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  • Umfrageteilnehmer
    377

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
sehr lesenswerter artikel:

Die Deutschland-Aktionäre

Wie die deutschen Unternehmerverbände die Politik bestimmen

Globalisierung hin, Entflechtung her – die Deutschland AG lebt«, schreibt das Manager-Magazin und stellt fest: »Das Old Boys’ Network funktioniert wie eh und je. Ein Kreis einflussreicher Männer – sorry, no ladies – dominiert die deutsche Wirtschaft.«

Nicht ganz falsch, möchte man dem Magazin beipflichten, welches über diverse offizielle und private Treffen zu berichten weiß. Da feiert der Kanzler Geburtstage mit eben jenen einflussreichen Männern oder drischt Karten im Luftwaffen-Airbus mit dem Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG, Heinrich von Pierer, »Rotwein und Cohibas stets in Reichweite«. Was allein fehlt an der Darstellung, ist die politische Tragweite dieser Männerkumpanei.

http://www.jungle-world.com/seiten/2003/48/2110.php
 

Woppadaq

Großmeister-Architekt
2. August 2003
1.228
Wirklich interessant, der Artikel:

Die enge Verflechtung zwischen der Politik, den Banken und den Unternehmen bildete das Fundament der sozialen Marktwirtschaft, deren sozialstaatliches Sicherungssystem der Sphäre der kapitalistischen Verwertung bislang entzogen war.

In diesem Sinne war das Wirtschaftssystem gesellschaftlichen Interessen verpflichtet. Den Unternehmen ging es dabei nicht schlecht; staatliche Subventionen, geringe Konkurrenz und die relative Abschottung des nationalen Wirtschaftsraums garantierten über lange Zeit satte Gewinne. Zudem waren »feindliche Übernahmen« aufgrund des geringen Streubesitzes, der politischen Kontrolle und des großen Einflusses der Finanzinstitute ? insbesondere Deutsche Bank und Allianz ? ausgeschlossen.

Tja, und jetzt wolln alle das System abschaffen - warum eigentlich ?

Oder könnte man das System irgendwo DOCH als gescheitert betrachten, angesichts nicht nur heutiger leerer, sondern seit Jahren immer leerer werdenden Kassen ?
(Was jetzt nicht bedeuten soll, daß der Neoliberalismus irgendwie DIE Lösung daraus ist - noch nicht !)

Die von den Industrieverbänden beklagte angeblich zu schwache Investitionstätigkeit ausländischen Kapitals ist im Wesentlichen auf diese Abschirmung nach außen zurückzuführen und nicht auf zu hohe Steuer- oder Lohnkosten, wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und so genannte Wirtschaftsexperten immer wieder glauben machen wollen. Solche Klagen im Interesse ihrer Klientel zu verbreiten, gehört zu den Kernaufgaben des BDI.

Die gute Nachricht: Ihr habt mich damit echt zum Nachdenken in Bezug auf LNK gebracht.
Die schlechte Nachricht: Das alles heißt im Klartext, daß es bisher zuwenig Neoliberalismus gab in Bezug auf Öffnung der Märkte. Man könnte schon von Protektionismus sprechen.

Wenn ich falsch liege, klärt mich auf.

Der im Sommer gescheiterte Streik der IG Metall wird vom BDA-Präsidenten Dieter Hundt medienwirksam genutzt, um das Recht auf Streik grundsätzlich in Frage zu stellen. Damit sollen die Gewerkschaften, ihres wirkungsvollsten Kampfmittels beraubt, dauerhaft an die kurze Leine genommen werden und zu Bettelvereinen verkommen.

Zunächst einmal denke ich, daß das Scheitern des IG-Metall-Streiks von den Gewerkschaften selbst verschuldet ist. Es geht schon der Spruch um "In England hat Maggie Thatcher die Macht der Gewerkschaften gebrochen. Hierzulande erledigen die Gewerkschaften sowas selbst."

Ohnehin können die Gewerkschaften froh sein, wenn sich nur der BDA gegen ihre Macht stellt - schließlich erwartet man das von ihm. Die Gewerkschaften sollten sich lieber überlegen, was die Gründe ihres Mitgliederschwundes sind. Denen verdanken sie jetzt auch den berechtigten Hinweis auf ihre Doppelmoral: Staat und Firmen Strukturmaßnahmen verweigern, die sie bei sich selbst schon längst eingeführt haben.

In ihrer Propaganda sind Gerster und seine neoliberalen Kollegen und Kolleginnen der INSM nicht sonderlich originell, übernehmen sie doch im Kern die gleichen Positionen, wie sie die Industrieverbände auch schon vor 80 Jahren formulierten: »Wie jede Politik ist auch die Sozialpolitik nur eine Politik des Möglichen, des Durchführbaren, des Tragbaren. Nicht allein der Gedanke, dass etwas ?gut? oder ?wünschenswert? ist, kann die Sozialpolitik bestimmen, sondern dazu muss die Gewissheit kommen, dass die zu treffende Maßnahme mit den vorhandenen Mitteln durchführbar ist und dass sie nicht andere, ebenso wichtige Volksglieder zum Schaden des Ganzen ungebührlich benachteiligt.« Diese Worte des Konzernbarons August Paul Ernst von Borsig, der seinerzeit Vorsitzender der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände war, wurden 1924 in der Schriftenreihe des Reichsverbands der Deutschen Industrie publiziert.

Nochmal die Frage: Was ist an den dick geschriebenen so falsch ? Warum läßt sich selbiges nicht auf diese Zeit anwenden ?

Und wo ist euer Nachweis, daß "die zu treffende/n Maßnahme/n mit den vorhandenen Mitteln durchführbar ist" ?

Wenngleich die Mehrzahl der organisierten Unternehmen kleine und mittelständische Betriebe sind, dominieren die transnationalen Konzerne die Verbändepolitik. Das Präsidium und der Vorstand des BDI gleichen einem Who?s who der deutschen Konzernchefs. Dort finden sich unter anderem Ekkehard Schulz (Thyssen Krupp AG), Burckhard Bergmann (Eon/Ruhrgas), Ulrich Hartmann (Eon AG), Harry Roels (RWE AG), Jürgen Schrempp (Daimler-Chrysler), Heinrich von Pierer (Siemens AG), Ludolf von Wartenberg (Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie und ehemaliger Staatssekretär) sowie der frühere Wirtschaftsminister Werner Müller (RAG Aktiengesellschaft).

