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Das letzte Abendmahl

Suzana

Geselle
18. Mai 2006
9
Hi! meine frage wurde schonmal gestellt, is aber keiner drauf eingegangen: warum sollte Leonardo da Vinci die "Wahrheit" über jesus gewusst haben? er war kein zeitzeuge. dann hat er seine persönliche meinung, oder seine theorie, wie das Abendmahl hätte gewesen sein können dargestellt, aber das heißt noch lange nicht dass es auch so stimmt. was werden spätere generationen alles in moderne gemälde von heute hineininterpretieren??? Leonardo Da Vinci war schon begabt und so, keine frage aber doch nicht allwissend. LG
 

Artaxerxes

Meister vom Königlichen Gewölbe
18. Juni 2004
1.323
Hallo hives,

hives schrieb:
Interessant finde ich, dass man sich auf kirchlicher Seite meist ausschließlich auf das extrem veraltete "Holy Blood, Holy Grail" bezieht und neuere Veröffentlichungen wie bspw. das Gesamtwerk von Margaret Starbird nicht beachtet.....

Die scharfe Kritik an dem Werk von Lincoln, Baigent und Leigh bezieht sich schließlich weitgehend auf die Plantard- Geschichte, die zur Zeit der Veröffentlichung des Buches eben noch nicht aufgeflogen war...

es gab auch schon vor "Holy Blood" - zumeist aber nur in evangelischen Theologenkreisen - Korrekturen hinsichtlich Maria Magdalena. Marias Rolle als Sünderin stand schon lange auf dem Prüfstand, heute wird sie als "vermögende" Gönnerin Jesu bzw. seiner Jünger gesehen. Der letzte Schritt (von der Gönnerin zur Gattin) wurde - natürlich aus Mangel an Beweisen - nie in Erwägung gezogen.

Zu Lincoln, Baigent und Leigh sei gesagt, dass sie Plantard's Story über die Merowinger und die Prieuré übernommen haben. Die Geschichte um die Blutlinie von Maria Magdalena ist jedoch auf dem eigenen "Mist" der Autoren gewachsen. Plantard hat sich von der Story um diese Blutlinie Jesu - schon sehr früh - distanziert. (logisch, er hat sich ja als den letzten legitimen Merowinger ausgegeben, wollte aber wohl nicht auch die Blutlinie verkörpern)

Vielen Dank für den Link zu Margaret Starbird. Werde mir gerne mal ihre Theorien zu Gemüte führen.

Gruss Artaxerxes 8)
 

Artaxerxes

Meister vom Königlichen Gewölbe
18. Juni 2004
1.323
Hallo Suzana,

Suzana schrieb:
Hi! meine frage wurde schonmal gestellt, is aber keiner drauf eingegangen: warum sollte Leonardo da Vinci die "Wahrheit" über jesus gewusst haben? er war kein zeitzeuge. dann hat er seine persönliche meinung, oder seine theorie, wie das Abendmahl hätte gewesen sein können dargestellt, aber das heißt noch lange nicht dass es auch so stimmt. was werden spätere generationen alles in moderne gemälde von heute hineininterpretieren??? Leonardo Da Vinci war schon begabt und so, keine frage aber doch nicht allwissend. LG

also nach meiner, allerdings höchst persönlichen Meinung, hat Leonardo mit dem "Vatikan" und dem gesamten "Klerus" nur rein geschäftliche Verbindungen gepflegt - er musste ja auch Geld verdienen. :wink:

Als Genius und Freigeist - als den man ihn heute sieht - hatte Leonardo mit dem Christentum bzw. der Figur "Jesus" wohl eher wenig am Hut. Er scheint - ganz im Gegenteil - eher "ketzerisch" veranlagt gewesen zu sein. Vielleicht passte er deshalb so gut in Plantard's Großmeisterliste.

Und was immer man heute auch in "Das letzte Abendmahl" hineininterpretieren will, faktisch ist Leonardo im "Sakrileg" so zu verstehen, wie Kapitän Nemo in "20.000 Meilen unter dem Meer".

Gruss Artaxerxes 8)
 
G

Guest

Gast
Lincoln und Co. haben auch nur abgeschrieben, das ganze ist eigentlich ein alter Hut.

