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Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
Seitdem es Menschen gibt, haben sie sich gemessen, miteinander und gegeneinander.
Der Wettkampf mit seinesgleichen liegt uns im Blut.
In den letzten Jahrzehnten haben wir einerseits erlebt, wie die Rekorde immer gewaltiger wurden, haben aber auch lernen müssen, dass diese Leistungen nichts mehr mit
einem gesunden Geist in einem gesunden Körper zu tun haben.

Leistungsfördernde und –steigernde Mittel waren schon den Griechen und Römern bekannt.
Aber erst in unserer Welt, in der ein Olympiasieg entweder politisch oder kommerziell ausgeschlachtet wird, erkennen wir, dass gedopt erreichte Rekorde keinen Wert beinhalten.
In vielen Bereichen versucht man, den Einsatz leistungssteigernder Mittel und Methoden zu begrenzen. Die Angst geht um, dass die Jagd nach Geld und Ruhm Menschen erschafft, die sich grundlegend von uns Artgenossen unterscheiden.
Schwimmer mit Händen und Füßen, die eher Flossen ähneln.
Kraftsportler mit Herzen, so groß wie Melonen.
Schmerzresistente Ausdauersportler.


Die notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen existieren oder entstehen gerade, um
Menschen ganz nach den Anforderungen einer Sportart „umzubauen“.
Doch der zahlende Zuschauer zuckt noch zurück.
Im japanischen Sumo ist die Umformung des Körpers Tradition.
Das amerikanische Football hat auch ein paar Spieler geschaffen, die sich sehr weit
von der normalen Bandbreite des menschlichen Erscheinungsbildes entfernt haben.
Und heute ist eine Entscheidung gefallen, die mir Kopfschmerzen bereitet.


AFP: Prothesensprinter Pistorius zur Leichtathletik-WM
Lignano — Südafrikas "Blade Runner" Oscar Pistorius hat als erster Paralympic-Athlet die Qualifikation für eine Leichtathletik-WM geschafft. Nach der geradezu sensationellen Steigerung auf 45,07 Sekunden am Dienstagabend im italienischen Lignano kann der 24 Jahre alte Prothesensprinter aus Südafrika bei den Titelkämpfen vom 27. August bis 4. September in Daegu/Südkorea über 400m starten.
Eine große Sache für Oscar Pistorius.
Und dass er sein Ziel erreicht hat und bei der WM startet, hat er sich verdient und ist ohne Zweifel eine gute Sache.
Dürfen sich seine Konkurrenten jetzt Sprungfedern in die Laufschuhe einbauen lassen?
Und wenn Pistorius seine 400m-Zeit noch einmal verbessert, weil ihm sein Ausrüster neue bessere Prothesen anpasst, darf die Konkurrenz dann mit EPO oder ähnlichen Mitteln kontern?
Welches Argument zieht denn jetzt noch gegen die gezielte Förderung des Wachstums von Händen und Füßen bei Nachwuchsschwimmern?

Oscar Pisterius zeigt uns Zuschauern auf der einen Seite eine beeindruckende Leistung, für die er unseren Respekt verdient hat.
Auf der anderen Seite deckt er den Irrsinn des Spitzensports auf und stellt die Sinnfrage für alle auf Rekordleistungen fixierten Sportarten.
 
G

Gelöschtes Mitglied 25673

Gast
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Also...ich kann da jetzt eigentlich nichts wirklich negatives sehen. Das er als Paralmyphic Athlet den Sprung in die Leichathletik Wm schafft ist gut.
Allein schon deswegen weil das Menschen mit Behinderungen zeigt, was allesmöglich ist.
Es ist ja ein Unterschied ob jemand seine Unterschenkel durch Protesen ersetzt hat und durch Training so eine Leistung erreicht oder ob ein Sportler sich dopt.
Mal davon abgesehen, werden die jeweiligen Sportartikel ja auch auf den neuesten Stand gebracht.
Ich finds total super....wenn inzwischen auch nicht Neues- habe das eben beim Foren durchforsten entdeckt,
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Mal davon abgesehen, werden die jeweiligen Sportartikel ja auch auf den neuesten Stand gebracht.
Wenn adidas jetzt ein paar Schuhe entwickelt, die die Technik der Prothesen kopiert und damit
einen Nicht-Behinderten in die Lage versetzen, die 100 m in..sagen wir 8 sec zu laufen,
mit welchem Argument sollen die Schuhe vom Wettkampf ausgeschlossen werden?
 