Ich sag jetzt einfach mal, daß hier das gleiche Problem wie bei den Gewerkschaften besteht. Statt den Mittelstand als mögliches Auffangbrett für Arbeitslose zu fördern, wird sich an der Großindustrie und deren Möglichkeiten/Forderungen orientiert. Weder modern noch zukunftsorientiert.
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
@Woppadaq

bin zwar im moment tierisch im stress, möchte dir aber trotzdem (endlich) antworten:

samhain hat folgendes geschrieben::

also von "differenziertem" sehen habe ich bei dir noch nicht viel gemerkt, im gegenteil, du stülpst einfach jedem beitrag deine eigene, eingefahrene und ziemlich einseitige sichtweise über.

Dann guck mal in den Spiegel.

Nur weil ich nicht haargenau DEINE Meinung vertrete, bin ich also für dich einseitig ?
Sorry, aber diese Einstellung finde ich sehr einseitig von dir.


warum musst du immer so übertreiben?

von haargenau war nie die rede, aber davon mal abgesehen, hat bis jetzt auch nichts, außer vielleicht das mit den lohnnebenkosten, was aber auch nur so zur kenntnis genommen wurde(vorher noch argument, nachdem widerlegt, kurz und knapp ad acta gelegt), dazu geführt, das du deinen standpunkt reflektierst.

Ja sicher, für euch erklärt sich immer alles von selbst, was ihr sagt. Wer noch Fragen hat, beweist damit nur seine eigene Dummheit. Bei soviel Selbstgerechtigkeit fehlen mir langsam die Worte.

fragen, um wirklich wissen bzw. verstehen zu wollen, ist eine sache.
fragen als selbstzweck, automatismus sozusagen, eine andere.
ich habe darauf keinen bock, und das hat nichts mit selbstgerechtigkeit zu tun.

Sorry, mein Lieber, aber was die nachdenkenswerten Positionen angeht, hast du dich bisher noch nicht allzu weit vorgewagt. Das ist dein erster halbwegs großer Post zum Thema, sonst hast du größtenteils immer nur Artikel verlinkt, und was ich über diese denke, habe ich fast immer hingeschrieben.

Das ich an meiner Position festhalte, ist doch klar, machst du doch auch. Meine hat sich über Jahre gebildet, und bis sowas aufweicht, sind schon ein paar gute Argumente vonnöten. Ich stell mich aber der Diskussion. Ich muß genauso damit leben, bei meiner Argumentation gegen Wände zu rennen, was sehr oft geschieht.


das ich sachen verlinke, hat einerseits mit meiner fehlenden zeit zu tun und andererseits, warum soll ich mir die mühe machen etwas auszuformulieren, wenn ich es von woanders haben kann?
ausserdem hat es eventuell auch ein anderes gewicht, wenn sich mal ein nicht-mainstream orientierter wirtschaftswissenschaftler/politologe o.ä. zu diesen themen äußert, als nur ich als privatperson.
ja, was du von der mehrzahl dieser links hälst, weiß ich nun zur genüge.
aber als wenn die platte einen sprung hat, kommt leider (fast) immer dasselbe.


Da gibst du dir nun sone Mühe, mir nicht zu antworten oder mir Propaganda vorzuwerfen, aber ich bin einfach uneinsichtig und will auf meine Fragen auch noch Antworten haben. Schlimm mit mir.

ich gebe mir mühe, dir nicht zu antworten?

wir leben weiß gott in verschiedenen realitäten...

du willst keine antworten auf deine fragen (ich wiederhole mich), du willst nur, egal was man auch an argumenten vorbringt, einfach weiter deine fragen stellen.
dir geht es also primär darum zu fragen, die antworten darauf sind sekundär.

warum macht die AOK verluste?
die aok kann sich ihre kunden nicht aussuchen, die muss eben auch die "verlierer" nehmen, z.b. die chronisch kranken, die sich die anderen krankenkassenkassen möglichst vom halse halten wollen.

hmmm....wo du Recht hast, hast du Recht!

welche erkenntnis ziehst du daraus?
bringt dich das zum nachdenken, oder wird mal eben schnell abgehakt?
das ist es nämlich, was mir hier in der ganzen diskussion mit dir fehlt:
du wurdest schon in einigen punkten widerlegt, aber ich frage mich, was tust du mit dieser erkenntnis?
deine sichtweise infrage stellen bis jetzt jedenfalls nicht.

schade!

Es gibt im Bezug auf den Sozialismus mehrere Deutungen:

1. Der Sozialismus war eine gute Alternative, die an den Anforderungen der Weltwirtschaft gescheitert ist.
2. Der Sozialismus/Kommunismus, wie ihn sich Marx vorgestellt hat, hatte mit dem "realexistierenden" (Scheißwort!) Sozialismus nicht allzuviel gemeinsam. Die soziale Marktwirtschaft nach westdeutschem Vorbild kam Marx sogar näher.
3. Der Sozialismus war letztenendes nichts anderes als Feudalismus mit besserer Vermarktung.

Letzteres ist am ehesten meine Position. Das diktatorische wie auch die - wirkliche - Gleichschaltung der Presse wie überhaupt aller Medien im Lande hatte schon was bedrückendes.


alle alternativen gesellschaftsmodelle der letzten jahrhunderte sind deswegen gescheitert, weil sie aufgrund einer elitären machtelite, die sich, obwohl es dem system widerspricht, gebildet hat.

komischerweise stellst du das kapitalistische system nicht mit dem selben eifer infrage, obwohl es doch die von dir kritisierten punkte noch potenziert.

ich empfinde die zunehmende gleichschaltung der medien/presse übrigens auch bedrückend, und das, obwohl wir doch angeblich in einer demokratie leben, in der eben dieses nicht vorgesehen sein sollte.

Zitat:

ich finde das prinzip von gleichheit nicht schlecht, im gegenteil erstrebenswert, wie immer man es auch benennen mag.

gleichheit ja, gleichmacherei nein.
Ich will dir nichts unterstellen, aber eine Tendenz, da keine Unterscheidung zu machen, ist irgendwo schon zu bemerken.


inwiefern?

