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Sozialpolitische Entwicklung in Deutschland

Status
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Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Sozialpolitische Entwicklung in Deutschland: ist Widerstand nötig?

Belohnung:

Wer aktiv an der Debatte teilnimmt, bekommt als Belohnung 3 Monate ask1.org extra gratis!



Hier können sich diejenigen in einem Team zusammenschließen, welche die gegenwärtige sozialpolitische Entwicklung in Deutschland (grundsätzlich) befürworten und für richtig/notwendig halten, und gegen ein Team jener antreten, die diese Entwicklung ablehnen.

Die Debatte verläuft anonym. Das heißt, es wird nicht öffentlich bekannt gegeben, wer Mitglied in welchem Team ist.
Anmeldungen erfolgen per PN an mich!

Der Modus der Debatte ist folgender:

- Ich stelle die erste Frage (vermutlich wird dies eine Aufforderung sein, ein "Eröffnungsplädoyer" über das Thema zu schreiben)
- Dann diskutiert jedes Team in seinem eigenen Unterforum (für die Öffentlichkeit nicht sichtbar) über die Antwort dieser Frage. Die Antwort muß bis zum gesetzten Termin fertig sein. Als Frist könnten z.B. 3 Tage gelten. Die Antwort wird von mir im Formaldebattenforum veröffentlicht;
- Daraufhin soll die Antwort von der jeweils anderen Partei kommentiert werden. Für den Kommentar gibt es wieder 3 Tage Zeit (bzw. eine andere Frist auf die wir uns einigen)
- Die nächsten 4 Fragen werde ich mir nicht ausdenken, sondern sie werden abwechselnd von den gegnerischen Teams gestellt. Die Beantwortung läuft genauso ab wie die der ersten Frage. Ich werde es natürlich vorher ankündigen, welches Team an der Reihe ist eine Frage zu stellen.
- Zum Schluss werde ich (wahrscheinlich) nach einem "Abschlussplädoyer" fragen
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
1.) Eröffnungsplädoyer

Das Eröffnungsplädoyer für Eure Position bitte einreichen bis zum

Sonntag, den 12. Juni 2005 (23:59 Uhr)
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Eröffnungsplädoyer - Team PRO

Deutschland 2005!
Machen Sie sich bereit für den Absprung!
Und vergessen Sie die Falschschirme nicht!
Wie, Sie haben gar keinen Falschschirm mehr?
In den Schirm wurden Löcher geschnitten?
Tja … springen Sie trotzdem!

Klingt übertrieben?
Ist es nur leider nicht.

Die Sozialpolitische Entwicklung Deutschlands schreitet nun seit einiger Zeit eher zurück als nach vorne.
Soziale Errungenschaften der letzten Jahrzehnte stehen auf der Kippe.
Die Menschen sollen mehr arbeiten für das gleiche oder für weniger Geld, während immer mehr Bürger keine Arbeit finden.
Wer keine Arbeit mehr hat, der muss mit Schikanen genauso leben wie mit bitterer Armut.

Die als Lösungskonzepte für die Krise vorgeschlagenen und teils durchgeführten Maßnahmen begünstigen die weitere Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich und verursacht so zum großen Teil Unmut und Unzufriedenheit in der deutschen Bevölkerung.

Die Befürworter dieser Reformen argumentieren damit, dass die Menschen mehr Eigenverantwortung übernehmen sollen, dass das soziale System nicht mehr finanzierbar sei oder, dass auf diese Weise ein Anreiz dafür geschaffen wird dass die Menschen wieder arbeiten wollen.

Doch warum wird Eigenverantwortung nicht von denen gefordert, die auch in der Lage wären sich dies zu leisten?
Wieso wurde der Spitzensteuersatz seit dem Jahr 2004 von 47% auf 42% gesenkt und wieso tragen die Unternehmen heute nur noch knapp 17% des gesamten Steueraufkommens, während diejenigen, die keine Arbeit mehr haben trotz steigender Kosten (Sprit, Energie etc.) immer mehr Opfer im Namen des Sparkurses bringen sollen?
Wieso sinkt der Anteil der Bruttolöhne am volkswirtschaftlichen Einkommen von 72,9% im Jahr 2001 auf 68,1% im Jahr 2004, während die Gewinne im selben Zeitraum von 27,1% auf 31,9% geklettert sind?
Und wieso sank der Anteil der Steuern auf Gewinn- und Vermögenseinkommen im Zeitraum von 1960-2000 von 20% auf 6,7%, während der Anteil der Steuern auf Löhne und Gehälter von 6,3 auf 19,4% stieg?

Das soziale System sei nicht mehr finanzierbar, aber Jahr für Jahr werden laut Bund der Steuerzahler knapp 3 Mrd. Euro von unseren „großartigen“ Politikern quasi durch den Schornstein geblasen.
Getreu der Devise, die Gewinne müssen ungehindert sprudeln, damit das Kapital hierzulande Anlage sucht, wurde die Vermögensteuer ausgesetzt und die Erbschaftsteuer nicht angehoben. Und während der Konsument an der Ladenkasse noch auf das halbe Pfund Butter Mehrwertsteuer bezahlt, sind Aktiengeschäfte frei von aller Umsatzsteuer. Zu der kontinuierlichen steuerlichen Entlastung der Unternehmensgewinne durch den Gesetzgeber kommt hinzu, dass Banken und Unternehmen immer effektiver die legalen Möglichkeiten nutzen, die Bemessungsgrundlage für die fällige Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer zu senken.
So tragen sie zum Teil schon seit Jahren wenig oder gar nichts zur Finanzierung der Infrastruktur, der Schulen, etc. in den Gemeinden bei, in denen sie ansässig sind, obwohl sie deren öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen.
Während die Ansprüche an den Staat steigen, weil die Unterhaltung der Infrastruktur wegen neuer Technologien teurer wird, bleiben international agierenden Unternehmen viele (zumindest tolerierte) Techniken, ihre Gewinne im Inland mit Verlusten im Ausland auszugleichen beziehungsweise die Gewinne im steuerlich günstigeren Land auszuweisen, so dass im Extremfall überhaupt keine Gewerbesteuer mehr zu zahlen ist. Solche „Extremfälle“ sind beispielsweise Daimler-Chrysler für Stuttgart (seit 1997) oder BMW und die Münchener Rück für München.
Im krassen Gegensatz dazu wurde die Vermögensteuer exklusiv für Langzeitarbeitslose eingeführt. Sie haben fortan ihre meist kümmerlichen Ersparnisse aufzubrauchen, ehe sie Leistungen von der Arbeitsfürsorge erhalten.

Der Staat holt sich das Geld also bei denen, die sich am wenigsten wehren können.
Nicht nur, dass arbeitslose Menschen nun schon nach einem Jahr kein sich am letzten Einkommen orientiertes Arbeitslosengeld mehr bekommen (einst Arbeitslosenhilfe). Nein, sie müssen nun sogar noch zusätzlich Kosten für ärztliche Betreuung auslegen (denn eine Rückerstattung ist erst am Ende des Jahres möglich, während man sich von der Zuzahlung zu früheren Zeiten grundsätzlich befreien lassen konnte).
So scheint Hartz IV so ganz nebenbei noch eine Methode zu sein auch die Kosten für die Sozialhilfe zu senken wie auch ein Artikel der Zeit nahe legt. Erhielten Sozialhilfeempfänger früher individuelle und bedarfsorientierte Zusatzgelder so können sie jetzt nur noch mit pauschalisierten Regelsätzen rechnen, die den tatsächlichen Bedürfnissen bei weitem nicht gerecht werden.

Es soll ein Anreiz für die Menschen geschaffen werden, damit die Leute auch wieder arbeiten wollen. Oder, um es weniger euphemistisch auszudrücken, damit sie nicht mehr so faul zu Hause sitzen und sich auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung einen faulen Lenz machen und nur am jammern sind, wenn sie auch mal was leisten sollen.
Nur glaubt denn tatsächlich jemand, dass wir hier in Deutschland 5 (allerdings nur laut Bundesagentur für Armut … ähm … Arbeit ) Mio. faule Sozialschmarotzer haben?
Und welche Jobs sollen denn angenommen werden?
Jobs wachsen nicht auf Bäumen. Doch anstatt nun einen Anreiz und einen gewissen Druck auf die Unternehmen Deutschlands zu erzeugen, wird den Arbeitslosen mit Schmackes vors Schienbein getreten.
Anstatt nun dafür zu sorgen, dass die Firmen wieder mehr Jobs anbieten, werden Reformen gestartet, die jenen, die keine Jobs haben immer mehr nehmen und denen, die einen Job haben, immer mehr zumuten.
Soll das etwa der richtige Weg sein?

Und so wird die Situation für immer mehr Menschen unerträglich. Während unsere Politiker allenfalls ein Vermittlungsproblem wahrnehmen, haben andere Menschen das Problem, dass sie ganz real nicht mehr wissen wie sie tägliche Mahlzeiten sichern sollen.
Unverständnis über eine Politik, die Reichtum belohnt und Armut verstärkt macht sich breit und immer mehr Betroffene sind voller Wut (Es wird erwartet, dass die Aggressionen gegen Mitarbeiter der Agentur für Arbeit immer häufiger werden).

Alternativen scheinen wenig in Sicht. Ob Rot/Grün oder Schwarz/Gelb, es ist nicht zu erwarten, dass die Politik sich in ihrer Grundausrichtung verändern wird. Parteien mit alternativen Konzepten sind rar.
Widerstand gegen die gegenwärtige Politik artikuliert sich demokratisch durch das Wählen des "Gegenblocks" doch dieser verspricht nicht wirklich eine andere Politik, sondern eher noch eine Vertiefung der ohnehin schon untauglichen Konzeption.

Eine weitere Verschärfung der Situation, wie sie derzeit eher zu erwarten ist, lässt eine Eskalation der Lage befürchten, bei der letztlich unschuldige Menschen die Leidtragenden sein werden.
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Eröffnungsplädoyer - Team CONTRA

Einer der beliebtesten Vorwürfe, die Gegnern des Hartz-IV-Widerstandes gemacht wird, ist der, daß man mit dem Verzicht auf Widerstand auch auf die weitere Gestaltung der Gesellschaft hin zu einer besseren verzichtet, vor "denen da oben", vor dem Kapital etc. kuscht, auf seine verfassungsmäßigen Rechte verzichtet, in "politische Agonie" verfällt, sich also praktisch aufgibt und den hemmungslosen Gesetzen des Marktes unterwirft. Ich halte diese Ansicht nicht nur für falsch, sondern behaupte sogar gew. das doppelte Gegenteil: Nicht nur, daß ich die Gestaltung dieser Gesellschaft befürworte, ja sogar einfordere, ich behaupte auch, daß die, die derartiges vorwerfen, selbst keine Gestaltung betreiben, die diesen Namen verdient. Ihre Rezepte sind die Rezepte der Vergangenheit, je anspruchsvoller, desto gestriger. Ihre Mindestforderung lautet "Weiter so".

Vordergründig stellt sich natürlich die Frage, ob denn Hartz IV wirklich DIE Lösung ist. Ehrlich gesagt, glaube auch ich nicht daran. Gründe, die gegen Hartz IV sprechen, gibt es zuhauf. Daß der Vermittlungsschein für Langzeitarbeitslose geradezu zum Mißbrauch einlädt, erkannten, wie ich bei einem Profiling feststellen konnte, selbst einfache Leute wie z.B. Elektriker. Daß die massenweise Schaffung von neuen Personal Service Agenturen angesichts der Schwemme von schon vorhandenen, professionell arbeitenden Zeitarbeitsfirmen eine riesige, unsinnige Geldverschwendung ist - man muß nicht studiert haben, um das zu erkennen. Daß überhaupt dieses Gesetz zur völlig falschen Zeit kommt, ausgerechnet jetzt, wo es mit der Wirtschaft rapide bergab geht, und daß es in seiner jetzigen Form keine Jobs schafft, das müssen selbst Hartz-IV-Befürworter zugeben.

Das Problem ist nur, daß die Hartz-Proteste sich eigentlich gar nicht wirklich gegen Hartz IV richten. Sondern vielmehr gegen die Gründe, aus denen ein solches Gesetz überhaupt erst geschaffen wurde. 99% aller Gegenvorschläge zu Hartz IV in diesem Forum ignorieren diese Gründe, igorieren die fehlende Machbarkeit, ignorieren die Folgen, die mitunter das Gegenteil bewirken können. Meist sind es auch weder gewagte noch neue, durchdenkenswerte Vorschläge. Von dem System/en der Vergangenheit unterscheiden sich diese Vorschläge eigentlich nur durch ihr fehlendes Maß.

Da muß, in Zeiten von andernorts 60-Stunden-Wochen, die hierzulande höchstens von Selbstständigen und Politikern erreicht wird, die 35-Stunden-Woche als ultimative Lösung herhalten, obwohl sie dort, wo sie eingeführt wurde, auch nicht mehr Jobs geschaffen hat und obwohl die IG Metall ausgerechnet jetzt damit im Osten, der es doch weitaus nötiger hätte, gescheitert ist. Da wird, obwohl man sich des konkurrierenden Lohngefälles unserer Nachbarn durchaus bewußt ist, immer noch geglaubt, mehr Geld für mehr Konsum würde automatisch mehr Aufschwung bringen, obwohl nach dieser Rechnung unser Aufschwung 5mal höher sein müßte als der Tschechiens und 30mal höher als der der Ukraine. Da wird eine "gerechte und vernünftige" Steuerreform angemahnt, was sich ja erstmal gut anhört, die dann aber bei näherer Betrachtung zur Eierlegenden-Wollmilchsau-Steuerreform mutiert, die Entlastungen für Familien, Kinder, Arbeitslose, Rentner, Selbstständige, KMU, ja einfach für alle bringen soll, nur nicht für die größeren Firmen, auch wenn die dadurch vielleicht Jobs schaffen könnten. Das Wort "Motivation" taucht im Zusammenhang mit der Schaffung von Arbeitsplätzen nicht auf, am liebsten wäre es diesen Leuten, der Staat zwänge die Firmen zur Schaffung von Jobs und verbiete die Verlagerung von Jobs ins Ausland. Beim Kündigungsschutz wird mal derjenige, der seine Abschaffung oder Aufweichung fordert, als "unsozial" beschimpft und im nächsten Moment wird behauptet, ein Kündigungsschutz gäbe es hierzulande ja gar nicht. Daß das alles Firmen regelrecht dazu treibt, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, wird mal bestritten, mal bejammert und mal wird zur Abschaffung dieses Systems aufgerufen. Und wie sieht das Ersatzsystem aus ? Man hat keins. Schlimmer noch: man sucht nicht einmal richtig danach.

Manch einer, der ahnt, daß Widerstand eigentlich nicht viel bringt, argumentiert, es sei immer noch besser als gar nichts tun. Tatsächlich wäre ich wohl, wenn Widerstand nur "nichts bringen" würde, wohl eher dafür, denn etwas bringt Widerstand immer, und wenn es nur die Gewißheit ist, daß man mal seine Meinung kundgetan hat. Und angesichts der Tatsache, daß man in Amerika offensichtlich damit Wahlkampf machen kann, daß man die Sozialhilfe gekürzt hat, ist es schon bedeutend, daß man hierzulande zeigt, daß man Einschnitte ins Sozialsystem nicht einfach so hinnimmt. Doch die Proteste bringen ja wirklich was, und da ist nicht wenig, was mir gar nicht behagt. Schlimm genug, daß wir nach dem Platzen der Internet-Blase, dem Zusammenbruch des Neuen Marktes, der Talfahrt des Dollars und der damit verbundenen Erhöhung des Ölpreises auch noch die Hartz-4-Ernüchterung bekamen, obwohl letztere vorherzusehen war. Doch wahrscheinlich hätten sich viele schon mit Hartz IV abgefunden und begonnen, in kleineren Einheiten zu rechnen, doch die Proteste schaffen die Illusion, daß noch etwas herauszuholen sei, daß noch alles oder wenigstens einiges zurückgenommen werden könnte. Man wartet also ab. Nicht nur weniger Geld, sondern auch die Unklarheit der Situation trägt zum Aufschwungskiller Konsumverzicht bei. Die Proteste mögen nicht allein daran schuld sein, doch völlig unschuldig sind sie daran nicht. Zudem nötigen die Proteste die Gewerkschaften regelrecht, unrealistische Maximalforderungen zu stellen, hoch zu pokern. Daß damit auch die Gefahr ihrer Zerschlagung wächst, wird entweder abgestritten oder bewußt in Kauf genommen. Dabei kann man gerade in Berlin beobachten, wohin das alles führt.

Jahrelang hat dort die Gewerkschaft ver.di bei der BVG trotz Verluste in dreistelliger Millionenhöhe jeden Einsparungsansatz blockiert, mehr als Nullrunden, wenn überhaupt, waren nicht drin. Jetzt ist man, nach langer Zeit, endlich mal zu Einschnitten bereit, Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich, Urlaubsgeld fällt weg, Lohnkürzungen etc. Dafür möchte man nun aber mindestens eine 10-jährige Arbeitsplatzgarantie haben. Das sollte ja nun bitteschön möglich sein.

Tatsächlich wäre noch vor ein paar Jahren mit dieser Einstellung eine Arbeitsplatzgarantie ohne weiteres möglich gewesen. Aber heute ? Sarrazins Sparziel lautet 60 Millionen, ver.di's Angebot verfehlt dieses Ziel um 40 Millionen, daran werden auch ausgedehnte Streiks nichts dran ändern. Sarrazin betont zwar, daß er an einer Einigung interessiert sei, doch er scheint bereit, die Konfrontation mit der Gewerkschaft aufzunehmen.

