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Die Mächtigen von Deutschland

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
racingrudi schrieb:
zunächst mal eine verbesserung meinerseits: urheberrecht und patentrecht sind wohl zu unterscheiden.

In beiden Fällen geht es um geistiges Eigentum. Das Urheberrecht ist natürlich noch schwerer zu rechtfertigen.

im grunde stehen patente, außer bei dir, in wirtschaftskreisen kaum zur diskussion.

Das ist mir klar. Ich erlaube mir, einer Mindermeinung anzuhängen.

ein patent ist auf alle fälle immer dann zu befürworten, wenn es für den kopierwilligen im vergleich zu den entwicklungskosten sehr einfach und günstig ist, ein plagiat zu erstellen.

Wie lange soll es denn gelten, und für welches Territorium? Was ist, wenn das Patent gar nicht umgesetzt, sondern in der Schublade gelassen wird? So einfach ist das nicht.

wenn ich den ausführungen des patent- und markenamts glauben schenken darf, dann kostet mich eine patentanmeldung 60 öre und ein antrag zur prüfung des patents nochmal 350. das teuerste ist daran ist wohl die zwar nicht geforderte aber doch vorteilhafte hinzuziehung eines patentanwalts. und so mir nichts dir nichts kriegt man auch kein patent. muss schon innovativ und nicht von jedem hanswurst nachzubauen sein.

Ein Verwandter, Patentanwalt, erzählt mir, daß von den Konzernen jeder Kleinkram patentiert wird. Daß die Kosten abschreckend hoch sind, entnehme ich der Presse. Natürlich nicht die Gebühren, da hast Du schon recht. Der Patentanwalt und die Recherche, die wohl nötig ist.

das ist ja das üble. da steckt soviel billiger schrott drin, dass dem erworbenen gerät nicht eine angemessene wertschätzung (in doppeltem sinne) entgegengebracht wird. ehrlich gesagt wäre mir weniger china-zubehör lieber, dafür das ganze auch etwas teurer und entsprechend haltbarer.

Und entsprechend weniger Menschen, die sich die Sache leisten können. Ich kaufe auch vieles lieber teuer und haltbar, aber ich möchte das Prinzip nicht Menschen aufzwingen, die es sich nicht wirklich leisten können.

das plus an preis wäre dann auch ein humanitäres eingeständnis gegenüber den arbeitsverhältnissen in china. mit ein punkt, was ich die ganze zeit über versuche, verständlich rüberzubringen. gelingt mir irgendwie nicht so recht ...

Der Chinese hat aber nichts davon, wenn wir seine Produkte nicht kaufen und lieber was deutsches nehmen. Er ist nur so produktiv, wie er eben ist und darauf angewiesen, daß wir sein Zeug abnehmen.


also, die chinesen (und andere, stichwort "ostblock") bieten arbeitsplätze für relativ anspruchslose tätigkeiten, die im vergleich mit dem hiesigen niveau für umme erledigt werden. in unserer gesellschaft tummeln sich naturgemäß soundsoviele, die genau für diese art von tätigkeiten prädestiniert wären, um ihren anteil am großen tauschhandel, am markt, beizutragen. die situation ist nun aber so, dass immer mehr dieser arbeitsplätze verlagert werden und somit weniger dieser potenziellen arbeitskräfte aus unserer "großfamilie" staat eine chance haben, sich einzubringen. fortbildung hilft nur bedingt. soweit sind wir uns einig.

Ja. Je mehr Eingriffe in den Markt, desto schlimmer wird das Problem und desto länger wird die Lösung hinausgezögert.

Problem verschärfen: Wenn wir z.B. einen Mindestlohn einführen, gehen noch mehr Arbeitsplätze für Schlechtqualifizierte verloren.

Lösung hinauszögern: Wenn wir nicht in China kaufen, bleibt die chinesische Produktivität niedrig, und Leute, die Ingenieur werden könnten, erhöhen das Angebot an Billigjobbern. (Das sonst viel niedriger sein könnte.)

was hilft dann? volkswirtschaftlich sollten sich also die jeweiligen standards anpassen. wünschenswert wäre also, der chinese/der ostblock (verallgemeinert) würde so schnell wachsen, damit wir diese durststrecke einigermaßen unbeschadet überstehen.