Der Roman "The Last Temptation of Christ" von Nikos Kazantzakis von 1927. (Wurde von Scorsese 1986 verfilmt)

Die Scheintod Hypotehse von Heinrich Eberhard Gottlieb Paulus (1761-1851)

Die Leben Jesu Forschung von Albert Schweizer

Karl Herbst, Franz Alt, Robert Eisenman,

Gerade das Werk von John Allegro (Das anfeuernde Orakel) von 1966 ließst sich wie die Vorlage zu den Lincoln und Co. Büchern.

KArl Heinrich Venturini ("Natürliche Geschichte des großen Propheten von Nazareth" von 1702), Karl Friedrich Bahrdt ("Briefe über die Biebel im Volkston" und "Ausführung des Planes und Zweckes Jesu") und Johan Georg Wachtler (1673-1757) hatten das Thema erstmals öffentlich geradezu breitgetreten.
 

Artaxerxes

Meister vom Königlichen Gewölbe
18. Juni 2004
1.323
Hallo shechinah,

nach Schismen, Inquisition und Reformation war die Zeit ja auch mal reif, um sich über die Person des "Jesus von Nazareth" etwas mehr Gedanken zu machen.

Die Frage, ob Jesus nun verheiratet war oder nicht, ist aber in diesem Zusammenhang eher zweitrangig. Wesentlich wichtiger wäre die Frage, ob Jesus - in erster Linie - nicht ausschließlich die Reformation des Judentums anstrebte. Folgt man Petrus, so hat dieser sich ja fast nur für die "Missionierung" der jüdischen Gemeinden in Kleinasien interessiert. Die weltweite Verbreitung der christlichen Lehre haben wir doch eher Paulus zu verdanken.

War es dann aber nicht eine große Portion Anti-Rom-Politik, die das Handeln von Paulus beherrscht hat und weniger die "reine" Lehre Jesu?

Gruss Artaxerxes 8)
 

Aphorismus

Ritter vom Osten und Westen
22. Dezember 2004
2.466
shechinah schrieb:
Lincoln und Co. haben auch nur abgeschrieben, das ganze ist eigentlich ein alter Hut.

Mich würde interessieren in welchem Buch zum ersten Mal die große, böse Weltverschwörung und die Nachkommenschaft Christi miteinander vermischt worden sind.
 

Sentinel

Großmeister-Architekt
31. Januar 2003
1.222
Wahrscheinlich gehörten derartige verschwörerische Ansichten von Anfang an zu den häretischen Lehren, wie z.B. im Gnostizismus, da diese diese Welt bekanntermaßen als das Spielfeld des Teufels mit seiner Lieblingstaktik "Lüge" ansehen.
 

Artaxerxes

Meister vom Königlichen Gewölbe
18. Juni 2004
1.323
Hallo Aphorismus,

Aphorismus schrieb:
shechinah schrieb:
Lincoln und Co. haben auch nur abgeschrieben, das ganze ist eigentlich ein alter Hut.

Mich würde interessieren in welchem Buch zum ersten Mal die große, böse Weltverschwörung und die Nachkommenschaft Christi miteinander vermischt worden sind.

interessante Frage! Wahrscheinlich hat sich die Zunft der schreibenden Mönche im finsteren Mittelalter bereits solche Szenarien einfallen lassen. Allerdings ist wohl nichts schriftliches überliefert worden - wäre ja auch für den Schreiber mehr als nur lebensgefährlich gewesen.

Wie eine solche Legendenbildung wirken kann, zeigt sich z. B. im Web unter "Pilgerstätten in Südfrankreich", wo sich folgendes Zitat findet:

Folgt man der aus dem 13. Jahrhundert in einem Breviarium der Diözese Aix überlieferten Wallfahrtslegende, sind 45 n. Chr. die beiden Schwestern der Gottesmutter Maria Kleophas, Mutter der Apostel Jakobus d. J. und Simon Zelotes, sowie Maria Salome, zusammen mit Maria Magdalena, Martha und Lazarus von Juden auf einem segellosen Schiff ausgesetzt, bei Marseille gelandet und haben die Provence missioniert.

Nimmt man dies mal für bare Münze (was ja wohl tausende Pilger getan haben), dann gibt es auch keinen "Augenzeugenbericht" über die Auferstehung weil es - in der Zeitschiene - unmöglich ist, dass die "Evangelisten" (bei Niederschrift ihrer Evangelien) noch persönlichen Kontakt zu Maria Magdalena hatten.

