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tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
Ok Manipulation ist falsch gewählt. Aber was passiert mit einem stark Mutierten Menschen? Ist der noch Mensch?

Solche Züchtungen werden aber wohl nur durch massiven Inzest begünstigt, da man sonst die neuen Eigenschaften zu schnell verliert.
 

Tizian

Großer Auserwählter
14. Mai 2002
1.591
Mutation? War das nicht das künstlich herbeigeführte Weiterentwickeln? Und Modifikation das natürliche?

Verstehe deswegen nicht, wie du auf Mutation kommst. Wie will man Menschen und ihren Nachfahren eigentlich das Menschlichsein absprechen, rechtlich und moralisch gesehen, meine ich :?:
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
@agentp: Eben diese kulturelle Konditionierung schlägt sich in unseren Denkmustern nieder und dort können sie erfasst werden!
Das glaube ich kaum, Tizian, denn der genetische Code ist in bestimmten Bereichen bei allen Menschen gleich, zB was die Triebsteuerung betrifft, trotzdem beschränken sich Menschen in manchen Kulturen z.B. auf einen Geschlechtspartner, in anderen haben sie mehrere, manche haben ein Leben lang den gleichen andere wechseln öfters. Ginge es nach dem was aus Sicht der Vererbungsbiologie logisch wäre, müssten alle Männer sich mit so vielen Frauen wie möglich so oft wie möglich (und unseren Anlagen entsprechend wäre das in der Regel sehr oft) paaren, damit möglichst viele neue Kombinationen zustande kommen. Tun wir aber nicht, oder ? Sondern wir erfinden Monogamie und Ehe und schlagen mal ganz locker unseren Genen ein Schnippchen und lassen etwas anderes die Kontrolle übernehmen, andere Menschen woanders auf der Welt tun das nicht oder anders, also muß es wohl etwas anderes geben als das genetische Erbe sein, das die Menschen antreibt.
Und grundsätzliche Denkmuster können sich auch ändern, sonst würde es nicht so etwas wie akute psychische Krankheiten geben.
 

Tizian

Großer Auserwählter
14. Mai 2002
1.591
Wie kommst du von Denkmustern zurück auf die Genetik, wen ersteres was mit unserer kulturellen Konditionierung zu tun hat? Für jeden Gedankengang, für jeden Augenblick verändert sich die Denkstruktur ein wenig, also lässt sich daraus etwas folgern. :wink:
 

Tizian

Großer Auserwählter
14. Mai 2002
1.591
@dimbo: Er hat durchaus recht, wir können diese Sachen verstehen, etwas Ursachenforschung um die Hintergründe zusammenzutragen und man bekommt ein Bild, dass sogar beweißbare Erklärungen liefert. . . :wink:
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
Tizian, mein Freundeskreis besteht, weil ich dieses Studium auch mal angefangen hatte ( :wink: ), zu einem nicht unerheblichen Teil aus Soziologen, und ohne diese Menschen als Individuen herabwürdigen zu wollen, kann ich dir versichern, dass es zwar möglich ist, wie du sagst, Erkenntnisse durch Forschung zu erlangen, diese wissenschaftlichen Erkenntnisse aber meiner persönlichen Meinung nach keineswegs den Satz:

Tsurbito schrieb:
Es gibt ja immer noch die sozialisierten Sachen, die man nicht mit den Genen mitbekommt. Aber die verstehen wir ja schon.

rechtfertigen.

Dafür ist a) der Mensch im Vergleich mit den Sozialwissenschaften imho um einiges zu komplex und b) wäre es selbst, wenn dem nicht so wäre, unmöglich, für eine einzelne Person, eine derart absolute Wertung abzugeben, da dies einen Informationsstand voraussetzen würde, der über das, was heutzutage erkenntnistheoretisch möglich ist, weit hinausgeht.

Hätte Tsurbito dem Satz ein "imho" hinzugefügt, hätte ich ihn mit Sicherheit nicht kritisiert, sondern als Vetrauen in die Sozialforschung gewertet. So ist er aber eine allgemeine Aussage mit einem inneren Anspruch auf Gültigkeit, bzw. Wahrheit, der meinen Erfahrungen widerspricht. Deswegen der Widerspruch.
 

tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
Der Satz ist zwar von mir, ich antworte trotzdem mal

Wir können einen Grossteil des Menschlichen Verhaltens auf die Kindheit zurückführen. Ich bin immer erstaunt, welche Parallelen es da gibt und wie sich Störungen in gewissen Entwicklungsphasen niederschlagen können.