So sehe ich das, ja. Seit 15 Jahren verpassen wir Chancen und zögern den Aufschwung Ost hinaus.

was machen wir solange mit unseren arbeitskräften ohne entsprechende stellen? [...] ab nach china ...

Das geht nicht. Verantwortlich sind wir schon für sie. Wenn sie nicht produktiv gebug sind, um im teuren Deutschland leben zu können, müssen wir die Differenz ausgleichen. Steuern und Abgaben auf Arbeit senken, usw, all die bekannten Einzelmaßnahmen. Und Transferzahlungen nicht für jeden eigenen Euro um einen Euro kürzen. 100 % Grenzsteuersatz halten selbst Calvinisten von der Arbeit ab.

ja sicher ist es gerecht. trotzdem würde ich gerade die details eben nicht dem markt überlassen. viel mehr das grobe, das tauschen. die einzelheiten, wenn's sozusagen um die statik der gesellschaft geht, würde ich ganz gerne anderweitig regeln. am besten wäre es aber, wenn diese statik von vornherein in den wirtschaftslehrbüchern verankert wäre (ich schreibe doch noch ein buch :wink: ). ich traue da dem freien handel nämlich überhaupt nicht über den weg. und die tendenz ist heute ja schon deutlich zu erkennen, ohne dass - wie du selbst schon sagtest - bei weitem kein komplett freier handel herrscht. ich wage zu bezweifeln, dass sich die umstände durch aufhebung komplett aller schranken in irgendeiner weise bessern würden.

Ich verstehe Dich leider überhaupt nicht. Von welchen Details redest Du, was willst Du anderweitig regeln, und was heißt anderweitig?

Warum darf ein Bayer in NRW arbeiten, obwohl NRW viel mehr Arbeitslose hat? Warum ein Kölner in Düsseldorf?
hm, OK, EU ... china ist besser. weiter weg. es geht mir auch nicht um die freie wahl eines arbeitsplatzes. du verstehst? (s.o.)

Nein, verstehe ich nicht. Wenn ein Pole hier arbeiten will, warum sollte ich ihn hindern wollen? Warum einen Chinesen?


mir geht es in erster linie um die kritik an der produktivitätsformel. da ist der mensch nur einseitig vorhanden, nämlich als inputfaktor.

Aber der Mensch, und nur er, bestimmt doch den Wert des Outputs.


hey, übrigens: solche aussagen verleiten mich zur annahme, du nähmst mich nicht ernst :wink:

Das täte mir leid und wäre ganz unbeabsichtigt.

Der genaue Bedarf läßt sich nunmal nicht vorhersehen - wir sind keine Propheten.
zumindest näherungsweise schaffen das die ganzen marktforscher, auf deren ergebnisse die hersteller bei ihrer produktionsplanung schon auch zurückgreifen.

Eben hast Du Dich noch über Überproduktion beklagt, jetzt kann sie (näherungsweise) vermieden werden?

das bedeutet, der markt ist einigermaßen umrissen. wie sonst könnte man marktanteile errechnen.

Geschieht das nicht im nachhinein?

mir scheint aber, dass verschiedene märkte mit produkten überschwemmt werden [...] ultimative konkurrenz [...]

Und noch bessere und billigere Waren. Das ist doch der Witz am Fortschritt, daß wir nicht mehr das T-Modell fahren.


Ein_Liberaler schrieb:
Erstens folgt die mangelhafte Binnennachfrage nicht logisch aus der Exportweltmeisterschaft. Zwotens kann man an der Weltmeisterschaft mit guten Gründen zweifeln. Drittens müssen wir um Gottes willen nicht "intern ankurbeln"! Vom Konsum wird man nicht reicher, sondern vom Sparen, Investieren und Produzieren. Das ist eigentlich logisch, ich kann aber auch Beispiele liefern.
ersteres wollte ich auch nicht damit ausdrücken.

Okay. Klang so.

zweitens: could be.
no. drei: nun ja, konsum hängt ja schon auch dick in der kette drin, oder nicht? ohne konsum kann ich noch so viel produzieren. es muss der ganze schmodder auch abnehmer finden. konsumenten.

