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USA:Lügen in den Zeiten des Krieges

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
am wochenende war in der "berliner zeitung" folgender artikel, der nochmal gut zusammenfasst, mit welchem geistes kind (USA) wir es hier zu tun haben.
bevor jetzt wieder proteste kommen, wieso ich diesen langen artikel nicht verlinke, die suchmaschine der artikel in dieser zeitung ist mehr als schlecht, dieser beitrag ist jetzt in einer art zwischenablage gespeichert, bevor er in einer woche endgültig ins archiv wandert, weshalb es jetzt nicht möglich ist, einen gültigen link zu setzen.

nun ja, auf gehts:


Lügen in den Zeiten des Krieges

Die Expansion des Imperiums, das nicht Imperium genannt werden will

Reinhard Blomert

Das ist doch alles Mist", soll der amerikanische Außenminister Colin Powell ausgerufen haben, als er von Vizepräsident Cheney einen Stapel mit Materialien zugeschickt bekam, die die Notwendigkeit des Irak-Krieges belegen sollten: "Ich weigere mich, so etwas zu lesen." Powell konnte schließlich doch in die Pflicht genommen werden und übernahm die Argumentation seiner Regierung: Der Irak verfüge über chemische und biologische Massenvernichtungsmittel und stelle eine akute Gefahr für den Weltfrieden dar. Saddam Hussein wurde mit Hitler verglichen, und der Kampf gegen Saddam wurde als ein Kreuzzug gegen das Böse inszeniert. Die Opfer dieses Krieges waren 3 240 irakische Zivilisten, eine unbekannte Zahl von irakischen Soldaten, mindestens 104 amerikanische und mindestens 29 britische Soldaten, sowie 15 Journalisten.

Warum all diese Toten? Die Materialien, auf denen die Anklagen gegen Saddam Hussein gegründet waren, haben sich als Lügen erwiesen, die Massenvernichtungswaffen gibt es nicht, und der stellvertretende amerikanische Verteidigungsminister Wolfowitz hat inzwischen öffentlich zugegeben, das Argument der akuten Gefährdung durch Saddam Husseins Massenvernichtungsmittel sei nur vorgeschoben gewesen, um die öffentliche Meinung für den Krieg zu gewinnen. Auch der amerikanische Verteidigungsminister Rumsfeld gibt zu, dass man diese Massenvernichtungswaffen vielleicht nie finden werde.

Als weder die Angaben des amerikanischen Geheimdienstes sich als ausreichend erwiesen, noch die Aussagen der Waffeninspektoren der Uno, wurde durch bezahlte Public- Relations-Kampagnen des Verteidigungsministeriums die Öffentlichkeit auf eine nicht vorhandene Gefahr eingestimmt, die durch falsche Angaben dramatisiert wurde. Das amerikanische Verteidigungsministerium hatte eine eigene Propagandaabteilung unter der Leitung von Paul Wolfowitz eingerichtet, die die Öffentlichkeit gezielt auf einen Krieg gegen den Irak vorbereiten sollte. Die Informationen wurden zum Teil von den Geheimdiensten, zum Teil vom Irakischen Nationalkongress des Exilirakers Achmed Chalabi bezogen. Die Propaganda wurde so angelegt, dass die amerikanische Öffentlichkeit glauben musste, dass der Irak Tausende Tonnen von biologischen Giften und chemischen Waffen deponiert hatte, und dass es eine direkte Verbindung zwischen den Attentaten des 11. September und Saddam Hussein gäbe.

Aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium wurde ein Propaganda- und Kriegsministerium, das durch die Gewinnung möglichst vieler Alliierter zu vertuschen suchte, dass es einen Angriffskrieg vorbereitete, der weder moralisch legitim noch völkerrechtlich legitimiert war. Die Einbeziehung von Alliierten minimiert das Risiko, als Angreifer vor der Weltöffentlichkeit für schuldig erklärt zu werden. Je größer die Zahl der Angreifer, desto geringer die Chance, vor ein Kriegstribunal gestellt zu werden: Wer wollte die Anklage führen gegen zwei mächtige Nationen? Auch wäre es ein einmaliger Fall in der Geschichte, dass Sieger als Kriegsverbrecher angeklagt werden.

