon viel Interessantes erforscht wurde (und z.B. Zauberkünstler uns viel über unbewußte Manipulation erzählen können).

Von den Konsequenzen her gesehen, scheint übrigens kein großer Unterschied zwischen einer Welt mit freiem Willen und ohne zu sein:
Ohne freien Willen können wir ja keine (eigenen) Konsequenzen ziehen,
d.h. auch die Verantwortungszuweisung für Taten muss sich nicht ändern...

Für eine Welt ohne freien Willen ist außer dem vollständigen Determinismus auch z.B. "unwillkürlicher" Indeterminismus denkbar, denn die Zustände zur Zeit t+1 könnten ja völlig unabhängig von Zeitpunkt t (und jeglichem Willen) sein.
 

Jay-Ti

Auserwählter Meister der Neun
2. August 2002
989
Ein vollständiger und konsequenter Determinismus würde auch bei Schwarzen Löchern ziehn klaro.. weil eben auch jene schon von angebinn vorherbestimmt sind, und auch die "Infos" die da eingezogen werden sind vorherbestimmt. Nur weil wir eben jene Infos nicht bekommen, die wir brauchen um nach dieser komischen Unschärferelation alles zu erkennen, sollten wir nicht so egoistisch denken, dass die Infos verschwinden, nur weil wir sie mit unseren Mitteln nicht erfassen können.
Und somit können auch Schwarze Löcher oder irgendetwas anderes nicht an einer Theorie des D. rütteln.
Und ja, bei der Frage der Willensfreiheit ist der Determinismus dann entscheident, denn sobald man darüber nachdenkt, dass alles von anfang an bestimmt ist, wird man erkennen, dass man keinen Freien Willen besitzten kann. Im Grunde war von es von Anbeginn determiniert, dass wir denken wir hätten einen.
Aber wie gesagt, es ist somit sinnlos darüber nachzudenken, was auch der neuere Skeptizismus behauptet, weil man somit in einen absoluten Stillstand verfallen könnte.
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
Hm, also mir persönlich scheint gerade NUR Wikipedia die These aufzustellen, dass "Deterministen die Meinung vertreten, dass bei bekannten Naturgesetzen und bekanntem Anfangszustand der weitere Ablauf aller Ereignisse prinzipiell vorausberechenbar sei[n muss]."

Bei Wissen.de findet man diese Einschränkung nicht.

wissen.de schrieb:
Determinismus - die Lehre, dass der Mensch in seinem Willen durch äußere oder innere Ursachen letztlich genötigt und nicht frei ist. Der philosophische Determinismus sieht die zwingenden Determinanten in Umweltbedingungen, z. B. ökonomisch-sozialen Verhältnissen und Milieueinflüssen, oder in leib-seelischen Faktoren.

Ich habe mich aber ein bisschen eingelesen und es sieht so aus, als hast du tatsächlich recht. :wink: Mir war der Unterschied zwischen Determinismus und Kausalität nicht klar, ist jetzt aber dank diese Seite http://home.wtal.de/schwebin/lsys/zufall.htm begriffen.

Aber das ganze hat ja auch etwas positives: ich weiß jetzt, dass ich gleichzeitig an Kausalität und NICHT an Determinismus glauben kann. Coole Differenzierung!
 
B

Booth

Gast
Oh - den Unterschied zwischen Kausalität und Determinismus habe ich auch erst vor einigen Monaten richtig bewusst wahrgenommen, als ich mit einem Kumpel über Matrix Reloaded diskutiert habe (wo der Merowinger von Kausalität schwafelt).
An Kausalität glaube ich ebenfalls uneingeschränkt...

Aber ich muss mich auch noch ein wenig tiefer in den "philosophischen Determinismus" einlesen... vor allem was den "freien Willen" angeht... was man unter dem menschlichen Willen überhaupt verstehen kann.
Vielleicht muss ich mich auch noch tiefer in die kognitive Psychologie einlesen... denn ich denke, die Funktionsweise unseres Gehirns und die Sinneswarhnehmung und -verarbeitung hat damit direkt zu tun...

Jaja - das Forum ist schon ein guter Anstoß, um die eigenen Wissenslücken zu erfahren :)

gruß
Booth
 

illuminiert

Geselle
14. Februar 2004
5
Nein, der heutige Mensch hat keinen freien Willen. Weder den Willen frei zu handeln, noch den Willen frei zu denken. Man hat es ihm aberzogen.

