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Fahndung im Lebenslauf

newknow

Geheimer Meister
3. April 2003
158
Hallo Leute,

ich habe vor einiger Zeit in der 20. Spiegelausgabe einen Beitrag gelesen der mir nicht so einfach aus den Kopf will. So habe ich mich endlich dazu entschieden, diesen Beitrag zu digitalisiern und Euch reinzusetzen, -um vor allem Studierende, die sich für ein Praktikum entschieden haben, auf folgende Tatsache aufmerksam zu machen.
Es handelt sich in dem Beitrag um ein von Riester ergänztes Befristungsgesetz, das angeblich verhindern soll, daß Chefs nur noch Zeitverträge vergeben.

Was dabei rauskommt könnt ihr Euch nun reintun.

GRß


Spiegelausgaben: 20/10.5.04, S. 70

Arbeitsmarkt

Fahndung im Lebenslauf

Das vor gut drei Jahren verabschiedete Befristungsgesetz
wird zum Jobkiller für ehemalige Praktikanten, Werkstudenten und Aushilfskräfte.
Annette Schendel, 38, freut sich darauf, ihren ersten Falschparker zu erwischen. Im
vergangenen Juli hatte die arbeitslose Druckformherstellerin nach monatelanger
Suche es scheinbar geschafft, einen – auf ein Jahr befristeten – Job als Politesse beim
Ordnungsamt Hannover zu ergattern.
Der Bewerbungstest , erinnert sie sich, war „super gelaufen“. Am Ende des
Vorstellungsgesprächs durfte sie probehalber sogar ein Knöllchen ausfüllen.
Um so größer war Schendels Enttäuschung, als ihr die Behörde wenig später nicht den
erhofften Arbeitsvertrag, sondern einen Ablehnungsbescheid zuschickten.
„Ihre persönliche Eignung steht nicht in Frage “, teilt das Amt mit- Doch bei genauer
Überprüfung von Schendels Unterlagen sei man leider auf Informationen gestoßen, die „einer
Einstellung entgegenstehen“.
Der dunkle Fleck in ihrem Lebenslauf , so musste die Hannoveranerin lernen, ist eine
Teilnahme an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM).
Monate lang hatte sie Anfang 2003 geholfen, einen vernachlässigten Hinterhof zu begrünen
- als Wiedereinstellungshilfe ins Berufsleben, wie Schendel glaubte.
Tatsächlich aber hat sie sich mit ihrer ABM disqualifiziert, und zwar auf Lebenszeit: Für eine
befristet Anstellung bei der Stadt Hannover, beschied das Ordnungsamt („Wir bedauern
sehr“), komme sie nicht in Frage.
Was klingt wie ein böser Scherz der Kommunalbürokratie, ist die bizarre Nebenwirkung eines
rot – grünen Regulierungsversuchs, der nach Schätzung des Deutschen Industrie und
Handelskammertages bundesweit 250.000 Jobs gekostet. Ende 2000 hatte sich der damalige
Walter Riester mit der ihm eigenen Gründlichkeit daran gemacht, das komplizierte deutsche
Arbeizsrecht um §14, Absatz 2 , Satz 2 des „Teilzeit und Befristungsgesetzes“ zu ergänzen.
Um zu verhindern, das Chefs ihren Leuten nur noch Zeitverträge anbieten, sollte fortan jeder
nur einmal im Leben ohne sachlichen Grund beim selben Arbeitgeber auf Zeit beschäftigt
werden.
Drei Jahre später ist der Riester-Plan mit voller Wucht durchgeschlagen.
Weil vor allem die öffentlichen Arbeitgeber wegen knapper Kassen fast nur noch Zeitverträge
anbieten, müssen sie die Lebensläufe ihrer Bewerber penibel durchleuchten.
Doch auch Personalchefs von Großkonzernen verlangen eine schriftliche Erklärung , dass der
Kandidat niemals zuvor auch nur bezahltes Praktikum im Unternehmen gemacht hat. Zu groß
ist die Angst, dass ein ehemaliger Werkstudent unerkannt bleib, zunächst ein Vertrag als
