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Hartz IV, Part 3

sensei

Geheimer Meister
12. Oktober 2004
321
Hartz IV, Part 3

Wegen des immer größer werdenden Umfanges der Hartz IV Diskussion hier am Board, bei der kein Ende abzusehen ist, jetzt da die Reform in Kraft getreten ist, kam der Wunsch einer Zusammenfassung auf. Nicht nur um Modem User zu entlasten, nein einfach der besseren Übersicht wegen. Hartz IV war der Auslöser für einen der längsten "non Small Talk" Threads hier am Board und dementsprechend ausführlich waren die Diskussionen und die Bereiche die im Laufe der Zeit angeschnitten wurden.

Diese Zusammenfassung der bisherigen Diskussion und der im Laufe der Zeit genannten Links soll einerseits Neueinsteigern bei der Orientierung helfen ohne sich durch 2 unsortierte Threads mit insgesamt knapp 100 Seiten wühlen zu müssen, andererseits ist sie aber sicher auch dazu gegeignet den bisherigen Diskutanten bei einer Reflektion über bisher gemeinsam erarbeitetes zu helfen.


Da eine vollständige Wiedergabe der beiden Vorgänger natürlich unmöglich ist hier (in Anlehnung an Rupert der die Ausführungen mancher Reformgegner als Übungen für dramatische Prosatexte bezeichnete :)) die Links zu den beiden Threads, für diejenigen die sich die Originale zu Gemüte führen möchten :

Faust I

Faust II

:lol: :wink:

Kommen wir jetzt zu dem strukturellen Aufbau dieser Zusammenfassung :

Der besseren Übersicht wegen habe ich die Posts und Links in verschiedene Kategorien aufgespalten :
Hartz IV Grundlegendes/Allgemeines
Wirtschaftssituation in Deutschland
1€ Jobs
Mieten
Stimmung in der Bevölkerung

Die einzelnen Teile der Zusammenfassung folgen immer dem selben Schema :

- Überschrift
- grober Überblick über dsikutierte Fragen in einer bewusst kurzen Zusammenfassung
- Links zum Themenbereich

Selbsverständlich sind alle Themenbereiche miteinander verwachsen und man sollte immer versuchen einen Blick auf das Gesamtbild zu werfen bevor man sich seine Meinung bildet. Ohne eine Aufspaltung in grobe Themenbereiche wäre die Übersicht meines Erachtens allerdings flöten gegangen.

Die Zusammenfassungen habe ich bewusst kurz gehalten. Zuerst wollte ich sie wesentlich ausführlicher gestalten und wirklich jedes Argument und jede These plus das entsprechende Gegenstück einarbeiten. Allerdings wurde bald ersichtlich, dass dies den Rahmen mehr als einnfach nur sprengen würde (Ich hatte mehrer A4 Seiten zu einem Bereich und die anderen wären in etwa gleich lang geworden - konsequent fortgeführt hätte ich unter zusätzlicher Einbringung aller antropologischen und sozialen Aspekte meine Dissertation schreiben können :lol:). Ich kam zu dem Schluss das es besser wäre kurz und prägnant von uns diskutierte Fragenkomplexe darzustellen. Im Endeffekt kennt jeder von den "Vetranen" seinen Standpunkt zur genüge, so das wir nicht zu sehr ins Detail gehen müssen und Neueinsteiger können sich mittels den dargestellten Fragen und den zugehörigen Links sicherlich eine durchaus fundierte Meinung bilden.Sollte jemand finden, dass ich etwas wichtiges vergessen habe zu erwähnen Post oder besser noch PN an mich und ich werde entsprechend editieren.

Eines noch :
Jede Formulierung, jeder Satz in den Zusammenfassungen spiegelt einen Gedanken oder eine Formulierung wieder die irgendwer von uns in den beiden vorangegangenen Threads formuliert hat. Deswegen hat es solange gedauert und deswegen klingt es manchmalt etwas seltsam wenn Argument und Gegenargument zu einem Satz vereint wurden. Ich habe bei den Zusammenfassungen nichts dazugedichtet, nur reformuliert. In jeder Zusammenfassung steckt ein bisschen von uns allen. Diejenigen die neu dazukommen lesen dort nur was wir geäußert haben.

Die Links die sich am Ende eines jeden Themenbereichs befinden sind Board-Chronologisch aufgelistet.
Neben einer Kurzbeschreibung über den verlinkten Inhalt findet man bei dem Link auch ein Datum.
Dieses Datum bezieht sich auf die Veröffentlichung der Quelle im Netz. Wo dieser Zeitpunkt nicht klar war steht das Datum für den Tag der Verlinkung auf WV.de
Links die mittlerweile kostenpflichtig sind und/oder eine Anmeldung erfordern sind mit einem "*" markiert. Dies trifft vor allem auf ältere Artikel des Spiegels und der Financial Times Deutschland zu.
Die Linksammlung ist natürlich nicht vollständig. Mittlerweile tote Links habe ich ebenso weggelassen wie Links welche mehrfach vorkamen. Außerdem fehlen ein paar Links die einfach zu off topic waren.
Dennoch sind die angegebenen Links mindestens 95 % aller Links in den beiden Vorgängern dieses Threads. Auch hier gilt ich habe keinen Link hinzugefügt der nicht schon vorhanden war.
Die chronologische Auflistung bietet zusätzlich den Vorteil das man den Verlauf der Diskussion sehr schön rekonstruieren kann, wenn man bei den ursprünglichen Hartz-Threads schon dabei war.


Eine persönliche Bemerkung zum Schluss :

Ich habe versucht ein System zu finden welches größtmögliche Obejektivität bietet. Allerdings muss ich dazu sagen, dass diese Reform für mich, höflich formuliert, alles vergewaltigt was Politik sein sollte. D.h. mein persönlicher Unterton ist in den Zusammenfassungen sicher irgendwo zu finden, ich bin nunmal ein viel zu großer Idealist um für eine Zusammenfassung zum überzeugten Opportunisten zu werden. :wink:
Wenn sich also jemand nicht vertreten genug fühlt (Anhänger aber auch Gegner) meldet euch einfach und ich werde etwaige Änderungen vornehmen.

Wenn der Wunsch besteht, kann ich die Linksammlung auch gerne weiter aktualisieren.
 

sensei

Geheimer Meister
12. Oktober 2004
321
Thema : Hartz IV allgemein

Die Dimesion der Hartz IV Reform sorgte erwartungsgemäß für eine entprechende Reaktion innerhalb der WV. Eine Grundsatzdiskussion jagte die nächste nur um noch einmal geführt zu werden.