Manch einer meint, wir ständen kurz vor einer Revolution, an allen Ecken und Kanten würde es brodeln und gären. Tatsächlich befinden wir uns längst in einer Revolution, nur daß diese nicht von denen da unten, sondern von denen da oben gemacht wird. Wo man früher ohne Rücksicht auf Verluste die Forderungen der eigenen Klientel durchgeboxt hat, ist man jetzt bereit, Einschnitte auch gegen den erklärten Widerstand selbiger durchzuboxen. 200 000 Menschen protestieren in jeweils 20 Städten gegen Hartz 4 ? Solln sie doch ! Ver.di ruft bei der BVG zum "unbefristeten Streik" auf ? Solln sie doch ! Die Regierung wird aufgrund der Reformen ihre Mehrheit im Bundestag verlieren ? Tja, da müssen wir wohl durch ! Es sind nicht die da unten, die nichts mehr zu verlieren haben, im Gegenteil, die da unten haben jede Menge zu verlieren, deshalb ist auch deren Geschrei, deren Paranoia so groß, deshalb klammern sie sich an jede noch so kleine Errungenschaft, die über die Jahre erkämpft wurde.

Nehmen wir mal an, Sarrazin ließe sich breitschlagen. Die Zeche hätten wieder mal die Fahrgäste zu zahlen, die schon jetzt über die ständigen Fahrpreiserhöhungen stöhnen und stellenweise ausbleiben, zumal ja auch das Ticket für Sozialhilfe-Empfänger abgeschafft wurde. Man hätte dieselbe Situation ein bißchen später nur noch schlimmer als heute. Nehmen wir mal an, Sarrazin bleibt hart und es kommt zum "unbefristeten Streik". Auch hier würde sich nichts ändern, außer daß die Fahrgäste sich drauf einstellen, ohne BVG zu leben, also noch weniger Fahrgäste, und aus dem Sparziel 60 Millionen würden wahrscheinlich 80 Millionen. Entlassungen, die sich jetzt noch mit ein bißchen Einsicht und Entgegenkommen vermeiden ließen, wären dann unausweichlich.

So wie Sarrazin sind praktisch alle Parteien im Bundestag, die schon mal Regierungsverantwortung innehatten, mehr oder weniger dazu übergegangen, Pragmatismus walten zu lassen und notfalls den Bruch mit der eigenen Klientel zu riskieren, wenn dafür unser Sozialsystem gerettet bzw auf eine sichere Basis gestellt werden kann. Viele Widerständler halten aber das Sozialsystem immer noch für gottgegeben und unzerstörbar und Einschnitte darin für ein Sakrileg. Auch wenn eine Absenkung unseres Lohnniveaus auf das Niveau auch nur unseres nächsten Nachbarn, Polen oder Tschechei, nicht unser Ziel sein kann, bleibt die innerdeutsche Unfähigkeit zu definieren, wieviel Einschnitt noch verkraftbar ist, ein Grundproblem des Widerstands. Die Widerständler halten Forderungskreativität und Unnachgiebigkeit für Stärken, forcieren damit aber eigentlich nur, daß der Staat gezwungen ist, das Problem auf seine Weise zu lösen und auf Widerstand keine Rücksicht mehr zu nehmen. So ist letztendlich auch Hartz IV entstanden.

Ich glaube nicht, daß sich die Probleme dieses Landes damit lösen lassen, daß man ausschließlich Gemeinschaftsgejammere organisiert. Verantwortung übernehmen heißt letztendlich, zu tun, was getan werden muß, und nicht nur das, was die meisten Stimmen bringt. Visionen, Träumereien sind durchaus in Ordnung, um nicht zu sagen dringend notwendig, ich laß mir jedoch eine Träumerei, die aufkommende, vorhersehbare Probleme einfach wegignorieren will, nicht als Problemlösung verkaufen. Mißtrauen gegen die Regierung ist notwenig, ich würde es sogar zur obersten Bürgerpflicht erklären, aber das darf nicht soweit gehen, daß jedesmal, wenn es um notwendige Einschnitte geht, der Vorwurf kommt, die gesamte Regierung sei von der Industrie geschmiert und würde die Gründe z.B. von Hartz IV nur vorschieben, weil sie in Wirklichkeit völlig auf Sozialkürzungen abfahre. Hartz IV ist definitiv nicht DIE Lösung, aber ich halte nichts davon, nur rumzumeckern und dann, wenn man mal Problemlösungsansätze liefern soll, immer nur zu sagen, "der Staat soll mal machen", schließlich sehen wir ja, was dabei herauskommt, eben Hartz IV.

Ich hab eigentlich auch nichts gegen Widerstand, aber ein Widerstand, der meine Situation nur verschlechtern kann - da regt sich bei mir Widerstand.
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 1.)

Die Parteien haben jetzt Gelegenheit, das Eröffnungsplädoyer ihrer Gegenpartei zu kommentieren.

Den Kommentar bitte einreichen bis zum

Donnerstag, den 16. Juni 2005 (23:59 Uhr)
__________
Team PRO ist an der Reihe, sich die nächste Frage auszudenken (selber Termin)
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 1.) - Team PRO

Erstmal ein schönes Hallo an unsere Debattengegner. Wir hoffen auf einen konstruktiven und informativen Austausch.

Es ist erstaunlich, dass sogar diejenigen die die sozialpolitische Entwicklung befürworten der Meinung sind, dass Hartz IV keine Lösung für die Probleme unseres Landes ist.
Dies bestätigt uns in unserer Ansicht, dass Hartz IV eher ein Rückschritt denn ein Fortschritt ist.
Und das sogar in mehr als einer Hinsicht.
Denn Hartz IV schafft keine Jobs, verursacht exorbitante Kosten und begünstigt die Spaltung unserer Gesellschaft.

Allerdings ist der Vorwurf die Proteste würden sich nicht gegen Hartz IV richten schon ziemlich vermessen. Wir könnten dir insofern zustimmen, dass die Proteste sich gegen eine menschenverachtende Politik an sich richten. Allerdings ist Hartz IV die (aktuelle) Speerspitze eben dieser Politik.

Was etwas seltsam anmutet ist die Tatsache, dass du schreibst die Gegner der aktuellen politischen Entwicklung würden die Gründe für Hartz IV (wobei wir Hartz IV auch synonym zur aktuellen sozialpolitischen Entwicklung verwenden) ignorieren, aber im selben Absatz behauptest die Proteste richten sich eigentlich gegen die Gründe für Hartz IV. (Aber das nur nebenbei.)

Doch was sind denn die Gründe die angeblich nur mit der aktuellen sozialpolitischen Entwicklung gelöst werden können?

Gerne wird die demografische Entwicklung ins Feld geführt und in diesem Zusammenhang glatt ein "Generationenkrieg" an die Wand gemalt. Hintergrund ist, das im Jahr 2050 ein Erwerbstätiger einen Rentner finanzieren muss, weswegen man doch das Renteneinstiegsalter nach oben korrigieren müsse (aktuelle Vorschläge 67 Jahre). Dabei haben wir gar keine "demografische Katastrophe", für die wir vorsorgen müssten. Längst ist schon Realität, was für das Jahr 2050 düster prognostiziert wird: Jetzt schon finanziert ein Erwerbstätiger mindestens einen Nichterwerbstätigen. 82,5 Millionen Menschen leben momentan in Deutschland, aber nur 38 Millionen arbeiten als Selbstständige und Angestellte. Der Rest spaltet sich in Kinder, Rentner, Studenten, Hausfrauen und Arbeitslose auf.

Steigt aber die Zahl der Rentner (und werden somit logischerweise Arbeitsplätze frei), so wird man in Zukunft die benötigten Arbeitskräfte aus Teilen dieses Klientels beziehen.

Volkswirtschaftlich wichtig ist das Grundphänomen: Schon jetzt wird nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung gebraucht, um den gesellschaftlichen Reichtum zu erwirtschaften. Warum sollte man sich da die vielen zukünftigen Rentner nicht mehr leisten können?

Auch in Zukunft wird es genug Menschen geben, die aufgrund gesteigerter Produktivität für den Arbeitsmarkt überflüssig sind.

Oder soll, wieProf. Dr. Gerd Bosbach vermutet, "...mit dem "Hammer" Demografie von einem ganz anderen Schauplatz gesellschaftlicher Auseinandersetzungen abgelenkt werden? Will man die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer von der Teilhabe am Produktivitätsfortschritt langfristig abkoppeln? Dann wären die Arbeitnehmer tatsächlich nicht so leicht in der Lage, die Versorgung der Jungen und Älteren zu übernehmen.
Das hätte allerdings weniger mit den „unausweichlichen“ Folgen des Alterungsprozesses zu tun, sondern wäre eine bewußte, politische Entscheidung in Fragen der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums!"

Für die Zukunft hat eine Prognos-Studie für die Rürup-Kommission eine Steigerung der Produktivität um 1,8 Prozent je Jahr vorhergesagt. Demnach erhöht sich die Produktivität um 135 Prozent. Jeder Beschäftigte erarbeitet damit das 2,35fache gegenüber heute.

Das Dogma des Westens und seiner Ökonomie heißt doch: Gewinnmaximierung und Profit. Die angeschlossene "Wirtschaftsethik" formuliert sinngemäß: an dieser Gewinnmaximierung sind mittelbar alle beteiligt,
gehts den Unternehmen gut, gehts allen gut- nur spiegelt sich das in der Realität nicht wieder.

Auch der Globalisierungswettlauf, dem man sich angeblich nicht entziehen kann, muss zur Legitimation des Sozialabbaus herhalten.
Dabei werden die massiven Gewinne der großen deutschen Unternehmen, trotz internationalen Wettbewerb"drucks", bei gleichzeitigem Rückzug aus ihrer steuerlichen, sprich gesellschaftlichen Verantwortung und den daraus entstehenden negativen Folgen für die Gesellschaft, kaum thematisiert.


Aber was für andere Lösungsaspekte, als die die uns die Politik momentan verkaufen will gibt es?
Nun, eine verkürzte Arbeitszeit könnte da durchaus ein Ansatz sein, auch wenn du das anders siehst. Das Problem dabei ist halt nur, dass du deine Behauptung lediglich damit begründet hast, dass die Forderung der IG Metall nach einer Verkürzung der Arbeitszeit im Osten gescheitert ist.
Das sagt aber nichts darüber aus, ob eine solche Maßnahme nicht doch zu einer höheren Beschäftigtenzahl führen würde.
Und schon gar nicht sagt es etwas darüber aus, dass eine gegenteilige Maßnahme, nämlich eine effektive Verlängerung der Arbeitszeit, zu mehr Arbeitsplätzen führen würde.

Ein weiterer Lösungsansatz, könnte eine Erhöhung bzw. zumindest ein angemessenes Mitwachsen der Löhne parallel zur Preisentwicklung sein.
Auch dieser Meinung stehst du eher ablehnend gegenüber. Doch beantworte uns bitte eine Frage: Du sagst, unser Aufschwung müsste 5mal höher sein als in Tschechien. Woher hast du diese Zahlen? Welche Rechnung liegt dieser Behauptung zugrunde?

Interessant ist auch, dass du behauptest eine Steuerreform wäre dann nicht gerecht, wenn sie nicht auch große Firmen entlastet und diese dadurch zur Jobschaffung motivieren könnte. Nur, wenn jemand schon keine Steuern zahlt, wie willst du denjenigen steuerlich noch mehr entlasten? Zahlreiche große Firmen nutzen zahlreiche Steuerschlupflöcher, rechnen über ihre Auslandniederlassungen ab und beschäftigen ein Heer von Steuerberatern (ja, für die schaffen die großen Konzerne Jobs), nur um auch ja nichts dem deutschen Fiskus zu überlassen. Aber darauf sind wir ja auch schon in unserem Eröffnungsplädoyer eingegangen.
Überhaupt scheinst du ja der Meinung zu sein, man müsste die großen Firmen nur noch ein bisschen motivieren und schon sprießen die Jobs aus dem Boden. Nur wie willst du sie denn noch mehr motivieren? Der Anteil der Steuern auf Gewinn- und Vermögenseinkommen ist in den letzten Jahren immer weiter gesunken (darauf sind wir ja auch schon in unserer Eröffnung eingegangen) oder wurde sogar ausgesetzt. Reicht das etwa nicht als Motivation?

Es ist übrigens interessant, dass du annimmst dass Widerstand nichts bringen würde? Bzw. wenn er denn etwas bringt, dass das nur eine weitere Verschlechterung der Situation wäre.

Du scheinst zu nichts dagegen zu haben, das hier so nach und nach unser Grundgesetz ausgehebelt wird. Verfassungsgegner sind hier am Werk, die sich als "Reformer" verkaufen und step by step dieses Grundgesetz unterlaufen.

Unter anderem steht unter Artikel 14:

"(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Das Bewusstsein, das Steuern gezahlt werden müssen weil es dafür Leistungen gibt, ist gerade bei den großen profitablen Unternehmen, die es sich locker leisten könnten, fast komplett verloren gegangen.

Sie denken zuerst an ihre Unternehmen, und nicht mehr daran, das von den Steuern die Infrastruktur bezahlt wird, die sie weiterhin, jetzt auf die Gemeinden und Kommunen abgewälzt, nutzen. Denen geht Aufgrund der fehlenden Steuereinahmen zunehmend die Luft aus. Schliessungen von Bäderbetrieben, Theatern, Volkshochschulen, Museen etc. sind die Folge, die ausschliesslich die Bürger zu tragen haben.

Dein Beispiel mit ver.di und der BVG hinterlässt bei uns auch nicht gerade einen positiven Eindruck. Soll so die Zukunft aussehen? Länger arbeiten, weniger Geld und keine Arbeitsplatzgarantie? Alle Macht den Unternehmen? Da bleibt die Frage: Arbeiten wir um zu leben, oder leben wir um zu arbeiten?

Was nun wirklich erschreckend ist, ist die Tatsache, dass du der Meinung bist, dass die Politiker unseres Landes die Proteste eben jener Bürger die sie gewählt haben ignorieren sollen.
Es war Einstein, der einmal sagte: „Der Mensch ist nicht für den Staat da, sondern der Staat für den Menschen.“
Diese Vorstellung wird völlig auf den Kopf gestellt durch eine "repräsentative Demokratie", die ihren Souverän (den Bürger) so nachhaltig ignoriert.
Art. 38 I GG besagt: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Leider erweckt die aktuelle Politik den Eindruck, dass die Bundestagsabgeordneten eben nicht das ganze Volk vertreten, sondern eher eine gewisse Klientel. Und zwar jene Klientel, welche von längeren Arbeitszeiten, weniger Urlaub, aufgeweichtem Kündigungsschutz und geringeren Löhnen profitiert.

Es werden nicht die Interessen des Volkes vertreten- politische Debatte bedeutet heutzutage Zusagen an die massiven politischen und ideologischen Offensiven der Großlobbyisten von Industrie und Wirtschaft, flankiert von ihren publizistischen Helfern.


Auf einen Satz deines Plädoyers müssen wir besonders eingehen, weshalb wir ihn hier einmal zitieren werden:

Viele Widerständler halten aber das Sozialsystem immer noch für gottgegeben und unzerstörbar und Einschnitte darin für ein Sakrileg.

Politik, Wirtschaftsverbände und Teile der nur unzureichend bzw. fehlinformierten Öffentlichkeit sind sich im Prinzip einig:
Die Lohnkosten müssen gesenkt werden, um Produktionsverlagerungen der deutschen Industrie ins Ausland zu verhindern.
Ein weiteres beliebtes Argument ist die Steuerbelastung von 36 Prozent in Deutschland, die im Vergleich zu anderen Ländern Europas zu hoch ist, was die Wirtschaft von Investionen abhalten würde.
Ausgeklammert wird dabei, das ein Heer findiger Steuerberater und Unternehmer immer neue Möglichkeiten ausmacht, die Steuerpflicht zu umgehen.
Deutschland leistet sich das ineffizienteste Steuersystem der gesamten Europäischen Union. Mit den höchsten Steuersätzen erzielt der deutsche Fiskus die geringsten Einnahmen. 2002 beliefen sich die Steuerzahlungen der Unternehmen laut Berechnungen der EU-Kommission auf gerade mal 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts-so wenig wie sonst nur in Litauen.
Das heißt also, die Steuersätze stehen im Grunde nur auf dem Papier.

Die „leeren Kassen“ des Staates sind also kein Naturereignis, sondern Folge einer Steuerpolitik, die großzügig auf Einnahmen bei Besserverdienenden und Unternehmen verzichtet.
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (AAW) beziffert die Einnahmeverzichte in folgenden Bereichen mit folgenden Werten:

- 14 Milliarden Euro würden den öffentlichen Haushalten wieder zufließen bei der Wiedereinführung der Vermögenssteuer (diese wurde unter Kanzler Kohl abgeschafft, von der Regierung Schröder trotz der beklagten Haushaltsprobleme nicht wieder eingeführt);

- 4 Milliarden Euro würden durch eine gerechtere Erbschaftssteuererhebung fließen;

- 22 Milliarden Euro durch die Abschaffung des Ehegattensplittings;

- 9 Milliarden Euro durch die Einführung einer Börsenumsatzsteuer;

- 17 Milliarden Euro durch die Etablierung einer Spekulationssteuer (Tobin-Steuer);

- 13 Milliarden Euro durch eine kommunale Wertschöpfungssteuer.