Zitat:

ich glaube nicht, das eine gesellschaft eine zukunft hat, die von ungleicher verteilung und den daraus folgenden konsequenzen für die meisten geprägt ist.

Ich glaube, ungleiche Verteilung wird es immer geben.

Ich bspw kann ganz wunderbar ohne SLK, ohne eigenen Learjet und ohne Schloß im Grünen leben. Andere halten sich für arm, wenn sie von allem nur eins besitzen...


ich denke, du verkennst da irgendwie die dimensionen der entwicklung, die für die zukunft richtungweisend sein werden, sofern sich niemand dieser entwicklung in den weg stellt.

es geht nicht darum, sich für arm zu halten, weil man nicht wie der nachbar 'nen benz fährt, sondern es geht um das ganz konkrete absacken von millionen, die sich in zukunft keine umfassende gesundheitsversorgung mehr leisten können, die als dumpinglohnarbeiter vor ort, oder als endlos-karawane über die lande ziehen, ohne aussicht, aus dieser spirale jemals wieder rauszukommen.

was diese dauerhafte ansiedlung im niedriglohnbereich, bei gleichzeitig hohen mieten und lebenshaltungskosten, für jeden einzelnen-und- falls er familie hat, für diese bedeutet, kannst du dir selbst ausmalen.

Ich persönlich finde es natürlich krank, wenn man von allem einfach zuviel besitzt, und zwar nicht, weil man es mag, sondern weil man um des Besitzens Willen derartiges besitzt. Solche Leute tun mir irgendwie leid. Ehrlich jetzt.(Zumal sie wirklich kein Mitleid verdienen...)

was soll mir denn das nun sagen?

ich denke, die meisten, die in der oberen liga spielen, vereinen beides:
sie mögen es, viel zu besitzen.
ob die 30- zimmervilla nun größtenteils leer steht, ob der ganze fuhrpark mehr oder weniger in der garage steht, egal, es geht ums prestige.

Und für Besitz auf Kosten anderer habe ich schon gar kein Verständnis.
Du wirst natürlich fragen, wieso ich dann hier die schamlos Besitzenden "verteidige". Das liegt zum einen daran, daß ich noch nicht wirklich sehe, daß die Bereicherung hierzulande wirklich so wahnsinnig auf unsere Kosten geht. Jedenfalls nicht nennenswert, obwohl sich darüber streiten läßt. Wenn jemand meint, 600 000 im Jahr verdienen zu müssen, juckt mich das nicht, auch wenn ich nur 6000 verdiene. Erst wenn ich erfahren sollte, daß derjenige die 600 000 nur deshalb verdient, weil man meinen Lohn gekürzt hat, werd ich sauer.


also deine naivität rührt mich richtig, und das meine ich jetzt nicht polemisch.
dir ist also noch nie der gedanke gekommen, das es zwischen deinem dumpinglohn und den 600 000,-€, die ein manager/wirtschaftsboss/arbeitgeberpräsident bekommt, einen zusammenhang gibt?

jeder wegrationierte arbeitsplatz, jede lohndrückerei füllt genau deren taschen.
oder was denkst du, wo das geld hinfließt?

Zitat:

ich glaube auch nicht an ein system des ungehemmten wachstums, was in mir eher die vorstellung von krebs hervorruft, was vielleicht gar nicht so weit hergeholt ist.

Was darf ich mir denn unter "Krebs" vorstellen (außer deinem Sternzeichen, welches in deiner Argumentation oftmals zu deutlich hervorscheint) ?

Ansonsten glaube ich, daß sich Wachstum selbst begrenzt. Ihn hemmen zu wollen halte ich für ebenso falsch wie ständig auf ihn zu setzen. Die letzte Börsentalfahrt war nach Meinung mancher eher eine Kursberichtigung, also eine Art Selbstheilung.


also erstmal:

ich kann mit meiner, den krebsen im allgemeinen zugeschriebenen "emotionalen" sichtweise sehr gut leben.
sie hat mich in meinem bisherigen leben eher bestätigt.

was bist du denn? :wink:

dann glaube ich, im gegensatz zu dir nicht, das sich das wachstum selber begrenzt.
es hätte sich, deiner argumentation folgend doch schon längst begrenzen müssen, hat es aber trotz irreparabler schäden die schon eingetreten sind und der, die noch abzusehen sind und folgen werden, nicht getan.

die vertreter des ungehemmten wachstums verfolgen nämlich eine richtung, in der ein innehalten und reflektieren nicht vorgesehen ist.
egal was es kostet und was/wer dabei auf der strecke bleibt, die gewinne müssen ansteigen, "wachsen".

das ist mittlerweile zum selbstzerstörerischen selbstläufer geworden, aber auch das scheint egal zu sein.

hier wird sich gar nix selbstheilen, sofern nicht druck von aussen gemacht wird.

Desweiteren irrt ihr euch gewaltig, wenn ihr denkt, daß ich auf den Neoliberalismus setze. Ich kann zwar die Beweggründe des Neoliberalismus halbwegs nachvollziehen und ein paar Denkansätze, die ihm zugeschrieben werden, halte ich für richtig. Insgesamt sehe ich aber auch die Folgen, und ich weiß einfach: DIE Lösung ist es nicht.

Die Wahrheit ist - ich hab auch kein Patentmodell. Ich bin durchaus dafür, nach einem zu suchen, finde aber, das muß durchdacht geschehen und nicht mit fundamentalistischen Scheuklappen. Mich interessieren die Schuldigen an der Misere wenig. Mich interessiert die Lösung.


ach nee, ein patentmodell hast du auch nicht, forderst es aber überkritisch immer von anderen.

unterstellst du mir, fundamentalistische scheuklappen zu haben?
tzz,tzz...

"das" patentmodell wird es auch nicht geben, es kann erstmal nur verschiedene richtungen geben, deren gemeinsamer konsens ein gegensteuern zu dem in den untergang führenden "mainstream" beinhaltet.

ob sich daraus EIN modell entwickelt ist fraglich, aber vielleicht auch gar nicht erstrebenswert.

viele wege führen nach rom...

oder

der weg ist das ziel...