Die Hartz IV Reform soll im Rahmen der Agenda 2010 dazu beitragen Deutschland innerhalb deiser Dekade zum führenden und zum dynamischsten Wirtschaftsraum Europas zu machen, so Bundeskanzler Schröder. Der katastrophale Arbeitsmarkt ist hierbei natürlich nicht gerade nützlich und so schmiedete die deutsche Regierung mit Hartz IV (sowie auch den 3 Vorgängern) die größte Reform die Deutschland je gesehen hat.

Kritker und Befürworter stehen sich gegenüber. Viele der Gegner prophezeien das Ende von Deutschland wie wir es kennen, andere sprechen von einem ersten wichtigen und richtigen Schritt zum Erhalt Deutschlands.Interessant ist, dass es relativ wenige gibt die der Reform sowohl postives als auch negatives abgewinnen können das Thema ist einfach zu polarisierend.

Wesentlicher Kernpunkt von Hartz IV ist die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum ALG II. Bisherige Empfänger von ALG I erhalten dies noch im Rahmen einer Übergangsfrist neue Arbeitslose fallen seit 01 01 2005 untrer das ALG II.
Hier kommen wie bei vielen anderen Reformen diverse Taschenspielertricks ins Spiel. So ist der Nominalsatz von ALG II an und für sich höher als ALG I, allerdings entfallen beim ALG II so gut wie alle einmaligen Leistungen, so dass unterm Strich wesentlich weniger zu Buche steht als mit der alten Regelung.
Auch die Arbeitslosenzahl wird im Laufe des Jahres dadurch sinken das viele Arbeitslose z.b durch Zuverdienste aus der Statistik fallen werden. Allerdings sind die Dimensionen dieser Reform noch wesentlich größer.

Kritiker sehen hier den endgültigen Sieg des Neoliberalismus über die soziale Marktwirtschaft. Die Freiheit des Kaptials, der Mensch als human ressource nur Verbrauchsmaterial. Ein Schreckenszenario in der Tat. Hartz IV ist auch eine Grundsatzdiskussion über die Sinnhaftigkeit eines kapitalistischen Systems und dessen Auswirkungen.
Die Politik als blosser Vasall eines, einmal losgelassen, nicht mehr zu bändigen Molochs unter dessen Füssen der einfache Mann und die einfache Frau nur zerquetscht werden kann.
Und das obwohle es auch anders gehen würde.

Die Notwendigkeit zum sparen wird gepredigt, sparen am Sozialstaat. Zu faul wäre man zu unflexibel - nicht gewinnbringed genug.
Führt der Weg zur konjunkturellen Erlösung über hohe Renditen oder den Binnemarkt und den Privatkonsum?
Die Sinnhaftigkeit einer Reform sollte normalerweise an ihrer Fähigkeit gemessen werden das Problem zu lösen wogegen sie konzipiert ist.
Allerdings ist Hartz IV nicht nur eine blosse Arbeitsmarktreform sondern eine tiefgreifende Gesellschaftliche Veränderung, auch wenn das vielen wahrscheinlich noch nicht bewusst ist.

Die Einwände gegen Hartz IV sind enorm. Es laufen zahlreiche Verfassungsklagen, Datenschützer schlagen Alarm da auf den Antragsbögen für ALG II nach sensiblen Daten gefragt wird. Befürworter sehen die Daten als Notwendigkeit und sprechen von verantwortungsbewusstem Umgang.
Die Angst vor sozialem Abstieg geht um. Die Angst konnte bisher von den Verantwortlichen, also der Regierung, nicht beseitigt werden. Also muss man sich die Frage stellen ob sie gerchtfertigt ist.
Eine Reform war notwendig ja. Der Status quo ist in einer sich ständig wandelnden Gesellschaft nicht haltbar. Allerdings, quo vadis Deutschland, Europa, Erde und Mensch.
Soll der Mensch dem Geld dienen oder das Geld dem Menschen, das ist eine der zentralen Fragen die durch Hartz IV aufgeworfen wurde. Und sie ist berechtigt wenn man sich die gegnwärtige Situation ansieht.
Es geht hier nicht um die Frage wieviel Arbeit jemandem zumutbar ist, auch wenn die Verfechter der Arbeitsmarktliberalisierung das immer wieder wiederholen. Es geht hier einzig um die Frage wieviel Arbeit jemand notwendigerweise tun muss, wenn er in einem effizienten System arbeitet.
Ist Hartz IV in der Lage zur Lösung diese Problems beizutragen, oder fördert es nur weiter die Unmünigkeit der Menschen in einer Gesellschaft in der reine Verstand gelgentlich unerwünscht zu sein scheint?

Wobei man sich auch hier die Frage stellen muss, wenn jede Gesellschaft die Regierung hat die sie verdient und die deutsche Regierung gemäß Hartz IV Gegnern auf das deutsche Volk pfeift, wieso beschweren wir uns dann überhaupt? Sind wir oder die Strukturen zu Festgefahren und haben wir einfach nur das Pech im Vergleich zu den Machstrukturen am unterer Ende der Fahnenstange gestrandet zu sein?
Hat es überhaupt einen Sinn Widerstand zu leisten oder ist es sinnlos, haben die Machthaber vielleicht doch mehr Ahnung als wir alle glauebn?
War Hartz IV der Anfang oder das Ende?


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sensei

Geheimer Meister
12. Oktober 2004
321
Thema : 1€-Jobs

Die 1€ Jobs als zentraler Bestandteil von Hartz IV sorgten für die heftigsten und unterschiedlichsten Raktionen in der Öffentlichkeit und bei der Diskussion hier am Board.


Eingeführt worden sind sie laut Regierung um Arbeitslosen einen Zuverdienst zum ALG II zu ermöglichen, den sie zu 100% für sich selbst behalten können. Minister Clement sprach in einem Interview davon, dass durch diese Mini Jobs ein Gesamteinkommen von bis 1000€ für einen ALG II Empfänger möglich wäre.
Die 1€ Jobber sollen nach den Äußerungen der Regierung ausschließlich im gemein nützigen Bereich eingesetzt werden und keine regulären Arbeitsplätze ersetzten oder zu Lohndumping führen.