Sobald man den heutigen Menschen mit einem Gedanken konfrontiert, der über die Grenze dessen hinaus geht was für ihn vorstellbar ist - die Grenzen des Vorstellbaren sind ihm anerzogen worden - reagiert er ungläubig, abweisend; ja diffarmierend.
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
"Der heutige Mensch" - sind das für dich alle Menschen auf der ganzen Welt? Oder meinst du damit den durchschnittlichen Europäer/Amerikaner von 2004? Klingt imho nach einem äußerst pauschalen und schwammigen Begriff. :wink:
 

Jay-Ti

Auserwählter Meister der Neun
2. August 2002
989
Ok. Dann bringt doch mal eure Erkenntnisse gegen den Determinismus vor.. ich will auch nicht mehr an ihn glauben, aber bisher habe ich nichts vernünftiges dagegen gehört.
Also viel Glück :wink:
 

Grobschnitt

Geselle
14. Februar 2004
11
Haben Determinismus und Kausalität nicht beide ihre Finger im Spiel??

Ist unser Verstand nicht der deterministische Teil an uns und die Emotion der kausale??

Irgendwie habe ich den Eindruck, das 2 Kräfte gleichzeitig als gestaltender Faktor wirken.
Eine, die alles in seine einzelnen Bestandteile zerlegt und eine, die aus all den einzelnen Teilen etwas neues, übergeordnetes Ganzes zusammenfügt.

Sind beide Kräfte gleich stark an der Gestaltung des Willens beteiligt, so werden die daraus geschaffenen Realitäten wohl am längsten Bestand haben, da sie optimal zwischen beiden Konstanten vermitteln, während bei verschobenem Verhältniss entsprechend länger- oder kürzerdauernde Wirklichkeiten ausgeprägt werden.

Ich persönlich finde, das der Wille die universelle schöpfende Kraft im Universum ist, welcher durch dessen 2 Seiten zur Gestaltung des Seins beiträgt.

Irgendwie ist meiner Ansicht nach der Wille (in physikalischer Hinsicht) mit einem Ladungspotential zu vergleichen, deren positive und negative Vorzeichen durch die gegenseitige Einwirkung aufeinander, die für uns erlebbare Wirklichkeit formt.

Das heisst also, das jedes Teil im Kosmos über soviel "Wille" verfügen kann, wie seine eigene Grösse maximal verkörpern kann.
Treten übergeordnete Grössen durch Ansammlung der einzelnen Komponenten auf, so kann die "Willenskraft" so gross wie das gesamte Gebilde werden, wenn nicht noch grösser, wie in der Behauptung, das die Summe der einzelnen Teile mehr ist als nur das Ganze.

Grobschnitt
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
@Jay-Ti:
Folgende Überlegung ist zwar kein Beweis für den freien Willen, schwächt aber aus meiner Sicht die Position des Determinismus:
Unterstellt man Determinismus, so kann man die Frage stellen, woher er kommt und wie und wann er festgelegt wurde. Sehr schnell führt das auf Zeitpunkte wie "vor dem Urknall" oder "vor dem Beginn von Raum und Zeit" (jedenfalls "vor dem Determinismus"). Man wird also auf "metaphysische" Ursachen der determinierten (physikalischen) Welt verwiesen.
Ist es da nicht naheliegender, gleich einen "metaphysischen" freien Willen anzunehmen, wie wir ihn täglich wahrnehmen?
 

Nuance

Geheimer Meister
14. Januar 2004
184
eigentlich sollte das bewusstsein die treibende kraft sein. der wille (ratio?) ist nur ein instrument.
 