Zeitarbeiter unterschreibt –und sich dann auf eine Dauerstelle einklagt.
Aussortiert werden dabei auch all jene Bewerber, - die verzweifelt über ihre Arbeitslosigkeit –
freiwillig bereit wären, auf eine unbefristete Anstellung zu verzichten. Das ist für die
Betroffenen um so schlimmer, je größer ihr früherer Arbeitgeber ist.
Eine 50-Jährige Frau aus Frankfurt (Oder) hätte gern für ein Jahr beim Amt für Soziales und
Versorgung gearbeitet, darf für das gesamte Land Brandenburg aber nicht mehr befristet tätig sein, nur weil sie Mitte der neunziger Jahre kurzzeitig in der Verwaltung der dem Land
unterstellten Universität Viadrina aushalf.
Nochmehr ins Abseits hat sich eine junge Juristin manövriert, als sie nach ihrem
Staatsexamen beim Bundesvermögensamt in Potsdam jobbte.
Die komplette Bundesverwaltung, Deutschlands größter Arbeitgeber mit allen
nachgeordneten Behörden, darf ihr Zeit ihres Lebens keinen befristeten Job mehr geben.
Selbst den Gewerkschaften gilt das Riester-Gesetz inzwischen als Musterbeispiel dafür, wie
ursprünglich zum Arbeitnehmerschutz erdachte Klausel in Wahrheit das Entstehen neuer Jobs
verhindern. Eine Arbeitsgruppe beim deutschen Gewerkschaftsbund kommt intern zur
Ansicht, dass sich das Zeitarbeitsgesetz leider zum „Karrierekiller“ entwickelt habe.
„Das Gesetz schadet mehr, als es nutzt“ urteilt auch Frank Conrad, Chef des Sächsischen
Beamtenbundes.
Erst kürzlich beklagte die Landesregierung Sachsens, dass der Freistaat jedes Jahr fast 6
Millionen € in die Ausbildung angehender Staatsdiener investiere, nur um den Nachwuchs
nach einer Kurzlaufbahn von maximal 2 Jahre auf Nimmerwiedersehen vor die Tür zu setzen.
Doch die Spitzenpolitiker in Berlin halten sich bislang zurück. Als sich der Petitionsausschuß des Bundestages wegen einer Flut von Bürgerbeschwerden über das Befristungsgesetz an die Bundesregierung wandte, wiegelte Ministerialbürokratie ab: „eine besondere Untersuchung
der Auswirkungen der Befristungsregelungen ist derzeit nicht vorgesehen“.
Für angehende Berufseinsteiger hält der Bundesarbeitgeberverband Chemie deshalb klare
Verhaltensregeln parat. Während man früher, so ein Sprecher, stets empfohlen habe, sich
seinen Traumjob via Werkspraktikum zu nähern, müsse man von dieser Strategie inzwischen
dringend abraten: „Wer später unbedingt zu BASF will, soll um Himmels Willen sein
Praktikum woanders machen“.
Alexander Neubacher
 

OTO

Erhabener auserwählter Ritter
18. März 2003
1.184
Also ist ja der Abschuss.
Meine Meinung das die da oben total Weltfremd sind wird immer mehr bestätigt.

Wer Arbeiten will findet Arbeit. :lol:
Schön währe es, selbst schon erlebt.
 

_Dark_

Ritter Rosenkreuzer
4. November 2003
2.666
ja, wenn ich sowas lese, dann denke ich mir echt manchmal, dass man die ganze bagage, die ja unsere vertreter sein sollten, mit sofortwirkung auf den mond schießen sollte.
sowas von amtsschimmel, das ist echt unglaublich
:don:
 

dkR

Großmeister aller Symbolischen Logen
10. April 2002
3.142
Ich fand den Artikel auch etwas... :don:
 

Mr. Anderson

Vorsteher und Richter
24. Februar 2004
704
Ein Gesetz, über das man sich unendlich empören kann. Das erinnert mich an die Besteuerung von sogenannten "fiktiven Gewinnen" , die u.a. für die Pleite eines Architekturbüros verantwortlich war, weil die Betrofennen mehr Steuern zahlen mußten, als sie Gewinn machten.
 
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