Die Milliarden, die dem Staat Jahr für Jahr durch die weiter oben beschriebenen "kreativen" Steuergestaltungsmöglichkeiten entgehen sind da noch nicht mal vollständig miteingerechnet!
Anstatt die erwirtschafteten Gewinne angemessen zu verteilen, so das niemand um seine Existenz fürchten oder in Armut leben muss, wird den nicht mehr gebrauchten Menschen die Schuld dafür gegeben, dass sie nicht mehr gebraucht werden.
So sollen zunehmend Kosten aus der Sozialversicherung einseitig von den arbeitenden Menschen getragen werden, werden Arbeitszeitverlängerungen- wie bei Daimler- begrüßt, wird mit Hartz IV der Einstieg in den flächendeckenden Niedriglohn programmiert.

Aber wie geht das zusammen: Auf der einen Seite die umfassenden Appelle zum „Maßhalten“ und auf der anderen Seite die Tatsache, dass Deutschland Exportweltmeister ist, und das nicht nur Pro Kopf der Bevölkerung, sondern absolut. Mit einer Differenz von unvorstellbaren 130 Milliarden Euro zwischen Importen und Exporten in 2003- für 2004 wird eine neue Rekordmarke vorausgesagt- erzielte Deutschland (82 Millionen Einwohner) einen um sieben Prozent höheren Überschuss als der 290 Millionen-Staat USA. Und das auch noch bei einem historischen Höchststand des Euro gegenüber dem US-Dollar, d.h. unter eigentlich den Export erschwerenden Bedingungen! Das Gerede, es gehe mit der „Wirtschaft rapide bergab“ entbehrt also jeglicher Grundlage.
Trotzdem wird von den Bürgern dieses Landes verlangt „den Gürtel enger zu schnallen“, heißt es von führenden Politikern und Industriellen, unser Sozialsystem wäre nicht mehr finanzierbar, sogar der Staatsbankrott wird an die Wand gemalt. Deutschland ist aber nicht bankrott, sondern der erwirtschaftete Reichtum ist nur äußerst ungleich verteilt.
Obwohl die Gewinne massiv gestiegen sind und die weiteren Gewinnerwartungen günstig, setzen besonders die großen Kapitalgesellschaften ihre Angestellten immer brutaler unter
Druck. Die hohe Arbeitslosigkeit und die damit einhergehende Verunsicherung der Beschäftigten wird dazu benutzt um Arbeitszeiten zu verlängern, Löhne zu senken usw.

Gleichzeitig werden in immer größeren Umfang Arbeitsplätze vernichtet.
Dabei war der zu verteilende Reichtum in Deutschland nie größer als heute. Zwischen 1960 und heute hat sich das inflationsbereinigte Bruttoinlandsprodukt rund verdreifacht, allein zwischen 1991 und 2001 wuchs es um knapp 16 Prozent von 1.710 Milliarden € auf 1.980 Milliarden €.
Mit einem etwas höheren Obolus von den Unternehmen und Bessergestellten könnte man das in der Vergangenheit geltende Sicherungsniveau ohne weiteres finanzieren.

Was nun wirklich sehr interessant ist, ist dass du behauptest, dass die Politiker zum jetzigen Zeitpunkt das tun, was getan werden muss (eine Aussage die wir im obigen Abschnitt bereits widerlegt haben) und die Protestler hauptsächlich aus Träumern bestehen. Warum ist diese Aussage nun so interessant? Weil wir unsere „Träumereien“ mit Links, Zahlen und Beispielen belegen, die auf fundierten wissenschaftlichen Daten beruhen. So selbsttäuschend und verträumt können wir also gar nicht sein, oder?
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 1.) - Team CONTRA

Irgendwie werde ich bei dem Eröffnungsplädoyer der Pro-Seite das Gefühl nicht los, es ginge ihnen weniger um die Formulierung eines Problems als vielmehr darum, gegen die Regierung bzw "die da oben" auszuteilen, egal welches Mittel gerade da ist.

Zum Beispiel:"warum wird Eigenverantwortung nicht von denen gefordert, die auch in der Lage wären sich dies zu leisten? ", also im Klartext: die Unternehmen ? Daß bei Unternehmen und Selbstständigen ausschließlich Eigenverantwortung besteht, sollte aber doch eigentlich klar sein. Und letztens geht es bei der Eigenverantwortlichkeit ja darum, das System unabhängig von staatlichen Zuschüssen zu machen, damit der Staat im Falle des Sparens eben NICHT dort ansetzen muß.

Oder der Hinweis "Das soziale System sei nicht mehr finanzierbar, aber Jahr für Jahr werden laut Bund der Steuerzahler knapp 3 Mrd. Euro von unseren ...Politikern quasi durch den Schornstein geblasen. " Ah ja, der Bund der Steuerzahler, und da ja nur die kleinen Leute Steuern zahlen, vertreten sie natürlich auch nur die Interessen der kleinen Leute. Und natürlich ist alles ganz einfach: Solln die Politiker doch einfach aufhören Geld zu verschwenden, schon ist Hartz IV nicht mehr nötig !

Sorry, aber was bedeuten 3 Milliarden Euro bezogen auf 5 Millionen Arbeitslose ? Jeder kann es selbst nachrechnen: exakt 50 Euro pro Monat ! Dieser Betrag pro Arbeitsloser soll nun unser soziales System retten ? Hartz IV wurde nur deshalb eingeführt, weil unsere Arbeitslosen alle 50 Euro zu teuer sind ?

Und was bedeuten 3 Milliarden in einem Gesamthaushalt von 844 Milliarden ? Stelln sie sich vor, sie verdienen 844 Euro im Monat. Einmal im Monat Zigaretten kaufen, oder die 20 Dosen Katzenfutter pro Monat nicht bei ALDI, sondern bei SPAR holen - schon gelten sie als absoluter Verschwender ! Selber Schuld, wenn sie am Ende des Monats kein Geld mehr haben ! Wer jetzt meint, da es hier um Milliarden gehe, könne man den Maßstab nicht anlegen, der soll sich doch mal den Bericht des BdSt genauer angucken. Friedrichshain hat eine Nebenstraße asphaltiert - Verschwendung ! Hilchenbach hat ein paar Info-Tafeln zuviel aufgebaut - Verschwendung ! Im Bereich der Laboreinrichtungen der Universitätskliniken des Saarlandes wurden - aus nachvollziehbaren Gründen - Abteilungen nicht zusammengelegt - Verschwendung ! OK, Berlin hat mit dem - auch aus meiner Sicht unsinnigen - Bau des Tempodroms über 60 Millionen verschwendet - aber der dafür verantwortliche Senator, Peter Strieder (SPD), mußte dafür auch seinen Hut nehmen. Verschwendungen sind natürlich ärgerlich und müssen vermieden werden, aber auszuschließen sind sie eigentlich nur, indem man überhaupt kein Geld ausgibt.

Am besten sieht man das am ersten Fall im Schwarzbuch des BdSt: der „Space-Park“ auf dem Gelände der früheren Werft AG Weser in Bremen-Gröpelingen. Der "nach eigenen Angaben „größte Indoor-Erlebnispark Europas“ fand bei weitem nicht den Gäste-Zuspruch, der in einer Größenordnung von 1,4 Mio. Besucher pro Jahr unter anderem aus Nordrhein-Westfalen und Holland erwartet wurde." Tja, sowas passiert halt. Unternehmerisches Risiko. Wird einen jeder Unternehmer bestätigen. Hätte es geklappt, wärs toll gewesen, hätte Arbeitsplätze geschafft. Und darum gings ja eigentlich. Manch einer meint, für diese Summe hätte man ja wasweisichvieviele Arbeiter über einen längeren Zeitraum mit irgendetwas anderem beschäftigen können......aber die Regierung hat nicht umsonst die ABM-Maßnahmen abgeschaft ! Weil nämlich, neben vielen anderen, auch der BdSt darin eine Verschwendung sah, was aufgrund ihrer Nonprofitabilität ja logisch ist. Man mußte also andere Wege suchen.

Für unseren BdST aber, der ja nur die Interessen der kleinen Leute vertritt, gilt nun dieser Versuch, einen Beschäftigungssektor zu bezuschussen ( was weitaus billiger kommt), als: Verschwendung ! Warum ? Deshalb: "die Gesamtinvestitionen in Höhe von rund 670 Mio. Euro haben neben einer privaten Großbank zu einem gehörigen Teil die Bremer Steuerzahler finanziert." Gut, aber wie groß war der Anteil nun wirklich ? Ein bißchen später steht es da:"...beläuft sich das Finanzengagement der öffentlichen Hand auf 198,7 Mio. Euro." Im Klartext: die private Großbank hat knapp über 470 Millionen dazugeschossen. Hat sie das wirklich nur getan, um Steuern zu sparen ? Hat sie, irgendwo in den Tiefen ihrer Verwinklungen, nicht doch an die Profitabilität der ganzen Sache geglaubt ? Vor allem aber: was wäre passiert, wenn die Stadt Bremen, ohne deren Engagement das ganze nicht passiert wäre, gar nichts getan hätte ? Mal abgesehen davon, daß der Vorwurf, nichts getan zu haben, in einem Gebiet mit einer der höchsten Dichte an Sozialhilfeempfängern in Deutschland, mit ziemlicher Sicherheit und völlig zu Recht gefallen wäre - am Ende hätte die Stadt auch weniger Geld bekommen ! "Jobs wachsen nicht auf Bäumen", darin stimme ich mit der Pro-Seite überein, aber wenn man sich bemüht, welche zu schaffen, und es geht schief, gibts trotzdem eins auf den Deckel. Im Klartext: wir verlangen von unserem Staat eine Dagobert-Duck-Einstellung. Aber Dagobert Duck ist nicht unbedingt ein leuchtendes Beispiel für soziales Gewissen.

Ich will den BdSt nicht völlig niedermachen, er hat natürlich seine Berechtigung. Auf Verschwendungen hinzuweisen ist natürlich nötig, auch wenn in Zeiten knapper Kassen der Verschwendungsbegriff ein bißchen enger gefaßt wird. Doch vielleicht versteht einer langsam, worauf ich hinauswill. Daß man von Politikern verarscht wird, ist man hierzulande gewohnt, aber daß auch Interessenvertreter nur an sich denken und Fehler machen, dessen Auswirkungen dann die eigene Klientel zu tragen hat, wird einfach abgestritten. Daß ver.di bei sich selbst ohne zu zögern einführte, was sie zur selben Zeit beim Staat jahrelang blockierten, ist zwar bekannt, ändert aber scheinbar nichts bei eingefleischten Gewerkschafts-Fans.

Unverständnis über eine Politik, die Reichtum belohnt und Armut verstärkt, macht sich breit ? Ich denke eher, das Unverständnis beginnt sich, umfassender zu artikulieren. Es war schon immer da, wie auch die Feindbilder schon immer da waren, ebenso wie die fehlende Bereitschaft, nach Lösungen ohne Scheuklappenmentalität zu suchen.

"glaubt denn tatsächlich jemand, dass wir hier in Deutschland 5 ... Mio. faule Sozialschmarotzer haben? " Nunja, wenn man einen Job nur deshalb nicht annimmt, weil der Lohn sogar noch unter der Arbeitslosenhilfe liegt, hat das nicht unbedingt was mit Faulheit zu tun. Auch gegen die Angewohnheit, alle Möglichkeiten der staatlichen Alimentierung auszunutzen, ist vordergründig nichts gegen zu sagen. Da unterscheidet sich aber der ganz normale Sozialhilfeempfänger nicht vom Mittelständler oder Großverdiener. "Ich habe diesem Staat nichts zu schenken", dieser Satz ist kein Privileg von Learjet-Besitzern, die den Hals nicht vollkriegen können, im Gegenteil. Und sind es denn wirklich die Superreichen, die durch die Vermögenssteuer abkassiert werden ? Was ist mit der 50-Jährigen, die ein Haus geerbt hat, welches eigentlich eine Renovierung nötig hätte, vom Staat aber mit einer Million bewertet wird ? Sie darf das Haus dann verkaufen, um die Steuer zu bezahlen, das Haus steht leer, und statt zu renovieren, darf der neue Besitzer den Kauf als Verlust ausweisen. Die wirklich Reichen haben sich doch längst nach Monaco oder in die Schweiz geflüchtet.

"wieso sank der Anteil der Steuern auf Gewinn- und Vermögenseinkommen im Zeitraum von 1960-2000 von 20% auf 6,7%, während der Anteil der Steuern auf Löhne und Gehälter von 6,3 auf 19,4% stieg? "...voila, man brauch also eine Zeitspanne von 40 Jahren, um Unterschiede in ihrer Deutlichkeit zeigen zu können ? Gegenfrage: Warum haben die Arbeiter nicht dagegen protestiert ? Warum haben sie ständig nach Lohnerhöhungen gerufen, obwohl sich lediglich der Stundenlohn damit erhöhte, dessen Wert dann bei der nächsten Lohnsteuererhöhung wieder weg war ? Hätten sie sich gegen Lohnsteuererhöhungen ausgesprochen, wären derartig dramatische Lohnerhöhungen gar nicht notwendig gewesen, und obendrein wäre Deutschland heute international weitaus wettbewerbsfähiger. Nein, ich will hier nicht wieder den Arbeitern die Alleinschuld geben, ich will überhaupt niemanden die Alleinschuld geben, im Gegenteil. Die Wahrheit ist: alle haben mitgemacht. Die Regierung, weil sie so eine verläßliche Einnahmequelle bekam, die Gewerkschaften, weil sie so ihre ständigen Lohnforderungen besser begründen konnten, die Industrie, weil bei ihr im Gegenzug die Steuer auf Gewinne gesenkt wurden, und die Arbeiter, weil sie allen langezeit doch tatsächlich abnahmen, man würde damit dem bösen Kapitalistenunternehmern eins auswischen. Ein klassischer Fall von Widerstand, der Schaden anrichtet.

Bleibt nur zu sagen: Solange euch wichtiger ist, welches Auto der Chef fährt und nicht so wichtig, wieviel Arbeitsplätze er schaftt oder erhält, solange euch die Prozentzahl der mit der Gewerkschaft im Streik erreichten Lohnerhöhung wichtiger ist als die Frage, was am Ende tatsächlich rauskommt, solange euch die Kompetenz des Finanzministers nicht so wichtig ist wie sein Lohn, der bitte nicht höher als bei einem Langzeitarbeitslosen sein soll, solange ihr vor lauter Feindbildaufrechterhaltung unfähig seid, eure Scheuklappen abzunehmen und euch mal umzuschauen, wer euch wirklich schadet, solange ihr nicht wirklich nach Lösungen sucht, sondern nur danach, wie ihr denen da oben mal wieder eins auswischen könnt, wobei ihr den Umstand, daß IHR davon dann wieder mal die Zeche zu zahlen habt, nur als Bestätigung eures Weltbildes begreift, kurzum, solange ihr lieber den Heldentod sterben wollt anstatt diese Gesellschaft lebenswerter zu machen.......

.....solange kann mir euer Widerstand wirklich gestohlen bleiben !
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
2.) Frage :

Welche Lösungsansätze könnten dazu beitragen die Krise ohne eine massive Gefährdung des sozialen Friedens zu lösen?
__________
Antworten bitte einreichen bis Mittwoch, 22. Juni 2005, 23:59 Uhr
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Antwort zu 2.) - Team PRO

Wenn man einerseits Eigenverantwortung der Menschen, die ihre Einkünfte aus Erwerbsarbeit, Renten, Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe beziehen, also der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung einfordert, dann muss man aber auch sagen woher dazu die Geldmittel bei den Betroffenen herkommen sollen.

Es sollen einerseits mehr Risiken durch private Vorsorge abgedeckt werden, kommen immer höhere Abgaben auf die Bürger zu, aber andererseits werden die Löhne gesenkt- mit immer weniger Geld soll immer mehr bezahlt werden.

Hier wird nichts anderes als die Quadratur des Kreises verlangt.

Renten- und Arbeitslosengeldkürzung, Zuzahlungen im Gesundheitswesen, Arbeitszeitverlängerung, Ausweitung des Niedriglohnsektors, radikale Streichungen bei Bildung und Kultur werden von Wirtschaft, Politik und Medien als notwendige, alternativlose Maßnahmen zur Rettung des "Standorts Deutschland" präsentiert. Dabei ist zB. die Forderung nach Mehrarbeit volkswirtschaftlich betrachtet sinnlos: Wenn länger gearbeitet wird, kann zwar mehr produziert werden- doch einen Absatzmarkt für die zusätzlichen Waren gibt es nicht. Schon jetzt sind viele Produktionsstätten nur schwach ausgelastet.
Auch die Ausweitung des Niedriglohsektors ist kritisch zu betrachten. Mini-Jobs in sind für den Arbeitgeber steuerlich absetzbar. Die steuerliche Absetzbarkeit richtet sich nach der Art der Dienstleistung: Für Minijobs sind es zehn Prozent, max. 510 Euro/Jahr. Für voll sozialversicherungspflichtige Mini-Jobs („Gleitzone“) zwölf Prozent, max. 2 400 Euro/Jahr. Für den „Einkauf von Dienstleistungen“ durch Unternehmen/ Agenturen/ Leiharbeit 20 Prozent, max. 600 Euro im Jahr.
Dem Arbeitnehmer bleibt es überlassen, von seinem Niedriglohn den Beitrag für die gesetzliche Rentenversicherung aus eigener Tasche zu zahlen- es fragt sich allerdings wovon.
Darüber hinaus bedeutet die Zunahme von Mini-Jobs mit geringerer Sozialabgabenlast, die zunehmend gegen reguläre Beschäftigung ausgetauscht wird, das noch weniger Geld in die öffentlichen Kassen fließt. Weitere Steuerausfälle sind somit vorprogrammiert.