Parabolon

Lehrling
29. August 2003
1
Die Bibel in der Gaswolke

Wirbel um ein neues Weltmodell: Das Universum, behauptet der Mathematiker Stephen Wolfram, ist das Werk eines gigantischen Computerprogramms. Für viele Forscher hat die Idee ihre Reize - sie könnte die Physik von schweren Rätseln erlösen.
Der Allmächtige Automat beendet in diesem Moment das Leben Tausender Menschen; ihre Zeit ist um nach seiner Berechnung. Nebenher schaukelt er im Allgäu ein paar Gänseblümchen im Wind. In China wirft er einen Sack Reis um.
Und irgendwo fragt sich soeben ein Leser, was das wohl für ein Unfug sein mag - auch das ein Werk des Automaten.
Alles, was geschieht in der Welt, folgt exakt dem Programm eines gewaltigen Computers. Das behauptet der US-Mathematiker Stephen Wolfram. Das ganze Universum, sagt er, ist ein Automat, der alles Dasein hervorbringt und in Gang hält.
Solche Tollheiten sind zu lesen in Wolframs neuem Buch, das gerade viel Wirbel macht*. Schon im Titel ("A New Kind of Science") prahlt der Autor, er habe nicht weniger als den Umsturz der Wissenschaften im Sinn. Der Automat hat ihm, so scheint es, ein enormes Ego errechnet.
Aber überall beugen sich ernsthafte Forscher über den Band von knapp 1200 Seiten. Die Weltpresse ist aus dem Häuschen. Allein die "New York Times" druckte bereits vier lange Besprechungen. Die meisten Rezensenten bleiben skeptisch; doch eine kleine, wachsende Gemeinde von Physikern und Kosmologen fühlt sich bestärkt. Das Weltmodell des Computers gewinnt Anhänger. Und Wolframs Gedankenspiel hat seinen Reiz; etliche Probleme der Physik zaubert es elegant hinweg.
Stephen Wolfram, 42, ist auch nicht irgendwer. Als Knabe gab er schon das Mathe-Genie; später machte er mit seiner Software "Mathematica" Millionen. Die letzten zehn Jahre verbrachte er brütend in seiner Klause nahe Chicago.
Dort studierte Wolfram die Schöpferkraft merkwürdiger Computerprogramme, bekannt als "zelluläre Automaten". Die sehen anfangs nicht weltbewegend aus: Auf dem Monitor erscheint zum Beispiel ein Gitterwerk, das an ein Kreuzworträtsel erinnert.
Setzt man aber den Automaten in Gang, so beginnen die Felder Schritt für Schritt zu wandern - manche verschwinden, neue kommen hinzu (siehe Grafik). Mitunter erscheinen Gebilde, denen ein wunderliches Leben innewohnt: Geißeltierchen, die ruckelnd durcheinander wimmeln. Oder Gestalten wie dahineilende Boote, die Dampfwölkchen aus einem Schornstein puffen.
Was wirklich geschieht, ist verblüffend simpel: Jede Zelle errechnet ihren nächsten Zustand - ob schwarz oder weiß -, je nach dem Zustand der jeweiligen Nachbarzellen. Sie folgt dabei einfachen Regeln, die der Programmierer festgelegt hat.
Oft entstehen nach wenigen Rechenschritten schon Muster, die immer komplexer werden. Deren weiteres Schicksal, fand Wolfram, ist bald nicht mehr vorhersagbar. Wer es wissen will, hat nur eine Chance: Er muss den Automaten laufen lassen.
Darin gleichen die Gitterspiele vielen Dingen der wirklichen Welt: zum Beispiel einem Eimer mit rostigen Nägeln. Was genau wird geschehen, wenn ihn jemand schüttelt? Vor dieser Frage versagt alles Formelwerk der Physik; wie die Nägel hinterher verteilt sind, ist nicht auszurechnen.
Für Wolfram liegt die Antwort auf der Hand: Der Eimer ist ebenfalls ein Automat - wie auch das Bächlein am Wegesrand, das Menschenhirn oder die nächstbeste Gaswolke in den Weiten des Weltalls.
Alles Automaten, folgert Wolfram, und alle haben die gleiche Rechenkraft: Sie bringen Strukturen hervor, die sich jeder Vorhersage entziehen. Wer also Bächlein, Hirn und Gaswolke begreifen wolle, müsse die Regeln aufspüren, denen sie folgen.
Der Hauptpreis winkt dem Entdecker der Super-Regel: des kosmischen Automaten, der durch rasende, endlos wiederholte Rechenschritte Wolframs Weltall hervorgebracht hat.
Der allmächtige Computer: Das war freilich schon immer die Religion jener Leute, die zu viel programmieren. Tagein, tagaus sitzen sie an ihrer Wundermaschine, die auf Kommando Wirbelstürme simuliert, Steuererklärungen ausspuckt oder den Pferdeschwanz von Lara Croft wippen lässt - kein Wunder, wenn die Computerbegeisterten am Ende auch im realen Pferdeschwanz das Werk eines Zahlenfressers wähnen.
Hinzu kommt: Das Rechnen scheint der Welt irgendwie eingeboren zu sein. In der Natur ist das digitale Prinzip weit verbreitet; selbst das Erbgut ist eine Art Programm für den Aufbau eines Organismus. Forscher lösen mit seinen Schnipseln hie und da schon knifflige Rechenaufgaben.
Mit etwas Mühe lässt sich alles Mögliche zum Rechnen bewegen. Auch aus Teekesseln, Gummischläuchen und Luftpumpen könnte man einen Computer bauen. Solch ein klapperndes, pfeifendes Ungetüm addiert brav 17 und 4, wenn seine Elemente nur logisch richtig zusammengeschaltet worden sind.
Ein Computer kann also in vielerlei Gestalt erscheinen. Ist darum schon alles ein Computer? Das hieße, dass die Dinge von allein Rechnungen anstellen. In Wolframs Automatenwelt tun sie das: Die Sonnenbrille misst das einfallende Licht und rechnet es flugs auf dunklere Werte herunter. Und der Nagel kalkuliert nach Maßgabe des Hammerschlags, wie weit er ins Holz hinein muss.
Wolframs Befürworter würden sagen: Das ist auch nicht närrischer als eine Natur, die den hergebrachten Formeln der Physik folgt. Woher kennt die Erde ihre Bahn? Peilt sie den Abstand zur Sonne und schlägt dann im Gravitationsgesetz nach, wohin die Reise gehen muss?