Die Befürchtungen der Kritiker gehen aber exakt in diese Richtung. Arbeitslose als quasi Zwangsarbeiter, da die Unterstützung nach der Hartz IV Regelung gestrichen werden kann wenn man einen Job ablehnt, die Kosten sparen und vollwertige Arbeitsplätze vedrängen. Die Privatwirtschaft hat Wünsche und Vorstellungen geäußert Mini-Jobber einsetzen zu dürfen und auch Stimmen aus dem BDI würde das als sinnvoll erachten. Die Regierung behauptet hingegen steif und fest, dass die Bedingungen für 1€ Jobs streng kontrolliert werden und keine regulären Arbeitsplätze in Gefahr geraten.
Dennoch die Absichten derartige Minijobs in sozialen Bereichen zu schaffen (die bereits mehrfach geäußert wurde) ist eine Bedrohung für den Arbeitsmarkt. Arbeitslose Erzieherinnen die für 1€ die Stunde arbeiten müssen, eingesetzt von der Stadtverwaltung o.ä. sind nicht bloße Zukunftsmusik. Der Druck für Arbeitende Konzessionen zu machen um nicht ihren Job zu verlieren, kann dadurch leicht steigen. Es befürchten nicht bloß Arbeitnehmervertretungen Lohndumping durch 1€-Jobs, nein auch der Arbeitgeberbund hat diese Sorge geäußert.
Viele Privatunternehmen darunter auch große Konzerne haben den Wunsch geäußert 1€-Jobber einzusetzen und bei der heutigen Vermischung zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft nicht nur auf großer Ebene sondern auch auf kommunaler Ebene, lassen sich die Befürchtungen nicht gänzlich vom Tisch wischen, dass 1€ Jobber in der Privatwirtschaft arbeiten könnten um ihre Unterstützung nich zu verlieren.
Ein Paradoxon par exellence - Arbeiten an einem an und für sich regülären Arbeitsplatz um das Arbeitslosengeld nicht zu verlieren.
Desweiteren gibt es die Befürchtung das hier nicht die Grenze ist, schon gibt es Stimmen aus der Politik welche die Entlohnug mit 1€ für zu hoch halten und strenger Auflagen fordern. Kritiker befürchten noch weit schlimmeres.

Die Erfahrungsberichte von ersten Betroffenen fallen unterschiedlich aus. Einige sind froh etwas zu tun zu haben, das Geld spielt für sie eine nebensächliche Rolle. Sie wollen einfach nur arbeiten, irgendetwas. Andere sehen darin eine reine Beschäftigungstherapie ohne wirklichen Nutzen.Einen Job den sie nur machen um ihre Unterstützung nicht zu verlieren.
Die Regierung denkt uner anderem über spezielle Uniformen für die 1€-Jobber nach, deswegen sollte man auch darüber nachdenken ob hier nicht eine Stigmatisierung forciert wird, welche die sozialen Spannungen fördern wird.
Zusätzlich muss sich die Regierung den Vorwurf gefallen lassen, wieso sie gedenkt arbeitslose Manger nicht als Mini Jobber einzusetzten, dies stellt eine Berletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar und wirft die Frag auf ob wir nicht ohnehin bereits in einer 2 Klassen Gesellschaft leben.

Ein anderer wichtiger Punkt in Zusammenhang mit den Mini Jobs ist die juristische Frage ob die Verpflichtung arbeiten zu müssen für die Sozialhilfe gegen das deutsche Grundgesetz verstösst. Das jedem eine Grundsicherung garantiert, sollte er seinen Job verlieren. Bis jetzt wurde zwar noch keine Verfassungsklage erfolgreich gegen Hartz IV geführt, dennoch ist diese Frage noch nicht durch judiziert und Kritiker wie Befürworter streiten sich nach wie vor über diesen Punkt.

In diesem Zusammenhang sei auch die Streitfrage des "faulen Arbeitslosen" erwähnt. Sprich, Grundgesetz hin oder her, ob es gerechtfertigt ist das Arbeitslose Geld erhalten fürs angebliche nichts tun.
Diese Debatte wird verständlicherweise sehr emotinal geführt (wie Hartz IV allgemein). Naürlich gibt es Sozialschmarotzer die sich partout keinen Job suchen wollen und gerne von der Stütze leben, allerdings gibt es bis jetz keine Studie die belgen kann, dass dieser Menschenschlag einen relevant großen Teil der Arbeitslosen ausmacht. Natürlich kann man nachvollziehen wenn ein Schwerarbeiter frustriert ist wenn ein Arbeitsloser Geld bekommt ohne sich wesentlich anzustrengen, aber inwiefern ist es fair diese Diskussion auf dem Rücken von Menschen auszutragen, die unfreiwillig arbeitslos geworden sind?
Schließlich kann man sie nicht verhungern lassen und Sozialneid auf einen Arbeitslosen gehört zu den Dingen die näher betrachtet relativ irrational sind.
Außerdem muss man darüber nachdenken ob dieser Zwang zur Arbeit nicht eigentlich nur ein Placebo darstellt, schließlich stehen die geplanten 600 000 Minijobs in keiner Realtion zur Zahl der Arbeitslosen, also wird man gar nicht alle zur Arbeit zwingen können und mit welchem Verfahren soll man die herauspicken die wirklich nicht arbeiten wollen? Ist eigentlich moralisch vertretbar die wenigen wirklich arbeitsunwillgen zur Arbeit zu zwingen für ihre Unterstützung, einmal ganz unabhängig von der juristischen Streitfrage.


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sensei

Geheimer Meister
12. Oktober 2004
321
Thema : Wirtschaftslage in Deutschland

Die Hartz IV Reform muss man natürlich im Zusammenhang mit der deutschen Wirtschaftslage betrachten und das haben wir hier am Board auch getan.


Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise. Das leugnet niemand, unterschiedlich sind nur die Meinungen was die Ursachen sind und wie man ein ansprechendes Wirtschaftswachstum erreicht.

Die großen Unternehmen und internationalen Konzerne in Deutschland haben 2004 so hohe Gewinne erzielt wie nie zuvor und Analysten sagen eine weitere Steigerung für dieses Jahr vorraus. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit auf einen Höchststand.

Auf der einen Seite fordern einige Wirtschaftsvertreter die Lohnkosten zu reduzieren, um den Arbeitsmarkt anzukurbeln. Niedrigere Löhne und längere Arbeitszeiten gehören zu ihren Hauptforderungen. Der deutsche Arbeitnehmer muss flexibler werden heißt es damit man international wettbewerbsfähig bleiben kann. Der Sozialstaat hat ausgedient.
Auch die Steurlast für Unternehmen sei zu hoch und wirke abschreckend auf potenzielle Investoren außerdem sei sie unter anderem für die Abwanderung von Produktionsstätten ins Ausland, vorrangig in die neuen EU Mitgliedsländer, verantwortlich.