Meine Ratlosigkeit ist eine Mischung aus vorhandener Unwissenheit, eigenen Erfahrungen und Nachdenklichkeit, die auf ständigen Fundamentalismus trifft, der für mich manchmal rein gefühlsmäßig nachvollziehbar ist (zumindest von deinem kann ich das sagen), manchmal aber auch auf eine Logik trifft, die in ihrer Widersprüchlichkeit für mich schon nicht mehr nachvollziehbar ist.

auch du bist oft widersprüchlich, schon mal dran gedacht?

außerdem ist fundamentalismus manchmal angebracht, wenn es um so fundamentale themen geht, an denen das überleben bzw. lebenswerte dasein der menschheit hängt.
man muss sich nicht mit diesen lebensverneinenden grundsätzen der politik und wirtschaft arrangieren.

Sorry, aber Beiträge zu einer lebenswerten Zukunft für alle - das sind Visionen. Das ich sowas nicht liefere, stimmt momentan sogar. Meine Argumente sollen eher die Wirklichkeit erklären helfen. Die Visionen, die ich suche, sind die, die uns aus diesem Schlamassel heraushelfen - während ich euch erstmal klarmachen muß, daß und in welchen Schlamassel wir uns eigentlich befinden.

nun ja, ist nicht alles irgendwann aus visionen entstanden?
was ist an visionen auszusetzen, sofern sie in die richtige richtung führen?
visionen sind doch das einzige, was menschen mobilisieren kann.

deine argumente sollen also eher die wirklichkeit erklären helfen, aha...

das hilft mir aber nicht weiter, das habe ich jeden tag zur genüge.
du brauchst mir auch nicht den schlamassel erklären, den kriege ich selber gut genug mit, aber war ja ein netter versuch, "meister".

Haltet euch ruhig an euren Feindbildern fest und an euren zweifellos schönen Vorstellungen von Vollbeschäftigung und verhinderten Sozialabbau. Wenn ihr denkt, die Agenda 2010 war unsozial, dann werdet ihr euch noch wundern, was an unsozialen Entscheidungen in nächster Zeit noch auf euch zukommen wird, egal wer regieren wird. Ihr denkt, dahinter steht eine Vision und das diese Vision auf Unmenschlichkeit beruht. Klar, warum sollt ihr auch einsehen, daß das Ganze was mit der Realität zu tun hat ? es macht viel mehr Spaß, die Realität zu verzerren.

du argumentierst also so, das alles noch viel schlimmer kommt, und man sich doch deshalb mit den gegebenheiten (stichwort agenda 2010)abfinden soll?

na du bist ja lustig, denkst du ich glaube das es damit getan ist?
das, was jetzt anläuft, ist nur das vorspiel zu noch weitreichenderen einschnitten, egal ob ich das erstmal kommende modell akzeptieren würde oder nicht.

genau deshalb muss man sich ja jetzt zur wehr setzen, bevor das letzte bisschen soziale ausgewogenheit unwiederbringlich dahin ist.

aber du berufst dich ja lieber auf deine "realität", die für dich gottgegeben scheint, engagierst dich mit dem mainstream, anstatt gegen den strom zu schwimmen.

Von mir aus denkt euch ein neues Modell aus. Ich begrüße das ausdrücklich und ohne Ironie.
Ihr müßt aber damit leben, daß man euch drauf hinweist, daß - egal was es ist - derartiges schon mal versucht wurde und daß man damit schlechte Erfahrungen gemacht hat.


schon mal was von reflektion, weiterentwicklung gehört?

ich sage es nochmals:

wir machen gerade mit dem gegenwärtigen system bitterste erfahrungen, und sie werden noch bitterer werden.
trotzdem scheint genau dieses system die ultima ratio für dich zu sein, trotz aller widersprüche.
wo bleibt da deine kritik?

Aber vielleicht fällt euch ja mal was ein, was noch nicht probiert wurde. Auf sowas warte ich eigentlich die ganze Zeit.

nun ja, sobald alles, was an alternativentwürfen aufgezeigt wird, in die schubladen sozialismus/kommunismus/anarchismus/oder schlicht weltfremd gesteckt wird, mit der entsprechenden häme und stigmatisierung (damit meine ich nicht unbedingt dich persönlich, mmmhh..aber irgendwie doch auch...), wird das etwas schwierig.
dazu muss man nämlich seine scheuklappen, die du anderen so gerne zuschreibst, abnehmen.

Zitat:

ich habe dich noch nie auf der gewinnerseite gesehen, deswegen wundert es mich umso mehr, das du eben deren aussagen so unkritisch übernimmst.

Vielleicht weil ich das Gefühl habe, daß da mehr LOGIK drinnesteckt. Geht mir jedenfalls so.
Daß da kaum GEFÜHL drinnesteckt, hab ich natürlich auch schon bemerkt. Ich seh das durchaus als Problem.


da würde ich an deiner stelle mal ganz lange drüber nachdenken...

Bei Dir hab ich das Gefühl, es ist eher umgekehrt. Vielleicht kann man sich ja irgendwo in der Mitte treffen.

was ist denn für dich die mitte?


...und tschüss
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Nicht hundertprozentig ontopic, passt hier aber doch besser rein, als in die Sprachphilosphie, wo ich es zuerst posten wollte...

Wo auch immer es sich wohlfühlen würde, lesenswert ist es auf jeden Fall:



Warum soll man eine detaillierte Kritik linker Theorie liefern, wenn man viel überzeugender argumentieren kann, dass jeglicher soziale Diskurs verblendet und unbestimmt ist, dass unentscheidbar ist, was das "Wirkliche" ist, dass alle Aktivitäten, die über einen zaghaften Reformismus hinausgehen, Gefahr laufen, außer Kontrolle zu geraten, dass es, davon abgesehen, überhaupt keine Subjekte gibt, die hinreichend kohärent sind, um solche Aktionen durchzuführen, dass darüber hinaus gar kein totales System existiert, das es zu ändern gälte, dass die raffinierte List der Macht jedem vermeintlich oppositionellen Standpunkt bereits zuvorgekommen ist, und dass die Welt gar keinen bestimmten Zustand hat, vorausgesetzt, dass man genug über sie wissen kann, um wenigstens dies zu behaupten?

[...]