Stünde aber ein steuernder Automat hinter allem, was sich regt, lösten sich solche Fragen in Luft auf. Das Programm ermittelt eben immer nur, Schritt für Schritt, seinen nächsten Zustand.
Auch der amerikanische Philosoph Edward Fredkin ist überzeugt, dass die Welt ein Computer ist. Auf seiner privaten Insel in der Karibik hat er dafür eine komplett neue Physik ausgeheckt - ein zellulärer Automat besteht schließlich aus Zellen. Die Frage ist: Wo sind die Zellen in der Natur? Fredkins Antwort: Der Raum ist gar kein Kontinuum, sondern ein Gitternetz von aberwinziger Maschenweite. Auch die Zeit verfließt in dieser Welt nicht gleichmäßig; sie kommt ruckend voran im Takt eines kosmischen Metronoms - auch im Computerprozessor gibt eine Uhr den Rechentakt vor. Fredkin spricht von "digitaler Physik". Sie macht die Welt berechenbar für einen Zahlenfresser.
Seit kurzem ist sogar bekannt, wie viele Rechenoperationen das Universum, wäre es wirklich ein Computer, seit dem Urknall ausgeführt hätte. Der US-Physiker Seth Lloyd hat das ergründet: Heraus kam eine schauerliche Zahl mit 120 Nullen <riesenrechner.htm>.
Als Computer ist das Universum aber eindeutig unterfordert. Die zahllosen Zellen draußen in der Leere des Weltraums haben ja kaum jemals etwas zu tun. Mit viel Glück kommt nach Äonen einmal ein Wasserstoffatom vorbeigetrudelt. Dann gilt es, die Übergabe des Teilchens an die Nachbarzelle zu berechnen. Und danach kehrt wieder Ödnis ein (auf belebten Planeten ist natürlich mehr los).
Der Digitalphilosoph Fredkin sieht darin eine schwer begreifliche Verschwendung von Rechenkapazität. "Entweder etwas anderes geht da vor", sagt Fredkin - oder Gott war ein lausiger Programmierer.
Eine dritte Lösung hat Fredkin übersehen: Womöglich war dem Schöpfer die Effizienz seines Kosmos-Programms egal. Der Informatiker Jürgen Schmidhuber im schweizerischen Lugano hält das für wahrscheinlich. Warum sollte der "Große Programmierer", fragt Schmidhuber, sich mit Details aufhalten? Wenn er wirklich gut ist, dann macht er ein Programm, das gleichmütig alle möglichen Universen auswirft - sogar ganz vergurkte.
Das eine gerät ihm vielleicht klein wie ein Fliegendreck. Im zweiten schlingert das Licht in zähen Tropfen durch den Raum. Das dritte ist eine spukhafte Welt aus reiner Mathematik, bewohnt von gefräßigen Hyperwürfeln, die Jagd auf kleine Kreise machen. Diese Theorie hat einen Vorteil: In den Augen eines Wissenschaftlers ist sie schön. Ihre Erklärung ist wunderbar kurz. Denn ein Schöpfungsprogramm, das blindlings jede Welt erzeugt, ist das Einfachste, das man sich denken kann. Andernfalls müsste es unzählige Einstellungen treffen, damit genau der eine Kosmos herauskommt, in dem, wider alle Wahrscheinlichkeit, der Informatiker Schmidhuber entsteht. In einer Serie von Abermilliarden Universen jedoch kommt so was schon mal vor - ohne besonderen Grund.
Viele Physiker wären heilfroh, wenn sie das glauben könnten. Es wäre die Erlösung von vielen quälenden Fragen: Warum gibt es nur das, was da ist? Warum ist die Lichtgeschwindigkeit so und die Schwerkraft so beschaffen? Warum hat die Natur sich ausgerechnet die paar Gesetze ausgesucht, denen sie unerschütterlich folgt? Die Antwort wäre: Unser wohnliches All ist eher nebenbei entstanden - ein halbwegs geglücktes Exemplar in einer unendlichen Reihe von Versuchen.
Stephen Wolframs Weltmodell hält da problemlos mit: Auch der zelluläre Automat, den der Mathematiker im Kosmos walten sieht, kann beliebig viele Welten auswerfen. Der Gelehrte hat sich auch schon Gedanken gemacht über die Regel, die dafür nötig wäre. Wer sie je entdeckt, meint er, könnte enttäuscht sein: drei, vier Zeilen, "vermutlich nicht sehr beeindruckend".
Einstweilen wird aber weltweit noch heftig debattiert, was das Modell vom Allmächtigen Automaten überhaupt hergibt. Wolfram sieht das mit Behagen. Er arbeitet bereits an einer Software, mit der jedermann seine Experimente nachstellen kann. Und für den Herbst hat der Autor eine große Lesereise angekündigt. Dann will er auch vor einer Fachjury antreten und seine Theorie verteidigen.
Den Haupteinwand hat der amerikanische Computerforscher Ray Kurzweil vorgebracht: Man kann all die Automaten aus dem dicken Buch, sagt er, in alle Ewigkeit laufen lassen, und sie werden immer nur Kästchenmuster hervorbringen, "nie ein Insekt, nie ein Chopin-Prélude".
In der Tat ist die Behauptung, alles sei ein Computer, womöglich nur banal. Es ist leicht zu zeigen, dass eine kosmische Gaswolke, wie Wolfram versichert, alles "errechnen" kann. Man muss sie nur lange genug dahinwabern lassen. Irgendwann werden ihre Abertrilliarden Moleküle, rein zufällig, genau so angeordnet sein, dass sich der Text der Bibel herauslesen ließe.
Aber im nächsten Moment ist die Heilige Schrift auch schon wieder weg. Nichts und niemand hat Notiz davon genommen.
Jeder Automat braucht ein verständiges Wesen, das ihn mittels Software steuert und hinterher die bezweckten Ergebnisse abliest. Ohne dies produziert er nur Information, die folgenlos verpufft. Komplexität allein, so scheint es, führt zu gar nichts.
MANFRED DWORSCHAK
<http://www.wolframscience.com/>
<http://www.wolframscience.com/preview/>
Interview <stephen_wolfram.htm>
 