Trotz der ungewöhnlich kritischen Haltung in Kontinentaleuropa gelang es den Amerikanern, Verbündete zu finden. Der britische Premierminister Tony Blair machte sich in Europa zu einem der stärksten Advokaten dieses Krieges gegen das Böse und verteidigte den Kampf gegen Saddam Hussein mit dem moralischen Einsatz seiner ganzen Person. Nachdem nun die konstruierten Anschuldigungen gegen den Irak in sich zusammenfielen hat das englische Parlament einen Untersuchungsausschuss gegen den eigenen Premier eingesetzt wegen Verdachts des Missbrauchs geheimdienstlicher Informationen bei der Vorbereitung eines Angriffskrieges. Damit ist Blair mit der schwersten Anklage konfrontiert, die einem britischen Premierminister gemacht werden kann - dass er britische Soldaten dem Risiko des Sterbens auf der Grundlage einer Lüge ausgesetzt hat, schrieb der Daily Telegraph, der zuvor den Krieg rückhaltlos unterstützte.

Warum also all diese Toten? Die Antwort auf diese Frage ist die amerikanische Regierung noch immer schuldig geblieben. Das Regime Saddam Husseins existiert nicht mehr, aber der Krieg ist noch nicht vorbei. Angriffe auf amerikanische Soldaten häufen sich, zehn Tote und Dutzende von Verwundeten gab es allein in der Zeit vom 29. Mai bis zum 11. Juni. Die Plünderungen und die Überfälle auf Taxifahrer und Auslandskorrespondenten reißen nicht ab. In Falludschah strömte nach der Erschießung zweier amerikanischer Soldaten am 28. Mai eine Menschenmenge zusammen und versprach, dass es noch mehr amerikanische Tote geben werde. Unter den Amerikanern gibt es das Gerücht, dass Saddam noch lebt und für jeden toten Amerikaner 200 Dollar bezahlt. Eine Frau, die sich nach amerikanischen Angaben mit zwei Handgranaten einer Gruppe amerikanischer Soldaten näherte, wurde von diesen niedergeschossen. Die von den Amerikanern im Zuge der "Entbaathifizierung" demobilisierten irakischen Truppen stehen arbeitslos auf der Straße und fordern ihre Wiedereinstellung. Mehrere Tausend belagern täglich den Republikanischen Palast, wo die alliierte Militärverwaltung der Sieger ihren Sitz hat, und drohen offen mit der Bildung einer neuen Armee ("Armed Front against the Occupation"). Vier Millionen Iraker, die zum Teil schon im ersten Golfkrieg in den Iran geflüchtet waren, drängen auf Rückkehr und stellen die amerikanisch-britische Besatzung vor schier unlösbare Probleme. Die Durchsuchungen wurden verstärkt, was dazu beigetragen hat, dass die Freundlichkeit der Bewohner abflaut. Bei Durchsuchungen in der Stadt Hit mussten sich die Militärpatrouillen vor einer aufgebrachten Menge zurückziehen, die sich von den US- Soldaten provoziert fühlte: "Sie haben nicht das Recht, in unser Haus und in unsere Schlafzimmer einzubrechen und sie zu durchsuchen, das ist ein Angriff auf unsere Würde. Wir sind keine Soldaten Saddams, keine Polizisten Saddams und keine Mitglieder der Baath-Partei." Der Widerstand ist überall spürbar und macht den Besatzungstruppen Probleme. Der für die Bodentruppen zuständige General McKiernan lässt verkünden, dass der Krieg noch nicht beendet ist. Am 11. Juni startete die größte Militäroperation seit dem offiziellen Ende des Krieges mit 4 000 Mann, F-15-Bombern, Kanonenbooten und einer unbemannten Drohne in einem Gebiet, das angeblich noch von Saddam-Anhängern beherrscht wird. Vier Iraker wurden erschossen, 375 Mann verhaftet, auch Kinder und Frauen in Handschellen abgeführt. Ein Mann wurde von amerikanischen Soldaten zu Tode geprügelt und einer starb an Herzversagen. Es wird immer deutlicher, dass der Irak nicht vom Flughafen und ein paar Militärcamps aus regiert werden kann, wie Afghanistan. Die Besatzungstruppen, die bis auf eine Division schon im September nach Hause geschickt werden sollten, werden sich gedulden müssen, denn die Besatzungszeit, die offiziell auf höchstens achtzehn Monate angesetzt war, wurde vom amerikanischen Verteidigungsminister Rumsfeld inzwischen auf acht Jahre taxiert. Der Umgang mit einer feindlich eingestellten Bevölkerung verlangt einen höheren Einsatz als die indirekte Kontrolle.