Ihnen gegenüber stehen die Gegner dieser Vorschläge. Neoliberalismus ist das Schlagwort. Der pure reine Kapitalismus. Keine Spur mehr von der sozialen Marktwirtschaft die Deutschland bisher geprägt hat.

Nun ist das deutsche Steuersystem eine Wissenschaft für sich und wenn ein Konzern sich ein entsprechendes Heer von Steuerberatern leisten kann ist die Steuerlast für sie kaum spürbar. Im EU Vergleich dann sogar verschwindend gering.Die Politik ist sich zwar einig, dass es eine Steuerreform geben muss aber über das wie ist sie sich nicht einig und wie so oft dominiert die Parteitaktik die Diskussion zum Nachteil der deutschen Wirtschaft. Es bleibt abzuwarten ob möglicherweise erst die angedacht einheitliche Steuerreglung für den gesamten EU-Raum hier etwas bewirkt.

Kritker der Wirtschaftspolitk werfen de Regierung vor immer dreister den großen Konzernen unter die Arme zu greifen und nicht an die KMUs oder die einzelnen Arbeitnehmer zu denken, die den Hauptteil der deutschen Wirtschaft ausmachen. Man befürchtet Zustände wie in USA wo das hire and fire Prinzip seit Jahrzehnten gang und gebe ist.

Es ist von der sozialen Verantwortung der Wirtschaftsbosse und des Kapitals die Rede, der sozial Staat sei locker finazierbar und die Arbeitslosen sind nicht der teureste Posten auf der Rechnung des Staatshaushaltes.

Die Forderung nach einer radikalen Neuordnung z.b. der Subventionspolitk sind nicht zu überhören. Der Staat ist als schlechter Geschäftsführer bekannt der deutsche Schuldenberg wächst sekündlich - nicht zuletzt weil dem Bund Geld auf Grund der Steuergesetzgebung durch die Lappen geht.
Auch ein entsprechenes Bildungsystem in Deutschland ist notwendig damit man entsprechen ausgebildete Arbeitskräfte hat, allerdings sinken auch hier die Investitionen des Staates.

Die deutsche Wirtschaft lebt momentan vom Export, man ist Exportweltmeister. Aber das wird auf Dauer nicht helfen können.Die negative Handelsbilanz der USA begründet sich unter anderm darin, dass sie mehr konsumieren als sie produzieren..Die USA sind der Hauptabnehmer deutscher Exprtartikel. Aber auf diesen Zustand kamm nicht eine gesamte Volkswirtschaft aufbauen. Die Binnennachfrage muss nicht nur innerhalb der EU sondern vor allem auch innerhalb Deutschlands gesteigert werden. Auch hierzu wäre eine Steuerreform notwendig.Damit die hier arbeitenden und lebenden Menschen wieder genügend haben um soviel konsumieren zu können, dass das BIP wierder spürbar anzieht..

Auch wird die Sinnhaftigkeit von längeren Arbeitszeiten kritisiert. Weder würde das die Produktivität steigern noch für neue Arbeitsplätze sorgen. Eine Erholung des Arbeitsmarktes ist innerhalb der nächsten Jahre nicht zu erwarten. In dieser Situation kommen mitunter auch soziale Spannungen auf. Etwa wenn ein Großkonzern Pleite geht zig Kündigungen drohen und die verantwortlichen Manager mit einer Abfindung in der Höhe mehrer Jahresgehälter eines einfachen Angestellten und einem Schulterklopfen auf die Reise geschckt werden. Die Erhöhung der eigenen Gehälter in Kombination mit der Forderung nach geringern Löhnen für die Angestellten kommt logischerweise nicht gut an.
Auch wurde eine neue Diskussion über die Sinnhaftigkeit des Aufbau Ost geführt. Milliarden seien hier verschwendet worden ohne zählbaren Effekt. Eine neue Mauer diesmal nur in den Köpfen der Deutschen könnte sich anbahnen.

Der Lobbyismus der Großindustriellen und Wirtschaftstreibendn in der Politk wird schärfstens angeprangert. Die Einflussnahme habe einen Stand erreicht wie noch nie zuvor. Halbherzige Versuche wie die Neuregelung der Offenlegungspflicht für Nebeneinkünfte von Politkern werden dieses Problem nicht lösen. Viele halte sie nur für eine Ablenkung damit die Öffentlichkeit zufrieden ist während das Spiel von Korruption und Bestechung zu Ungunsten der Arbeiter und auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland weitergeht. Die unanhängige Politik ist für die allermeisten Geschichte. Die Regierung für den Bürger ist für die allermeisten Geschichte.Wasser predigen und Wein trinken laut ein Vorwurf den man immer öfters hört.

Geerade die ärmsten würden die Verlierer der gegenwärtigen Politk sein heißt es. Die Familienpolitk wird zu stark vernachläßigt, der demographische Faktor ein weiterer Klotz am Bein der Konjunktur. Ob die letzte Steuereform der Regierung tatsächlich den Familien etwas bringt wird sich erst zeigen viel bezweifeln es schon jetzt.

Dieser Pesismismus ist momentan typisch für die gesamte deutsche Wirtschaftslage. Der Aufschwung ist einfach schon zu oft herbeigeredet worden ohne einzutreten.Man vertraut den Wirtschaftsweisen nicht mehr.

Hartz IV soll der Wirtschaft wieder auf die Beine helfen, eben durch die Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Trotzdem befürchten viele das genaue Gegenteil. Die Entstehung einer neuen Unterschicht von billigen Arbeitssklaven wird herbeizitiert und tatsächlich ist die Einkommensschere in den letzten Jahren in Ost Deutschland wieder größer geworden.


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sensei

Geheimer Meister
12. Oktober 2004
321
Thema : Angemessener Wohnraum/Mieten :

Eine der Einzelpunkte von Hartz IV der ausführlicher diskutiert worden ist, betrifft die Neuregelung für angemessenen Wohnraum in Zusammenhang mit dem ALG II und ihre möglichen Folgen.