Schon jetzt ist ein Großteil der Menschen, der unterhalb der Armutsgrenze leben muss, im Niedriglohnbereich beschäftigt, in Westdeutschland ist es bereits ein Drittel.

Die Menschen sollen auf Teufel komm raus beschäftigt werden, aber eine existenzsichernde Arbeit bedeutet das nicht, sondern viele neue Jobs im Niedriglohnbereich, die tariflich abgesicherte Arbeitsverhältnisse verdrängen oder noch schlimmer Zwangsjobs für einen Euro.

Das alles obwohl- wir wiederholen uns an dieser Stelle bewusst- der Reichtum in Deutschland nie größer war. Die Staatskassen sind deshalb leer,weil sich Unternehmen und Vermögende immer weiter dank großzügiger Steuergeschenke aus der Finanzierung der öffentlichen Ausgaben zurückziehen konnten.

Gebetsmühlenartig tönt es, das diese Steuersenkungen als Anreiz nötig wären, um die Unternehmen zu Investitionen und somit zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu veranlassen. Stattdessen läuft heute unter „Investition“ zunehmend ein munterer Ausverkauf von Unternehmen, was nicht zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führt, sondern im Gegenteil, zu weiterem Arbeitsplatzabbau.

Die öffentlich propagierte Verbindung zwischen Investitionsanstieg und neuen Arbeitsplätzen existiert nicht. . Investiert wird im produktiven Sektor vor allem in flexible Fertigungstechnologien, die das Betriebsvermögen umso mehr erhöhen als menschliche Arbeitskräfte wegrationalisiert werden. Von diesen Rationalisierungseffekten ist auch der Dienstleistungsbereich (Handel, Banken, Versicherungen sowie die
Telekommunikationsbranche) nicht frei. Nach Aussage des US-Ökonomen Jeremy Rifkin „...vollziehen [wir] gerade einen Wandel hin zu einem Markt, der zum allergrößten Teil ohne menschliche Arbeitskraft funktioniert. Bis 2010 werden nur noch zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Fabriken gebraucht. Bis 2020 werden es weltweit nur noch zwei Prozent sein.“

So ist es kein Wunder, das aus einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervorgeht, das die Krise auf dem Arbeitsmarkt anhalten wird, weil das Jobangebot in Deutschland weiter schrumpft.

Vor diesem Hintergrund ist es ein Zynismus sondergleichen, das die Opfer dieser verfehlten Steuerpolitik zu Tätern gemacht werden. Statt sich den Ursachen zuzuwenden betreibt man Symptombekämpfung auf dem Rücken der Betroffenen.

Sehen wir uns doch die Realitäten an:
Nicht nur der Kinderschutzbund schlägt Alarm und spricht von einer Armut per Gesetz. Dank Hartz IV fallen viele frühzeitig auf ein Sozialhilfeniveau, dass nicht mehr das gleiche Niveau ist wie noch vor gar nicht all zu langer Zeit.

Die Maßnahmen der Regierung produzieren Armut und Armut führt zu Zorn und radikalen Ideen. Aus der Gefährdung des sozialen Friedens wird eine Gefährdung der inneren Sicherheit.

Den Befürwortern der harten Maßnahmen, die vor allem die ohnehin weniger Wohlhabenden der Gesellschaft treffen, scheint es unwahrscheinlich, dass es irgendwelche Alternativen zu Hartz IV gibt. Doch es existieren verschiedene Denkansätze, die in eine andere Richtung weisen und es wird ernsthaft über Alternativen diskutiert. Vorstellungen einer Bürgerversicherung wie sie manch Einer vorschlägt, werden zwar von etwa der Chefin der CDU pervertiert, indem sie eine Kopfpauschale fordert, die zwar den Armen keinen Vorteil bringt, aber dafür den Reichen anbietet nicht mehr zu zahlen als ein weniger wohlhabender Mensch. Doch man muss ja nicht immer wieder versuchen Verbesserungsvorschläge so lange ins absurde zu verziehen, bis man kurz vor einem Staatsstreich steht.

"Welche Lösungsansätze könnten dazu beitragen die Krise ohne eine massive Gefährdung des sozialen Friedens zu lösen?"

-Die Entkoppelung der sozialen Sicherung vom Beschäftigungsverhältnis, das nur noch 46% der Menschen in Deutschland aufweisen. Tendenz zunehmend.

-Einführung eines durchaus finanzierbaren Bürgergeldes

-Der Staat muss zukünftig wieder das gesamte Volkseinkommen angemessen besteuern. Dazu gehört das Steuerschlupflöcher geschlossen werden und statt Kapitalerträge schlechthin, die Investition von Realkapital in Deutschland (etwa Aufbau und Betrieb von Maschinenhallen) begünstigt werden.

-Eine Reformation des Steuersystems die sich auf die drastische Umwälzung der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die durchgehende internationale Verflechtung der Konzerne und die daraus resultierende unfaire Steuerkonkurrenz einstellt.

-Schärfere Kontrollen bei den Ausgaben der Steuermittel und massive Strafen für mutwillige Verschwendung

-Besteuerung der gesamten im Inland erwirtschafteten Wertschöpfung (nicht nur Löhne und ausgewiesene Gewinne, sondern auch bezahlte Schuldzinsen und stille Reserven) am Ort der Wertschöpfung in Deutschland. Nur wer in Deutschland investiert, sollte durch verbesserte Abschreibungsbedingungen begünstigt werden, alle anderen Unternehmen sollten durch Rücknahme ungerechtfertigter Vergünstigungen gezwungen werden, wenigstens wieder- wie bis 2000- 20% Steuern auf ihren ökonomischen Gewinn tatsächlich zu bezahlen.

-Vollständiger Steuerabzug aller staatlich verordneten Abgaben auch bei den Arbeitnehmern.
-Massiveres Vertreten deutscher Interessen in der Eu. Die Eu produziert immer wieder mal mehr, mal weniger Unsinn. Etwa die Neigung zur permanenten Erweiterung der Eu um zum teil wirtschaftlich weit unter dem Durchschnitt der bisherigen Eu-Mitgliedsstaaten liegende Volkswirtschaften bedeutet in erster Linie Erleichterung für auswanderungswillige Unternehmen. Vieles von dem was die Eu vorschreibt entspricht nicht den Interessen der deutschen Bevölkerung. Hier bedarf es einer größeren Kritikbereitschaft unserer Volksvertreter. Es kann nicht sein, dass jedem noch so gefährlichen Unsinn freudig zugestimmt wird nur weil es vermeintlich den edlen Zielen einer grossen und mächtigen Eu dient.
Es dürfen die deutschen Interessen nicht denen der Eu untergeordnet werden. In erster Linie haben unsere Politiker den Auftrag im Interesse der Mehrzahl der eigenen Bevölkerung zu handeln und nicht im Interesse der Eu oder einiger weniger Gloabal Player.

-Verkürzung der Arbeitszeit da es keinerlei Sinn macht, wenn immer weniger Menschen immer mehr arbeiten und das auch noch für immer weniger Stundenlohn. Die Forderung nach immer mehr Arbeitsleistung für weniger Geld zusammen mit dem zunehmenden Fortschritt bei den Möglichkeiten der Automatisierung wird nicht die Wirtschaftskraft steigern sondern viel mehr den Binnenmarkt weiter zerstören und somit für mehr Arbeitslose sorgen.
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Antwort zu 2.) - Team CONTRA

Bevor ich die Frage beantworte, möchte ich die Pro-Seite noch einmal bitten, mir nicht Sachen zu unterstellen, die ich nicht einmal ansatzweise so geschrieben habe. Ich habe Protestler nie als "Träumer" bezeichnet, schon gar nicht im Zusammenhang mit genannten Fakten. Daß ich mir eine Träumerei, die aufkommende Probleme ignoriert, nicht als Lösung verkaufen lasse, sagt noch gar nichts über die Lösungsansätze der Protestler aus, denen ich vor allem Gestrigkeit vorgeworfen habe. Der Unterschied sollte klar sein: Eine Träumerei kann vielleicht klappen, eine ignorante Träumerei schon weniger, und eine Nicht-Lösung von gestern definitiv nicht, es sei denn, daß man das da drin auftretende Problem beseitigt hat.

Ich will deshalb mal die weiteren Ansätze des AAW nicht weiter dokumentieren, in meinen Augen ist das kein alternatives Wirtschaften, was selbiger propagiert, sondern ewiggestriges, nur falsch zusammengerechnet. Im Prinzip lautet das Programm "Alle abgeschafften Steuern der letzten 30 Jahre wieder einführen, zusätzlich Steuererleichterungen wie das Ehegatten-Splitting abschaffen und danach 75 Mrd. zum Fenster herausschmeißen", letztere Maßnahme nennen wir dann "Sofortprogramm", wobei offengelassen wird, wie dieses "Sofortprogramm" aussehen soll. Daß aber z.B die Vermögenssteuer aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes aufgehoben wurde, daß das derzeitige Haushaltsloch von 40 Mrd damit nicht verschwindet, also trotzdem finanziert werden muß, daß so gesehen dann nur 35 Mrd übrigbleiben, daß aber z.B. allein die finanzielle Unterstützung des Bundes zur Einführung von ISDN seinerzeit 50 Mrd verschlungen hat, ohne daß dadurch nennenswert Arbeitsplätze entstanden wären, daß, trotz mehrerer hundert Milliarden, die in den Osten gepumpt wurden und werden, dort kein nennenswerter Aufschwung stattfindet, daß der Staat als Unternehmer aus nachvollziehbaren Gründen immer scheitert, was ja eigentlich einer der Hauptgründe für die Privatisierung von Staatsbetrieben ist - das alles wird genauso ignoriert wie der absolut ineffiziente Ansatz des Ganzen: man nimmt erst den Unternehmern und Kapitalkräften dieses Landes in Form von Steuern und pumpt es hinterher via "Sofortprogramm" wieder zurück, denn irgendeiner muß das "Sofortprogramm" ja in Arbeitsplätze umsetzen. Ja, auch wenn ihr es noch so wenig wahrhaben wollt: die Arbeitsplätze werden in diesem Land immer noch von Unternehmen geschaffen.

Im übrigen haben die meisten großen Firmen nichts gegen eine Gewinnbeteiligung, im Gegenteil, aber diejenigen, die eine Gewinnbeteiligung fordern, rümpfen ganz schnell die Nase, wenn gesagt wird, wie das am einfachsten zu realisieren wäre. Sprichwort: Aktien ! Jeder Arbeiter, der bei einer AG angestellt ist, könnte bei Einstellung automatisch anteilig Aktien erhalten. Warum seit ihr so dagegen ? Ganz einfach: die Leutings hierzulande möchten zwar ganz gerne die Gewinne der Unternehmen haben, aber nicht am Risiko der Unternehmen teilhaben. Obendrein würde dabei ja euer Feindbild Schaden nehmen. Nein, man geht lieber den normalen, ineffizienten Weg: die liebe gute Gewerkschaft hat im Falle von hohen Gewinnen bitte eine hohe Einmalzahlung oder eine Lohnerhöhung rauszuholen !

Daß ver-di-Chef Frank Bsirske trotz Kurzarbeit bei der Lufthansa seine Bezüge als Aufsichtsratsmitglied verdoppeln wollte, dürfte kaum etwas an eurer Einstellung zu Gewerkschaften ändern.

Desweiteren ist die Frage, warum die ABM's, die vom Staat abgeschafft worden sind, eigentlich immer nur von selbigen finanziert werden müssen. Warum nicht direkt von der Industrie ? Dazu müßte man lediglich das Sponsoring-Gesetz ändern, welches derzeit nur so funktioniert, daß man Sponsoring grundsätzlich von der Steuer absetzten kann - wenn man nachweisen kann, daß es der Steigerung des eigenen Umsatzes dient. Das heißt im Klartext, daß Sponsoring OHNE Werbung grundsätzlich Steuern kostet ! Uneigennütziges Geldausgeben wird hierzulande also bestraft ! Klar, warum sollen wir den Unternehmern auch die Möglichkeit geben, so billig davonzukommen ? Wer hierzulande Unternehmer werden will, gehört bestraft dafür, daß er in Wirklichkeit nur ans Geld denkt. Wenn wir das tun, ist das was anderes.

Welche Lösungsansätze dazu beitragen könnten, die Krise ohne eine massive Gefährdung des sozialen Friedens zu lösen?
Keine !
Ich habe NIE behauptet, dass die Politiker unseres Landes die Proteste eben jener Bürger die sie gewählt haben ignorieren sollen. Nein, sie TUN es einfach, und das wird die nächste Zeit so bleiben. Weil ihnen gar keine andere Möglichkeit bleibt.
Zum Teufel mit den sozialen Frieden ! Ihr wollt es doch nicht anders ! Dann fährt eben keine S- und U-Bahn mehr, dann sind die Straßen eben verstopft, darüber lach ich als Fahrradfahrer doch bloß, dann sind eben die Sozialämter wegen Streiks geschlossen, solln die sich doch dann gegen die ganzen Sozialhilfeempfänger wehren, die dann das Sozialamt zerstören, weil sie an diesem Tag kein Geld bekommen.

Sorry, aber mir fehlen ein bißchen die Worte. Solange ihr Unternehmer als eure Feinde betrachtet, haben irgendwelche Lösungsansätze keinen Sinn. Ich will nicht abstreiten, daß es Interesenskonflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gibt, diese sind aber natürlich und lassen sich nicht durch irgendwelche arroganten Schädigungen beseitigen. Ohne gegenseitiges Verständnis ist da kein Weiterkommen. Womit ich ausdrücklich NICHT nur das einseitige Verständnis "Arbeiter versteht Arbeitgeber" meine, sondern auch das umgekehrte.

Vielleicht sollten wir uns erstmal darauf einigen, die Argumente des Gegenübers nicht zu ignorieren oder zu verfälschen. Ich habe keine Lust, gegen eine Wand zu reden.
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 2.)

Die Parteien haben jetzt Gelegenheit, die Antwort ihrer Gegenpartei zu kommentieren.

Den Kommentar bitte einreichen bis Montag, den 27. Juni 2005 (23:59 Uhr)
__________
Team CONTRA ist an der Reihe, sich die nächste Frage auszudenken (selber Termin)
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 2.) - Team PRO

Albert Einstein

"Der Staat ist für die Menschen da und nicht die Menschen für den Staat."

Grundgesetz Artikel 20

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

http://www.bverwg.de/cgi-bin/jur.pl?gg,20


In einem Staat der sich selbst als sozial definiert, halten wir es für nicht wirklich angebracht auf den sozialen Frieden zu "pfeifen".
In einem Staat in dem der Souverän der mündige Bürger ist, halten wir es auch nicht für angebracht es hinzunehmen, wenn die Volksvertreter, kaum dass ihnen die Macht zu regieren vom Bürger verliehen wurde, aufhören im Interesse der Mehrheit der Bürger zu handeln sondern nur noch im Sinne einer Minderheit agieren.

Ähnliches haben wir bereits in einem vorherigen Beitrag geschrieben, doch da unsere Argumentationen scheinbar nicht all zu gründlich gelesen werden, halten wir es für angebracht uns zu wiederholen.

Auch, dass die derzeitigen Maßnahmen nicht dazu geeignet scheinen die Situation im Interesse des Souveräns zu behandeln haben wir in unseren vorhergehenden Beiträgen bereits dargelegt.

Trotz steigender Gewinne und Steuererleichterungen sind die Arbeitgeber nicht bereit zu investieren, auch etwas, dass wir bereits in unseren anderen Beiträgen gezeigt haben.
Trotz starken Wachstums keine neuen Jobs.

Es ist schwer in Anbetracht dieser Situation von den Arbeitnehmern, die ja bereits Opfer erbringen auch noch Verständnis zu verlangen für jene, die den Kanal offenbar nicht voll genug bekommen können.


Bevor ich die Frage beantworte, möchte ich die Pro-Seite noch einmal
bitten, mir nicht Sachen zu unterstellen, die ich nicht einmal ansatzweise so geschrieben habe. Ich habe Protestler nie als "Träumer" bezeichnet, schon gar nicht im Zusammenhang mit genannten Fakten. Daß ich mir eine Träumerei, die aufkommende Probleme ignoriert, nicht als Lösung verkaufen lasse, sagt noch gar nichts über die Lösungsansätze der Protestler aus, denen ich vor allem Gestrigkeit vorgeworfen habe. Der Unterschied sollte klar sein: Eine Träumerei kann vielleicht klappen, eine ignorante Träumerei schon weniger, und eine Nicht-Lösung von gestern definitiv nicht, es sei denn, daß man das da drin auftretende Problem beseitigt hat.

Das spitzfindige Insistieren auf den feinen Unterschied zwischen Träumerei, ignoranter Träumerei und Gestrigkeit erscheint kein wirklich aussagekräftiger Beleg für inhaltliche Verfälschung deiner Argumente.


ich laß mir jedoch eine Träumerei, die aufkommende, vorhersehbare Probleme einfach wegignorieren will, nicht als Problemlösung verkaufen.