Warum all diese Toten? Um die neue amerikanische Weltordnung zu schaffen, die Bush versprochen hat? Die USA sind in eine neue imperiale Rolle hineingeraten, in eine Herrschaftsrolle also, die dem Selbstbild des demokratischen und antiimperialistischen Amerika so ganz und gar widerspricht. Die Abwehr gegen diese neue Rolle jedenfalls ist nicht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch heftig. Präsident Bush besteht darauf, dass seine Vision einer neuen Welt nichts mit einem Imperium zu tun habe, und auch der amerikanische Verteidigungsminister Rumsfeld verneinte streng, als er gefragt wurde, ob die USA ein Imperium anstreben ("we don t do empire"). Der britische Historiker Niall Ferguson, dessen verfilmtes Buch über das britische Empire die Amerikaner derzeit fesselt, spricht vom "Imperium, das sich verleugnet" ("empire in denial"), und es ist nicht zu übersehen, dass seit dem 11. September der Appetit der USA auf globales Engagement erwacht ist. Die Rollenverwandlung führt nicht nur zu außenpolitischen, sondern auch zu zunehmenden innenpolitischen Spannungen, und es wird noch einer aufwändigeren Überzeugungsarbeit bedürfen, um diese Rolle zu legitimieren, als es die amerikanische Regierung bisher zu leisten im Stande war.Die Spanne reicht vom grundsätzlichen Widerspruch, den der 93 Jahre alte, hoch verehrte Anwalt und Parteiführer der Demokraten Francis Cudahy ("Mr.Democrat") formulierte, als er Präsident Bush vorwarf, "unsere Philosophie der ganzen Welt aufdrängen zu wollen", bis zum Herausgeber der konservativen Zeitschrift The National Interest, Simes, der vorsichtig dazu einlädt, nicht vor dem Begriff "Empire" zurückzuschrecken, sondern ernsthaft zu überlegen, welche Art von Imperium die USA sein will: Kosten und Aufga ben eines Imperiums müssten offen debattiert werden.

Die Fragen nach der neu entstandenen Situation beginnen erst langsam im öffentlichen Bewusstsein Platz zu finden. Der Kongress, der zweihundert Milliarden Dollar für die Besatzung genehmigte, zeigt sich ungehalten über die völlig unzureichende Informationspolitik der Regierung und verlangt mithilfe des Rechnungshofes nun umfassende Auskünfte über die Art, wie die Summen ausgegeben werden. Warum wurde Halliburton, der Konzern, dessen Chef bis zu seiner Ernennung zum Vizepräsident Cheney war, mit einem Großauftrag von sieben Milliarden Dollar ohne Ausschreibung betraut? Warum wurden Konzerne wie DynCorp, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind, mit einem 50 Millionen Dollar Vertrag zur Ausstattung der irakischen Polizei versehen? Warum erhielt ausgerechnet die Firma MCI einen Vertrag über die Installierung eines Mobiltelefonnetzes im Wert von 45 Millionen Dollar vom Pentagon? MCI gehört zum WorldCom-Konzern, der den größten betrügerischen Bankrott der Wirtschaftsgeschichte verschuldet hatte. War der Krieg nur für das Geschäft der Regierungsmitglieder gut?

Die amerikanisch-britisch-polnische Koalition, die die Verwaltung des Irak übernommen hat, wird in ihrer neuen Rolle Aufgaben zu lösen haben, die jenseits militärischer Schemata liegen. Darauf hat sie jedoch weder die Alliierten, noch die eigene amerikanische Bevölkerung bisher vorbereitet, und erstaunlicherweise deutet auch vorläufig nichts darauf hin, dass die amerikanische Regierung an dieser Aufgabe ein besonders intensives Interesse entwickelt hat. Stattdessen verweigert sie den Kongressmitgliedern Informationen und verbreitert gleichzeitig ganz gezielt die Distanz zu den wichtigsten bisherigen Nato-Partnern, soweit deren Interessen sich nicht unter die amerikanischen unterordnen. Durch die Aufweichung der Rolle des Sicherheitsrates suchten sie die Position Frankreichs zu schwächen, des Landes, das ihnen am heftigsten misstraut, und jetzt wurde auch der Kriegsalliierte öffentlich bloßgestellt und in eine innenpolitische Zwangslage gebracht durch das nachträgliche Eingeständnis der Zwecklüge von der akuten Gefährdung durch Saddam Husseins Massenvernichtungsmittel.