G

Gelöschtes Mitglied 25673

Gast
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Sportartikel werden ja laufend verbessert. Federn kann man allerdings nicht an Schuhen befestigen, das wäre dann ein anderer Sport
Ich denke auch nicht das allein die Technik der Prothese ausschlagebend für die Zeit war- die hat nur die Beweglichkeit so erhöht das er mit einem Nicht- Behinderten mithalten kann. Die Prothese imitiert die Sprungelenke eines Sportlers- ich schätze man wird diese in Zukunft überprüfen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.046
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Mal knobeln ... sehen wir's doch mal rein technisch.

Die Prothesen haben ja keinen Fremdantrieb, Pistorius muss, wie jeder andere Läufer auch, die physikalische Leistung, die erforderlich ist, um seinen Körper vom Start ans Ziel zu bewegen, selbst erzeugen.

Bei einem vollständigen Bein sind Unterschenkel und Füße ja kein toter Ballast, den der Läufer mit sich herumschleppt, sondern Körperteile, die mehr Antriebsleistung bringen, als sie durch ihr Gewicht kosten. Pistorius muss auf diese Antriebsleistung verzichten. Die Federn, die er statt dessen als Prothesen nutzt, sind keine perpetuum mobiles und die Kraft, die sie beim Entspannen abgeben, kann nicht größer sein als diejenige Kraft, die er zuvor beim Spannen der Feder aufbringen muss.

Er hat also ein paar Körperteile weniger, die ermüden könnten, aber deren Leistung steht ihm dafür auch nicht zur Verfügung. Sie muss von den ihm zur Verfügung stehenden Muskeln noch zusätzlich erzeugt werden. Er hat weniger Körperteile, die er dafür stärker anstrengen muss. Damit hat er keinerlei Vorteile durch seine Prothesen. Bewundernswert, was der Mann leistet.
 
G

Gelöschtes Mitglied 25673

Gast
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Wenn adidas jetzt ein paar Schuhe entwickelt, die die Technik der Prothesen kopiert und damit
einen Nicht-Behinderten in die Lage versetzen, die 100 m in..sagen wir 8 sec zu laufen,
mit welchem Argument sollen die Schuhe vom Wettkampf ausgeschlossen werden?
Achso...das fand ich gar nicht...:-)
Wie denkst du denn das das passieren könnte? Die Prothese imitiert ja die fehlenden Gliedmassen, incl. Gelenke. Daher ist das technisch nicht vergleichbar denke ich. Sollte man Federn an die Schuhe eines Sportlers machen, wäre das ein anderer Sport.
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Ich bin kein Ingenieur.
Kann mir aber einiges vorstellen.
Zum Beispiel einen Schuh, der ähnlich wie die Prothesen die Spannung eines Schrittes speichert, um das Bein beim nächsten Schritt zu unterstützen. Eine zusätzliche Sehne. Es geht ja nur um winzige Vorteile im Spitzensport.
Denk mal an die Schwimmer, die sich Helium in den Darm füllen ließen.
Oder die Ganzkörperschwimmanzüge, nach deren Einführung sämtliche Rekorde purzelten.

Für die Zukunft denke ich gerade an Exoskelette, mit denen neue Rekorde im Gewichtheben möglich sein sollten. :gruebel:
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.046
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

...Zum Beispiel einen Schuh, der ähnlich wie die Prothesen die Spannung eines Schrittes speichert, um das Bein beim nächsten Schritt zu unterstützen. Eine zusätzliche Sehne ... :gruebel:

Da hatte ich auch lange nachgedacht drüber. Letzten Endes bin ich folgendem Ergebnis gekommen:

Die Prothesen müssen eine sehr hohe Dämpfung haben. Würden sie noch nachschwingen, wenn er den "Fuß" aufsetzt, würde es ja lebensgefährlich für ihn werden. Das heißt, die Prothese ist damit genauso spannungsfrei wie ein echter Fuß, wenn er sie aufsetzt. Damit ist auch keine Energie mehr vom vorigen Schritt gespeichert.

Wäre dies der Fall, würden auch seine Schritte immer länger werden, und die Prothesen immer tiefer einfedern. Auch das wäre ziemlich gefährlich, weil irgendwann nicht mehr kontrollierbar. Aber davon ist hier: Oscar Pistorius Put to the Test - YouTube nichts zu bemerken. Man sieht aber, wie sorgfältig er die Dinger aufsetzt, damit sie seinen Lauf nicht bremsen. Sie federn nur geringfügig ein und erst dann wieder richtig aus, wenn sein Bein schon wieder in der Luft ist. Zum Vortrieb tragen sie ziemlich wenig bei. Aber Hut ab vor der Geschicklichkeit.