Diese Logik ist dem frommen Schreiber aus dem 13. Jahrhundert sowie den Pilgern wohl abgegangen. :wink:

Gruss Artaxerxes 8)
 

Auredin

Geselle
12. September 2003
22
Nun gut,
natürlich ist die ganze Geschichte recht zweifelhaft.
Faszinierend bleibt es aber trotzdem, wieweit das Gespinnst von Märchen und Legenden,
offensichtlichen Lügen und vermuteten Körnchen von Wahrheit im Laufe der Jahrtausende gediehen ist.
Der Ort, an dem die 3 Marias erstmals europäischen Boden betreten haben sollen, nennt sich "Les Saintes Marie de La Mer" und die schwarze "heilige" Sarah - von einigen als Dienerin der Marias, von andern als Tochter der Maria Magdalena bezeichnet- kann man dort als Holzfigur im Keller (na gut: Krypta) der Wallfahrtskirche bestaunen. Auch einen Kelch mit exponierter Funktion bei den spektakulären "Zigeunerwallfahrten" (den heiligen Gral ? :-) ) kann man dort bewundern - wenngleich auch nur auf einem Relief.
Weniger bekannt als diese Geschichte ist die Legende, dass Maria Magdalena - nach dem baldigen Tod der zwei anderen Marias und Sarahs - noch 30 Jahre in eine Grotte im Massif de la Ste. Baume verbracht hat, um dort in aller Ruhe ausgiebig zu büßen. Allerdings ist nicht überliefert, wofür ...
Gestorben ist sie übrigens in Aix-en-Provence. Und in Ephesus.
Soviel zur Glaubwürdigkeit der Stories.
 

Artaxerxes

Meister vom Königlichen Gewölbe
18. Juni 2004
1.323
Hallo Auredin,

Auredin schrieb:
Nun gut,
natürlich ist die ganze Geschichte recht zweifelhaft.
Faszinierend bleibt es aber trotzdem, wieweit das Gespinnst von Märchen und Legenden,
offensichtlichen Lügen und vermuteten Körnchen von Wahrheit im Laufe der Jahrtausende gediehen ist....

Gestorben ist sie übrigens in Aix-en-Provence. Und in Ephesus.
Soviel zur Glaubwürdigkeit der Stories.

natürlich lebten - und leben - ganze Landstriche von den Pilgern und Wallfahrten. Und wo Maria Magdalena wirklich gestorben ist dürfte wohl auch nicht mehr zu recherchieren sein. Hinterfragt man aber mal die Herkunft vieler Reliquien in Wallfahrtsorten, so wird sich wohl immer ein Link zu den mittelalterlichen Händlern finden, die ein Vermögen durch den schwunghaften Handel mit Reliquien aller Art gemacht haben.

Tatsache ist, dass es in vielen Fällen - für einen einzigen Heiligen - wesentlich mehr Reliquien (Knochen) gibt, als anatomisch überhaupt möglich ist.

Hier aber noch mal der Link nach Südfrankreich: http://www.lochstein.de/hoehlen/F/sf/sainte_baume/sainte.htm

Solche Histörchen erfüllten ja auch nur einen Zweck, nämlich möglichst viele Pilger ins Land zu locken. Dazu wurden solche frommen Sagen ja höchstwahrscheinlich auch geschrieben.

Und je weiter das Ziel entfernt lag - um so besser für den mittelalterlichen Tourismus - ein gutes Beispiel ist der Jakobsweg nach Santiago de Compostela und noch weiter an das Kap Finisterre.

Und auch andere Histörchen zeitigen ja den gleichen Erfolg. Hätte Noel Corbu - seinerzeit - nicht die phantastische Geschichte um den Abbé Saunière publik gemacht, niemand würde heute den Namen "Rennes le Chateau" überhaupt kennen.

Gruss Artaxerxes 8)
 
G

Guest

Gast
Angeblich ist Maria direkt in der Kirche von Aix-enProvence gestorben.

Um ihre Gebeine ist in Frankreich im 13. Jahrhundert ein regelrechter Wettstreit entbrannt: Vézelay und Aix rühmen sich, Grabstätten zu sein; insgesamt sind fünf ganze Leichname sowie verschiedene Einzelteile als Reliquien aufgetaucht.