Vielleicht findet er die nur unter Preis, und ich verschwinde wieder vom Markt. Aber erstmal hat meine Investition ihre eigene Nachfrage geschaffen (Say).

dann: sparen tun grad alle, investieren nur wenige, produzieren tun sie munter weiter. wo nun also die verdammten abnehmer für die produkte hernehmen? alle satt. alle müssen sich drei fernseher in die bude stellen, damit da überhaupt noch was geht. zu billig das zeug. dann macht ein vierter auch nix mehr aus, falls der erste mal kaputt geht. oder pro nase einen. wir sind schlichtweg zu produktiv, wir produzieren am tatsächlichen bedarf vorbei.

Dann sollten wir was anderes produzieren, oder? Warum, meinst Du, passiert das nicht? Warum kommen die Unternehmer zu anderen Ansichten als Du?

und warum sind wir zu produktiv? weil der input zu billig ist. input: u.a. menschliche arbeitskraft. in china ist die gar nix wert. deshalb kauft man sich hierzulande den input von dort.


Aber echt. Zu produktiv? Uns geht es zu gut? Ich glaube, ich bin für heute zu müde dazu.

Ein_Liberaler schrieb:
Ob das gottgegeben ist, wer weiß? Ich persönlich bin Atheist.
:lol: nenn's halt anders, such dir was aus. das "große ewig gültige gesetz" oder wie auch immer ... :wink:

hm, je länger ich drüber nachdenke, desto mehr kotzt mich dieses system an. ehrlich. glaub ja nicht, dass es besser läuft, wenn der handel liberalisiert ist.

Naja, das kann Dich ja gerne ankotzen, daß die Menschen tauschen, aber sie tun's eben, wie willst Du sie daran hindern? Das haben schon ganz andere versucht.

(Mich kotzt es an, wenn Verliebte in der Straßenbahn einander die Zunge in den Hals stecken, aber auf meinen Geschmack nimmt auch niemand Rücksicht.)
 

Franziskaner

Ritter vom Schwert
4. Januar 2003
2.061
Ich hab mir mal erlaubt, die quotes richtig zu setzen, so dass deine doch recht lange Auflistung lesbarer wird, Liberaler.
 

racingrudi

Geheimer Meister
11. September 2004
475
racingrudi schrieb:
hm, je länger ich drüber nachdenke, desto mehr kotzt mich dieses system an.
das hätte ich besser nicht gesagt. ich bin ja schon ein verfechter des marktes, nur bin ich nicht der meinung, dass man ihn komplett nackt gehen lassen sollte. manchmal komme ich mir in der tat so vor wie der eine konspirative boss in "life of brian", der die römer anklagte. was hat uns denn die marktwirtschaft schon gebracht? - wohlstand, fette leiber, computertechnik, freizeit, fast food, geile stadien, lederbälle, ...
und was noch? eine handvoll unglaublich reicher typen und eine heftige menge an hungerleidern. das sagt mir, dass eine einigermaßen gerechte verteilung - durchaus nach dem leistungsprinzip - nicht richtig funktioniert. irgendwo ist dieser verdammte "bug". belohnt werden also die intelligenten, die mit der systematik des handelns besser klarkommen, als diejenigen, die vielleicht "nur" ihre körperlichen talente ins spiel mit einbringen können, obwohl diese mindestens genau so am wertschöpfungsprozess beteiligt sind wie die bill gates' dieser welt. kein problem an sich, solange jeder am spiel mitmachen darf.

Der Chinese hat aber nichts davon, wenn wir seine Produkte nicht kaufen und lieber was deutsches nehmen. Er ist nur so produktiv, wie er eben ist und darauf angewiesen, daß wir sein Zeug abnehmen.
der chinesische arbeiter kann nur so produktiv sein wie er ist, weil's dort keine berufsgenossenschaft gibt, keine ergonomievorschriften, keine gewerkschaft, die seine rechte vertritt ... wenn schon globalisierung, dann sollten diverse spielregeln überall auf der welt gelten. wenn's nach dir ginge, dann sollten diese regelungen in D auch noch ausgesetzt werden, oder? weil die wirken ja auch auf den prozess ein.