Wir können nicht in Individualfällen von Verhalten sofort auf bestimmte Erlebnisse schliessen aber wir verstehen die Mechanismen und können bei einiger Beobachtung sehr viel zurückverfolgen. So löst die Psychotherapie ja schliesslich meist die Probleme der Patienten.
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
Sorry Tsurbito, wegen der Verwechslung, ich habe die Namen nachträglich berichtigt. In Bezug auf die Bedeutung der frühkindlichen Prägungsfrage stimme ich dir vollkommen zu, ich denke nur nicht, dass wir alle "sozialisierten Sachen, die man nicht mit den Genen mitbekommt schon verstehen." Einige auf jeden Fall, viele vielleicht, aber alle imho auf keinen Fall.
 

tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
War wohl Missverständlich ausgedrückt
Wir verstehen WIE es funktioniert und auch zum Teil was geprägt wird. Bei Enten mögen wir weiter sein und beim Menschen ist es wohl nur eine Frage der Zeit.
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Das Problem ist nur, daß wir so gut wie nie alle Parameter haben, sprich alle Einflüsse erfassen können, die auf einen Menschen im Laufe eines Lebens einwirken, die Wissenschaft im großen und ganzen zwar Mechanismen erforschen kann, aber dieses Wissen sehr schwer an Individuen nachzuprüfenb ist. Das mag bei einer schweren Störung noch funktionieren, wenn man da ein schwer traumatisches Erlebnis in der Kindheit findet,aber zB. daß ich ausgerechnet Kate Moss und Kylie Minogue sexy finde und Pamela Anderson und Angelina Jolie nicht, das lässt zwar ein Muster erkennen, aber kein Wissenschaftler egal welcher Disziplin wird jemals erklären können warum ich so bin. Vermutlich schon deshalb nicht, weil nicht zwangsläufig ein bestimmter Faktor zu einer bestimmten Prägung führt, sondern oft auch verschiedene Faktoren zum gleichen Ergenis oder viele Faktoren nötig sind um zu einer bestimmten Prägung zu führen.
 

Tizian

Großer Auserwählter
14. Mai 2002
1.591
@agentp: Ich glaube, du unterschätzt die Möglichkeiten der Wissenschaft. Meiner Meinung nach haben wir noch nicht mal 1% des möglichen Wissens erreicht, also werden wir das auch noch so weit bekommen! :D
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Ja, wenn die Wissenschaft eine Zeitmachine erfindet und mir einen Wissenschaftler ans Geburtsbett schickt, der mich von da ab begleitet und jeden Pups und jeden Mückenstich mitprotokolliert, dann vielleicht. :roll:
 

Tizian

Großer Auserwählter
14. Mai 2002
1.591
Dafür gibt es genügend Maschinen und KI ist in Entwicklung! gefühle sind nur Hormonausschüttungen auf Reize, das kann man also auch messen!
 

tsuribito

Vorsteher und Richter
27. September 2002
732
@agentp
Man muss dich nur fragen. Wenn dich etwas geprägt hat, kannst du dich auch daran erinnern. Vielleicht auch nur unter Hypnose aber es funktioniert meist sehr gut.
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
Ich kann den Wissenschfts-Optimismus von euch nicht ganz nachvollziehen, Tizian und Tsurbito. Wir nutzen nur 1 % des Wissens, deswegen wird Wissen_schaft uns die Fragen beantworten, die die Evolution, Religion und Selbsterkenntnis nicht bieten konnten? Für mich ist der Glaube daran ein neuer Irr-Glaube, eine neue Götze. Nur der Blick nach innen kann einem Menschen erklären, warum er ist - keine Wissenschaft wird das jemals können. Und worum mehr kann es im Leben gehen?

Der interessanteste Teil der Wissenschaft, das progressive Neue wird immer unterdrückt. Früher war es das geozentrische Weltbild, das mit allen Mitteln geschützt werden muß, heute sind es Staatsgrenzen und "der gesunde Menschverstand" wegen dem z.B. ein sinnloser Krieg gegen Drogen geführt wird.