Hier noch ein interessanter Auszug aus dem 1896, von Carl Reinhardt in Kairo gefundenen Evangelium der Maria Magdalena:

„Was ist die Materie? Wird sie ewig währen?“ Der Erlöser antwortete: „Alles Geborene, alles Geschaffene, alle Elemente der Natur sind miteinander verwoben und verbunden. Alles Zusammengesetzte wird sich auflösen; alles geht zu seinen Wurzeln zurück; die Materie wird zu den Ursprüngen der Materie zurückkehren. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Das Haften an der Materie erzeugt eine Leidenschaft gegen die Natur. So entsteht im ganzen Leib Verwirrung; deshalb sage ich euch: Seid in Harmonie! Wenn ihr verwirrt seid, laßt euch von den Bildern eurer wahren Natur leiten. Wer Ohren hat zu hören, der höre!“
 

Artaxerxes

Meister vom Königlichen Gewölbe
18. Juni 2004
1.323
Hallo shechinah,

shechinah schrieb:
Angeblich ist Maria direkt in der Kirche von Aix-enProvence gestorben.

Um ihre Gebeine ist in Frankreich im 13. Jahrhundert ein regelrechter Wettstreit entbrannt: Vézelay und Aix rühmen sich, Grabstätten zu sein; insgesamt sind fünf ganze Leichname sowie verschiedene Einzelteile als Reliquien aufgetaucht.

was einen nun wirklich nicht wundern sollte - deshalb finden sich in Palästina ja wahrscheinlich auch weniger antiker Gräber als anderswo! :roll:

shechinah schrieb:
„Was ist die Materie? Wird sie ewig währen?“ Der Erlöser antwortete: „Alles Geborene, alles Geschaffene, alle Elemente der Natur sind miteinander verwoben und verbunden. Alles Zusammengesetzte wird sich auflösen; alles geht zu seinen Wurzeln zurück; die Materie wird zu den Ursprüngen der Materie zurückkehren. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Das Haften an der Materie erzeugt eine Leidenschaft gegen die Natur. So entsteht im ganzen Leib Verwirrung; deshalb sage ich euch: Seid in Harmonie! Wenn ihr verwirrt seid, laßt euch von den Bildern eurer wahren Natur leiten. Wer Ohren hat zu hören, der höre!“

Das ist ja sogar heute noch brandaktuell und erinnert frappant an den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik!

Wann wurde dieses Evangelium denn niedergeschrieben bzw. entdeckt und vor allem, wo?

Gruss Artaxerxes 8)
 
G

Guest

Gast
Der Text wird ungefähr auf das Jahr 125 n. Chr. datiert – also 40 bis 50 Jahre nach der Entstehung des Johannes-Evangeliums.

Teil eines größeren Fundes, 1896 bei Akhmim in Ägypten ausgegraben

Er enthielt mehrere unvollständige, apokryphe Texte: ein Apokryphon von einem Johannes, einen namens „Sophia von Jesus Christus“, und einen „Apostelbrief von Petrus“.
 

Artaxerxes

Meister vom Königlichen Gewölbe
18. Juni 2004
1.323
Hallo shechinah,

danke für die Infos!

Werde mich gelegentlich mal näher damit befassen.

Gruss Artaxerxes 8)
 

Vindaloo

Großmeister
16. August 2003
91
Ein hochinteressantes Bild, welches Leonardo da Vinci an der Wand des Refektoriums des Klosters Santa Maria delle Grazie in Mailand hinterlassen hat. Ich muß gestehen, dass ich erst über dieses Bild dazu gekommen bin "Sakrileg" zu lesen, da mich ein alternativer Erklärungsversuch interessiert hat, wieso da eine Frau neben Jesus sitzt.
Die Erklärung dies sei ein weiblich gezeichneter Johannes befriedigt mich nicht. Im hier bereits erwähnten Bild von Jacopo Bassano wird es fast noch deutlicher, da der vermeintliche Johannes als einzige Figur recht weiblich erscheint, bartlos ist und auf dem Schoß von Jesus zu sitzen scheint (auf die Füße achten). Vermutlich kannte Bassano ja das Bild von Leonardo da Vinci und trieb diese Darstellung nur auf die Spitze. In einem anderen Gemälde hat Bassano Johannes übrigens mit Bart und recht männlich porträtiert. (Hinrichtung des Johannes o.s.ä.)