Wir bedauern es natürlich, dass wir diesen deinen Absatz so gänzlich fehlinterpretiert haben, da du hier ja offenbar nicht von "Träumereien" sprichst sondern von rückwärtsgewandten Lösungsansätzen.
Inwiefern allerdings diese Lösungen „rückwärtsgewandt“ sind, würden wir doch gerne genauer wissen- genauso, was an den Lösungen die du favorisierst vorwärtsgewandt ist. Was bringen diese Lösungen den Menschen? Ein Leben oder ein Überleben? Soziale Sicherheit oder ständige Unsicherheit?

Es wäre uns jedoch schon Recht, wenn wir stattdessen etwas mehr Kritik an unseren tatsächlichen Argumenten und vor allem eine von dir ja angekündigte Antwort auf unsere Frage erhalten würden.
Doch anstatt einer Antwort haben wir leider nur zu lesen bekommen, dass man doch bitte auf den sozialen Frieden im Land pfeifen sollte.


Vielleicht sollten wir uns erstmal darauf einigen, die Argumente des
Gegenübers nicht zu ignorieren oder zu verfälschen. Ich habe keine Lust, gegen eine Wand zu reden.

In der Tat haben wir eher den Eindruck, dass unsere Argumente zum größten Teil vollkommen ignoriert wurden.
Der letzte Beitrag, in dem nicht mal versuchsweise eine Antwort auf unsere Frage erarbeitet wurde, verstärkt diesen Eindruck.
Damit diese Debatte auf hohem Niveau geführt werden kann, möchten wir dich mit Nachdruck darum bitten, in Zukunft verstärkt auf die von uns gelieferten Fakten einzugehen und dich nicht an Nebensächlichkeiten, die an den Kernproblemen vorbeigehen, aufzuhalten.

Uns ist durchaus klar, dass solch eine Debatte eine zeitintensive Sache ist, aber keiner verlangt, dass sich hier jemand "durchhetzt". Solltest du der Meinung sein, nicht genug Zeit für eine Antwort zu haben, steht es dir frei dich an den Moderator zu wenden und um Aufschub zu bitten.


Daß ver-di-Chef Frank Bsirske trotz Kurzarbeit bei der Lufthansa seine Bezüge als Aufsichtsratsmitglied verdoppeln wollte, dürfte kaum etwas an eurer Einstellung zu Gewerkschaften ändern.

Die Verfehlungen eines, wenn auch ranghohen Funktionärs einer Gewerkschaft, sind zwar an sich eine Unverschämtheit, scheinen aber lediglich ins Bild der allgemeinen sozialen Verantwortungslosigkeit zu passen. Obwohl Bsirskes Verhalten nicht zu rechtfertigen ist, obwohl sein Verhalten deckungsgleich ist mit dem asozialen Verhalten einer zu großen Zahl anderer Wohlhabender und Einflussreicher in unserer Gesellschaft, denen die Belange des Bürgers egal zu sein scheinen, ist es nicht ursächlich für die gegenwärtige Krise und es beschädigt nur scheinbar die Argumentation der Gewerkschaft für die Bsirske arbeitet.
Mit anderen und klaren Worten: Was hat Bsirske u.a. mit der Unzulänglichkeit der Hartz-Konzeption und unserer Frage nach Lösungsvorschlägen zu tun?
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 2.) - Team CONTRA

Bevor hier wieder der Vorwurf fällt, angesichts meiner Äußerung "Zum Teufel mit den sozialen Frieden" wären mir die Armen und Hartz4-Entrechteten dieser Welt egal, sag ich lieber gleich: Sie sind mir ganz und gar nicht egal. Schließlich lebe ich unter ihnen. Der größte Teil meiner näheren Bekanntschaft ist entweder Geringlohner (und gering heißt hier, daß 700 Euro schon viel sind), Hartz IV - Bezieher oder Rentner. Ich kenne Leute, die tatsächlich jeden Tag um die Mahlzeit kämpfen müssen, die sich angewöhnt haben, aufs Frühstück zu verzichten, weils nur Geld kostet, Leute, die eine Wohnung mit Zentralheizung abgelehnt haben, weil diese Heizung mehr kostet als ein guter alter Brikettofen.

Eins ist mir allerdings auch aufgefallen: keiner von denen würde sich selbst als arm bezeichnen. Daß sie kein Geld haben, ok, das stimmt, aber da unterscheiden sie sich nicht von Leuten, die das Zehnfache ihres HartzIV-Satzes zur Verfügung haben.Kein Geld zu haben ist, so scheint es mir, hierzulande nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel.

Einer meiner Kumpels zum Beispiel: hat Familie mit 2 Kindern, Hund und Katze. Muß sich alle Nase lang bei Freunden durchschlauchen, jeden Monat einmal seine PS2 zur Pfandleihe bringen, mußte einmal fast bis zum Bürgermeister von Neukölln marschieren, weil man ihn das Geld streichen wollte etc. Aber arm ? Kann man jemanden mit 3 Fernsehern, 2 Hifi-Anlagen mit jeweils 600 Watt, 2 Computern, ein Ehebett mit eingebautem Radio, Kühlschrank mit Kühltruhe, Waschmaschine mit Trockner, Küche mit Geschirrspülmaschine, 2 Fahrrädern samt Anhänger, 2 Handys mit Farbdisplay und Kamera und einer gerade mal ein halbes Jahr alten Angelausrüstung über 5 Angeln, wobei die billigste 100 Euro gekostet hat, und einer Wekzeugkiste voller Angelzubehör u.a. mit Angelhaken, von denen einige bis zu 80 Euro kosten - kann man so einen Menschen als arm bezeichnen ? Er ist gerade mal 20 und findet, daß er bisher eigentlich Glück hatte. Natürlich ist seine Situation nicht zu beneiden, denn im Prinzip kennt er, von einigen Unterbrechungen abgesehen, nur das Leben mit Sozialhilfe, eine Lehrstelle ist für ihn ebenso Illusion wie eine Arbeit, mit der er seine Familie durchbringen könnte, ohne aufs Sozialamt angewiesen zu sein. Doch er hat sich arrangiert. Statt zu jammern hat er gelernt, in diesem armseligen System zu leben und sich Freiräume zu schaffen. Es ist nicht leicht, aber es geht.

Als arm bezeichnen sich in meiner näheren Umgebung eigentlich nur Leute, die das drei- bis vierfache meines Lohnes mit nach Hause nehmen. Und was darf ich lesen, nachdem ich das Wort "Armut" im Kommentar der Pro-Seite angeklickt habe ? "Es ist nicht vermittelbar, wie jemand von 20 000 Euro über Jahre seine Rente aufstocken soll." 20 000 Euro im Jahr, das sind 1666 Euro im Monat - zuwenig ? Mir würde die Hälfte dieses Lohnes genügen, um mein Rentenproblem aus der Welt zu schaffen, mein Kumpel würde einen für diesen Lohn die Füße küssen. Ich frag mich wirklich manchmal, in was für einer Welt diese Leute eigentlich leben.

In meinen Augen ist es nicht die Armut, weshalb man von der Gefährdung des sozialen Friedens spricht, sondern vielmehr die Angst davor. Ich will diese Angst nicht kleinreden oder als unnötig einstufen, schließlich war ich ihr selbst mal ausgesetzt im Jahre 2002. Bis zu diesem Jahr hatte ich ganz gut verdient, zum Schluß das Zweieinhalbfache meines heutigen Lohnes, was einige ja immer noch als "Armut" deklarieren. Ich hatte damals auch kein Geld, aber dafür - als Alleinstehender - eine 80qm-Wohnung mit 12qm-Bad, 2000-Euro-Küche mit völlig überdimensionierten Geschirrspüler, beim Einkaufen hab ich damals 100 Euro ausgegeben, wo ich heute 20 ausgebe. Das alles zu verlieren war zweifellos ein Schock für mich, und zwar ein ziemlich gewaltiger, der mich fast anderthalb Jahre lähmte. Doch erst meine Akzeptanz der Situation - mir blieb ja ohnehin nichts anderes übrig - machte mir erstmal klar, wie sehr ich all die Jahre über meine Verhältnisse gelebt hatte. Und das ging nicht nur mir so.

Für mich ist das der springende Punkt: die Erfahrungen, die die Gesellschaft in nächster Zeit machen wird, werden zweifellos nicht angenehm sein - aber warum sollte man sie davor bewahren ? Warum hinauszögern, was ohnehin kommen wird ? Und daß es NICHT kommen wird, daß man die Gesellschaft davor bewahren kann, das haben mir die Beführworter des Widerstandes noch NICHT wirklich beweisen können.

Alternativen zu Hartz IV ? Da lese ich: "Es ist grundlegend falsch, heute noch zu behaupten, Leistung müsse sich lohnen....", danke, der Satz reicht mir schon. Im Prinzip dreht es sich immer nur darum. Jeremy Rifkin wird dafür zitiert, daß er der Meinung ist, daß bis 2010 "nur noch zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Fabriken gebraucht", werden, kurz gesagt, daß die Arbeit verschwindet. Seine durchaus nachdenkenswerten Vorschläge zur Begegnung dieses Phänomens werden außer Acht gelassen. Die Bezuschussung des Nonprofitsektors befürworte ich ja schließlich auch, eine Maschinensteuer ist eine durchaus nachdenkenswerte Idee, die Besteuerung von Resourcen hat schon fast grünes Format, und die Zeitwährung ist viel zu progressiv, als das ein echter Gewerkschafter sie verstehen, geschweige denn akzeptieren könnte. Stattdessen immer dieselbe Leier: Steuern, Steuern, Steuern, und her mit dem Bürgergeld !

Das mit dem Bürgergeld klingt ja wirklich erstmal gut. Nur neu ist die Idee nicht. Ein gewisser Erich Fromm hatte die Idee schon irgendwann mal in den sechziger Jahren. Damals schwamm der Staat noch im Geld, Globalisierung war ein Fremdwort, Japan ein Entwicklungsland, und Fromm sprach von einem Betrag "um die 200 DM" (in Worten: 100 Euro !). Trotzdem konnte er sich wohl nicht so richtig damit durchsetzen. Einer der vielen Gründe dürfte gewesen sein, daß man damit eine Gesellschaft geschaffen hätte, die das Bürgergeld als unabdingbare Voraussetzung irgendwann akzeptiert und sich von diesem abhängig gemacht hätte. Das Problem ist heute genauso da - mit dem Unterschied, daß der Staat sich mit 1,4 Billionen verschuldet hat und 800 Euro knapp 100 Euro unter der Armutsgrenze liegt. Glauben wir im Ernst, daß 800 Euro für jedermann alle Probleme dieses Staates löst ?

Achja, und das Allerheilmittel "Arbeitszeitverkürzung" ! Auch wenn in meinen Augen eine Arbeitszeitverlängerung nur deshalb Sinn macht, weil im Rest der nicht von der Gewerkschaft kontrollierten Arbeitswelt 40 Stunden einfach mal Normalität sind, ist trotz mehrjähriger Praxis nicht bewiesen, daß weniger Arbeitszeit mehr Beschäftigung bringt. Letztendlich werden die Betriebe damit nur gezwungen, mehr auf Zeitarbeit zu setzen, eine Praxis, die schon seit Jahren stattfindet und die im Endeffekt nichts anderes bedeutet als Niedriglohn und Arbeitszeitverlängerung samt Gewerkschaftsentmachtung über die Hintertür, bei höheren betrieblichen Kosten im Vergleich zu einer halbwegs vernünftigen Enigung.
Ich als gelernter Elektromonteur habe es die letzten 15 Jahre nicht anders kennengelernt.

Ebenso der Kündigungsschutz: Die Betriebe haben sich deshalb längst auf Modelle geeinigt, die das Risiko umgehen, zu Lasten der Arbeiter. Stichwort Subunternehmer. Das geht soweit, daß bereits die Gründung eines Betriebsrates im Subunternehmen ausreicht, um den Auftrag zu entziehen und damit das Unternehmen in den Konkurs zu treiben. Ich will hier nicht den Betriebsräten die Schuld am Konkurs geben und auch nicht behaupten, daß alle Betriebe so rigoros sind, aber je inflexibler man sich in innerbetrieblichen Fragen gibt, desto eher erwägt so eine Firmenleitung diese Lösung. Ich selbst habe es mehr als einmal so erleben können, und besonders schlimm fand ich, daß ein Gewerkschaftsfunktionär, den dieses Phänomen durchaus bekannt war, sich trotzdem blind zeigte und meinte, man müsse jetzt erst recht Stärke zeigen. Auf koordiniertes Verhalten von deren Seite kann man jedenfalls nicht bauen. Aber diese Erfahrung müssen einige wohl noch machen.

Immerhin, die Entkoppelung der sozialen Sicherung vom Beschäftigungsverhältnis und das Schließen von Steuer-Schlupflöchern, da könnten wir uns einig sein. Problematischerweise denke ich nur, daß wir bezüglich der Ansätze da auseinanderliegen.
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
3.) Frage :

Welche Maßnahmen sind für den Abbau des deutschen Schuldenberges über 1,4 Billionen Euro notwendig ?
__________
Antworten bitte einreichen bis Sonnabend, 2. Juli 2005, 23:59 Uhr
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Antwort zu 3.) - TEAM PRO

Zunächst einmal sei erwähnt, dass wir auf deinen letzten Beitrag hier nicht näher eingehen werden. Es mutet uns zwar seltsam an, dass du selber einen sozialen „Abstieg“ erfahren und auch in deinem Bekanntenkreis erlebt hast, die aktuelle politische Entwicklung, die solche „Abstiege“ begünstigt, aber trotzdem befürwortest. Da du aber hauptsächlich von deinen eigenen Erfahrungen berichtet hast, können wir da natürlich gegen Gegenbeweise bringen, da ja keiner von uns dich oder dein persönliches Umfeld näher kennt.

Also stürzen wir uns gleich auf die Frage, und schauen erstmal verdutzt. Denn deine Frage erinnert uns doch sehr an die, die wir gestellt haben und bei der wir den Eindruck hatten, du wolltest sie nicht wirklich beantworten. Allerdings besteht diesmal der Unterschied, dass es für deine Frage keine wirklich adäquate Antwort gibt. Ganze Volksstämme haben sich bereits mit der Frage des Schuldenabbaus einzelner Nationen beschäftigt, ohne eine Antwort zu finden. Da wir dafür nur knapp eine Woche hatten, hoffen wir, dass es reicht gewisse Lösungsansätze zu senden.
(Allerdings sei uns noch ein Seitenhieb gestattet: Einige der Lösungsvorschläge haben wir bereits bei der Beantwortung unserer Frage geschrieben. Also das, was du aus unserer Sicht so schön ignoriert hast. Aber für dich schreiben wir es gerne noch mal.)

Kommen wir also zur Frage:

Welche Maßnahmen sind für den Abbau des deutschen Schuldenberges über 1,4 Billionen Euro notwendig?

Zunächst erstmal wäre eine andere Frage wichtig: Kann man den deutschen Schuldenberg überhaupt abbauen?
Der zweitgrößte Posten des Bundeshaushaltes ist die Bundesschuld. Mit anderen Worten, dass was für die Schuldentilgung drauf geht. Aber irgendwas kann da ja nicht stimmen. Wie kann es sein, dass Jahr für Jahr Milliarden für die Schuldentilgung ausgegeben werden, ohne das sich der Schuldenberg verringert, ja, dass er sich sogar vergrößert?
Nun, dass hat zwei Gründe:
Erst einmal werden für die Schuldentilgung neue Schulden gemacht, und zweitens müssen ja auch noch die Zinsen bezahlt werden, die sich zur Zeit auf knapp 41 Milliarden Euro jährlich belaufen. Aktuell beträgt die Staatsverschuldung rund 1 434 000 000 Euro.

Ob man es glauben will, oder nicht, dass hat sogar unser Bundesfinanzminister erkannt:

"Wir tilgen überhaupt nichts. Seit Jahrzehnten nicht eine einzige Mark. Wann immer ein Kredit fällig wird zur Rückzahlung, dann nehmen wir einen neuen Kredit auf, um den alten Kredit abzulösen. Wir bauen Schulden auf Schulden und nehmen Kredite am Schluss auf, um die Zinsen für die Schulden bezahlen zu können. Das ist der Zustand der Finanzwirtschaft in Deutschland, so wie wir ihn vorgefunden haben. So aber, meine Damen und Herren, kann es nicht weitergehen."

Bundesfinanzminister Hans Eichel am 09.11.2000 in der Berliner Humboldt-Universität! (http://www.staatsverschuldung.de/)

Selbst wenn, rein theoretisch, ab sofort keine Schulden mehr aufgenommen, und die öffentliche Hand sich gesetzlich verpflichten würde, jeden Monat eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen, so würde dieser Prozess mehr als 122 Jahre lang andauern müssen, um den Schuldenberg vollständig abzutragen.

Und selbst das wäre ja keine Lösung: In dem Umfang, in dem der Staat seine Schulden abbaut, müssten die Unternehmen und privaten Haushalte ihre Schulden ausweiten! Denn wenn die Banken keine neuen Kreditnehmer für die getilgten Staatsschulden finden, bleiben sie nicht nur auf den zu verzinsenden Einlagen sitzen. Nein, der Wirtschaft fehlt auch in gleicher Höhe das Umlaufmittel Geld! Ohne solche Engpässe könnte eine vollständige öffentliche Tilgungen nur dann umgesetzt werden, wenn die Sparer in Höhe dieser Tilgungen ihre Einlagen abbauen und das Geld selbst für Konsum und Investitionen ausgeben würden. Das allerdings ist kaum zu erwarten.