Kehren wir zum Abschluss zu jenem mehrdeutigen "Post" im Wort "Postmoderne" zurück. Welche Teile der Moderne hat die Postmoderne hinter sich gelassen? Alle? Den Begriff von menschlicher Gleichheit zusammen mit der Idee historischen Fortschritts? Die Emanzipation der Frauen ebenso wie die der Arbeiterklasse? Den Glauben an individuelle Freiheit und Verantwortung ebenso wie die Souveränität der Vernunft? Einige Bereiche der Moderne, wie die Idee der Revolution, scheinen nur in der Theorie zusammengebrochen zu sein, nicht aber in der Realität, wie die jüngsten revolutionären Ereignisse in Osteuropa beweisen. (Es sollte eigentlich der postmodernen Theorie peinlich sein, dass just in dem Moment, da sie die Konzepte von politischer Revolution, kollektiven Subjekten und epochalen Veränderungen als bloßes metaphysisches Geschwätz abtat, genau diese an einer Stelle ausbrachen, wo man sie am wenigsten vermutet hätte. Doch vielleicht finden diese Theoretiker einen Trost darin, dass die betreffenden Revolutionen sich so schnell auf das Niveau der von ihnen so bewunderten Marktkultur herunterentwickelt haben.) Die Doktrin des universalen Fortschritts hat eine Niederlage erlitten, aber bestimmte Formen des historischen Fortschritts (die Abschaffung der Apartheid zum Beispiel) scheinen immer noch möglich, und obwohl diese Art von Emanzipation sich keinesfalls weltweit durchgesetzt hat, kann man sich sicher kaum jemanden vorstellen, der dies nicht für ein würdiges Ziel hielte.


http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak5/igm/g47/bauerz17.htm
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
@hives

Zitat:

Warum soll man eine detaillierte Kritik linker Theorie liefern, wenn man viel überzeugender argumentieren kann, dass jeglicher soziale Diskurs verblendet und unbestimmt ist, dass unentscheidbar ist, was das "Wirkliche" ist, dass alle Aktivitäten, die über einen zaghaften Reformismus hinausgehen, Gefahr laufen, außer Kontrolle zu geraten, dass es, davon abgesehen, überhaupt keine Subjekte gibt, die hinreichend kohärent sind, um solche Aktionen durchzuführen, dass darüber hinaus gar kein totales System existiert, das es zu ändern gälte, dass die raffinierte List der Macht jedem vermeintlich oppositionellen Standpunkt bereits zuvorgekommen ist, und dass die Welt gar keinen bestimmten Zustand hat, vorausgesetzt, dass man genug über sie wissen kann, um wenigstens dies zu behaupten?

guter artikel, der deutlich macht, wie die argumentationsweise des vorherrschenden systems funktioniert, mit welchen ängsten sie spielt---------->kontrollverlust, chaos.........kurz, der absolute zusammenbruch.

das genau das alles schon längst realität ist, dass also dieses system genau diese auswüchse produziert, wird gewissentlich verschwiegen.
hauptsache man kann sich weiterhin (obwohl das zusehends schwieriger wird) als das einzig "realistische" modell zu dem es scheinbar keine alternative gibt, verkaufen.

der link ist übrigens absolut "on"-topic :wink:

passt doch prima in unsere kleine diskussionsrunde.
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
jetzt geraten also auch kinder ins blickfeld der neoliberalen verwertungsstrategen:

Formierte Bildung

Dass Nationalismus sich längst anders, nämlich neoliberal abgeklärt artikuliert, bestätigt vor allem auch die Studie Bildung neu denken, die das Baseler Prognos-Institut im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft verfasst hat und die soeben Dieter Lenzen, ehemaliger Verfechter postmoderner Inhalte und jetzige Rektor der FU-Berlin, mit viel Tamtam der Öffentlichkeit vorgestellt hat.

Will die Bundesrepublik im Kampf der Nationen um Investitionen, Köpfe und Prestige bestehen und weiter in der Champions League mitspielen, dann müsste, so die Kernaussage der Studie, bis 2020 das Schuleintrittsalter schrittweise auf vier Jahre abgesenkt werden. Gleichzeitig müssten die Schulferien radikal gekürzt, der Samstag zum regulären Schultag gemacht, ein ziviles Pflichtjahr eingeführt und die Fort- und Weiterbildung verpflichtend vorgeschrieben werden. Spätestens mit vierzehn müsste der Lernende die Schule und mit zwanzig Jahren die Hochschule verlassen.


Wir schulen die Kinder nicht nur sehr spät ein. Wir halten sie auch viel zu lange in der Schule. Zwischendurch lassen wir einen großen Teil der Schüler auch noch eine Klasse wiederholen.

Dieter Lenzen in einem Interview für "Die Zeit"



Die Begründungen, die der Pädagoge für die Ausweitung des Schultages auf das gesamte
Kindes- und Jugendalter liefert, sind alles andere als pädagogisch. Um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern und ihren Wohlstand zu halten, brauche die Bundesrepublik bald eine Vielzahl gut ausgebildeter Arbeitskräfte. Die Versuche, Manpower aus dem Ausland anzulocken, seien gescheitert. Darum sei Höherqualifizierung die einzige Ressource, über die die Bundesrepublik verfüge, um diesen Missstand zu beseitigen:


Wir gehen davon aus, dass bis 2020 mindestens die Hälfte aller Schulabgänger einen Hochschulabschluss haben muss. Das hieße, wir benötigen eine Abiturientenquote um die 70 Prozent.


Zum anderen sei schon aufgrund der Alterspyramide und der Unlust der Deutschen,
Kinder zu gebären, ein früherer Schuleintritt vonnöten. Bald müssten junge Arbeitskräfte in Übermaß den Lebensabend der Alten finanzieren. Da könne man sich Bummeln und Trödeln an unseren Schulen ebenso wenig leisten wie das Brachliegen "kindlicher Neugierde und Wissbegierde". Da diese Ressource obendrein kostenlos zu haben sei, wäre es grob fahrlässig, sie national nicht zu nutzen und sie optimal auf die künftigen Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes abzustimmen.