Die neuen imperialen Züge kommen stärker zum Vorschein, seit die USA dazu übergingen, jedes diplomatische Versteckspiel aufzugeben.Noch war in guter Erinnerung, dass die amerikanischen Soldaten während des Krieges gegen den Irak eine russische Diplomatendelegation beschossen, da rückten, einen Monat nach offizieller Beendigung der Kampfhandlungen, die Soldaten des amerikanischen Befehlshabers General McKiernan in einem weiteren eklatanten Bruch der diplomatischen Immunität in die palästinensische Mission in Bagdad ein, brachen Türen und Schlösser auf und nahmen nicht nur elf Palästinenser mit, darunter den ranghöchsten Diplomaten, son dern auch den Inhalt eines Safes und die Karteien der Aktenschränke. Während sie das Gebäude verließen, rissen sie ein Foto des Palästinenserführers Arafat von der Wand und warfen es auf den Boden. Kiernan ließ lediglich kühl mitteilen, die Botschaft habe in einem Gebiet gelegen, in dem es Gewehrschüsse gegeben habe. Aber nur in schlechten Filmen kommen Gewehrschüsse aus Aktenschränken.

Hat eine imperiale Nation eine andere Haltung zum Völkerrecht? Walter Russell Mead, Mitglied des amerikanischen Council on Foreign Relations, beschrieb stolz die amerikanische Haltung dazu: "Als amerikanische Nation haben wir uns die übertriebene europäische Neigung zur Fairness und zur Einhaltung von völkerrechtlichen Regeln des Krieges nie zu Eigen gemacht. Schon im Unabhängigkeitskrieg marschierten die britischen Rotröcke in einer Linie, griffen nie in der Nacht an, während unsere Männer aus ihren Verstecken hinter Steinmauern und Hecken hervorschossen. Den größten Sieg errang George Washington in der Schlacht von Trenton, als er die völlig überraschten Briten an einem Weihnachtstag angriff."

Tatsächlich haben wir Westeuropäer ein Bild von den Amerikanern, zu dem diese Haltung der Bush-Regierung nicht recht passen will. Sind das dieselben freundlichen Amerikaner, die als Besatzer nach dem Zweiten Weltkrieg den Deutschen nicht nur Demokratie und Frieden, sondern auch Schokolade und Care-Pakete brachten? Zu unserer Verblüffung klären uns die neuen Amerikaner darüber auf, dass diese Begegnung vielleicht nur ein Missverständnis zwischen den zwei Kulturen oder nur eine zufällige Ausnahme war: "Wenn wir Amerikaner uns im Krieg mit einem feigen und verräterischen Feind befinden", so Mead, "halten wir uns an keine Regel mehr. Der schäbige japanische Angriff auf Pearl Harbour brachte das amerikanische Volk so in Rage, dass es regelrecht aufjubelte, als wir gegen Ende des Krieges mehr als neunhunderttausend japanische Zivilisten töteten, dreiundachtzigtausend davon in einer einzigen Nacht in Tokio. Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki sind bis heute ausgesprochen populär. Der 11. September hat ein für alle Mal unsere gegenwärtigen Feinde als Feiglinge und Verräter definiert. Die Amerikaner fühlen sich dazu berechtigt, sie zu jagen und auszurotten wie Ratten."
Macht schon die Definition der "Feinde" den imperialen Amerikanern Probleme, so zeigt dieser Verzicht auf den nichtdiskriminierenden Feindbegriff, wie die USA hinter die Genfer Konvention zurückfallen, deren zivilisatorische Errungenschaft darin bestand, aus Kriegsgegnern Menschen gemacht zu haben, denen gewisse Grundrechte der Behandlung zugestanden wurden. Die Gefangenen aus dem Afghanistan- Feldzug wurden trotz des Protestes des UN Kommissars für Menschenrechte auf Anordnung des Verteidigungsministers in das Lager Guantanamo deportiert, damit sie nicht die amerikanischen Grundrechte auf Verteidigung in Anspruch nehmen konnten. Über ihre Behandlung sickern immer mehr Informationen durch: Sie wurden Hunger, Durst, Hitze und Kälte ausgesetzt, durch ständiges Tragen einer schwarzen Kapuze des Gebrauchs ihrer Sinne beraubt und sozial depraviert und isoliert. Sie wissen weder, wessen man sie anklagt, noch haben sie einen Anwalt erhalten. Der amerikanische Jurist Michael Byers berichtet, dass inzwischen mindestens vierzehn Gefangene Selbstmord begangen haben. Und während derzeit die militärischen Geheimtribunale vorbereitet werden, um die Exekutionen der afghanischen Gefangenen durchzuführen, berichtet Asia Times davon, dass die Amerikaner Geheimgespräche mit den Taliban aufgenommen haben, um sie als Ordnungsmacht in die Regierung zurückzuholen.
Dass die derzeitige Regierung nicht bereit ist, Nichtamerikanern dieselben Rechte zuzugestehen, die sie für sich fordern, hat man immer häufiger beobachten können: Während irakische Kriegsgefangene ohne öffentliche Reaktion im amerikanischen Fernsehen gezeigt wurden, gab es einen Aufschrei und eine gespielte Empörung des Verteidigungsministers, als der arabische Sender Al Dschasira Bilder von amerikanischen Kriegsgefangenen zeigte. Der Sender wurde kurz darauf von der Zulassung zur New Yorker Börse ausgeschlossen mit dem Hinweis auf amerikafeindliche Berichterstattung. Russel Mead gibt also nicht nur die raue vox populi americana wieder, sondern die Haltung der derzeit amtierenden Regierung.