Tatsächlich funktionieren könnte eine evtl. vollständige Entschuldung also nur dann, wenn die Zinsen marktgerecht gegen 0 sinken würden. Das hätte nicht nur für die staatliche Entschuldung positive Auswirkungen. Denn das Vermögen des einen, das heutzutage zum großen Teil auch mit Zinsen aufgebaut wird, sind die Schulden des anderen.

Und bei dem Thema öffentliche Verschuldung sollte auch nicht übersehen werden, dass es einen wichtigen Zusammenhang zwischen der steigenden öffentlichen Verschuldung und dem steigenden privaten Geldvermögen gibt. Das private Geldvermögen ist im Zeitraum zwischen 1990 und 2000 von 2000 Milliarden auf 3600 Milliarden gestiegen und damit mehr als doppelt so hoch wie der Anstieg der öffentlichen Verschuldung. Zweierlei kommt hier zum tragen:

1.)Die Steuerentlastungen zugunsten der Reichen belastet den Staatshaushalt, der hier auf Steuereinnahmen in großem Maßstab verzichtet und sich deswegen gezwungen sieht seine Unterfinanzierung über die Verschuldung wieder auszugleichen.

2.)Spitzenverdiener und Vermögende zahlen aufgrund der mehrfachen Senkung des Spitzensteuersatzes und der Nichterhebung der Vermögensteuer nicht nur weniger Steuern, sondern darüber hinaus sind sie die Gläubiger der öffentlichen Verschuldung und erhalten vom Staat dafür Zinsen.

Die Schulden des Staates sind also die Forderungen seiner Gläubiger und werden auf der Habenseite der Gläubiger als eine ständige Einnahmequelle verbucht.

Da Bund, Länder und Kommunen ihre Zinslast nicht aus eigener Tasche bezahlen können, sondern nur durch die Umwälzung dieser mittels Steuern auf den Bürger, begleicht der Steuerzahler die Zeche. Genauso verhält es sich mit den Zinsen für Investitionskredite der Unternehmen, die in die Preise einkalkuliert werden, um so die auf den Kunden umgewälzte Zinslast zu schultern.

Eine evtl. regelmäßige Wertabnahme des Geldes bei ständiger Aufbewahrung könnte dagegen helfen, denn es fördert einen der Hauptzwecke des Geldes: Die Funktion des Geldes als Tauschmittel. Und durch die Förderung dieser eigentlichen Funktion des Geldes, würde das Geld wieder fließen, wodurch der Konsum angeregt und die Investitionen wieder gesteigert werden können.

Allerdings ist uns klar, dass eine solch radikale Reform unseres derzeitigen Geldsystems doch sehr schwierig durchzusetzen und zu gestalten ist.

Doch was kann man denn sonst noch tun, um wenigstens den Schuldenaufbau zu verlangsamen? Wie gesagt, hier sei noch mal auf unsere vorherigen Beiträge verwiesen, aber da uns bewusst ist, dass der Lerneffekt bei mehrmaliger Wiederholung größer ist, schreiben wir es gerne noch einmal:

Wie ja bereits mehrfach geschrieben, versucht der Staat auf der einen Seite konsequent zu sparen, verschwendet auf der anderen Seite aber das Geld, dass einem die Augen bluten.
Der Begriff Berater-Republik steht für eine Form der enorm teuren Denkfaulheit .
Beträge wie geschätzte 190 Millionen Euro in den letzten Jahre mögen natürlich wieder mehr als nur lachhaft für einige klingen, doch wie es so schön heißt macht auch Kleinvieh Mist. Und wenn es im Zeichen des Sparkurses angebracht scheint dem ALG II-Empfänger diverse Tagesmahlzeiten zu vermiesen, dann wäre es doch ganz sicherlich auch lohnenswert an solchen Posten zu sparen. Immerhin sollte man doch annehmen, dass man von gut bezahlten Politprofis verlangen kann, dass sie ihr Gehirn im Namen ihres Auftraggebers (dem Bürger) auch benutzen.

Auch die Einführung eines durchaus finanzierbaren Bürgergeldes, eine soziale und gerechte Steuerreform (und in diesem Zusammenhang auch angemessene Besteuerung des gesamten Volkseinkommens), eine schärfere Kontrolle bei den Ausgaben der Steuermittel und massive Strafen für mutwillige Verschwendung, sowie eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf mehr als 50% könnten helfen.

Aber keine Angst, wir haben auch noch Vorschläge die wir noch nicht gepostet haben.

Deutschland fördert über das Steuerrecht steuerlich die Jobverlagerung in Niedrigkostenländer, in dem Kreditzinsen für derartige Investitionen bei der deutschen Steuer in Anrechnung gebracht werden können. Das kann und muss dringend geändert werden. Es kann nicht angehen, das der Steuerzahler auch noch für die Verlagerung seiner Arbeitsplätze ins Ausland zur Kasse gebeten wird.
Deutschland hat die volle Freiheit, seine Steuern so zu erheben, dass keine Umverteilung der Vermögen zu Ungunsten der Massenkaufkraft stattfindet und könnte so sehr viel dafür tun die Binnenkonjunktur anzukurbeln, was insbesondere den kleinen mittelständischen Betrieben zugute kommen würde.
Niemand aus der globalen Welt hat die deutsche Politik gezwungen, ständig zur Lohnzurückhaltung aufzufordern mit dem Ergebnis einer enormen Verunsicherung der Verbraucher und einer Konzentrierung der Kaufkraft bei denen, deren Sparneigung wegen des erreichten Wohlstands ohnehin hoch ist.

Wie du siehst, gibt es durchaus Möglichkeiten den Schuldenaufbau zu verlangsamen und sogar Möglichkeiten die Schulden abzubauen (wofür allerdings radikale Reformen zugunsten einer zinslosen Geldpolitik notwendig wären.)

Allerdings ist uns bewusst, dass diese Vorschläge alleine nicht ausreichen und wir auch keine vollständige und hundertprozentig zufrieden stellende Lösung des Verschuldungsproblems dargestellt haben. Aber wir hoffen, du denkst an die Volksstämme …
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Antwort zu 3.) - Team CONTRA

Bevor ich mich der Antwort annehme, möchte ich noch mal auf einige eurer Fragen eingehen

Was bringen diese Lösungen den Menschen? Ein Leben oder ein Überleben? Soziale Sicherheit oder ständige Unsicherheit?

Ein paar Sachen muß ich dazu sagen:
1. Die Lösungen sind das, was ihr darin seht. Für euch sind 1666 Euro unter der Armutsgrenze, für andere - in diesem Falle auch ich - ist das ein unerreichbares Traumgehalt. Für die einen sind Aktien Gewinnbeteiligung, für andere Risikobeteiligung. Für die einen ist es elementarer Bestandteil, für andere pure Verschwendung.
Wie auch immer, ihr könnt diesbezüglich nicht von mir erwarten, euch den Standpunkt vorzugeben. Schreibt lieber mal das, was ihr darüber denkt, und tut nicht so, als ob euer Standpunkt selbstverständlich wäre. Wenns so wäre, wäre diese Diskussion hier überflüssig.
2. Es gibt in diesem Land keine gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsplatzgarantie, außer vielleicht für Beamte, und was das dem Bund kostet, ist auch utopisch und eine der Gründe, warum immer mehr Städte, Länder und Gemeinden von deren Einstellung absehen. Was den drohenden Arbeitsplatzverlust angeht, leben wir alle gefährlich. Der Verlust wäre aber zu verschmerzen, wenn eine Neueinstellung eine Frage von höchstens eins, zwei Wochen wäre, und nicht praktisch unmöglich, wie das heutzutage so langsam aber sicher immer mehr rüberkommt. Der Verweis auf die bösen, nichteinstellenden Unternehmer bringt da gar nichts, wenn die Unternehmer woanders (z.B. Amerika) weitaus böser sind, aber dafür einstellen. Der Verweis auf den geringeren Lohn bringt ebenfalls nichts, wenn die Einstellungen (z.B. in Amerika) auch im Hochlohnbereich stattfinden. Ich will hier nicht amerikanische Zustände, aber man sollte sich schon mal fragen, ob es wirklich nur am Lohn liegt, daß die amerikanische Arbeitslosigkeit niedriger ist als die deutsche - und das, wo wir doch Exportweltmeister sind !
3. Meine Kritik gilt nicht der Höhe des Lohnes, sondern der Inflexibilität der Lohnentwicklung, die ganz offenbar nur nach oben gehen will und die Folgen für all diejenigen, die von dieser Entwicklung abgekoppelt sind, nur verschlimmert, was euch offenbar egal ist. Überlegt mal, warum die beschäftigungserhaltenden/-fördernden Bündnisse, die die IG Metall mit den Arbeitgebern eingegangen ist, darauf fußen, daß die Beschäftigten weniger Lohn erhalten, wenn dafür in den Betrieben investiert und Arbeitsplätze geschaffen werden.Mehr Lohn ist momentan definitiv nicht die Lösung.
4. Soziale Sicherheit ist nicht gleich Statuserhalt, und es wäre definitiv ungerecht, dies zu verlangen. Letztenendes läuft der größte Teil eurer Kritik aber genau darauf hinaus.

Die Frage ist doch, was wir eher wollen: Sicherheit oder Gewinnmaximierung. Daß hier Unternehmen ständig nur in Verbindung mit Gewinnen gebracht werden und nicht mit Verlusten oder Insolvenz, die es genauso gibt und die eine flexible Reaktion erfordern, zeigt mir größtenteils, daß Gewinnmaximierung für euch ebenso das Nonplusultra ist. Eine Absicherung erfordert immer Einschnitte, wer das kritisiert, könnte genauso gut das Wetter kritisieren.

Was hat Bsirske u.a. mit der Unzulänglichkeit der Hartz-Konzeption und unserer Frage nach Lösungsvorschlägen zu tun?

Anders gefragt: Was hat die Gewerkschaft überhaupt mit Hartz IV zu tun ? Eigentlich hat sie sich nur um die Tarifpolitik zu kümmern, und sie hat sehr oft durchblicken lassen, daß sie auch nichts anderes interessiert. Ihre Kritik gegen Hartz IV hat was mit dem Druck zu tun, der sich aufgrund dieses Gesetzes gegen sie richtet. Früher hat ihnen die Arbeitslosigkeit praktisch in die Hände gespielt, jetzt tut sie das genaue Gegenteil. Das erfordert ein Umdenken in der Tarifpolitik, jene Flexibilität, die ich immer anmahne. Diese Flexibilität läßt sich den Gewerkschaftsmitgliedern aber schlecht verkaufen. Also muß sich die Gewerkschaft als der große Kämpfer verkaufen. So verständlich das ist, es hat den Nebeneffekt, daß die Forderungen nicht unbedingt umsetzbar, die "Beweise" für die "Rechtmäßigkeit" ihrer Forderungen nicht unbedingt hieb- und stichfest sein müssen, also überzogen sein können, vielleicht sogar müssen.

Ich halte deshalb überhaupt nichts davon, als "Beweis" für "Armut" und "Gewinnentwicklung" irgendwelche Seiten z.B. von ver.di zu verlinken. Wenn ver.di beim Staat blockiert, was sie bei sich selbst ohne zu zögern eingeführt haben, wenn über die "Gier" der Unternehmer zu Lasten der Arbeiter schwadroniert wird, während man sich selbst als Aufsichtsrat mit ohnehin überdurchschnittlichen Bezügen eine Lohnerhöhung genehmigt, während die Arbeiter dieses Unternehmens auf Kurzarbeit sitzen, dann hat man in meinen Augen seine Glaubwürdigkeit verspielt. Joseph Ackermann könnte sich genausogut hinstellen und 6000 Leute entlassen und behaupten, daran sei Hartz IV schuld. Wenns Kunden bringt....

Eine Verlinkung auf Gewerkschaftsseiten macht eigentlich nur Sinn, wenn man gegen sie gerichtete Vorwürfe entkräften möchte. Gewerkschaften waren nie die "einzige" Lösung, sondern immer auch ein Teil des Problems. Wer das ignoriert, verabschiedet sich damit von der Ernsthaftigkeit der eigenen Lösungsansätze zugunsten offener Parteilichkeit.

Nun aber zur Staatsverschuldung.

Die wichtigste Frage ist natürlich: Was geht uns die Verschuldung des Staates an ? Der Staat muß selber sehen, wie er da wieder rauskommt, ist ja selber schuld, wenn er soviel verschwendet, statt es ordentlich zu investieren. Außerdem sind Schulden heutzutage normal, was solls, andere Länder sind prozentual betrachtet schlimmer verschuldet als wir. Überhaupt wird die Verschuldung ja nur vorgeschoben, um Kürzungen zu rechtfertigen.

All diese Ansichten sind im Prinzip richtig. Problem ist nur: wir hängen leider am Tropf des Staates. Und mit "wir" meine ich nicht nur die ALG II-Empfänger, sondern auch Unternehmer, Häuslebauer, Betriebe, ja fast die ganze Gesellschaft. Das prägt auch die Einstellung vieler Leute. Dafür z.B., daß ich aufs Wohngeld praktisch immer verzichtet habe, habe ich bisher immer nur Kopfschütteln geerntet. Da es so etwas, so weit ich weiß, in anderen Ländern nicht gibt, wollt ich mich gar nicht erst daran gewöhnen, zumal ich auch deshalb fest damit rechnete (und immer noch damit rechne), daß diese Alimentierung bei eventuell anstehenden Kürzungen natürlich als erste dran ist. Aber "es steht mir zu", heißt es dann. Eine nette Geste des Staates ? Nix da, "es steht mir zu" ! Ein Werkzeug, welches nebenbei die Mieten in die Höhe treibt ? Egal, "es steht mir zu" ! Was als Hilfe gedacht war, wird zur Selbstverständlichkeit. Mit dem Nebeneffekt, daß bei der Abschaffung das Geschrei groß ist.

Warum wird es denn abgeschaftt ? Und warum müssen wir soviel Steuern zahlen, während sich große Unternehmen rauswinden können ? Warum verschulden wir uns trotzdem immer mehr ? Warum müssen "die kleinen Leute" immer als erstes dran glauben ? Warum können uns die Politiker nicht die Wahrheit sagen, warum brechen sie dauernd ihre Wahlversprechen ? Warum müssen wir plötzlich 10 Euro Praxisgebühr zahlen, wo es früher keine Rolle gespielt hat ? Warum ist die Riester-Rente so kompliziert ? Warum die Mieten so hoch ? Warum die BVG so teuer ?

Darauf gibt es größtenteils nur eine Antwort: Weil es uns SCHEISSEGAL ist, wie dieser Staat funktioniert, woher er sein Geld bekommt, wie er alles finanzieren will, warum er uns Geld gibt, ob er das überhaupt muß und was passieren täte, wenn er es sein ließe. Wir reden uns ein, wir könnten uns dieses Unverständnis leisten, sind aber gleichzeitig nicht bereit, mit den Folgen dieser Einstellung zu leben.

So wird gerne immer wieder mal gefordert, die Reichen dieses Landes mögen doch mal bitte zahlen, dann wäre dieses Problem gelöst. Der nicht unbedingt reichenfreundliche AAW behauptet ja, 1% Vermögenssteuer bei Vermögen über 500 000 würden gleich 14 Milliarden bringen. Dies heißt, daß deren Gesamtvermögen auf knapp 1,4 Billionen geschätzt wird. Klingt nach viel - aber unsere Verschuldung beträgt momentan 1,8 Billionen ! Im Klartext: selbst bei einer Enteignung sämtlicher Vermögen über 500 000 würden immer noch 400 Milliarden Schulden übrigbleiben ! Das ergibt eine Pro-Kopf-Verschuldung von 5000 und eine jährliche Pro-Kopf-Zinsbelastung von 50 Euro je Prozentpunkt. Ohne Enteignung kämen wir derzeit auf etwas über 170 Euro je Prozentpunkt. Eine Enteignung könnte die Belastung für jeden einzelnen also linden, aber nicht beseitigen.

Trotz allem werden die Haushaltslöcher, ob nun 4 oder 40 Milliarden, gerne ignoriert und dafür höhere Investitionen gefordert, ob die sich nun rechnen oder nicht. Doch selbst wenn wir gar nichts neu investieren, sondern auf dem jetzigen Stand verharren, haben wir in etwas über 10 Jahren eine Verdopplung unseres Schuldenberges. Die Politiker wissen das. Und sie wissen: wer das als erstes zugibt, hat die nächste Wahl verloren. Erst jetzt, wo die Union einen halbwegs komfortablen Vorsprung hat, testet sie, wieviel Wahrheit sie den Leuten zumuten kann.

Fakt ist: es wird Einschnitte geben, für jeden, so oder so. Hartz IV, für einige bereits das Ende der Fahnenstange, ist nach Meinung der Experten gerade mal ein Anfang, und noch nicht einmal ein besonders guter. Aber immerhin ein Anfang Richtung Eigenverantwortung. Für manche ein Schimpfwort, aber eine langsame Einführung dorthin ist immer noch besser als eine plötzliche Streichung von allen Leistungen. Und nach mancher Expertenmeinung würde nicht einmal das helfen. Doch je unabhängiger ein Mensch vom Staat ist, desto mehr kann ihm das egal sein.