Das Leonardo kein flammender Christ war, scheint sehr wahrscheinlich, widerspricht doch sein Forschergeist, seiner auf Erkenntnis beruhende Philosophie vehement dem christlichen Dogmatismus und Wunderglauben seiner Zeit. Auch liegt es sicher nicht fern, ihn als mutmaßlichen Homosexuellen zu bezeichnen, was man u.A. aus dem Sodomie-Prozeß (Jacopo Saltarelli) ableiten könnte. Auch die Tatsache, dass er nie verheiratet oder bekanntermaßen liiert war.
Nicht zu vergessen auch seine persönliche Bekanntschaft und seine Dienste für Leo dem X., besser Giovanni de' Medici. Nicht zufällig fiel die Reformation in dessen Amtzeit, ein Mann der Kardinal war, ohne Geistlicher zu sein, der extra zum Bischof ernannt wurde, um zum Papst gewählt werden zu können. Ein Papst der prächtige Umzüge, Hofnarren und das Jagen liebte. Kaum 10 Jahre zuvor war noch der Skandalpapst der Borgias als Alexander VI. Inhaber des Pontifikats. Ein Papst den man wohl eher mit Caligula, denn mit Jesus vergleichen könnte. Der Papismus war zu einer reinen Machtposition verkommen, die Dekandenz wurde höchstens von der Skrupellosigkeit überboten. Nicht umsonst die Zeit von Niccolò Machiavellis "Il Principe".

Die Vermutung, das Leonardo als Universalgelehrter und Erkenntnisphilosoph nun christlicher Mythologie anhing, scheint vor diesem Hintergrund vollkommen absurd. Das Papistentum war verkommen bis ins Mark und stank vom Kopf her, dort wo Leonardo mit seinem mechanischen Spielzeug mehr Aufmerksamkeit erregte, als mit seinen Darstellungen christlicher Bildnisse. Der Verdacht, dass er womöglich Geheimgesellschaften, gnostischem Gedankengut oder schlichter Satire den Vorzug gab, es liegt für mich auf der Hand. Das er nicht offen der Häresie anhing ist klar, ansonsten wäre schlicht tot, verbrannt und vergessen worden.

Um auf das Bild zurückzukommen, Auffällig ist die Symmetrie zwischen Jesus und der Frau/Johannes, beide bilden ein deutliches V, was Brown als Kelch und Symbol des urweiblichen interpretiert, jedoch auch ohne Interpretation auffällig erscheint. Ebenso auffällig wie die Kleidung, die man heutzutage wohl als Partnerlook bezeichnen würde. Es riecht sehr nach einer Darstellung des Dualismus, in der Kleidung, im Ausdruck, selbst die Hände von Jesus drücken dies aus, eine Hand nach oben, die andere nach unten. Beide schauen zudem als Kontrast zu allen anderen Personen jeweils geneigt zu Boden, als teilten beide ein Wissen, welches den anderen Figuren nicht bekannt ist. Ein außerordentlich auffälliger Symbolismus. So stark, dass Dan Brown ohne weiteres seinen Roman auf dieses Detail aufbauen konnte, ohne völlig verrückt zu wirken. Die Vermutung, dass in diesem Bild verdeckt auf eine Gefährtin (Ehefrau) Jesu hingewiesen wird, scheint auf der Hand zu liegen.
Und weshalb auch nicht?

Um auf Dan Brown zurückzukommen. Die Basis seines Buches bildet neben diesem auffälligen Gemälde ohne Frage das "Evangelium der Maria Magdalena", was ja bereits genannt wurde. Ebenfalls zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang imho auch die Schriften aus "Nag Hammadi" (endeckt 1945). Eine Sammlung gnostischer Handschriften, die auch als "Bibel der Häretiker" bekannt ist. Brown bezieht sich anscheinend vorwiegend auf die "Evangelien des Philippus" wo auf Maria Magdalena als Gefährtin und Ehefrau, bzw. als "Lieblingsapostel" eingegangen wird. Was wiederum den Zirkelschluß zu Johannes zieht, gilt er doch sonst als "Lieblingsapostel" des Jesus.
Ist es nun undenkbar, das Leonardo dem frühchristlichen Gnostizismus anhing? Ich denke keineswegs, natürlich sind diese Schriften im Laufe der Jahrhunderte aus dem Gedächtnis getilgt worden, nicht zuletzt durch die Hexenverfolgung, die ihren Höhepunkt kurz nach Leonardo bis weit ins 17. Jahrhundert hatte.