Moderne Biopolitik

Wie bereits in den sechziger Jahren, als der Sputnik-Schock zur Gründung des "Deutschen Bildungsrates" führte, Begabung mit "begaben" übersetzt wurde und "Bildungsreserven" in Arbeiterschichten vermutet wurden, werden auch diesmal, nach Pisa-Schock und hausgemachten Problemen, pädagogische Fantasien (Wissbegierde, kindliche Neugierde, Lernwillen ...) mit wirtschaftlichen Interessen (Altersfürsorge, Höherqualifizierung, längere Arbeitszeiten ...) verknüpft.

Erneut ist das "Ausschöpfen bislang ungenutzter Bildungsreserven" Ziel nationaler Bildungsplanung, um dem verschärften internationalen Wettbewerb standzuhalten. Darum hat zweckfreie Bildung ausgedient. Künftig dürfen Lernen und Bildung nicht mehr dem Zufall überlassen werden. Regelmäßige und standardisierte Lernleistungstest schon in der Grundschule sollen Auskunft über den Wissensstand der Zöglinge geben.

Aber nicht nur der Unterricht muss staatlich geplant und periodisch überprüft, auch Lernzeiten, Ruhepausen und die Freizeit von Kindern und Jugendlichen sollen fortan unter der strengen Aufsicht von Lehrern organisiert, rhythmisiert und kontrolliert werden. Am liebsten durch Kasernierung der Zöglinge von acht Uhr morgens bis nachmittags um vier oder fünf, damit Mama oder Papa bei Infineon die Chip-Produktion steigern oder einem Billigjob bei einem Dienstleister nachgehen können.

Was einst nur für den Arbeitstag der Erwachsenen galt, nämlich den gesamten Körper des Arbeiters für die Zwecke des Betriebs oder der Behörde in Bewegung zu setzen, soll nun auf den Alltag der Kinder übertragen werden. Der "formellen Subsumtion" folgt die "reelle Subsumtion" (Karl Marx) des Lebens. Sie zielt, wie Foucault klar gemacht hat, auf den ganzen Körper des Zöglings.

Über die Eignung zur Lösung komplexer Aufgaben sagt die Abiturientenquote nichts aus

Es ist abzusehen, dass die Bildungsplaner und pädagogischen Eiferer mit dieser Politik scheitern werden. Auch mit noch so viel Unterricht, intensiver Betreuung und längeren Schulzeiten werden sich Wissensarbeiter nicht am Fließband produzieren lassen. Zum Symbolanalytiker taugen nur die wenigsten Menschen. Aus Trabis lassen sich bekanntlich keine Ferraris machen.

Das Problem der Bildungs- und Berufsunfähigkeit, das die Single- und Mediengesellschaft schafft, lässt sich auch durch Ganztagsschulen und Förderunterricht nicht beseitigen. Obligatorische Vorschule ab drei, Ganztagsbetreuung und verbessertes Lern- und Wissensmanagement werden, wie Studien in vergleichbaren Staaten (Frankreich, England ...) zeigen, an dieser Misere der postmodernen Informationsgesellschaft nichts Gravierendes ändern.

Die Abiturientenquote zum Gradmesser für das Bildungsniveau eines Landes zu machen, ist Augenwischerei. Über die Eignung des Nachwuchses zur Lösung komplexer Aufgaben sagt sie nichts aus. Um sie sofort anzuheben, bräuchte man (wie soeben in der Handwerksordnung vorexerziert wird) bloß Anforderungen abzusenken und den Zugang zu den Gymnasien freizugeben. Schon hat man die gewünschte Quote und befindet sich auf Augenhöhe mit anderen OECD-Staaten.

Dass allerdings von Jahr zu Jahr das Lernniveau sinkt, das Anspruchsdenken steigt und die Klagen von Unternehmern, Hochschullehrern und Handwerkern über mangelhafte Grundkenntnisse in Schreiben, Rechnen und Lesen unvermindert hoch sind, wird nicht durch bessere Quoten erreicht. Dazu bedarf es keiner "extensions of school", sondern der Konzentration auf das Wesentliche. Davon sind unsere Pädagogen aber meilenweit entfernt. Statt Lehrpläne zu entrümpeln, Ballast abzuwerfen und den Wissenskanon auf Ziele der Grundbildung zu beschränken, wollen sie möglichst alle Probleme der modernen Gesellschaft in der Schule lösen.

Dass die Postmoderne daran nichts geändert, eher den biopolitischen Traum der Menschenbildung und Menschenzüchtung befeuert hat, beweist der Vorsteher der Studie, Dieter Lenzen. Vor zehn Jahren, als es an der FU in Berlin opportun war, plädierte er für Lakonie und Gelassenheit im Umgang mit den Zöglingen. Jetzt, als ihr Präsident, will er nicht nur Vierjährige einschulen, den Samstag zum Schultag machen und aus Ferien "Schulurlaub" machen, er hat soeben auch verkündet, etwa ein Viertel der Professorenstellen an der FU abbauen zu wollen. So schnell wird ein Postmodernist zum Superbeschleuniger des digitalen Kapitalismus.

Keine Zeit verlieren

Aus derselben Quelle scheint der bayerische Ministerpräsident zu schöpfen. Nach seinem überwältigenden Wahlerfolg in Bayern strotzt er nur so vor Kraft und Potenz. Auch er drückt wie sein Amtskollege in Hessen auf die Tube: Er will Fünfjährige in die Schule schicken, die Gymnasialzeit vom nächsten Schuljahr an um ein Jahr verkürzen und die Schulstunden pro Woche um bis zu acht Stunden erhöhen. Auf Schüler der zehnten Gymnasialklasse wartet dann künftig eine 38 Stundenwoche.

Gleichzeitig will er den Universitäten eine mehrprozentige Kürzung der Mittel aufbürden, was Rektoren und Studenten, Professoren und Hilfskräfte auf die Straße treibt und zu massiven Protesten animiert. Und das, obwohl ein neuer Studentenberg auf die Universitäten zurollt und der Arbeitsmarkt nach mehr und höher qualifizierten Absolventen lechzt.

Wie dieses Paradox ohne Erhöhung der Stellen, Mittel und Etats gemeistert werden soll, dürfte auch Pisa-Spitzenreiter überfordern. Auf die Idee, den erhöhten Ausstoß von qualifiziertem Personal mit längeren Präsenz- und Lehrzeiten der Hochschullehrer, Leistungszulagen und Verkürzung der Qualifikationszeiten des wissenschaftlichen Nachwuchses zu bewältigen, kann nur kommen, der keine Ahnung davon hat, was an den deutschen Massenuniversitäten abläuft. Dass Schule, Bildung und Universität nicht der Marktlogik folgen, scheint unseren Schnelldenkern und Vollgaspädagogen nicht in den Sinn zu kommen.