Die Wohnung eines Menschen ist ein extrem persönlicher Bereich, die Auswirkungen der Hartz IV Reform eben jenen Bereich betreffend wurden daher relativ ausführlich als Einzelpunkt der Gesamtreform diskutiert.
ALG II Empfänger erhalten eine zusätzliche Beihilfe für ihre Wohnung in der Höhe von bis zu 200 €. Vorrausetzung ist allerdings, dass sie sich unter anderem an die Vorschriften für angemessenen Wohnraum halten. Festgelegt ist diese Vorschrift im Gesetzestext von Hartz IV überprüft werden die Einzelfälle vom jeweils zuständigem Sozialamt.
Theoretisch ermöglicht das neue Geetz die Streichung der Unterstützung wenn die Wohnung eines Arbeitslosen nicht mit den Bestimmungen für angemessenen Wohnraum übereinstimmen.
Dies kann und hat bereits zu grotesken Situatiotnen geführt. In denen Menschen den Bescheid erhielten ihre Wohnung aufzugeben da sie zu groß sei. Das die vom Sozialamt zugewiesene Wohnung eigentlich teurer war, lies man als Einwand mitunter nicht gelten. Vor diesem Hintergrund muss man sich fragen ob eine derartig engstirnige Bürohratie eine effiziente kostengünstige Reform nicht von vorn herein unmöglich macht und den eigentlichen Zweck ad absurdum führt. Die exakte Planung des Gesetzes muss angezweifelt werden, da Kommunen bereits damit begonnen haben die Vorschriften für angemessenen Wohnraum regional anzupassen, was ursprünglich nicht vorgesehen war dies wurde erst nachträglich ins Gesetz eingearbeitet. Hinzukommt, dass viel Juristen Konflikte mit dem geltenden Mietrecht befürchten. Viele juristische Entscheidungen, mit bisher unbekannten möglichen Auswirkungen stehen hierzu noch aus.
Kritiker befürchten Willkür seitens der Sozialämter auf Kosten der Arbeitslosen.Es stellt sich die Frage ob die mangelnde Felxibilität der Sozialämter in dieser Frage auf mangelndes Personal und Überlastung oder auf starre Gesetztexte, fehlenden Handlungsspielraum oder gar Unwillen zurückzuführen ist.

Ein weiteres Problem der Regelung äußert sich bei Lebensgemeinschaften bzw Ehepaaren. Das neue Gesetz sieht eine generelle Unterstüzugspflicht für Arbeitslose in Lebensgemeinschaften innerhalb welcher zumindest ein Partner berufstätig ist nicht vor.
Hier kann es durchaus zur Streichung des Wohnkostenzuschusses von ALG II Empfängern bei einer gemeinsamen Wohnung kommen. Abhängig vom Einkommen des Partners ist auch ein genereller Verlust des Anspruches möglich. Kritiker befürchten hier negative Auswirkungen für das Sozialleben von Arbeitslosen und ihren Partnern. Negative Folgen für alle Beteiligten sind im Bereich des möglichen, wenn ein Arbeitsloser gezwungen ist auszuziehen in eine 3 Zimmer Wohnung um seinen Anspruch auf Unterstützung aufrecht zu erhalten.Gegner der Reform befürchen hier mögliche Depressionen und Vereinsamungen - eine Stigmatisierung.

Ein weiterer zentraler Streitpunkt der Wohnraumregelung, ist die von Kritikern befürchtete Ghettobildung. Manche sprechen von einer drohenden Ghettobildung für Arbeitslose, die gezwungen sind in Plattenbauten zu ziehen. Die Regierung schließt das selbstverständlich aus. Allerdings ist es Teil des Gesetzes, dass Arbeitslosen die Unterstützung verweigert werden kann wenn sie nicht jeden Job annehmen, selbst wenn dies einen Umzug erfordert. Hier kommt die Frage der kleinen, billigen Wohnung wieder ins Spiel. Was ist wichtiger eine anständige Wohnung oder möglicherweise eine Substandard Wohnung, aber dafür einen Arbeitsplatz (vielleicht gar einen 1€ Job)?
Überhaupt ist es Arbeitslosen in der gegenwärtigen Situation Deutschlands zuzumuten für einen Job umziehen zu müssen selbst wenn sie dadurch ihre Familie zumindest über die Woche verlasse müssen? Was für soziale Auswirkungen sind hier zu befürchten?


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sensei

Geheimer Meister
12. Oktober 2004
321
Thema : Stimmung in der Bevölkerung

Eine derart große Umstellung wie Hartz IV bleibt natürlich nicht ohne Echo in der Bevölkerung. Dementsprechend wurde auch am Board über die Proteste und die Reaktionen der Bevölkerung diskutiert.


Die Proteste gegen Harz IV wurden ins Leben gerufen um eine Änderung des Gesetzes vor seinem Inkraft treten zu bewirken.Es dauerte nicht lange bis sich regional und überregional Menschen zusammenschlossen um gemeinsam auf die Strasse zu gehen.
Man sprach von der geplanten Wiederauferstehung der Montags Demonstarionen, welche zum endgültigen Zusammenbruch der DDR und somit der deutschen Wiedervereinigung wesentlich beigetragen haben.
Die mediale Aufmerksamkeit die den Demonstranten gewidmet wurde war aber bestenfalls unterdurchschnittlich. Auch das beliebte herunterspielen der Teilnehmerzahlen durch die Exekutive war laut Presse Berichten wieder vertreten. Kritker gingen deswegen zum Teil mit den Medien hart ins Gericht. Schlagwörter wie Gleichschaltung machten des öfteren die Runde.
Zum Teil konnte man den Eindruck gewinnen, dass man sich im Ausland mehr Sorgen wegen der Proteste machte als in Deutschland selbst. Überhaupt, waren die Sorgen im Ausland in der Angst um die deutsche Konjunktur begründet oder fürchtete man ein Übergreifen auf Länder, die ähliche Reformen planen?

Zusammenfassend muss man sagen dass die Proteste, obwohl sie immer noch weitergehen - wenn auch in kleinerem Ausmaß als noch im zweiten Halbjahr 2004 - keinerlei Effekt hatten. Hartz IV wurde wie geplant umgesetzt. Es gab keine Veränderung, keine Entschärfung.
Ob die Proteste hätten erfolgreich sein können ist rückblickend schwer zu sagen.
Vielleicht hätte es etwas genutzt wenn die Mehrzahl der Betroffenen ihre Anträge nicht rechtzeitg abgegeben häten, mitunter war schon von einer möglichen Verzögerung die Rede. Vielleicht hätte es aber auch nichts gebracht. Wie weit dürfen Proteste eigentlich gehen? Gibt es eine Grenze die man auf Grund der Vernunft besser nicht überschreiten sollte?
Deutschland ist kein Land mit einer ausgeprägten Streikkultur wie beispielsweise Italien. Was nötig gewesen wäre seitens der Bevölkerung um die Regierung zum Einlenken zu bewegen ist jetzt nur noch Spekulation, da es scheint das Deutschland sich dem "Schicksal" Hartz IV bereits hingegeben hat.Wäre es überhaupt möglvih gewesen mittels Protest eine Änderung zu erreichen oder hätte die Surheit der Verantwortlichen dies ohnehin nicht zugelassen?
Oberflächlich zumindest hat Deutschland sich mit Hartz IV abgefunden. Es gibt aber nach wie vor eine organisierte Protestbewegung und es ist auch die Bildung von regionalen "Sozialforen" zu beobachten welche Bertoffenen helfen, wo sie sich gegenseitig unterstützen.Was diese Entwicklung bringen wird und wie das Schicksal der organiesierten Protestbewegung aussehen wird, wird man sehen.