Ja. Je mehr Eingriffe in den Markt, desto schlimmer wird das Problem und desto länger wird die Lösung hinausgezögert. Problem verschärfen: Wenn wir z.B. einen Mindestlohn einführen, gehen noch mehr Arbeitsplätze für Schlechtqualifizierte verloren.
keine mindestlöhne: was passiert, wenn die löhne sinken? der grenzwert ist also das, was einem vadder staat als substitut bietet. wieder ein eingriff ins system! also: keine stütze mehr, weil das wäre ja eine art "mindestlohn". so ist das ganze doch zum scheitern verurteilt. wo ist die verdammte grenze? und was ist dann die lösung? von den chinesischen verhältnissen aufgefressen werden? es ist doch fakt, dass viele unternehmen ihre produktionsstätten nur deshalb hier in deutschland lassen, weil sie sich in irgendeiner art moralisch verpflichtet fühlen. in china kann man alles billiger produzieren lassen. alles. weil extrem viel billige und willige potenzielle arbeitskräfte vorhanden sind. weil es immer noch günstiger für eine firma ist, wegen kostenreduzierung eines produkts um ein paar cent eine produktionsstätte nach china (resp. billiglohnland) zu verlegen.

Lösung hinauszögern: Wenn wir nicht in China kaufen, bleibt die chinesische Produktivität niedrig, und Leute, die Ingenieur werden könnten, erhöhen das Angebot an Billigjobbern. (Das sonst viel niedriger sein könnte.)
andere frage: die produktivität hat doch zunächst mal noch gar nichts mit dem kaufen zu tun, oder? es wird doch lediglich damit ausgesagt, dass ich mit input x output y erzeugen kann. je weniger input desto höher wird meine produktivität. verkauft ist deshalb noch nichts. wir sind hierzulande vielleicht nicht ZU produktiv, wie ich es ausgedrückt habe, aber doch bin ich der meinung, dass sie völlig ausreichend ist.

Ein_Liberaler schrieb:
racingrudi schrieb:
was machen wir solange mit unseren arbeitskräften ohne entsprechende stellen? [...] ab nach china ...
Das geht nicht. Verantwortlich sind wir schon für sie. Wenn sie nicht produktiv gebug sind, um im teuren Deutschland leben zu können, müssen wir die Differenz ausgleichen. Steuern und Abgaben auf Arbeit senken, usw, all die bekannten Einzelmaßnahmen. Und Transferzahlungen nicht für jeden eigenen Euro um einen Euro kürzen. 100 % Grenzsteuersatz halten selbst Calvinisten von der Arbeit ab.
also, senken wir steuern und abgaben auf arbeit, setzen wir den arbeitsmarkt komplett den gesetzen des marktes aus. angebot und nachfrage. die nachfrage nach arbeitsplätzen ist vorhanden. das angebot wird immer weniger. global gesehen ist das verhältnis sogar noch krasser. das bedeutet, dass unser minderbemittelter hier in direkter konkurrenz mit dem "chinesen" (mein stellvertreter-beispiel) steht, was zur folge hat, dass der preis für arbeitskraft immer weiter sinkt. grenzwert: china-lohn! so sehe ich das. das ist nicht von der hand zu weisen.
verantwortung gegenüber den vom system nicht mehr gebrauchten. OK, die "großfamilie" staat hat dafür schon sorge zu tragen, dass die trotzdem gebettet und gefüttert sind. dafür muss vater staat kohle in die hand nehmen. steuern und abgaben. die aber sind ja gestrichen worden. zumindest diejenigen, die für arbeit anfielen. darüber hinaus hat der staat noch dafür zu sorgen, dass infrastruktur vorhanden ist, dass das bildungssystem funktioniert, denn unternehmen profitieren ja auch in nicht unerheblichem maße von dem bildungsstandard im jeweiligen "familienverbund". deine ansicht war ja auch, bildung auch zu privatisieren, am besten alles. kannst du mir dafür nur ein kurzes szenario beschreiben, wie das dann alles geregelt werden soll? wie soll der staat letztendlich für seine verantwortung aufkommen, wenn er eigentlich ... gebraucht wird. hm. mir wird echt angst und bange bei derlei vorstellungen!