Das soll natürlich nicht bedeuten, daß die Reichen nicht auch ihren Beitrag dazu leisten sollen. Der Sachverständigenrat und die Rürup- oder Herzog-Kommission, die Lösungsvorschläge unterbreitet haben, betonen das auch. Ich zitiere hier mal den SPIEGEL 26/05:

"Danach
- müßten viele wohlfahrtsstaatliche Leistungen auf ein wirtschaftlich tragfähiges Niveau zurückgeführt werden (was zweifellos Kürzungen bedeutet, und eine Diskussion, wieviel Kürzung vertretbar ist, ist angebracht, aber Kürzungen generell zu verdammen ist einfach unrealistisch...)
- müßten die lohnbezogenen Sozialversicherungsbeiträge durch eine Mischung aus Eigenvorsorge und steuerfinanzierten Zuschüssen etwa nach dem Konzept der Kopfprämien ersetzt werden (die Riester-Rente funktioniert ja schon nach diesem Prinzip)
- müßte die Einnahmebasis des Staates durch das Schließen von Schlupflöchern und eine zielgenaue Besteuerung von Erbschaften und Vermögenswerten verbreitert werden.
Ein solches Konzept wäre keineswegs das neoliberale Streichkonzert, als das es seine Kritiker gerne abwerten Der Staat bliebe als Garant sozialer Sicherheit erhalten, die Arbeitnehmer würden auf breiter Front entlastet. Reiche und Vermögende müßten in vielen Fällen sogar mehr zahlen als heute. Vor allem aber würde ein solches Programm Schluß machen mit der unseligen Methode, immer neue Schecks auf künftige Generationen auszustellen."

Können die Gegner solcher Konzepte etwas anderes, etwas ernstzunehmendes anbieten, anstelle von Ignoranz und Totalverweigerung ?
Ich bin gespannt.
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 3.)

Die Parteien haben jetzt Gelegenheit, die Antwort ihrer Gegenpartei zu kommentieren.

Den Kommentar bitte einreichen bis Sonnabend, den 09. Juli 2005 (23:59 Uhr)
__________
Team PRO ist an der Reihe, sich die nächste Frage auszudenken (selber Termin)
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 3.) - Team PRO

Bevor ich mich der Antwort annehme, möchte ich noch mal auf einige eurer Fragen eingehen

Nach anfänglicher Freude über diese Ankündigung überraschte es uns doch etwas zu sehen was da aus einem unserer Absätze gemacht wurde.


Team Pro schrieb:
Wir bedauern es natürlich, dass wir diesen deinen Absatz so gänzlich fehl interpretiert haben, da du hier ja offenbar nicht von "Träumereien" sprichst sondern von rückwärtsgewandten Lösungsansätzen.
Inwiefern allerdings diese Lösungen „rückwärtsgewandt“ sind, würden wir doch gerne genauer wissen- genauso, was an den Lösungen die du favorisierst „vorwärtsgewandt“ ist. Was bringen diese Lösungen den Menschen? Ein Leben oder ein Überleben? Soziale Sicherheit oder ständige Unsicherheit?

Aus diesem Zusammenhang wurde folgende Frage herausgelöst.

Team Pro schrieb:
Was bringen diese Lösungen den Menschen? Ein Leben oder ein Überleben? Soziale Sicherheit oder ständige Unsicherheit?


Etwas merkwürdig erschien uns dann folgender Antwortansatz.

1. Die Lösungen sind das, was ihr darin seht. Für euch sind 1666 Euro unter der Armutsgrenze, für andere - in diesem Falle auch ich - ist das ein unerreichbares Traumgehalt.

Es will uns jetzt nicht ganz plausibel erscheinen wie diese Aussage aus einem unserer vielen Links, der sich mit dem Thema Armut auseinandersetzt und unsere alternativen Lösungsvorschläge zusammenpassen und wie beides zusammen als Teil einer Antwort auf die obige Frage verstanden werden könnte.


Doch auch beim nächsten Teil des Beitrags will sich nicht wirklich das Gefühl einstellen eine Antwort zu lesen.

Für die einen sind Aktien Gewinnbeteiligung, für andere Risikobeteiligung. Für die einen ist es elementarer Bestandteil, für andere pure Verschwendung.
Wie auch immer, ihr könnt diesbezüglich nicht von mir erwarten, euch den Standpunkt vorzugeben. Schreibt lieber mal das, was ihr darüber denkt, und tut nicht so, als ob euer Standpunkt selbstverständlich wäre. Wenns so wäre, wäre diese Diskussion hier überflüssig.

Keine Angst- deine rein subjektive Beurteilung der Lage reicht für uns leider nicht aus, um als Standpunkt zu dienen. Wir finden es sogar ziemlich dürftig, das du als "Lösung" des Problems die Aktienbeteiligung der Arbeiter am Unternehmen siehst. Gerade heutzutage, wo Unternehmen in einer Art russischen Rouletts, heute ganz oben und morgen aufgrund von Fehlspekulationen ganz unten sein können, soll der Arbeitnehmer nebenbei auch noch Börsenprofi sein, der tagtäglich, besser stündlich, das Geschehen an der Börse verfolgt. In diesem Zusammenhang sei die T-Aktie genannt, die als "Volksaktie" angepriesen wurde und all die kleinen Anleger, die eben keine Börsenprofis sind, an die Wand gefahren hat. Von all den Risiken mal abgesehen, böte sich das auch nur für börsennotierte Unternehmen an und letztendlich sägt dann der Arbeitnehmer als Aktionär auch noch an dem Ast auf dem er sitzt, weil die Kurse eben dann nach nach oben schnellen, wenn das Unternehmen "verschlankt" wird, also Arbeitsplätze durch erhöhte Produktivität bzw. Verlagerung ins Ausland abgebaut werden.

Zudem erscheint uns die Aussage, dass wir unsere eigene Meinung schreiben sollen ziemlich frech. Denn nichts, rein gar nichts anderen tun wir, seit diese Debatte begann. Auch du wirst nur deine Meinung geschrieben haben. Aber es besteht dennoch ein gewaltiger Unterschied in der Darstellung unsere Meinungen: Während wir unsere Meinung mit einem festen Fundament aus Links, Belegen und Quellen ausgestattet haben (und auch in Zukunft werden), hast du nichts dergleichen getan. Du behauptest etwas und scheinst zu glauben, dass wir das einfach so schlucken müssen. Wir hingegen sind der Meinung, dass man seine Meinung durchaus auch mit Quellen belegen kann.


Besonders erstaunlich an diesem Absatz, der vermeintlich auf unsere Aussagen eingeht erscheint, dass hier auf wohl eher folgendes eingegangen wird.

Team Kontra schrieb:
Im übrigen haben die meisten großen Firmen nichts gegen eine Gewinnbeteiligung, im Gegenteil, aber diejenigen, die eine Gewinnbeteiligung fordern, rümpfen ganz schnell die Nase, wenn gesagt wird, wie das am einfachsten zu realisieren wäre. Sprichwort: Aktien ! Jeder Arbeiter, der bei einer AG angestellt ist, könnte bei Einstellung automatisch anteilig Aktien erhalten. Warum seit ihr so dagegen ? Ganz einfach: die Leutings hierzulande möchten zwar ganz gerne die Gewinne der Unternehmen haben, aber nicht am Risiko der Unternehmen teilhaben. Obendrein würde dabei ja euer Feindbild Schaden nehmen. Nein, man geht lieber den normalen, ineffizienten Weg: die liebe gute Gewerkschaft hat im Falle von hohen Gewinnen bitte eine hohe Einmalzahlung oder eine Lohnerhöhung rauszuholen !

Wie wir dazu stehen und vor allen Dingen warum, haben wir weiter oben erläutert. Es wäre doch angebracht, wenn du darauf mit expliziten Zahlen/Studien eingehen würdest, die deine Meinung untermauern, dass der „Normaloarbeiter“ von Aktien profitiert.

Daran schließt sich die Frage an, wie bei immer mehr sinkenden Löhnen und allerlei Mehrkosten dann auch noch in Aktien investiert werden soll bzw. was das Thema Aktien mit dem großen Rest zu tun hat?

Wir möchten hierauf eine konkrete Antwort!


Stellen wir dem folgenden Absatz "unsere Frage" gegenüber (Was bringen diese Lösungen den Menschen? Ein Leben oder ein Überleben? Soziale Sicherheit oder ständige Unsicherheit?) so wird sind wir einer Antwort immer noch fern und das wo wir doch schon bei Punkt 2 angelangt sind.

2. Es gibt in diesem Land keine gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsplatzgarantie, außer vielleicht für Beamte, und was das dem Bund kostet, ist auch utopisch und eine der Gründe, warum immer mehr Städte, Länder und Gemeinden von deren Einstellung absehen.

Sollen wir das also so verstehen, dass die Beamten, die den Bund oder das Land so viel kosten, zu teuer sind, als dass die Kommunen, die ja Beamte ohnehin nicht einstellen und bezahlen noch weitere Beamte einstellen könnten? Oder sind die Beamten als Kostenfaktor des Bundes bzw. des Landes etwa ursächlich dafür, dass die Kommunen keine weitere Angestellten einstellen können?
Ist es also so, dass, hätten wir keine Beamten, die Kommunen mehr Verwaltungsangestellte einstellen könnten und, dass so der Arbeitsmarkt entlastet werden könnte?
Doch was geschieht dann mit den Beamten.
Auch wenn es manchmal schwer erscheint das zu glauben, aber Beamte sind keine Maschinen, die der Staat bauen lässt damit sie für ihn arbeiten. Beamte sind Menschen, die im Falle der Nichtbeschäftigung ebenfalls auf dem Arbeitsmarkt stehen.
Doch Beamte können nicht entlassen werden, das ist Teil ihres Arbeitsvertrages, wenn man die Verbeamtung so nennen möchte.


Doch weiter im Geschehen.
Weiter auf der Suche nach einer Antwort auf unsere Frage stoßen wir auf das folgende.

Was den drohenden Arbeitsplatzverlust angeht, leben wir alle gefährlich. Der Verlust wäre aber zu verschmerzen, wenn eine Neueinstellung eine Frage von höchstens eins, zwei Wochen wäre, und nicht praktisch unmöglich, wie das heutzutage so langsam aber sicher immer mehr rüberkommt. Der Verweis auf die bösen, nichteinstellenden Unternehmer bringt da gar nichts, wenn die Unternehmer woanders (z.B. Amerika) weitaus böser sind, aber dafür einstellen
.

Interessanterweise ist es ja gerade heutzutage nicht mehr so, dass der Kündigungsschutz überhaupt noch so greift, wie das früher mal gedacht war. Betriebsbedingte Kündigungen und befristete Arbeitsverträge sowie die organisierte Sabotage des Kündigungsschutzes(Personaldienstleistungsagenturen ) neutralisieren eben diesen schon in weiten Teilen. In den ersten zwei Jahren sind Befristungsvereinbarungen nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TZBFG) ganz unproblematisch möglich, weshalb es uns doch verwundert das immer so getan wird, als wäre der Kündigungsschutz, der schon längst reformiert wurde, ein Hemmnis für Neueinstellungen. Nach einer Studie der Bundesagentur für Arbeit hat der gelockerte Kündigungsschutz keinen Einfluss auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Das widerspricht ganz klar deiner Argumentation, für die du uns bestimmt, falls es sich hier nicht nur um deine unfundierte subjektive Meinung handeln sollte, einige Links zur Verfügung stellen kannst, die das Gegenteil beweisen.

Nach unseren Recherchen führte die Folge dieser erhöhten Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt eben nicht zu einer positiven Entwicklung. Es sind heute mehr Menschen arbeitslos als noch vor etwa zwei Jahren.

Von einem Langsam und Sicher in diesem speziellen Zusammenhang kann hier also nur die Rede sein, wenn man damit die systematische Demontage des Kündigungsschutzes meint.
Dass die Unternehmer in Amerika sich da grundsätzlich anders verhalten und dass dort die Vollbeschäftigung blühe, wie hier wohl suggeriert wird, ist schlicht nicht wahr und kann nur der völligen Unkenntnis der tatsächlichen Situation in den USA entspringen.
Tatsächlich klafft in den USA die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr auseinander, nicht nur die Unterprivilegierten müssen sich mit mehreren schlecht bezahlten Jobs über Wasser halten ( sofern sie überhaupt Jobs haben), sondern auch die Mittelschicht muss zusehends ums Überleben kämpfen- die Armut steigt und die Gefängnisse sind so voll wie nirgendwo anders. Wie sieht die Wirklichkeit hinter den Zahlen aus?

Die Mehrheit in Arbeit, die Mehrheit abgesichert?

Mitnichten!

Dazu ein Zitat aus einem Interview mit Jeremy Rifkin:

Stuttgarter Zeitung schrieb:
Die amerikanische Arbeitslosenquote ist doch traumhaft niedrig.

Das können Sie alles vergessen. Unsere Quote ist niedriger als Ihre, das stimmt. Aber zu welchem Preis? Das schmutzige Geheimnis hinter dem US- Wirtschaftsboom in den 90er Jahren ist die wahnsinnige Verschuldung der privaten Haushalte. Die Verbraucherkredite haben jedes Jahr um neun Prozent zugenommen. Die Mehrzahl der Amerikaner hat heute nicht mal 1000 Dollar an Rücklagen. 2005 wird die Zahl der Privatinsolvenzen die Zahl der Ehescheidungen übertreffen.

...Von 1982 bis 2002 stieg die amerikanische Stahlproduktion von 75 auf 102 Millionen Tonnen. Im selben Zeitraum nahm die Zahl der Stahlarbeiter von 289.000 auf 74.000 ab. In den 20 größten Volkswirtschaften der Erde sind zwischen 1995 und 2002 mehr als 30 Millionen Arbeitsplätze abgebaut worden. Wohin sie schauen, dasselbe Bild: Die Produktion steigt, die Produktivität steigt, aber die Arbeitsplätze nehmen ab.

Aber was ist mit Service, mit Dienstleistungen, mit hoch qualifizierten Jobs?

Die haben längst dasselbe Problem. Die amerikanische Telefongesellschaft Sprint ist seit Jahren dabei, menschliche Vermittler durch Spracherkennungsprogramme zu ersetzen. 2002 sprang die Produktivitätsrate bei Sprint um 15 Prozent nach oben, der Gewinn stieg um 4,3 Prozent, und 11.500 Jobs wurden abgebaut. Die Net-Bank in Australien hat 2,4 Milliarden Dollar Einlagen. Eine herkömmliche Bank dieser Größe hätte um die 2000 Angestellte. Aber die Net-Bank benötigt nur 180 Mitarbeiter.

...Ah, die sozialen Systeme. Darüber sprechen Sie hier schon seit Jahren, nicht wahr? Nun, ich will nicht sagen, dass es in Deutschland keinen Reformbedarf gibt. Aber wenn jemand daran denkt, den Weg der USA einzuschlagen, dann kann ich davor nur warnen. Je härter sie die Sozialsysteme beschneiden, desto eher tauchen die Probleme an anderer Stelle wieder auf. Schlechtere Gesundheit, größere Armut, weniger Sicherheit, mehr Kriminalität. Natürlich ist die US- Arbeitslosenquote niedriger als die deutsche. Aber bei uns sitzen allein zwei Millionen Leute in den Gefängnissen. Meinen Sie, das ist keine versteckte Arbeitslosigkeit? Glauben Sie mir, sie sind hier immer noch besser dran.

Stuttgarter Zeitung

Ebenfalls zum Thema wunderbare USA:

Von Putzmägden und Computersklaven


Inzwischen dürfte auch unserem Diskussionspartner nicht mehr so richtig klar sein, auf welche Frage er eigentlich eingehen wollte, wie der 3. Punkt nahe legt.

Zur besseren Orientierung hier noch mal die "Frage".

Was bringen diese Lösungen den Menschen? Ein Leben oder ein Überleben? Soziale Sicherheit oder ständige Unsicherheit?

3. Meine Kritik gilt nicht der Höhe des Lohnes, sondern der Inflexibilität der Lohnentwicklung, die ganz offenbar nur nach oben gehen will und die Folgen für all diejenigen, die von dieser Entwicklung abgekoppelt sind, nur verschlimmert, was euch offenbar egal ist. Überlegt mal, warum die beschäftigungserhaltenden/-fördernden Bündnisse, die die IG Metall mit den Arbeitgebern eingegangen ist, darauf fußen, daß die Beschäftigten weniger Lohn erhalten, wenn dafür in den Betrieben investiert und Arbeitsplätze geschaffen werden. Mehr Lohn ist momentan definitiv nicht die Lösung.

Es sind doch immer weniger Betriebe tarifgebunden und wenn sie es sind, nutzen sie immer mehr Öffnungsklauseln, um die Tarifverträge nach unten zu korrigieren. Quer durch alle Branchen nutzen über 70 Prozent der Betriebe die vielfältigen Öffnungsklauseln und vereinbarten Abweichungen zum Tarifvertrag.

Fakt ist, das die Nettorealeinkommen der abhängig Beschäftigten
aufgehört haben mit dem Waren- und Dienstleistungsangebot des produzierten Sozialprodukts zu wachsen.