Grobschnitt

Geselle
14. Februar 2004
11
Hi!

Das klingt mal richtig gut!

Als alter LDS-Freak habe ich oft in Visionen mathematische Muster und Indifferenzen zu Gesicht bekommen und da es damals noch keine PC´s für jedermann gab, konnte ich auch ne Zeit lang nichts damit anfangen. Aber als ich dann mir meinen ersten Comp leisten konnte(Amiga500) da hatte ich auch ein paar Chaosprogramme und die erinnerten mich sehr an meine damaligen Hallos. Ich hab als Hobby jahrelang Fraktale rechnen lassen und sie mir genauer angeschaut und mit der Zeit kam mir der Gedanke, das unser Universum so eine Art Maschine sein könnte. So in der Art einer Ereigniss- Maschine. Zu dem Zwecke geschaffen, damit das Sein etwas hat, worin es sich reflektieren kann.
Warum?
Es gibt nichts schlimmeres im Dasein, als ein empfindendes Etwas, dessen Wahrnemungs- Horizont ereignislos ist. Das ist ungefähr so, wie wenn man Zeit lebens seiner Existenz in einem Raum eingesperrt ist, in dem sich absolut niemals etwas verändert.

Der Grundstein des absoluten Horrors des Seins. Was ist schrecklicher als die ultimative Langeweile??

Ich habe aber den Gedanken nicht weiter verfolgt, da ab einer bestimmten Stufe der Erkenntniss das Leben plötzlich einen ungeheueren Nutzlosigkeit- Aspekt erhielt, den ich mir nicht unbedingt in dieser konzentrierten Form reinziehen wollte.
Ich hoffe, das diese jetzigen Erkenntnisse der Wissenschaftler nicht eben genau zu diesem Effekt führen, da dies doch sehr fatal wäre.

Aber wie auch immer...bei solchen Thematiken muss doch wohl jeder selber entscheiden, in wie weit er sich von solchem Gedankengut beeinflussen lässt.

Mfg...................Grobschnitt
 

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