Zu recht hat Armin Nassehi auf die Kurzsichtigkeit der Politik und ihrer Repräsentanten im Land hingewiesen ( Eine bayerische Katastrophe) und sowohl die Vollmundigkeit des bayerischen Ministerpräsidenten als auch dessen Populismus und "wohlfeile Semantik" angeprangert, mit der dieser seine Streichorgie untermalt (Profilschärfung, internationales Benchmarking, Standards für Betreuung und Beratung)...

http://www.heise.de/tp/deutsch/kolumnen/mar/16212/1.html
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
zwei lesenswerte artikel:

Alles für den Markt, nichts für die Menschen

Das Heiligtum "Markt"

"Der Markt regelt es schon" - Das Mantra der Marktwirtschaft und ihrer Vertreter. Es wird uns immer wieder und wieder erzählt und wir WISSEN, es ist richtig. Der Markt regelt es schon. Wir wissen ziemlich genau wie er funktioniert und was er ist. Das sollte niemand in Frage stellen. "Der Markt regelt es schon." Was "der Markt" ist, wissen wir genau. Nur was "es" ist, das er regelt, das hat uns niemand gesagt.

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/mein/14406/1.html


Geldknappheit im Kapital-Ismus

Über Widersprüche des herrschenden Wirtschaftssystems und in den Taten seiner Erfüllungsgehilfen

...Für viele Menschen ist das derzeitige Wirtschaftssystem einfach der Urzustand, somit das natürlichste aller Wirtschaftssysteme. Die derzeitige Weltwirtschaftskrise ist demnach nur durch die Unfähigkeit der Lenker der Nationen und unglückliche Umstände zustande gekommen, das System als solches trifft keine Schuld.

Jedoch gibt es gewisse "Anomalien", welche im Kapitalismus, der oft fälschlicherweise mit Marktwirtschaft gleichgesetzt wird, ihre Blüten treiben. Diese Anomalien äußern sich in scheinbar seltsamen Widersprüchen. Es ist anhand der Widersprüche selbst nicht auszumachen, ob sie auf einer Fehlerhaftigkeit des Wirtschaftssystems oder einfach an der Unfähigkeit seiner Betreiber beruhen.

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/mein/16245/1.html
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Dies ist kein Plädoyer dafür, eine Planwirtschaft nach Vorbild des ehemals real existierenden Sozialismus einzuführen. Allein die Pflicht, dies sagen zu müssen, um einen Diskussions-Krieg zu vermeiden zeigt bereits, dass der Markt als Heiligtum angesehen wird. Kritik am Markt ist Kritik am bestehenden System, welches seit Jahrzehnten existiert, den "Kommunismus" überlebt hat und allein deshalb bei vielen bereits einen Alleinstellungsanspruch besitzt. Doch selbst die Verlierer dieser Strategie gehören oft zu den Verteidigern des Althergebrachten.

Oh mein Gott, Norbert Rost muss diesen Thread gelesen haben! 8O


:lol:



Nicht schlecht ist auch der von Rost verlinkte Artikel in der "Jungen Welt" über die Prognosen der "Wirtschaftsweisen":

http://www.jungewelt.de/2003/11-13/002.php


Damit scheinen sich die Sachverständigen von einem Zusammenhang getrennt zu haben, den sie uns noch vor kurzem wie das wichtigste der zehn Gebote gepredigt haben: Wirtschaftswachstum vermindere Arbeitslosigkeit.
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
Oh mein Gott, Norbert Rost muss diesen Thread gelesen haben!

stimmt, das war auch mein erster gedanke :lol:

aber er hat es doch sehr schön auf den punkt gebracht:

du sollst keine anderen götter neben mir haben.

zu den fünf "weisen":

Ein sogenannter Sachverständigenrat, dessen Mitglieder ohne jeden Anflug von Ironie die »fünf Weisen« genannt werden, legt im Herbst ein Jahresgutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor, dessen Trefferquote mit der des Hundertjährigen Kalenders konkurriert.

wobei ich sagen muss, der hundertjährige kalender hat eine eindeutig höhere trefferquote.

interessant ist, das der nicht mehr vorhandene zusammenhang zwischen wirtschaftswachstum und zunehmender arbeitslosigkeit nicht weiter thematisiert wird.
nun ja, sie wissen schon warum, wer schießt sich schon selber ins bein?

Davon abzulenken, den Teufelskreis der Umverteilung als Notwendigkeit zu verkaufen, ist der eigentliche Auftrag der »Wirtschaftsweisen«. Sie erfüllen ihn von Jahr zu Jahr schlechter. Denn hinter dem ganzen Prognose-Brimborium stellt sich immer dringender die eigentliche Frage: Wie das System ökonomisch überhaupt noch am Laufen gehalten werden kann. Die Weisen wissen es so wenig wie die Bundesregierung und suchen die Rettung im Ritual
 

samhain

Ritter Rosenkreuzer
10. April 2002
2.774
es ist immer soviel vom fehlen umsetzbarer alternativen die rede, hier ist eine:

Alternativen zur Repressanda 2010

http://www.lebenshaus-alb.de/mt/archives/002033.html

aber ich glaube, das es letztendlich nicht um das fehlen und die umsetzbarkeit von alternativen geht, sondern dem nicht vorhandenen willen der wirtschaftlich verantwortlichen und ihrer politischen marionetten, die eine daseinsform der spaltung vertreten, in der es eben nicht um akzeptable lebensbedingungen für alle geht.

weiteres von der globalen "alles-für-den-markt-nichts-für-den-menschen-front":

US-Besatzungsarmee verhaftet irakische Gewerkschaftsführer

Bagdad, Irak (10.12.2003) -- Die US-Besatzungstruppen haben an diesem Wochenende ihre Bemühungen ausgedehnt, die neuen irakischen Gewerkschaften durch eine Reihe von Verhaftungen zu lähmen.