Unabhängig von den Protesten war natürlich klar, das eine dramatische Veränderung wie sie Hartz IV nunmal ist, die Emotionen hoch gehen lassen würde.
Die Exekutive befürchtete im Herbst 2004 mit Inkraftreten der Regelung gewalttätige Ausschreitungen, sobald die Mehrzahl der Betroffenen die Ausmaße realisieren. Hier muss man sich fragen wie die Regierung von einer sozial gerechten Reform sprechen kann, während die Polizei Gewaltakte befürchtet, wenn eben jene Reform voll durchgreift.
Ist das einfach nur ungerechtfertigter Frust oder, eine Entwicklung die schnell eskalieren könnte und die man sicherlich im Auge behalten muss?
Mann muss festhalten, dass die Stimmung gegenüber der Politik in Deutschland selten so feindselig war im momentan. Die NPD Erfolge bei den Landtagswahlen sind könnten hierfür ebenfalls ein Indiz sein. Ein Indiz für eine Gesellschaft die sich von der Politik entfremdet fühlt und in der Unverständnis leicht zu Wut und blindem Hass werden können. Hier gilt es Vorsicht walten zu lassen und Aussagen wie "Ich kann mich doch nicht um jeden Einzelfall kümmern", von Minister Clement sind unabhängig vom Kontext in der momentanen Situation sicherlich reinstes Benzin.
Überhaupt muss man sich fragen ob die Reaktionen der Spitzenpolitik angemessen waren. Zeugt die weitgehend ignorrante Haltung der Politker nicht von Unverständniss gegenüber denjenigen für die sie eigentlich arbeiten sollten?
Es gab schon einen Anschlag auf ein Arbeitsamt. Ein Vorbote der Dinge die kommen werden, oder nur ein Einzelfall der in keinem größerem Zusammenhang zu sehen ist.
Gibt sowas wie einen Siedepunkt in der deutschen Gesellschaft der irgendwann erreicht werden wird mit unabsehbareb Folgen oder ist das alles nur Schwarzmalerei?
Ist so eine Stimmung nicht ideal für exremistische Rattenfänger um Stimmen zu gewinnen. Bringt eine Politik die für viele am Bürger vorbeigeht, egal ob es so ist oder nicht, nicht eine ehrhbliche Gefahr für unser Zusammenleben?


Links zum Themnbereich :

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sensei

Geheimer Meister
12. Oktober 2004
321
Ein Teil fehlt noch der über alternative Lösungsvorschläge.
Ging leider in den Weiten meines Computers verloren.
Wenn ich ihn wiederhabe werd`ich ihn hier rein editieren.

So ich geh jetz frühstücken und dann werd ich die letzten Rechtschreibfehler korigieren.

Happy Hartz IV Part 3 Thread WV :D
 

parsifal

Geheimer Meister
13. Januar 2005
107
@sensei:
erstmal respekt das du dir mit diesem Thread soviel arbeit gemacht hast. ich denke, dass verdient echt anerkennung.
etwas kritik habe ich dann doch. du sprichst davon, dass die soziale Marktwirtschaft Deutschland geprägt hat.
Das ist erstmal richtig, aber du definierst den Begriff Soziale Marktwirtschaft falsch. Den Begriff Soziale Marktwirtschaft hat Ludwig Erhard eingeführt. Der meinte damit aber nicht den heutigen Sozial- und Subventionsstaat, sondern eine leistungsorientierte Bevölkerung, die für sich selbst sorgen kann. Nur im Notfall sollte der Staat einschreiten, damit es sozial/gerecht bleibt. Ich glaube von daher nich, dass das heutige Deutschland eine soziale Marktwirtschaft ist.
Zum Thema Soziale Gerechtigkeit: Ist es gerecht wenn ein Mittelständler der 11-12 Stunden 6 Tage die Woche arbeitet 60% von seinem Gewinn an den Staat abdrücken muss???
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
Zum Thema Soziale Gerechtigkeit: Ist es gerecht wenn ein Mittelständler der 11-12 Stunden 6 Tage die Woche arbeitet 60% von seinem Gewinn an den Staat abdrücken muss???

wenn das alle müssen, wär das natürlich gerecht...

ebenfalls deep respect @ sensei... man scrollt sich jetzt halt erst mal tot... :wink: und irgendwie ists nicht leichter, sich durch hunderte links zu klicken, um einen hunderte seiten zu ersparen... aber trotzdem:

:king:
 

Sensoe

Geheimer Meister
8. Februar 2003
379
@Parsifal

wie kommst Du auf 60%?

Die EU-Kommission und die OECD beziffern die effektive Besteuerung in Deutschland auf 20 %, was weit unter EU-Durchschnitt ist. Der Industrieverband BDI hat dagegen eine effektive Steuerbelastung von 36 % ermittelt. Bei Kapitalgesellschaften liege der Grenzsatz je nach Gewinnverwendung zwischen 39,5 bis 53,8 %.

http://www2.handelsblatt.com/pshb/fn/relhbi/sfn/buildhbi/cn/GoArt!200013,200050,856215/SH/0/depot/0/

aber natürlich hast Du Recht...ne soziale Marktwirtschaft existiert in Deutschland nicht mehr...spätestens mit Einführung von Hartz-4 dürften die Zeiten vorbei sein.