Einen vertieften Eindruck dieser neuen amerikanischen Weltsicht hatte uns bereits eine kriegerische Figur wie Richard Perle geboten, der bei uns im Fernsehen auftreten durfte: Einen solch bellizistischen Konservatismus hat Kontinentaleuropa seit 1945 nicht mehr gekannt. Die Europäer, so schrieb jüngst MacGregor Knox, ein ehemaliger US-Soldat und jetziger Professor an der Londoner School of Economics, mögen glauben, dass die amerikanische Macht durch europäische Weisheit in zivilisierte Bahnen gelenkt werden kann. Doch das sind Illusionen. Wer im militanten Islam ein Schreckbild des Terrors sieht, kennt die militante Demokratie noch nicht. Mead und Perle sind demnach nur Vorboten eines kommenden bellum americanum contra omnes, und Kontinentaleuropa beginnt zu ahnen, was der Welt noch bevorsteht.
Auf dem Weg von einer Hegemonialmacht, die auf indirekter Kontrolle und Drohungen beruht, zu einem Weltimperium fällt den USA die Übernahme der zivilisatorischen Mission der Demokratisierung offensichtlich nicht leicht. Sie haben einen Staat zerstört und werden nun seine Aufgaben übernehmen müssen, denn sie haben darauf verzichtet, die Völkergemeinschaft mit dieser Aufgabe zu betrauen. Aber militärische Macht allein hält noch kein Imperium zusammen. Mit dem Baath-Regime wurde die militärische Dominanz der Sunniten gebrochen, auf der der Irak seit seiner Schaffung durch die Briten beruhte. Was werden die Amerikaner an die Stelle der sunnitischen Regierung setzen? Wie lässt sich der innere Friede zwischen den verschiedenen Teilen dieser vielschichtigen urbanisierten Gesellschaft garantieren? Die Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung einer US- freundlichen einheimischen Regierung zwingen den Amerikanern ein eigenes längerfristiges Engagement auf, denn der Irak, so schreibt Anatol Lieven in der London Review of Books, kann nur durch einen Staat zusammengehalten werden.

Lang anhaltende Kämpfe zwischen Sunniten und Schiiten, zwischen Kurden und Arabern, zwischen Clans, Stämmen und Ethnien würden das Bild der USA in der Welt verdunkeln - das kann nicht die Demokratie sein, die die USA der Welt bringen wollten. Nachdem die Vorbereitungen zur Einberufung eines allgemeinen demokratischen Konvents, der die künftige Regierung wählen sollte, nicht nach amerikanischen Vorstellungen verliefen, will die Bush-Regierung nun eine Mannschaft von handverlesenen Kandidaten benennen, die die Regierungsgeschäfte führen soll. Der ursprüngliche demokratische Impetus ist bereits verrauscht, bevor er an Fahrt gewinnen konnte: Haben sie auch diese Mission nur vorgetäuscht, um die öffentliche Meinung zu gewinnen? Maßnahmen dieser Art lassen jedenfalls nicht erkennen, wie die Bush-Regierung ihrer selbst verkündeten zivilisatorischen Mission gerecht werden will.
Wird man Ahmed Chalabi mit einer Regierungsaufgabe betrauen, den Mann, der von Wolfowitz und Rumsfeld favorisiert wird? Seine Verbindung zu dem Land ist schwach, sein Ruf als Finanzbetrüger weit verbreitet - wollen die USA einen solchen Neubeginn? Die Weigerung der Schiiten, eine Marionettenregierung zu bilden, macht es den Siegern schwer, eine Regierung zu Stande zu bringen. Die USA zögern nicht, den Iran dafür verantwortlich zu machen - ob mit Recht oder nicht, spielt dabei keine Rolle: Die USA dringen auf volle Unterstützung ihrer neuen Weltordnung, alle müssen die Feinde dieser Ordnung bekämpfen, Neutralität dulden sie nicht. Aus ihren bisherigen versteckten Drohungen sind nun offene geworden, die den Bedrohten nicht einmal mehr die Möglichkeit lassen, konform zu gehen und dennoch das Gesicht zu wahren.