Ich möchte gerne Robert Anton Wilson zitieren, der in "Die neue Inquisition - Irrationaler Rationalismus oder Die Zitadelle der Wissenschaft" über den "Fall Reich" schreibt:

"Im Oktober 1957 drangen Agenten der U.S.-Regierung in die Räume der Orgone Institute Press in New York City ein; sie beschlagnahmten alle Bücher; sie luden die Bücher auf einen angeforderten Müllwagen; sie fuhren zur Müllverbrennungsanlage auf der Vandivoort Street; sie verbrannten die Bücher.

Das war nicht im finsteren Mittelalter, sondern vor wenigen Jahren. Es geschah nicht unter einer faschistischen oder marxistischen Diktatur, sondern in einer Nation, deren Verfassung eine derart pyromanische Art des Umgangs mit unbequemem Gedankengut ausdrücklich verbietet. Und es wurde nicht von religiösen Fanatikern angezettelt, sondern von jenen 'wissenschaftlichen' Fanatikern, die J.B. Priestley 'Zitadelle' taufte.

Die Bücher stammten von Dr. Wilhelm Reich, einem früheren Schüler Freuds und politischen Radikalen. Dr. Reich war vorübergehend Kommunist und dann eine Weile Sozialist, bis er seine eigene Ideologie entwickelte, die er Arbeitsdemokratie nannte. Sie kann in etwa mit dem Gildensozialismus Chestertons, dem Anarchismus Kropotkins und dem libertären Marxismus verglichen werden, der sich bei gegen die Orthodoxie rebellierenden Marxisten großer Beliebtheit erfreute. Reich glaubte, daß alle Ideologie, einschließlich seiner eigenen, irrelevant seien, solange sich nicht eine sexuelle Revolution psychologischer (nicht politischer) Natur vollzöge und die Menschen sich nicht länger ihrer Körperfunktionen schämten.

Reich reizte die American Medical Association, indem er eine extreme 'psychosomatische' Position vertrat, die besagt, daß fast alle Krankheiten die Folge einer Verdrängung sind, sowohl im freudschen wie auch im politischen Sinne. Mit anderen Worten, domestizierte Primaten werden zu masochistischer Unterwerfung erzogen, die sie buchstäblich krank macht, 'physisch' und 'psychisch'. Reich verprellte dann auch die mächtige American Psychoanalytical Association, indem er behauptete, die freudsche Therapie heile nicht von selbst, sondern müsse durch das, was heute als 'Körperarbeit' bekannt ist, ergänzt werden - diverse Techniken, um die Muskeln zu entspannen und die Atmung zu normalisieren. Er beleidigte die Zitadelle, indem er darauf beharrte, alle Atomenergie (auch die zu friedlichen Zwecken verwendete) schade dem Menschen. Um seine Unbeliebtheit auf die Spitze zu treiben, forderte er den neuen Fundamentalismus heraus, indem er behauptete, es existiere eine unbekannte Art von Energie, die charakteristisch für lebende Wesen sei. Diese Energie, die verdächtige Ähnlichkeit mit der 'Lebenskraft' von Antimaterialisten wie Bergson und Bernard Shaw aufwies, nannte er Orgon.

Die Propaganda gegen Reich wurde angeführt von Martin Gardner, einem wissenschaftlichen Fundamentalisten. Herr Gardner hatte eine unfehlbare Methode, herauszufinden, was echte Wissenschaft und was Pseudowissenschaft ist. Echte Wissenschaft ist das, was mit seinem Götzen übereinstimmt, und Pseudowissenschaft ist das, was seinem Götzen widerspricht. Colin Wilson hat einmal geschrieben: 'Ich wünschte, ich könnte mir über irgend etwas auf der Welt so sicher sein wie Martin Gardner.' Nicht alle Päpste des zwanzigsten Jahrhunderts zusammen haben den Mut gehabt, derart viele Dogmen aufzustellen wie Herr Gardner, kein Mann seit Oliver Chromwell hat einen so uneingeschränkten Glauben an seine eigene Unfehlbarkeit besessen wie er.