Ein_Liberaler schrieb:
racingrudi schrieb:
Ein_Liberaler schrieb:
Welches recht haben denn Deiner Meinung nach diese Menschen? Ich sehe das so, daß die Gesellschaft niemanden umkommen lassen darf, daß alle darüber hinausgehenden Details aber am besten dem Markt überlassen bleiben, wo sie das bekommen, was ihre Leistung anderen wert ist. Ich finde das gerecht.
ja sicher ist es gerecht. trotzdem würde ich gerade die details eben nicht dem markt überlassen. viel mehr das grobe, das tauschen. die einzelheiten, wenn's sozusagen um die statik der gesellschaft geht, würde ich ganz gerne anderweitig regeln.
Ich verstehe Dich leider überhaupt nicht. Von welchen Details redest Du, was willst Du anderweitig regeln, und was heißt anderweitig?
sag mir erst, welche details du meintest. :wink: also, mit "details" und "anderweitig regeln" meine ich die spielregeln, der rahmen, das kleingedruckte, das soziale netz im großen warentauschspiel.

zumindest näherungsweise schaffen das die ganzen marktforscher, auf deren ergebnisse die hersteller bei ihrer produktionsplanung schon auch zurückgreifen.
Eben hast Du Dich noch über Überproduktion beklagt, jetzt kann sie (näherungsweise) vermieden werden?
hm, ich habe keine antwort.

Und noch bessere und billigere Waren. Das ist doch der Witz am Fortschritt, daß wir nicht mehr das T-Modell fahren.
scho klar.

Dann sollten wir was anderes produzieren, oder? Warum, meinst Du, passiert das nicht? Warum kommen die Unternehmer zu anderen Ansichten als Du?
ich räume ein, dass ich in diesem punkt nicht richtig liege.

irgendwie bin ich derzeit etwas erfolglos auf der suche nach einem gescheiten regulativ, das medial aufbereiteten begriffen wie "turbokapitalismus" oder "raubtierkapitalismus" oder "heuschrecken" von vornherein schon einhalt gebietet.

naja, das soll mal mein vorerst letzter post zu diesem thema gewesen sein. gerne hätte ich aber noch einen kommentar dazu gelesen. thanks und besten gruß.

rg
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Franziskaner schrieb:
Ich hab mir mal erlaubt, die quotes richtig zu setzen, so dass deine doch recht lange Auflistung lesbarer wird, Liberaler.

Dankeschön. War halt doch schon etwas spät.

racingrudi, ich antworte Dir noch.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
racingrudi schrieb:
das hätte ich besser nicht gesagt. [...] manchmal komme ich mir in der tat so vor wie der eine konspirative boss in "life of brian", der die römer anklagte. was hat uns denn die marktwirtschaft schon gebracht? - [...]

Aber irgendwie ist Kapitalismus nicht schön, nicht? Irgendwie ungeordnet. Leute werden ohne Arbeit reich, während andere wie blöde rackern und auf keinen grünen Zweig kommen. Menschen, die andere Prioritäten setzen als man selbst, können danach leben. Mein Nachbar z.B. macht erstmal alle Bäume ab, wenn er ein Grundstück gekauft hat, das könnte mich rasend machen. Nur haben wir in geordneteren Systemen dieselben Probleme. Vielleicht fallen sie nicht so auf, weil andere, existenziellere von ihnen ablenken... Schlimmer als ein Nachbar, der nicht so will wie ich, ist doch eine Obrigkeit oder demokratische Mehrheit, die nicht so will wie ich und am Ende mich auch noch zwingt, meine Bäume zu fällen.


und was noch? eine handvoll unglaublich reicher typen und eine heftige menge an hungerleidern. das sagt mir, dass eine einigermaßen gerechte verteilung - durchaus nach dem leistungsprinzip - nicht richtig funktioniert.

Ohne Kapitalismus hätten wir viel mehr Hungerleider. In kapitalistischen Industrieländern hat es im Frieden noch keine Hungersnot gegeben. Kapitalismus schafft den Hunger ab, er erzeugt ihn nicht.

irgendwo ist dieser verdammte "bug". belohnt werden also die intelligenten, die mit der systematik des handelns besser klarkommen, als diejenigen, die vielleicht "nur" ihre körperlichen talente ins spiel mit einbringen können, obwohl diese mindestens genau so am wertschöpfungsprozess beteiligt sind wie die bill gates' dieser welt. kein problem an sich, solange jeder am spiel mitmachen darf.