Noch haben die Alliierten die Aufräumarbeiten und die Wiederherstellung ziviler Lebensverhältnisse mit Wasser- und Stromversorgung nicht einmal richtig in Angriff genommen, noch sind die Gewehre nicht zum Schweigen gebracht, noch fordern die Uranmunition, die die Amerikaner verwendet haben und die so manche Gegend von Bagdad radioaktiv kontaminiert hat, die Minen und die überall verstreuten Sprengsätze von Splitterbomben ihre nachträglichen Opfer, da baut die amerikanische Regierung bereits eine neue Drohkulisse gegen den Iran auf, dem sie vorwerfen, Terroristen zu verstecken. Der israelische General Ya akov Amidror machte im April bereits klar, dass es nicht um den Irak allein gehe, sondern um die Veränderung der ganzen Region - Irak ist nur der erste Schritt in dieser Richtung. Dafür also die Toten?

Unter dem Krieg gegen den Terrorismus verstehen die Israelis und die Amerikaner, die sich in diesem Ziel inzwischen fest miteinander verbunden haben, die Herrschaft über die ganze arabische Welt. Das lässt ahnen, warum man auf dem Feld der außen- und innenpolitischen Propaganda noch keine Wiederaufbauappelle zu hören bekam.

Wenn es Bush gelingt, auch den Iran noch vor den nächsten Wahlen anzugreifen, dann wird er mit dem Ingangsetzen dieser Maschinerie ein Erbe hinterlassen, das kein Nachfolger mit einem Federstrich ablehnen kann. Die Hoffnungen auf ein vorübergehendes Engagement, welche die Europäer und die Mehrzahl der Amerikaner vielleicht noch gehabt haben, schwindet mit einem Angriff auf den Iran. Ein solcher Angriff liegt nicht nur auf der imperialen Linie der derzeitigen Regierung, die den ganzen Nahen Osten neu ordnen will, sondern ihm wohnt auch eine innenpolitische Logik inne, denn die Fokussierung auf außenpolitische Ziele allein kann Bush angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage vor einer Abwahl retten. Die Gefahr, die vom Iran ausgeht, lässt sich möglicherweise leichter fassen - der Bau eines Atomreaktors, der mit deutscher Hilfe begonnen wurde und mit russischer Unterstützung fertig gestellt werden soll, wird von Israel als Bedrohung angesehen, weil er angeblich zugleich das Material zum Bau einer Nuklearbombe liefere.

Jeden Tag hören wir nun aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium Vorwürfe gegen den Iran - sie versteckten Terroristen, sie bastelten an einer Atombombe, sie haben versteckte Massenvernichtungswaffen. Diese Schritte sollen die amerikanische Öffentlichkeit nach demselben Muster auf einen Angriff auf den Iran vorbereiten, das im Irak-Krieg erfolgreich war. Ob die amerikanische Öffentlichkeit dem Propagandaprogramm ihrer Regierung diesmal ebenso willig Glauben schenken wird? Und ob die amerikanische Regierung erneut Alliierte finden wird, die von der Dringlichkeit eines Krieges überzeugt werden können?

Die Drohungen der Amerikaner gegen den Iran blieben nicht ungehört. Russland hat in der letzten Maiwoche die USA eingeladen, mitzuhelfen beim Bau des Buschor-Atom-Projekts. Das böte einen anderen Weg, auf die Entwicklung im Iran Einfluss zu nehmen. Doch die Amerikaner sind eine Antwort auf dieses Angebot schuldig geblieben, man muss annehmen, dass die Pläne bereits festgelegt wurden.