Gardners päpstliche Bullen gegen Reichs Ketzerei sind höchst interessant und für den in Rage versetzen Fundamentalismus typisch. Die Implikation, daß Reich verrückt sei oder an Halluzinationen leide, ist nicht zu übersehen, auch wenn dies nie offen oder unzweideutig behauptet wird. Ein Verteidiger Gardners könnte sogar einwenden, diese Behauptung sei unfair, da Gardner niemals explizit behauptet habe, Reich sei verrückt - er habe nur gesagt, Reichs Bücher klängen wie eine 'komische Oper'. Trotzdem schwingt die Andeutung, Reich sei nicht ganz richtig im Kopf gewesen, bei allem mit, was Gardner über Reich zu Papier brachte. Derartige Andeutungen sind fast immer in fundamentalistischen Schmähschriften gegen jene enthalten, die ihre Götzen nicht anerkennen. Man kann so weit gehen zu sagen, daß sie zwar nicht ganz sicher sind, ob Andersdenkende wirklich allesamt verrückt sind, daß sie aber den starken Verdacht hegen, daß es sich so verhält.

Meines Wissens gibt es in der Literatur zur Reich-Kontroverse, die ich seit fast dreißig Jahren verfolge, nicht eine Stelle in Gardners Schriften, in der er berichtet, die Experimente Reichs wiederholt zu haben und zu Ergebnissen gekommen zu sein, die von denen Reichs abweichen. Verfügbaren Quellen zufolge scheint Gardner keine Experimente durchgeführt zu haben, um die Behauptungen Reichs zu widerlegen. Offenbar verfügt Gardner - tatsächlich oder nur subjektiv - über dieselbe Art von Wissen wie Dr. Munge: Er wußte, was möglich ist und was nicht. Er hatte überhaupt nicht nötig, Reichs Ergebnisse zu prüfen.

Während Gardner und viele andere Reich in den Medien angriffen, übten Mitglieder der American Medical Association und der Amercian Psychoanalytical Association Druck auf die Regierung aus, Reich zum 'Verrückten' oder 'Scharlatan' erklären zu lassen. Reich weigerte sich - ob aus Größenwahn, oder weil er sich liberalen Ideen verpflichtet fühlte, wie Sie wollen - anzuerkennen, daß die Regierung das Recht habe, wissenschaftliche Theorien zu beurteilen. Daher wurde er lediglich wegen Mißachtung des Gerichts verurteilt. Die Regierung rächte sich, indem sie seine Bücher verbrennen und die gesamte Ausrüstung seines Forschungslabors mit der Axt zerstören ließ und ihn dann ins Gefängnis warf, wo er nach wenigen Monaten an einem Herzschlag starb. Sein Mitarbeiter, Dr. Michael Silvert, nahm sich daraufhin das Leben.

Es wäre beruhigend, glauben zu können, daß Reich wirklich ein Verrückter war, ein armer Irrer, wie Gardner das suggeriert. Das ist die gesunde, konservative Art zu denken. Es stört ein bißchen, sich vorzustellen, daß Bücher, die in demokratischen Staaten verbrannt werden, inhaltlich wertvoll sein könnten - wie Bücher, die in undemokratischen Staaten verbrannt werden.

Nehmen wir an, Reich hätte teilweise oder gelegentlich recht gehabt. Immerhin stimmt die Zeit auf einer stehengebliebenen Uhr mindestens zweimal am Tag. Doch die Zitadelle hat seine Bücher verbrannt - alle Bücher. Dreißig Jahre Forschung landeten in den lodernden Flammen des Ofens - ein Brandopfer an den Moloch der Orthodoxie. Darunter Die Impulsive Persönlichkeit, Die Funktion des Orgasmus, Charakteranalyse, Die Massenpsychologie des Faschismus, Die sexuelle Revolution, Menschen im Staat, Äther, Gott und Teufel, Die Entdeckung des Orgons (II): Der Krebs und andere. Berichte über dreißig Jahre psychotherapeutische Praxis, soziologische Beobachtungen von Mitgliedern nazistischer oder kommunistischer Parteien, Analyse ihrer Arbeitsbedingungen und familiären Beziehungen; Laborexperimente über bio-elektrische Ladung und Entladung beim Orgasmus; klinische Studien über die Psychologie von Krebs- und Asthmapatienten; Dutzende von durchgeführten Experimenten zur postulierten 'Orgon'-Energie. Alles verbrannt, in Rauch und Asche verweht.