AjO..und die vom Handelsblatt beschriebene effektive Besteuerung von ca.20% erachte ich nicht als sozial gerecht...da wären mir 60% gerechter yep..
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
parsifal schrieb:
Zum Thema Soziale Gerechtigkeit: Ist es gerecht wenn ein Mittelständler der 11-12 Stunden 6 Tage die Woche arbeitet 60% von seinem Gewinn an den Staat abdrücken muss???

mein gott ich wollte mich eigentlich vom board hier zurückziehen, weil ich nur noch wutkrämpfe bekomme bei den teils verqueren argumentationen mancher user hier...

aber ich wollte ja unbedingt noch mitlesen... das hab ich nun davon...

ich lese also hier geweine darüber dass leute, die das zwanzigfache oder was weiß ich vielfache von einem normalen arbeiter einfahren ein bisschen mehr steuern zahlen müssen..

ja in der tat sollten diese leute etwas mehr steuern zahlen und tatsächlich wäre das sozial gerecht weil diese leute ja auch deutlich mehr geld haben... der schütze arsch, der täglich acht bis neun stunden arbeitet ( und zwar harte arbeit.. arbeit die tatsächlich physische und psychische abnutzung bedeutet und man erzähle mir nicht, dass die herrschaften im höheren oder mittleren management das leisten... ) trägt die hauptsteuerlast im lande und hat nur einen bruchteil des geldes zur verfügung... der fährt nicht mit der dicken karre in ein luxusheim sondern kriecht mit bus oder bahn in seine scheiß billigbude.

unser steuersystem ist so ausgelegt, dass derjenige, der viel geld hat auch viel absetzen kann.. wer setzt denn hier im lande das halbe häuschen von der steuer ab weils büro ist, wer kann sich denn den steuerberater leisten? wer hat denn hier die möglichkeit dienstreisen abzurechnen dass die schwarte kracht?

nicht der kleine schichtwerker, nicht die verkäuferin im supermarkt, die bis 20 uhr hinter ihrer scheiss kasse abhängt...

himmel...

dieses board und die beiträge darin machen mich nur noch zornig...
 

nicolecarina

Meister vom Königlichen Gewölbe
6. Juni 2003
1.414
ach force, dann gehts dir wie mir auch manchmal, aber wer nicht will, der hat schon und wer gerne für einen euro jobbt und seinen briefkasten abschraubt, wer einen microchip unter der haut supi findet und hofft, dass bush uns alle befreit, der hat einfach eine komplett andere meinung als ich.

ich dachte auch immer, manche dinge leuchten jedem ein, aber wer zb im falle eines hartz4 empfängers, der auf sage und schreib 0 (null) euro runtergestuft wurde immer noch bravo schreit, den soll der darwin hoien


stay tuned :?
edit:
bei allem gezeter:
klasse engagement sensei,
danke. auch wenns ne latte links ist, lieber auf einem haufen zu finden als auf 60 seiten verstreut.
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
na komm schon, force, bleib uns erhalten... :wink:

ich frag mich aber, wie du das mit der prozentrechnung siehst. zahlt jeder (!) die gleichen x prozent steuern, so zahlt der reiche geldsack absolut gesehen ja in der tat mehr als der arme arbeiter.

übrigens glaube ich auch nicht, dass es der mittelstand ist, der die steuer umgeht. das sind wohl eher die ganz großen fische.

deswegen wär mir ein einheitlicher steuersatz, der für alle (!!!) gilt, am liebsten.

ihr wisst schon, mit bürgergeld, das es ebenfalls für alle (!!!) gibt - ja auch für den reichen geldsack. dafür sollte man das mit dem absetzen nochmal überlegen...
 
B

Booth

Gast
@ sensei
Mein tiefster Respekt vor dieser enormen Fleißleistung, dies alles zusammengetragen zu haben... *verbeug*...

gruß
Booth

P.S. Kleiner Verbesserungsvorschlag: Es gibt soviele Smilies, die man ironisch oder auch als Konfrontationsmittel nutzen kann - aber keinen, der einen intensiven Respekt vor jemand anderes ausdrückt... hat vielleicht jemand einen "Respekt-Verbeuguns-Smilie"? ;)
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
antimagnet schrieb:
na komm schon, force, bleib uns erhalten... :wink:

na ich weiß noch nicht... je mehr ich lese, desto mehr bin ich der meinung es hat keinen zweck mehr groß zu diskutieren... da doch lieber konsequent sein, kommune aufbauen und konkret alternativen leben..

ich frag mich aber, wie du das mit der prozentrechnung siehst. zahlt jeder (!) die gleichen x prozent steuern, so zahlt der reiche geldsack absolut gesehen ja in der tat mehr als der arme arbeiter.

im prinzip ja.. sofern er/sie sich nicht arm rechnen lässt ( und diese leute gibt es.. ich habe das schon erlebt.. es gibt diese leute ) nur reden wir hier im prinzip von einkommen, die so hoch sind, dass selbst nach theoretisch höherem prozentsatz noch mehr als genug übrig bleibt..

der gedanke ist ja auch, dass der steuerliche abzug ähnlich spürbar ist...

wer viel geld hat nimmt so einen steuerlichen abfluss in einer höhe x% ganz anders wahr, als jemand der weniger hat und auch einen prozentsatz x zu zahlen hat...
übrigens glaube ich auch nicht, dass es der mittelstand ist, der die steuer umgeht. das sind wohl eher die ganz großen fische.

täusch dich da nicht...

als ganz besonders schlimme abschreiber und steuerfüchse habe ich bisher z.b. studienräte und oberstudienräte im schuldienst wahrgenommen und noch schlimmer wirds wenn die burschen auch noch bei der spd sind :twisted: dann erzählen die nämlich auch noch wie super gerecht hartz IV ist und wie leicht man doch aus der krise kommt wenn man nur ein bisschen einschränkungen hinnimmt ( liebling im nächsten urlaub nehmen wir die bahn anstatt das auto nicht wahr? )
:twisted: ja die probleme will ich haben :twisted:

deswegen wär mir ein einheitlicher steuersatz, der für alle (!!!) gilt, am liebsten.

auf keinen fall jedenfalls nicht ohne ...
... bürgergeld, das es ebenfalls für alle (!!!) gibt - ja auch für den reichen geldsack. dafür sollte man das mit dem absetzen nochmal überlegen...

mal angenommen jeder ( wirklich jeder ) bekäme eine anständige grundvergütung die gut über dem liegt was man jetzt als hartz geld bekommt ( oder alternativ könnten die lebenshaltungskosten auch gesenkt werden auf den stand vor euroeinführung... ja wem müsste man da am besten auf den sack hauen dass das was wird... ich befürchte das lässt sich ja kaum noch korrigieren, da ja eins ins andere griff als man damals beschloss uns zu verarschen und da ja auch der staat kräftig seine gebühren erhöht hat... ich sag nur eine führerscheinanmeldung von ca 100 mark lag auf einmal bei 75 euro... von wegen preise übernommen :twisted: ... dann wär das alg II nicht mal zu wenig... )
... und mal angenommen man würde arbeitsvernichtende maßnahmen wie eineurojobber, praktikanten ( denn beides hat schon so manche vollwertige arbeitsstelle vernichtet.. beispiele dafür könnte ich im dutzend aufzählen .... nein nicht verlinkt.. das juckt die zeitungen ja nicht wirklich wenn hier in meiner nachbarschaft solche sachen laufen ) etc. einstellen... würde man vielleicht dinge wie den meisterzwang aus dem mittelalter oder ähnliche spässeken einstellen, so dass wirklich gewährleistet ist, dass sich menschen zu ihrem bürgergeld was dazu verdienen könnten.. ja dann... dann wäre vielleicht auch sozialneid nicht mehr so das thema...