Hm. Exoskelette ... solange sie keine eigene Krafterzeugung haben, entlasten sie ja nur die Gelenke und der Sportler muss seinen Krams selbst heben. Aber so gesehen, ist ja bereits heute schon die klassische Bandage ums Handgelenk oder Knie ein Exoskelett. Es ist halt die Frage, worin der Wettbewerb beim Gewichtheben besteht: Ob der Sportler jetzt die Kraft aufbringt, das Ding überhaupt hoch zu heben, oder ob seine Gelenke das gewicht ohne Schaden ertragen können. Zur körperlichen Leistungsfähigkeit gehört wohl beides - so dass ich Deine Vorbehalte gut nachvollziehen kann. Aber ich denke, es geht eher um ersteres, es kann ja kein sportliches Ziel sein, sich nen Bänderriss zu holen.
 

Ehemaliger_User

Beatus ille, qui procul negotiis.
10. April 2002
29.057
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Im american football gibt es seit ein paar Jahren eine (kleine) Diskussion über Folgeschäden.
Vor allem die Kolosse der Verteidigung, wahre Steroid-Monster, haben keine guten Zukunftsaussichten.
In den meisten Profisportarten ist es inzwischen so, daß nach zwanzig Profijahren das weitere Leben
durch den Raubbau am Körper gekennzeichnet ist.
Doch das schreckt kaum jemanden ab.
20 Jahre lang das tun, was man sowieso gern tut,
einen Haufen Kohle verdienen und eventuell auch noch Ruhm und Ehre abgreifen....
wer denkt da an später?

Und wenn morgen ein Trainer dieses Video von Pistorius seinem Schützling zeigt
und neben ihm steht ein Mediziner, der gerne ausprobieren will, ob eine künstliche Sehne
das Laufergebnis beeinflusst (Computersimulationen sagen ja), dann wird das auch gemacht werden.

Nochmal: die Leistung von Pistorius ist zu respektieren.
Eigentlich ist auch zu respektieren, daß er mit seinem Beispiel andeutet, wohin die Reise gehen wird.
 

Dirtsa

Meister vom Königlichen Gewölbe
15. Januar 2011
1.314
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

Sind die Prothesen Ersatz für die fehlenden Gliedmassen oder sind sie Sportgerät, wo will man denn die Grenze ziehen?​
Ich weiß, der Vergleich ist überzogen aber wenn jemand mit kognitiver Beeinträchtigung an einem Schachwettkampf teilnimmt und dafür einen Computer benutzt, wäre das nur Nachteilsausgleich ?​
Dürfte ein beinamputierter Radfahrer einen Motorantrieb benutzen und in einem allgemeinen Radrennen starten?​
Geht es hier wirklich um technische Fragen, oder entsteht durch das Hilfsmittel ein unlauter Vorteil und man traut sich nur nicht, das zu sagen weil Behinderung eben kein neutrales Thema ist?​
Ist es ein tatsächlich ein Zeichen von Teilhabe und Integration, wenn sich jemand, dem Funktionen teilweise nicht zur Verfügung stehen, sich in einem Wettkampf mit jemandem misst, der über diese Funktionen verfügt?​
Oder andersherum gefragt, wäre ist es denn ein Zeichen von Ausgrenzung, wenn sich Pistorius nur mit anderen Prothesenläufern hätte messen können?

LG
Dirtsa
 

Lupo

Ritter Kadosch
3. Oktober 2009
6.046
AW: Spitzensport - Der Fall Pistorius und seine Folgen

...Geht es hier wirklich um technische Fragen, oder entsteht durch das Hilfsmittel ein unlauter Vorteil und man traut sich nur nicht, das zu sagen weil Behinderung eben kein neutrales Thema ist?...

Hi Dirtsa,

das war ja genau der Grinterhund zu den technischen Überlegungen. Wenn ich nicht komplett daneben liege, können die Prothesen eben nicht leistungsfähiger sein als das natürliche Bein. Allenfalls kompensieren sie die fehlenden Körperteile, und er muss alle Kraft, die benötigt wird, seinen Körper von Start nach Ziel zu bringen, selbst aufbringen.

Etwas anderes wäre es, wenn er in einem Rollstuhl mit V8-Motor und 185 kW sitzen würde ... was dann auch in etwa dem mit Schachcomputer spielenden Schachspieler mit kognitiven Problemen entspräche. Sicherlich wäre es am fairsten, Wettkämpfe unter Menschen mit möglichst gleichen körperlichen Fähigkeiten durchzuführen, aber dann wäre Pistorius wohl ziemlich einsam.
 

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