Doch lange Zeit werden diese "alternativen" Überlieferungen durchaus bekannt gewesen sein, vielleicht nicht der Masse, jedoch einer gebildeten häretischen Oberschicht von Eingeweihten. Viele Dogmen brauchten Jahrhunderte bis sie zu kirchlichen Wahrheiten wurden, ebensolang werden sich herätische Glaubenssätze gehalten haben. Und je größer der Druck durch die Kirche wurde, desto mehr wurden diese "Andersdenkenden" in den Untergrund und in Geheimgesellschaft gezwungen. Doch selbst bis heute findet man unter christlicher Oberfläche schnell heidnische Symbolik. Oft ungewollt, jedoch vermutlich auch oft versteckt um gleichgesinnten "Zeichen" zu geben.

Jedoch halte ich es auch für müssig in "Sakrileg" tiefergehende "Wahrheiten" zu suchen, er hat nichts anderes gemacht, als früh-christlichen Gnostizismus mit einigen Legenden (Gral) und der Kritik am radikalen Christentum a la "Opus Dei" zu einem knackigen Thriller zu verbinden. Schwachsinn a la Haus Benjamin/Haus David bringt Merowinger hervor, gehört dann aber eben dazu wie historische "ungenauigkeiten" a la "die Kreuzigung war eine Erfindung der Römer" oder der Unsinn über Konstantin.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
In einem anderen Gemälde hat Bassano Johannes übrigens mit Bart und recht männlich porträtiert. (Hinrichtung des Johannes o.s.ä.)

Es gibt zwei Johannesse, Johannes den Evangelisten, der mit dem Jünger Johannes gleichgesetzt wird, und Johannes den Täufer. Johannes der Täufer wird üblicherweise bärtig dargestellt. Er ist auch hingerichtet worden. Hat Johannes der Evangelist dieses Schicksal überhaupt geteilt?

Ergänzung:

Hier haben wir eine Enthauptung des Johannes von Bassano. Der Henkersknecht zur Linken hält den Teller, auf dem man Salome den Kopf des Täufers präsentieren wird. (Der Mühlsteinkragen wurde gern spöttisch als Präsentierteller des Hl. Johannes bezeichnet.)

Ist es nun undenkbar, das Leonardo dem frühchristlichen Gnostizismus anhing? Ich denke keineswegs, natürlich sind diese Schriften im Laufe der Jahrhunderte aus dem Gedächtnis getilgt worden, nicht zuletzt durch die Hexenverfolgung, die ihren Höhepunkt kurz nach Leonardo bis weit ins 17. Jahrhundert hatte.

Wenn Du Dich mit dem Hexenwahn beschäftigen würdest, dann würdest Du feststellen, daß mehrheitlich ganz ungebildete, arme Menschen ihm zum Opfer fielen, und zwar aus den nichtigsten Anlässen, und daß die Verfolgung meist keineswegs von der Kirche, sondern vom Volk ausging.

Daß die Hexenverfolgung irgendetwas mit Geheimlehren zu tun gehabt hätte, dafür gibt es trotz allen Suchens keinerlei Belege.
 

Marc

Vorsteher und Richter
31. Dezember 2003
792
Ein_Liberaler schrieb:
und daß die Verfolgung meist keineswegs von der Kirche, sondern vom Volk ausging.
Vielleicht nicht direkt, aber mit der Hexenbulle hat der Papst das seinige dazugetan.
 
G

Guest

Gast
Ein_Liberaler schrieb:
Wenn Du Dich mit dem Hexenwahn beschäftigen würdest, dann würdest Du feststellen, daß mehrheitlich ganz ungebildete, arme Menschen ihm zum Opfer fielen, und zwar aus den nichtigsten Anlässen, und daß die Verfolgung meist keineswegs von der Kirche, sondern vom Volk ausging.

Daß die Hexenverfolgung irgendetwas mit Geheimlehren zu tun gehabt hätte, dafür gibt es trotz allen Suchens keinerlei Belege.

Man muss unterscheiden zwischen der Verfolgung der angeblichen "Ketzer" die sich um 1100 mit dem Aufkommen der Bogomilen, Katharer (Albigenser) und Waldenser, die aufgrund ihrer Zahl eine Kirchenspaltung erwarten ließen entwickelte und der Verfolgung von Mitgliedern von sogenannten Hexensekten die erst im 15ten Jahrundert so richtig zum tragne kam.