aber mal ehrlich antimagnet... so sehr ich deinem vorschlag mit dem bürgergeld was abgewinnen kann... ich glaube das ist leider ebenso eine hübsche utopie wie so manch anderes auch...

aber ich will dich nicht davon abhalten das zu propagieren und ich bringe in der tat deinen vorschlag auch in so mancher anderweitig ( außerhalb des boardes ) geführten diskussion ein ... und der vorschlag findet auch immer wieder sympathisanten...
 

antimagnet

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.881
ich bin mir ja sicher, dass das kommen wird. fragt sich nur, wie lange es dauert.


aber eigentlich will ich das gar nicht so propagieren, ich hab nur schiss, dass jemand nen herzinfarkt kriegt :wink:, wenn ich schreib, ich bin gegen kündigungsschutz und mindestlöhne. der arbeitsmarkt müsste sich m.e. viel freier entfalten können. ja - arbeitsebay. nen transparenteren markt kann man sich ja kaum vorstellen... wenn ich solch neoliberalen scheiß hier loslass, dann nur unter der bedingung bürgergeld und das schreib ich mal besser dazu...

der gedanke ist ja auch, dass der steuerliche abzug ähnlich spürbar ist...

ist aber ungerecht. und führt zu leuten, die sich dann arm rechnen lassen, finde ich.


:wink:
 

forcemagick

Ritter der Sonne
12. Mai 2002
4.641
antimagnet schrieb:
der arbeitsmarkt müsste sich m.e. viel freier entfalten können. ja - arbeitsebay. nen transparenteren markt kann man sich ja kaum vorstellen...

das problem bei arbeitsebay ist doch, dass kein mensch ernsthaft dafür arbeiten kann.. schau dir doch mal die tarife an für die sich da die leute verkaufen... ich könnte davon nicht leben... gut sehe ich das alles unter dem gesichtspunkt zuverdienst zu einem vernünftigen bürgergeld wäre es vielleicht was anderes..

sehe ich jetzt mal einfach einen markt aus anbietern von arbeitskraft und konsumenten von arbeitskraft, dann muss ich auch ganz klar sagen die konsumenten von arbeitskraft müssen auch wieder bereit sein ein bisserl was dafür rauszurücken..

ich habe im moment haufenweise kunden, die hätten gern dass ich für einen minimallohn arbeite... nur sitze ich halt nen knappen monat über so einem projekt und kann es einfach nicht für 400 euro erstellen... es geht nicht.. sicher könnte man jetzt sagen besser 400 als gar nichts.. lasse ich mich darauf ein bin ich teil der marktzerstörung... andere werden versuchen mich noch billiger zu unterbieten.. doch für 300 kann halt auch keiner lang..
das ende vom lied ist, dass man nach ein paar solcher monate einfach fertig ist... die frage ist nur ob man früher oder später aufgibt..

dem teurer, teurer bei den täglichen lebenshaltungskosten steht ein billiger, billiger bei den dienstleisungen entggen... dat löpt so nich.... jedenfalls nicht lang

der gedanke ist ja auch, dass der steuerliche abzug ähnlich spürbar ist...

ist aber ungerecht. und führt zu leuten, die sich dann arm rechnen lassen, finde ich.


:wink:

so ungerecht ist das gar nicht... wir reden hier letztlich von leuten, die im monat das verdienen was ein anderer im jahr verdient... oder das vielfache davon...

ich glaube nicht, dass die leute sich nicht mehr arm rechnen lassen würden, wenn wir keine steuerprogression mehr hätten..
 

Simple Man

Kanonenbootdiplomat
Teammitglied
4. November 2004
3.945
@ sensei

Auch von mir erst mal ein fettes Respekt für deine Mühen.


@ Parsifal

Den Begriff Soziale Marktwirtschaft hat Ludwig Erhard eingeführt.

Der Begriff der sozialen Marktwirtschaft wurde eigentlich 1946 vom Wirtschaftswissenschaftler A. Müller-Armarck geprägt. Der alte Ludwig hat ihn „nur“ mit politischen Inhalten ausgefüllt.

Apropos politische Inhalte, das Grundgesetz setzt folgende Bedingungen die die soziale Marktwirtschaft kennzeichnen (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

Meinungsfreiheit (Art. 5)
Freiheit der Berufswahl und Verbot der Zwangsarbeit (Art. 12)
Eigentum, Erbrecht und Enteignung (Art. 14)
Allgemeine Persönlichkeitsrechte (Art. 2)

Solltest du dir bei Gelegenheit mal durchlesen sind echt interessant. Besonders im Zusammenhang mit Hartz IV. :twisted:

Der meinte damit aber nicht den heutigen Sozial- und Subventionsstaat, sondern eine leistungsorientierte Bevölkerung, die für sich selbst sorgen kann. Nur im Notfall sollte der Staat einschreiten, damit es sozial/gerecht bleibt.

Im Grunde greift der Staat in der sozialen Marktwirtschaft bei zwei Bedingungen ein:
1)wenn die freiheitliche Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft gefährdet erscheint
2)zum Schutze des einzelnen und des Gesamtwohls (und nicht dem Schutze gewissen Großkonzerne)

Dieses Eingreifen erfolgt entweder in Form von Gesetzen (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung; Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) oder durch marktkonforme Maßnahmen (also Maßnahmen die den Preismechanismus nicht außer Kraft setzen ... und, ach wie seltsam, dazu gehören die von dir kritisierten Sozialleistungen und auch Subventionen).

Also wie war das, wir haben keine soziale Marktwirtschaft?
Doch wir hatten eine, bis Hartz IV kam. :wink:


@ force

Ärger dich nicht, denn wie sagte einmal William Somerset Maugham:
"In jeder Minute, die man mit Ärger verbringt, versäumt man sechzig glückliche Sekunden des Lebens."

Schreib auch in Zukunft deine Meinung und deine Ansichten. Mir würde hier sonst echt was fehlen. :wink:
 

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