Ich habe keine Ahnung, wieviel von dieser mehr als dreißigjährigen Arbeit zu gebrauchen war. Ich weiß, das Reichs Orgasmusformel über die vier Stadien physiologischer Erregung und Entspannung von Masters und Johnson bestätigt wurde, daß seine Analyse der faschistischen Persönlichkeit von anderen Psychologen akzeptiert wurde, und daß viele der von ihm zum ersten Mal angewandten therapeutischen Techniken (Schreien, Weinen, um sich Schlagen) heute überall in den Vereinigten Staaten angewandt werden. Daraus folgere ich nicht, daß Reichs Ideen ausnahmslos richtig waren. Wahrscheinlich bedarf es noch zwanzigjähriger Untersuchungen von Seiten unabhängiger wissenschaftlicher Gruppen, ehe man weiß, was an der 'Orgon'-Theorie zu gebrauchen ist und was tatsächlich so verstiegen ist, wie die fundamentalistischen Materialisten meinen. Ich kann nur eine einzige Konsequenz aus dieser Tragödie ziehen, in der Bücher verbrannt und ein unabhängiger Kopf ins Gefängnis geworfen worden ist: Du sollst den neuen Götzen nicht beschmutzen.

Ich muß darauf hinweisen, daß weder Mr. Gardner noch andere Fundamentalisten, die Schmähschriften gegen Reich verfaßten, für die Bücherverbrennung selbst verantwortlich waren. Diese ging einzig und allein auf das Konto von Wissenschaftlern und Bürokraten, die im Dienst der U.S.-Regierung standen, des Muskels der Zitadelle sozusagen. Der Rest schaute zu, unbewegt. Nur achtzehn Psychiater im ganzen Land unterschrieben eine Protestnote gegen die Bücherverbrennung.

Die neue Inquisition rollt weiter. Bis zum Jahre 1967 war die Veröffentlichung von Reichs Schriften in den Vereinigten Staaten verboten. Bürger, die sich gerne eine unabhängige Meinung über die wissenschaftlichen Themen gebildet hätten, wurden per Gesetz daran gehindert, die verbotenen Seiten zu sehen, anzufassen oder auch nur daran zu riechen.

Dieser inquisitorische Geist besteht bis heute fort. Obwohl viele Psychologen einiges von Reichs Ideen übernommen haben, ist sein Werk als Ganzes noch lange nicht 'akzeptabel' für die Zitadelle. Biologen und Physiker beziehen sich nur dann auf sein angebliches 'Orgon', wenn sie darüber herfallen können. Diese Einstellung lebt fort, trotz der Tatsache, daß bislang in keiner größeren wissenschaftlichen Publikation - soweit mir bekannt auch in keiner kleineren - über Experimente berichtet worden wäre, die Reichs Behauptungen widerlegen. Es hat ganz den Anschein, als sehe die Zitadelle nicht mal die Veranlassung, Reichs Ideen zu überprüfen.

Die intuitive Gewißheit Gardners und Prof. Munges scheint in der Zitadelle durchaus verbreitet, fast allgegenwärtig zu sein. Jeder dort 'weiß', daß Reich auf dem Holzweg war, also kümmert sich keiner darum, der Sache nachzugehen.

Natürlich gab es den ein oder anderen Ketzer, die aber wurden alle ignoriert.

1962 erschien ein Privatdruck mit dem Titel New Method of Weather Control von Charles Kelley. Kelley hatte seinerzeit für das U.S. Weather Bureau gearbeitet, als Reich es kurz vor seiner Verhaftung darüber informierte, daß er in Maine einen Sturm erzeugen werde, um die Existenz seiner offiziell inexistenten Orgon-Energie zu beweisen.

Der Sturm brach los.

Das haben wir ja bereits geklärt: Selbst eine stehengebliebene Uhr zeigt zweimal am Tag exakt die Zeit. Außerdem war es purer Zufall. (Prägen Sie sich diesen Satz ein. Er ist der selbsthypnotisierende Gesang, mit dem die neue Inquisition sämtliche Beweise, die ihr zuwider sind, übertönt.)

Kelley jedoch war von dem Mann, der mit einer nicht vorhandenen Energie einen Sturm auslösen konnte, fasziniert. Er wiederholte Reichs Experimente. Sein Buch enthält Fotos angeblicher Resultate. Die Fotos beweisen auf eindrucksvolle Weise entweder, daß Reichs Versuche funktionieren, oder daß Kelley großes Talent hat, Fotos zu fälschen - denn alle Fotos, die das Dogma der neuen Inquisition in Frage stellen, müssen per definitionem Fälschungen sein.