...Die Welle der gewerkschaftlichen Organisierung im Irak ist das Ergebnis der Lage der Arbeiter des Landes. Mehr als sieben Millionen Menschen oder siebzig Prozent der Arbeitskräfte sind der Gewerkschaft der Arbeitslosen zufolge ohne Arbeit, leiden Hunger oder sind sogar obdachlos. Obwohl der US-Kongress 87 Millionen Dollar für den Wiederaufbau zugewiesen hat, kann Dr. Nuri Jafer, der stellvertretende Minister für Arbeit und soziale Angelegenheiten "kein Land finden, dass bereit ist, unsere Pläne für ein minimales Arbeitslosenunterstützungssystem zu finanzieren". Vom Wiederaufbau sieht man in Bagdad nichts. Die Arbeit an Pipelines und Häfen für den Ölexport mag vorangehen, aber riesige Mengen Kriegsschutt liegen unberührt auf den Straßen der Hauptstadt. Mit den Geldmitteln aus den USA werden eine erdrückende Militärpräsenz und die Transformation der irakischen Wirtschaft bezahlt. Beides mit dem Ziel, das Land für ausländische Investoren attraktiver zu machen. Auf einer Telefon-Pressekonferenz am 08. Oktober gab Thomas Foley, der Direktor für die Entwicklung des privaten Sektors bei der CPA, eine Liste der ersten irakischen Staatsbetriebe bekannt, die verkauft werden sollten, einschließlich Zement- und Düngemittelfabriken, Phosphat- und Schwefelminen, Arzneimittelfabriken und die irakische Luftfahrtgesellschaft. Am 19. September veröffentlichte die CPA den Befehl Nr. 29, der - mit Ausnahme der Ölindustrie - einen 100-prozentigen ausländischen Besitz an Unternehmen und den Transfer ausländischer Profite aus dem Land gestattet.

Die irakischen Arbeiter haben Angst vor den Folgen, die eine Privatisierung für ihre Arbeitsplätze haben wird und fürchten, dass der Ausverkauf zu massiven Entlassungen führt. Der Manager der Ölraffinerie Al Daura, Dathar Al-Kashab, sagte voraus, "im Falle einer Privatisierung muss ich 1500 Arbeiter (von den 3000 bei der Raffinerie beschäftigten) entlassen. Wenn in Amerika eine Firma Leute entlässt, gibt es eine Arbeitslosenversicherung und sie müssen nicht verhungern. Wenn ich jetzt Beschäftigte entlasse, töte ich sie und ihre Familien."

...Jedes Mal wenn die neuen Gewerkschaften versuchen, mit den Managern in den Fabriken Gespräche zu führen, wird ihnen mitgeteilt, dass ein von Saddam Hussein erlassenes Gesetz aus dem Jahre 1987 den Arbeitern in Staatsbetrieben (wo die Mehrheit der Iraker arbeitet) verbiete, Gewerkschaften zu bilden. Die Provisorische Verwaltung der Koalitionstruppen sorgt zusätzlich für die Einhaltung dieses Gesetzes. Ein von der CPA erlassener Befehl vom 06. Juni droht damit, dass jeder, der "zur zivilen Unordnung aufruft", als Kriegsgefangener nach der Genfer Konvention verhaftet wird. Die jüngsten Verhaftungen sind die neuesten Episoden bei diesem Bemühen der Besatzungsbehörden, die Gewerkschaften zu unterdrücken.

alles hier:

http://www.zmag.de/artikel.php?id=944


Ein amerikanischer Mythos erlischt

Das stille Ende von 554 M

Die Gesetze der Globalisierung machen auch vor dem Hersteller der Kult-Jeans nicht halt: In Texas wird die letzte Levi-Strauss-Fabrik in den USA geschlossen.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/731/23708/

Wege aus der Krise
Krankheit soll Urlaub sein

In der Krise haben kreative Vorschläge Konjunktur. Nun hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks gefordert, Krankheitstage "mit einigen Urlaubstagen" zu verrechnen. „Wir sollten bereit sein, über Maßnahmen nachzudenken, die Arbeitsplätze sicherer machen“, sagte der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hanns- Eberhard Schleyer, der Nordwestzeitung.

http://www.n-tv.de/5199822.html

Ein Brief an den Siemens-Aufsichtsrat betreffs "Massenentlassung langjähriger Mitarbeiter im Siemens- Betrieb München-Hofmannstraße"

http://www.nci.migm.de/Archiv/NCI/OffenerBriefAnAR.html
 

Woppadaq

Großmeister-Architekt
2. August 2003
1.228
Hier noch ein Link, der, wie ich finde, unbedingt reinmuß (entdeckt im attac-forum)

Kritik am Neoliberalismus: Interview mit Joseph Stiglitz, Ex-Vizepräsident und Chefökonom der Weltbank

http://www.trend.partisan.net/trd0204/t050204.html

Mikich: Würden Sie den IWF immer noch als Fahnenträger des Neoliberalismus bezeichnen?

Stiglitz: Ja, in der Tat. Wobei ihm keine zusammenhängende Philosophie zugrundeliegt. Obwohl der Neoliberalismus von sich behauptet, ganz und gar auf die freie Marktwirtschaft zu setzen, das bedeutet: keine staatliche Intervention, habe ich früher, als führender ökonomischer Berater von Präsident Clinton, ganz andere Erfahrungen gemacht. Nämlich, dass alle die freie Marktwirtschaft befürworten. Ausser in ihrer eigenen Sparte. Und dass alle gegen Subventionen sind, ausser in ihrem eigenen Sektor.

Nun, schauen Sie, wie das neoliberale Doktrin der freien Marktwirtschaft auf dem Devisenmarkt angewendet wurde. Was machte der IWF, als die Ostasienkrise ausbrach? Er benutzte einen Fonds von Milliarden und Abermilliarden Dollars, um amerikanischen, westeuropäischen und westlichen Banken aus der Klemme zu helfen.

Mikich: ... Also doch Interventionismus?

Stiglitz: Er greift ein, aber selektiv. Er verfügt über Milliarden, damit er die Banken unterstützen kann. Aber als die Armen in Indonesien um ein paar Millionen Dollar für Nahrungsmittel baten, behauptete der IWF, es gebe kein Geld dafür.

....eine Neoliberalismus-Kritik, die ich zur Abwechslung mal voll und ganz teile !
 
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