Wir haben aber durchaus ein intellektuelles Proletariat und stinkreiche Models und Fußballer.

der chinesische arbeiter kann nur so produktiv sein wie er ist, weil's dort keine berufsgenossenschaft gibt, keine ergonomievorschriften, keine gewerkschaft, die seine rechte vertritt ...

Produktivität hängt ab vom Kapitalaufwand (Maschinen) und Humankapital (Ausbildung), nicht von Gewerkschaften etc. Gewerkschaften gibt es schätzungsweise, den sowjetischen Typ, der der die Arbeiter nicht vertritt, sondern diszipliniert.

Mit steigender Produktivität wächst der Wert des Arbeiters für den Arbeitgeber, und erst das macht den Streik zum Druckmittel. (Sorgt aber normalerweise auch ohne Arbeitskämpfe schon für steigende Löhne.)

wenn schon globalisierung, dann sollten diverse spielregeln überall auf der welt gelten. wenn's nach dir ginge, dann sollten diese regelungen in D auch noch ausgesetzt werden, oder? weil die wirken ja auch auf den prozess ein.

Wenn Du unsere Regularien in China einführst, stellt China morgen seine offizielle Tätigkeit ein und beschränkt sich auf die Schattenwirtschaft, weil einfach nicht genug Kapital da ist, um gemäß deutscher Standards zu wirtschaften. Die meisten unserer Standards würden in Deutschland auch ohne gesetzlichen Zwang aufrechterhalten, weil wir es uns leisten können und wollen, zum Beispiel Bestimmungen im Arbeits- und Umweltschutz.

keine mindestlöhne: was passiert, wenn die löhne sinken? der grenzwert ist also das, was einem vadder staat als substitut bietet. wieder ein eingriff ins system! also: keine stütze mehr, weil das wäre ja eine art "mindestlohn".

Richtig. Deshalb darf die Stütze nicht komplett wegfallen, wenn man eine Arbeit aufnimmt. Sie muß sich nach und nach reduzieren, damit Arbeit nicht unattraktiv wird. Mein ewiger Vorschlag: 400 € Freibetrag, ab da für jeden verdienten Euro ein Dritteleuro weniger Stütze.

und was ist dann die lösung? von den chinesischen verhältnissen aufgefressen werden?

Siehe oben. Lohnzuschüsse. Wir müssen die Durststrecke zwischen der Befreiung der kommunistischen Länder und ihrer Konkurrenzfähigkeit gemeinsam überwinden, aber so viele von uns wie möglich müssen dabei arbeiten. Nicht Vorruhestand, sondern Lohnsenkung und Zuschuß ist die Lösung.

andere frage: die produktivität hat doch zunächst mal noch gar nichts mit dem kaufen zu tun, oder? es wird doch lediglich damit ausgesagt, dass ich mit input x output y erzeugen kann. je weniger input desto höher wird meine produktivität. verkauft ist deshalb noch nichts. wir sind hierzulande vielleicht nicht ZU produktiv, wie ich es ausgedrückt habe, aber doch bin ich der meinung, dass sie völlig ausreichend ist.

Wenn wir nicht produktiv wären, würden wir nicht massenhaft exportieren können. Einige unter uns sind nicht produktiv genug, um aus eigener Kraft leben zu können. Neben Kindern und Alten sind das viele, denen unsinnig hohe Abgaben von den Löhnen abgezogen würden.


also, senken wir steuern und abgaben auf arbeit, setzen wir den arbeitsmarkt komplett den gesetzen des marktes aus. angebot und nachfrage. die nachfrage nach arbeitsplätzen ist vorhanden. das angebot wird immer weniger. global gesehen ist das verhältnis sogar noch krasser.