Noch in der frühmttealterlichen Kirchenlehre hielt man "Hexerey" für Unsinn.Diese Frauen, so heißt es dort, seien mit Nachsicht zu behandeln, denn da das, was sie zu tun glaubten, physikalisch unmöglich sei, basiere es auf Einbildung.

Die staatlich Spannische Inquisition lehnte "Hexenprozesse" rundweg ab.

Erst als HEinrich Kramer (Mitautor des Hexenhammer) 1475 zum Inquisitor der Ordensprovinz Alemannia bestellt wurdegings dann richtig los. Nach einem Prozess gegen Juden in Trient, dem er beiwohnte, begann er seine Tätigkeit als Verfolger der neu aufkommenden Hexensekten.

Der Großteil der Hexenverfolgungen liegt entgegen der landläufigen Ansicht nicht im Mittelalter, sondern in der frühen Neuzeit (15. bis ins 18. Jahrhundert)

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die späteren Verfolgungswellen (im 17. Jahrhundert) fast ausschließlich auf Beschuldigungen durch Kinder zurückgingen.

Am 4. April 1775 wurde im Stift Kempten im Allgäu Anna Schwegelin wegen erwiesener Teufelsbuhlschaft als letzter Hexe in Deutschland der Prozess gemacht, 1782, wurde als letzte Hexe der Schweiz Anna Göldi hingerichtet.

Noch nach dem II Weltkrieg wurde in England eine Frau der Hexerei angeklagt.
 

Vindaloo

Großmeister
16. August 2003
91
@"Ein_Liberaler"
Zu Johannes:
Guter Einwand, das Gemälde wird Johannes den Täufer zeigen, mein Fehler.

Zu Hexenverfolgung:
Hier beziehe ich mich auf das Klima der Repression, nicht auf das Phänomen an sich. Es wäre vermutlich besser gewesen Galilei als Beispiel zu nehmen, wenngleich ein Gelehrter sich wohl eher der Ketzerei, denn der Hexerei schuldig gemacht hätte. Dennoch halte ich einen Zusammenhang zur Entstehung diverser Geheimgesellschaften keineswegs für absurd, auch wenn Adel, Klerus oder Gelehrte nicht direkt von der Hexenverfolgung betroffen waren, so unterlag doch das einfache Volk dieser Repression/Wahn. Jeder der sich mit häretischem Gedenkengut befasste, mußte überdeutlich sein, dass jeder Büttel, jede Wäscherin, ja jedes Kind eine potenzielle Gefahr darstellte. Selbst bei bedingungsloser Treue gegenüber dem Herrn, es blieb noch der lange Arm der Beichte.

Das die Verfolgung vom Volk und nicht von der Kirche ausging, halte ich für einen schlechten Scherz. Die Kirche war der Mittelpunkt des Lebens schlechthin. Nicht nur wegen Taufe, Kommunion, wöchentlicher Predigt, Beichte und der Sterbesakramente. Der Priester hatte spätestens mit der amoklaufenden Inquisition die absolute Macht, wenngleich Glaube und Lehre ohnehin die völlige Kontrolle über den Geist ausübten. Bildung war letztlich der Kirche überlassen. Und nicht selten war die Kirche nicht nur geistlicher, sondern auch weltlicher Herr. Ein schönes Beispiel ist für mich Salzburg, samt seiner beeindruckenden Festung, wo sich geistliche und weltliche Macht vereinen. Bis heute ist die Kiche größter Großgrundbesitzer im deutschsprachigen Raum.

Wenn jemand bestimmte, was das Volk dachte, glaubte und zu wissen glaubte, dann war das die Kirche. Selbst heute ist die Zahl der Menschen die sich ein eigenes unabhängiges Urteil abseits der "Glaubenslehren" bilden verschwindend gering, obwohl Bildung und Informationsmöglichkeiten praktisch explodiert sind. Wie muß es erst früher gewesen sein?

@shechinah
vielen Dank für Deine bereichernden Beiträge, es blitzt sehr beachtliches Hintergrundwissen auf, welches die Frage aufwirft, ob Du beruflich damit zu tun hast. Historiker? Jedenfalls ist es eine Freude und sehr interessant Deine Beiträge zu lesen.
 

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