Nach zwei Jahren Rückgang der Reallöhne pro Arbeitnehmer (2002 und 2003) stagnierten diese im vergangenen Jahr - trotz Entlastung durch die Steuerreform. Die Nettolohnsumme erhöhte sich zwar um 1,6 Prozent, doch wurde dieser Zuwachs durch die Verteuerung der Lebenshaltung in gleicher Höhe vollständig absorbiert. Die Kaufkraft der Arbeitnehmerhaushalte blieb in ihrer Summe gleich, weshalb von dieser Seite kein positiver Impuls für die Binnenkonjunktur ausgehen konnte. Kein Wunder, dass die Krise im Einzelhandel anhält und 2004 im dritten Jahr in Folge die (nominalen) Umsätze gegenüber dem Vorjahr jeweils zurück gingen: 2002 -1,5 Prozent, 2003 - 0,8 Prozent, 2004 -1,7 Prozent jeweils zum Vorjahr.

Der Wirtschaftsweise Bofinger äußert sich dazu folgendermaßen: "Deutschland leidet an einer gravierenden Schwäche der inländischen Nachfrage. Das hat vor allem damit zu tun, dass Kaufkraft fehlt: Seit Jahren hinken die Lohnerhöhungen hinter den Produktivitätsfortschritten her, das darf nicht so weitergehen. So gerät die Volkswirtschaft immer tiefer in die Krise. Wenn der Bauer will, dass ihm seine Kuh anständig Milch gibt, muss er dafür sorgen, dass sie auch genug zu fressen hat." (Spiegel-Interview, 6. 12. 2004).

2005 könnte es, durch angekündigte Nullrunden, direkte Lohnkürzungen und Streichung von Zusatzzahlungen und noch vorhandener übertariflicher Leistungen, sogar erstmals zu einem Minus bei den Bruttolöhnen kommen.

Genau die Menschen, die für den Massenabsatz entscheidend sind, verkneifen ihn sich zunehmend, was wiederum insbesondere die kleinen mittelständischen Betriebe trifft, die im Gegensatz der Konzerne nicht auf den Binnenmarkt verzichten können.

Ohne eine konsumfreudige und konsumfähige Arbeitnehmerschaft bzw. Bevölkerung allgemein, haben wir einen zunehmend sterbenden Binnenmarkt.

Wer ist also von welcher Entwicklung abgekoppelt? Sind die Arbeitnehmer von der Entwicklung hin zu höheren Löhnen abgekoppelt? Doch wie kann das sein wenn die Löhne doch ständig steigen? Doch halt. Sie steigen ja nicht. Eigentlich sollten Sie ja im Rahmen des Inflationsausgleiches steigen, um zu gewährleisten, dass der Lohn von heute auch morgen noch seinen Wert hat.
Es ist wohl wahr, dass die Vollmundigen Versprechen so mancher Konzernleitung lauteten "Verzichtet auf Lohnerhöhung, arbeitet für weniger Geld und wir sichern die Stellen" doch die Realität sieht leider anders aus, wie man ja nur all zu oft in den Nachrichten bewundern kann.
Werke wurden und werden trotzdem geschlossen und in den noch viel billigeren osteuropäischen Raum verlagert.
Was konkret bringt denn jetzt die Lösung? Wo ist da eine solche Wirkung erkennbar?
Wie viele Werke haben denn jetzt neu eröffnet weil es zu einer Reinvestition kam? Wir möchten dich diesbezüglich um Links bitten, die deine Ansichten untermauern.

Du sprichst davon, das die Einschnitte (wir nennen es Abbau) in das Sozialsystem zu mehr Eigenverantwortung führen. Wie definierst du "Eigenverantwortung" im Bezug darauf, das immer mehr Menschen, die durch eine verfehlte, einseitige (Steuer)politik, der logischen Folge von erhöhter Produktivität, Automatisierung (die weniger benötigte Arbeitskräfte bedeuten), einfach aus dem Raster fallen, nicht mehr benötigt werden? Wir erwarten eine konkrete Antwort darauf.

Daß hier Unternehmen ständig nur in Verbindung mit Gewinnen gebracht werden und nicht mit Verlusten oder Insolvenz, die es genauso gibt und die eine flexible Reaktion erfordern, zeigt mir größtenteils, daß Gewinnmaximierung für euch ebenso das Nonplusultra ist.

Leider wird uns nicht so ganz ersichtlich, wie du zu der Meinung kommst, dass wir Verfechter einer Gewinnmaximierung sind? Und dies aus unseren Beiträgen herauszulesen erscheint uns doch recht unwahrscheinlich.
Auch, dass wir nicht auf Verluste und Insolvenzen hinweisen, ist so nicht korrekt. Wir haben bereits einige male auf die Auswirkungen der aktuellen Politik auf die KMU hingewiesen. Und das viele dieser kleinen und mittelständischen Unternehmen durch die Konkurrenz durch z.B. 1€-Jobber zugrunde gehen können, haben wir auch schon ein paar mal erwähnt.

Ich halte deshalb überhaupt nichts davon, als "Beweis" für "Armut" und "Gewinnentwicklung" irgendwelche Seiten z.B. von ver.di zu verlinken.

Nimm es uns nicht übel, aber uns von jemandem, der es bisher in der gesamten Formaldebatte auf gerade mal 1 Link gebracht hat, vorschreiben zu lassen was und wen wir verlinken halten wir doch für sehr vermessen.


Gewerkschaften waren nie die "einzige" Lösung, sondern immer auch ein Teil des Problems.

Leider ist uns nicht so recht klar, wie du auf die Meinung kommst, dass Gewerkschaften die einzige Lösung sein. Von uns kann es nicht kommen, denn nur eine geringe Zahl unsere Links führte zu Seiten von Gewerkschaften. Auch haben wir nie behauptet, dass Gewerkschaften die einzigen vernünftigen Lösungskonzepte bieten.

Allerdings sei hier noch angemerkt, dass Gewerkschaften halt eines der wenigen hörbaren Sprachrohre des „kleinen“ Arbeiters sind.


es wird Einschnitte geben, für jeden, so oder so.

Und (wie oft nun schon, haben wir sie gestellt) wieder die Frage, die du bisher meisterlich umschifft hast: Warum fängt man damit bei den unteren Einkommensschichten an?


[Danach] müßten viele wohlfahrtsstaatliche Leistungen auf ein wirtschaftlich tragfähiges Niveau zurückgeführt werden.

Und was bitte ist denn ein wirtschaftlich tragfähiges Niveau?
Wer bestimmt, was für den einzelnen zumutbar ist?


[Danach] müßten die lohnbezogenen Sozialversicherungsbeiträge durch eine Mischung aus Eigenvorsorge und steuerfinanzierten Zuschüssen etwa nach dem Konzept der Kopfprämien ersetzt werden (die Riester-Rente funktioniert ja schon nach diesem Prinzip)

Die Kopfpauschale also. Nach der jeder Bürger, unabhängig davon wie viel Einkommen ihm zur Verfügung steht, den gleichen Betrag zahlen muss. Findest du es etwa sozial gerecht von jemandem dem pro Monat 1.500 € zur Verfügung stehen, den selben Betrag zu fordern, der 5.000 € im Monat zur Verfügung hat? Hältst du das für demokratisch?


Können die Gegner solcher Konzepte etwas anderes, etwas ernstzunehmendes anbieten, anstelle von Ignoranz und Totalverweigerung ?
Ich bin gespannt.

Kennst du das Sprichwort, wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen?
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
Kommentar zu 3.) - Team CONTRA

Der Hauptgrund, warum ich die Frage überhaupt stellte, war, daß ich die Anwort der Gegenseite irgendwie ahnte, aber dann doch mal sehen wollte, mit welchem Kunstgriff man mal wieder alles, die ganzen Schulden, den Reichen in die Schuhe schieben will. Dürfte schließlich schwer werden, wenn die Verschuldung genauso hoch ist wie das Gesamtvermögen aller über 500 000. Aber letztenendes tat die Gegenseite das gleiche wie ich: sie schummelte !

Ja, ich hab geschummelt. Angeblich sei unsere Verschuldung bei 1,8 Billionen, dabei gings in der Frage um 1,4 Billionen. Eine Enteignung aller Vermögen über 500 000 würde dann also all unsere Probleme lösen. Netterweise soll jetzt aber nach eurer Rechnung 1% Vermögenssteuer gleich 30 Milliarden bringen. Wie das geht ? Ganz einfach: Man nehme nur einfach mal das Gesamtvermögen aller deutschen Haushalte und tue so, als sei dies das Vermögen der "Reichen", also derjenigen, die für eine Vermögenssteuer in Frage kämen. Natürlich frag ich mich, woher ihr eigentlich diese Zahlen herhabt. Ich hab mich bei der Zusammenrechnung auf Zahlen des AAW gestützt, die ihr ja auch angeführt habt, jeder kann es nachrechnen, eure Zahlen scheinen hingegen irgendwie so dahergeholt. Aber selbst wenn sie stimmen würden - es würde bedeuten, daß das Vermögen derer, die für eine Vermögenssteuer NICHT in Frage kämen, ebenfalls gestiegen ist, selbst wenn wir so tun würden, als hätte das Vermögen all derjenigen mit heute über 500 000 im Jahre 1990 noch 0 betragen, es wäre gestiegen, und zwar um etwas über 3 000 pro Person. Nicht viel, aber es wäre gestiegen.

Naja, morgen erzählt ihr mir dann wahrscheinlich, die Vermögen innerhalb Deutschlands wären ganz plötzlich auf 6 Billionen gestiegen, egal, Hauptsache, ihr könnt mal wieder sagen, wenn die Reichen endlich zahlen würden, hätten wir keine Probleme mehr. Kein Wort über die Eigenheimzulage, jährlich 11 Milliarden, kein Wort über unsinnige Steinkohle-Subventionen, jährlich 2 Milliarden, kein Wort über die Pensionen der Beamten, die ja auch keine Beiträge in die Rentenversicherung zahlen, aber überdurchschnittlich hohe Renten kassieren und mit dafür gesorgt haben, daß der Anteil der Renten am Gesamthaushalt heute bei 30% liegt - 1984 lag er noch bei 14 %, zwanzig Jahre davor bei 12 % !

Aber wir wolln mal nicht so sein. Schließlich habt ihr ja noch andere Ideen.

Zum Beispiel: Zinsen abschaffen. Mach ich sofort mit. Und viele arabische Länder schon lange. Das Problem ist nur, daß es uns herzlich wenig bringt, Zinsen im Inland zu verbieten. Es wäre utopisch zu glauben, man könnte den gesamten Finanzierungsbedarf inländisch decken. Wenn, dann muß es eine weltweite Ächtung von Zinsen geben. Als Idee sicher ganz nett. Daß es die Finanzierung erschweren würde, ist aber genauso wahrscheinlich - wer gibt schon Geld, welches er so schnell nicht wiedersieht, ohne die Aussicht auf Zinsen ?

Aber ihr habt ja noch andere Ideen.

Zum Beispiel: Inflation. Ihr nennt es natürlich anders, nämlich "Eine evtl. regelmäßige Wertabnahme des Geldes bei ständiger Aufbewahrung". Auch das eigentlich kein schlechter Einfall. Je weniger das Geld wert ist, desto einfacher ist der Schuldenabbau, logisch. Es hätte auch niemand drunter zu leiden, außer vielleicht die Banken. Aber wozu brauchen wir schon Banken ? Wir sind ja eh alle im Minus, uns kommt das ganz gelegen. Was ich mich allerdings ernsthaft frage ist: stammt dieser Vorschlag von den gleichen Leuten, die rumjammern, daß neuerdings verlangt wird, daß man erst mal seine eigenen Mittel, seine eigenen Ersparnisse aufbrauchen soll, eh man Unterstützung vom Staat kassiert ? Worin unterscheidet sich dieser Vorschlag davon ?

Aber ihr habt ja noch andere Ideen.

Zum Beispiel: Berater feuern ! Gute Idee ! Wenn ich lese, was Roland Berger, McKinsey etc. so kassieren, sag ich mir: Hinfort mit ihnen ! Wozu braucht die Bundesregierung Berater ? Solln mal lieber ein paar einstellen, die was vom Fach verstehen.
Aber genau da liegt das Problem: Gute Leute kosten. Ein Lohn, der fünfmal so hoch ist wie der eines durchschnittlichen Beamten, quittieren sie mit "Zuwenig ! In der Industrie verdien ich mehr und hab obendrein weniger Streß". Ein Lohn, der zehnmal so hoch wäre, vielleicht, aber dann gibt es Stunk unter den Beamten. Bleibt also nur die Verpflichtung von externen Sachverstand. Aber wie will man den messen ?
Es ist doch sehr merkwürdig, daß bei der Einstellung von externen Sachverstand immer nur auf den Preis geschielt wird, obwohl diese Sache eigentlich noch am einfachsten zu klären ist: 2500 Euro Tagessatz sind natürlich viel, keine Frage - aber dieser Satz ist Marktpreis, wird genauso von der Industrie verlangt. Wärs anders, wären solche Tagessätze reine Regierungspreise, wäre die Verschwendung offensichtlich und ein Grund, sie anzuprangern. Tut aber keiner.
Merkwürdig auch, daß - wie in dem verlinkten Artikel geschehen - die Beurteilung, ob der Sachverstand überhaupt nötig ist, ausgerechnet denen überlassen wird, die dem ja skeptisch gegenübertreten, vielleicht auch deshalb, weil damit ihre eigene Kompetenz in Frage gestellt wird. Auf den Gedanken, mal den Minister zu fragen, warum er externen Sachverstand für besser hält als internen, ist scheinbar noch niemand gekommen, obwohl dies weitaus sinnvoller wäre, schließlich muß er ja seine Position rechtfertigen.
Nein ich will hier nicht behaupten, Berater seien immer nötig, würden sich immer lohnen und würden nie Mist bauen. Im Gegenteil, das geschieht sehr oft. Aber bei der Be- und Aburteilung wird nicht systematisch, sondern pauschal vorgegangen. Ich zum Beispiel halte überhaupt nichts von Steuerspar-Ratgebern - aber habe ich deswegen das Recht, solche Bücher zu verdammen ? Auf den Einfall mit den dämlichen Pocher-Spots vom Media-Markt hätt ich auch selber kommen können - aber habe ich deswegen ein Recht, Werbe-Agenturen für überflüssig und ihre Verpflichtung für Verschwendung zu erklären ?
Vor allem aber :"Beträge wie geschätzte 190 Millionen Euro in den letzten Jahre mögen natürlich wieder mehr als nur lachhaft für einige klingen", und wenn ich ehrlich bin, ja, es ist lachhaft angesichts von 40 Milliarden Zinsen ! Bei einem Verdienst von 800 Euro hätte dies den Gegenwert einer Schachtel Zigaretten bei einer Verschuldung von 28 000 Euro. Dieser Betrag ist nicht damit wegzukriegen, daß man konsequent mit Rauchen aufhört. Und ein durchschnittlicher Steuerspar-Ratgeber dürfte mehr kosten als 4 Euro. Und ob er was taugt, wie will man das vorher wissen ?

Aber ihr habt ja noch andere Ideen.

Zum Beispiel:eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf mehr als 50%, auch wenn das gegen die Verfassung verstößt, dann muß halt mal die Verfassung geändert werden. Allerdings frag ich mich, was das hilft, wenn diejenigen, die es betrifft, ja sowieso keine Steuern zahlen, wie ihr immer so schön meint. Man könnte es doch einfacher haben, indem man konsequent Schlupflöcher schließt. Würd ich sofort mitmachen.

Aber ihr habt ja noch andere Ideen.

Zum Beispiel: das Bürgergeld.....moment mal.....das Bürgergeld bedeutet aber Geldausgabe, nicht Einnahme, selbst wenn das ganze durch den erhöhten Konsum sich in etwas höheren Steuereinnahmen niederschlägt. Oder seh ich da was falsch ? Ich zitiere jetzt mal Wikipedia: "Das steuerliche Existenzminimum beträgt heute (2005) 7.664 Euro im Jahr [638 Euro/Monat]. Wenn man dieses Existenzminimum als Mindestgrundeinkommen ansetzt, ergibt sich für Kritiker ein Finanzierungsbedarf von 620 Mrd Euro im Jahr. Die gesamten Steuereinnahmen des Staats betragen aber derzeit nur rd. 450 Mrd. Euro. Kritiker haben deshalb erhebliche Zweifel an der Finanzierbarkeit des Modells." Und das Buch spricht von 800 Euro/Monat ! Man kann also leicht von 800 Mrd Euro Finanzierungsbedarf ausgehen. Das spielt selbst ein noch so gesteigerter Konsum nicht rein !

Aber ihr habt ja noch andere Ideen.

Zum Beispiel: Steuerpolizei, Bierdeckel-Steuerreform,.........und bloß nicht durchlesen, was ich zu euren Vorschlägen geschrieben habe, sondern sich lieber weiter wiederholen ! Weil wenn man nur oft genug "Bürgergeld" sagt, wird es auch irgendwann eingeführt werden. Ganz offensichtlich wollt ihr wohl nicht diskutieren, sondern lieber Werbung machen für irgendwelche halbgaren Bücher.

Sollte das so weitergehen, werd ich an der Diskussion wohl nicht mehr teilnehmen.
 

Moderator

Großmeister
1. Januar 2005
57
4.) Frage :

Welche Konsequenzen haben die derzeitigen Maßnahmen der Regierung auf den Binnenmarkt im Hinblick auf die Arbeitsmarktsituation und die Konjunktur?
__________

Anmerkung: Wegen des Rücktritts von Team CONTRA wurde die Debatte abgebrochen. Es folgt ein Schlusswort von Team PRO.
 
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Für weitere Antworten geschlossen.
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