Ich finde nicht, daß global gesehen die Arbeitsmarktsituation noch schlechter ist als in Deutschland. Abgesehen davon ist genug Arbeit da, aber sie bleibt liegen, weil Arbeit + Abgaben + Steuern zu teuer ist. Für den Einzelnen. Volkswirtschaftlich ist die Nichtarbeit teurer. Ein Beispiel, wie zentrale Planung die Situation verschlimmern kann.

das bedeutet, dass unser minderbemittelter hier in direkter konkurrenz mit dem "chinesen" (mein stellvertreter-beispiel) steht, was zur folge hat, dass der preis für arbeitskraft immer weiter sinkt. grenzwert: china-lohn!

Aber in China steigt der Preis der Arbeit, wenn chinesische Arbeit nachgefragt wird. Du darfst nicht nur einen Teilbereich betrachten.


verantwortung gegenüber den vom system nicht mehr gebrauchten. OK, die "großfamilie" staat hat dafür schon sorge zu tragen, dass die trotzdem gebettet und gefüttert sind. dafür muss vater staat kohle in die hand nehmen. steuern und abgaben. die aber sind ja gestrichen worden. zumindest diejenigen, die für arbeit anfielen.

Erstens ist es ja auch ziemlich idiotisch, ausgerechnet Arbeit zu besteuern. Zweitens sind die Arbeitslosenzahlen ja schon zurückgegangen, wenn wir die Abgaben gestrichen haben.

darüber hinaus hat der staat noch dafür zu sorgen, dass infrastruktur vorhanden ist,

Wenn wir eine Million Arbeitslose an die Instandsetzung unserer maroden Straßen setzen würden, dann hätten wir wenigstens was fürs Arbeitslosengeld.

deine ansicht war ja auch, bildung auch zu privatisieren, am besten alles. kannst du mir dafür nur ein kurzes szenario beschreiben, wie das dann alles geregelt werden soll?

Woher soll ich das wissen? Das wird auf verschiedenste Arten geregelt werden. Gemeinden, Vereine, Unternehmen, Privatpersonen werden Schulen betreiben. Mit Fahrschulen klappt es ja auch, und in der Erwachsenenbildung sowieso. Ich war ja seinerzeit in einem Werkskindergarten, das ging auch problemlos. Jede größere Firma hatte sowas.

wie soll der staat letztendlich für seine verantwortung aufkommen, wenn er eigentlich ... gebraucht wird. hm. mir wird echt angst und bange bei derlei vorstellungen!

So wie er das heute auch macht. Nur daß er sich nur noch um Verteidigung, Polizei und Justiz kümmert. Aber laß Dir mal keine grauen Haare wachsen, die Schulen werden schon nicht privatisiert. Aber vielleicht gleichgeschaltet.

sag mir erst, welche details du meintest. :wink: also, mit "details" und "anderweitig regeln" meine ich die spielregeln, der rahmen, das kleingedruckte, das soziale netz im großen warentauschspiel.

Ich meine, daß wir, das deutsche Volk, jedem Deutschen ein menschenwürdiges Leben schulden, aber kein Luxusleben. Alles, was über Nahrung, Kleidung, Dach über dem Kopf und Stadtbücherei (und Schule, Krankenversicherung usw.) hinausgeht, sind für mich die Details, die ich dem Markt überlassen möchte.

irgendwie bin ich derzeit etwas erfolglos auf der suche nach einem gescheiten regulativ, das medial aufbereiteten begriffen wie "turbokapitalismus" oder "raubtierkapitalismus" oder "heuschrecken" von vornherein schon einhalt gebietet.

Leider habe ich auch keine griffigen Bezeichnung für echten liberalen Kapitalismus und den korrumpierten Kapitalismus, in dem wir leider leben.

Heuschrecken gibt es doch nur in unserem Inflationskapitalismus, in dem das Geld zur Beute des Staates geworden ist.
[/quote]
 

racingrudi

Geheimer Meister
11. September 2004
475
nur das noch:
Ein_Liberaler schrieb:
Wir haben aber durchaus [...] stinkreiche Models und Fußballer
perfekte markenführung, sie vereinen leistung und das wesen eines markenprodukts in sich. übrigens: einige models sind während ihres studiums entdeckt worden, die anzahl der fußballer mit hochschulreife ist auch nicht zu verachten :wink:

das soll's mal an dieser stelle gewesen sein
THX. und gruß
rg
 
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