Oder wird der Verkünder der Bush-Doktrin, der Präsident, der die meisten militärischen Auslandsinterventionen in der amerikanischen Geschichte zu verbuchen hat, wieder zurückfinden zur der "bescheidenen Rolle Amerikas", zu der er sich bei seiner Amtseinführung bekannt hat?
 

Gilgamesh

Erhabener auserwählter Ritter
24. Juni 2003
1.110
Respekt Samhain!

Ich kann nur noch hoffen, dass viele Deinen Beitrag durchlesen und es begreifen. Viel warscheinlicher ist aber, dass viele es kurz überfliegen, sich einwenig darüber aufregen und bis zur Mittagspause wieder vergessen werden.

Wie auch immer. Mehr als unseren Beitrag leisten, können wir eben nicht!

:arrow: Gilgamesh
 

BrettonWoods

Geheimer Meister
5. Juni 2003
304
http://www.inprekorr.de/378-serfati.htm

Präsidenten der Nachkriegszeit, Drahtzieher und Hintermänner der Verbrechen des CIA qua Amt

33. 1945 - 1953 Harry S. Truman (Demokrat)
34. 1953 - 1961 Dwight D. Eisenhower (Republikaner)
35. 1961 - 1963 John F. Kennedy (Demokrat) ermordet
36. 1963 - 1969 Lyndon B. Johnson (Demokrat)
37. 1969 - 1974 Richard M. Nixon (Republikaner)
38. 1974 - 1977 Gerald R. Ford (Republikaner)
39. 1977 - 1981 James E. Carter (Demokrat)
40. 1981 - 1989 Ronald W. Reagan (Republikaner)
41. 1989 - 1993 George H. W. Bush (Republikaner)
42. 1993 - 2001 William J. Clinton (Demokrat)
43. 2001 - George Bush, Junior (Republikaner)

Geheimdienste als staatlich organisierte Kriminelle Vereinigungen
Zur Zeit werden Geheimdiensttätigkeiten völlig unkritisch nicht nur als selbstverständlich, sondern als geradezu notwendig beurteilt und bewertet. Nichts ist falscher als das. Ich nehme vorweg: Geheimdienste sind nicht nur überflüssig, teuer - die CIA hat einen Jahresetat von 26 Milliarden Dollar und war völlig unfähig, Amerika zu warnen - , uneffektiv und unkontrollierbar, sie sind darüberhinaus weder mit einer Demokratie noch mit einem Rechtsstaat und in vielen Fällen auch nicht mit den Menschenrechten vereinbar. Sie sind meist Kriminelle Vereinigungen und kriegerischen Terroristenorganisationen gleichzusetzen. Es kann nur EIN Recht geben, das für ALLE gleichermaßen gilt. Landfriedensbruch ist Landfriedensbruch, Mord ist Mord, Bildung einer Kriminellen Vereinigung ist Bildung einer Kriminellen Vereinigung und Terror ist Terror, ob im Staatsauftrag, von der Mafia, fundamental zionistischen Landräubern (Israel), Islamisten (Osama Bin Laden) oder Christen (Irland; Kreuzzüge, Hexenjagd, Inquisition) begangen.

Aus allgemeiner und integrativer polit-psychologischer Sicht fordern wir daher ein

Internationales Geheimdienst-Völkerrechtsgesetz

http://www.sgipt.org/politpsy/usa/cia.htm#Präsidenten der Nachkriegszeit, Drahtzieher und
 

Eskapismus

Großmeister-Architekt
19. Juli 2002
1.212
Wie bereits im Text steht. Die Amis brauchen möglichst viele Allierten für einen Kreig, den sie nicht einmal vor dem eigenen Volk legitimieren können. Ein zweites mal wird sich GB nicht für Amerika prostituieren lassen.
Andererseits, was soll schon passieren, wenn Amerika den Irankrieg alleine durchzieht? Es werden wieder ein par Leute auf die Strasse gehen und einige werden eine Woche kein Cocacola trinken. Ein par Länder werden das Vorgehen kritisieren, sobald der Krieg aber beendet ist, werden die Beziehungen wieder verbessert. Was wollen wir sonst?

PS: Was ist das Buschor-Atom-Projekt? Hab ich irgendwo schon gehört aber bei Google hab ich nichts gefunden.
 
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