Doch trotz unerschütterlicher Wächter des Glaubens wie Gardner und Munge werden manche schwach werden und sich fragen (der Hang zur Sünde und zur Ketzerei lauert in jedem von uns): Aber was ist, wenn Kelley die Fotos nicht gefälscht hat?

So erliegt man der Versuchung der finsteren Mächte. Der Weg zur Hölle ist leicht. Mit solchen Gedanken fängt es an, und ehe man sich versieht, denkt man an UFO, ASW oder gar, Gott behüte, an Astrologie. Am Schluß fängt man an zu meditieren und ernährt sich nur noch vegetarisch.

Die Kontroverse um Reich ist nicht erledigt, auch wenn die Bücher den Flammen zum Opfer fielen, und der Mann selbst unter der Erde ist. Alle paar Jahre erscheint ein neues Buch von irgendwem, irgend eine Ausgeburt des Teufels, der wie Kelley behauptet, er habe Reichs Experimente wiederholt und sei zu positiven Ergebnissen gekommen. In Orgone, Reich and Eros beschreibt der Soziologe Erik Mann seine Versuche mit einer Orgondecke, die erfolgreich verliefen - jedenfalls hat es den Anschein. In seinem Buch Love and Orgasm verwendet Alexander Lowen die vorsichtige Bezeichnung 'Bioenergie' statt des verbotenen 'Orgon' und behauptet, seine Arbeiten mit Patienten bestätigten Reichs Thesen. In Orgone and Me behauptet der Schauspieler Orson Bean, er habe das verdammte Orgon sehen können, nachdem er von einem Orgon-Spezialisten namens Baker behandelt worden sei. Und in dem Werk The Cosmic Pulse of Life veröffentlichte der Marineoffizier Trevor Constable Fotos, die entweder Reich bestätigen oder zeigen, daß Constable sich wie Kelley mit dem Fälschen von Fotos bestens auskannte.

Das sind natürlich alles Halluzinationen, die Fotos ausgemachter Schwindel. Sicher, sicher. Da wir das per definitionem wissen, brauchen wir es nicht weiter zu untersuchen.

Trotzdem - mancher Leser könnte jetzt größere Zweifel bekommen.

Ich weiß nicht. Mir geht es auch gar nicht darum zu wissen, inwieweit Reich recht hatte oder nicht. Ich stelle den Fall Reich nur dar, um zu zeigen, wie der gängige Götze - die Orthodoxie des biologischen Materialismus - sich behauptet. Genauso nämlich, wie alle Orthodoxien, alle Götzen sich immer behauptet haben."

Robert Anton Wilson, Die neue Inquisition
 

Tizian

Großer Auserwählter
14. Mai 2002
1.591
@dimbo: Deine Quelle ist übrigens klasse, daran sieht man, wieviel Wissen wir noch erlangen können, das gerade in Reichweite ist. Die Wissenschaft ist für mich keine religion sondern ein Mittel. Mit diesem Mittel könnte man durchaus ein "besseres Leben" schaffen, aber natürlich ist das meiste, was dabei herauskommt, nur für Kriege und Zerstörung allgemein geeignet. Doch da das eh kommt, warum nicht den Rest nutzen. Ist genauso wie mit dem Verbot von Experimenten mit Stammzellen. Andere machen es und können später krebs und anderes heilen und wir machen es nicht und dürfen dafür dann bezahlen!

Genetisch verbesserte Menschen kommen so oder so, da kann man doch das Positive nebenbei nutzen!
 

dimbo

Meister vom Königlichen Gewölbe
30. September 2002
1.434
Okay, Tizian, jetzt hast du es so ausgedrückt, dass ich sagen kann: Ich gebe dir in diesem Punkt völlig recht! Freut mich im übrigen, wenn dir die Quelle gefallen hat. Ich sehe das als eine Art "step by step"-Programm für ausstiegswillige Wissenschftsfundamentalisten: erst "Die neue Inquisition" zum Loslösen vom alles-glauben-was-der-Prof-sagt und dann nachdem sie angefixt sind "Der Neue Prometheus" für den Blick nach innen. *fg*
 
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