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Unschärferelation der Logik: eine analoge Übertragung?

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Hallo,

die Unschärferelation der Physik mutet dem "gesunden Menschenverstand" ja einiges zu.
Nun habe ich mir überlegt, ob sich die Grundprinzipien auch auf die Aussagenlogik übertragen lassen und was das bedeuten würde.

Konkret ging ich von folgenden Analogien aus:
Physikalische Eigenschaft (wie Ort oder Impuls) - logische Eigenschaft (wie wahr oder nicht wahr)
Physikalische Messung - logischer Beweis.


Eine Aussage der Quantentheorie im Umfeld der Unschärferelation ist, dass wenn ich den Ort eines Teilchens messe, ich genau einen ggf. mehrerer möglichen Ort(sbereiche) messe und an allen anderen Orten das Teilchen nicht messe.
Dies entspricht unserer klassischen Vorstellung, dass ein Teilchen (zu einer Zeit) immer nur einen Ort haben kann.
Allerdings zeigt eine genauere Analyse z.B. des Doppelspaltexperiments, dass nicht jedem Zeitpunkt ein Ortswert zugewiesen werden kann (Unschärfe, Interferenz), sondern diese Eindeutigkeit erst aufgrund der Messung vorliegt. Und der Messwert wird dabei zufällig unter den möglichen Werten angenommen.

Wie sähe eine analog aufgebaute Logik aus?
Wenn wir zu einer Aussage einen Beweis gefunden haben, dass sie wahr ist, so werden wir keinen Beweis mehr finden, dass sie nicht wahr ist.
Das wäre wie oben noch mit den klassischen Vorstellungen verträglich.

Nehmen wir aber nun an, zu (einigen) Aussagen wären beide Wahrheitswerte möglich, solange sie nicht bewiesen sind und bei einem Beweis würde zufällig ein Wahrheitswert angenommen.
Danach würden alle weiteren Beweise stets (wenn überhaupt) den gleichen Wahrheitswert liefern.
Dass "1+1=2" wahr ist, läge also daran, dass der "erste" Beweis dazu zufällig "wahr" ergab...
Wahrscheinlich müssten wir unser Unschärfeprinzip auf logisch unabhängige Aussagen beschränken, (mit "A" liegt wohl auch "nicht nicht A" fest).
Durch die paradoxen Aussagen ("diese Aussage ist nicht wahr") wissen wir immerhin schon, dass es Aussagen gibt, für die wir weder einen Beweis kennen, dass sie wahr sind, noch dass sie nicht wahr sind.

Die Vorstellung, dass ein Beweis Einfluss auf raum-zeitlich entfernte andere Beweise haben könnte, mag uns absurd erscheinen, aber den Physikern ging es in der Quantentheorie kaum anders...

Wie könnten wir feststellen, ob wir uns in einer Welt mit einer solchen "nicht-euklidisch-aristotelischen" Logik befinden?
Wir könnten z.B. versuchen, ein logisches Doppelspaltexperiment zu konstruieren.
Hauptschwierigkeit ist dabei, dass wir unabhängige Aussagen verknüpfen müssen. Vielleicht ist ja letztlich nur eine Aussage unabhängig und es gibt nur Welten mit "1+1=2" und "1+1\=2"?

Immerhin hat das Modell schöne philosophische Konsequenzen für unsere Vorstellungen von Logik und Wahrheit...

Gruß
Trestone
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Betrachtet man "wahr" und "nicht wahr" als zwei getrennte Eigenschaften, dann ist eigentlich naheliegend, dass sie nicht zugleich "gemessen" (d.h. bewiesen) werden können.
Dieser Teil der Analogie zur Unschärferelation ist also relativ trivial.

Wo ich Hilfe benötige, ist die Analogie zur Zufälligkeit der Messwerte (Beweise) und zur Interferenz.
Hat dazu jemand Ideen?

Gruß
Trestone
 

Giacomo_S

Ritter der ehernen Schlange
13. August 2003
4.079
Der Aussagenlogik geht es wie der Quantentheorie: Sie ist eine Modellvorstellung und noch dazu mit eingeschränkter Gültigkeit.
Denken wir außerdem daran, das es spätestens seit Gödel kein mathematisches System ohne Axiome, ohne Ausnahmen und mit Vollständigkeit geben kann.
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
In meine Analogie übersetzt lautet Gödels Unvollständigkeitssatz ungefähr:

"In jedem System, in dem einige Sätze als ungemessen (unbewiesen) wahr angenommen werden und das die Sätze der Arithmetik als wahr bzw. messbar (beweisbar) enthält, gibt es entweder Sätze die weder als wahr noch nicht-wahr messbar (beweisbar) sind oder es gibt Sätze, die sowohl wahr als auch nichrt-wahr messbar sind."

Leider hilft das wohl wenig, um Analogien zur Interferenz zu finden, und Beispiele für weder wahr noch nicht-wahr beweisbare Aussagen sind ja schon seit den alten Griechen bekannt.
Spannend ist Gödel ja erst in Hinblick auf die Arithmetik, aber ich möchte mein Augenmerk hier auf Aussagenlogik und Analogien zur Unschärferelation legen.

(Wobei ich weiter nicht weiß, ob das sinnvoll möglich ist ...)

Gruß
Trestone
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Für eine Analogie zum Doppelspaltexperiment ist eine Dynamik der "Messwerte" nötig (Bewegung).

Dies könnte z.B. ein Wahrheitswert sein, der von unserem Bewußtseinszustand abhängt oder vom Beweisschritt oder von bestimmten Voraussetzungen und Annahmen oder Axiomen.

Beim Doppelspalt gilt ja vereinfacht:

Am Ausgangspunkt kann man einen Ort messen,
dann gibt es zwei mögliche Orte die in Bewegung simultan passiert werden (inklusive Interferenz)
und schließlich am Schirm wieder einen messbaren Ort,
wobei mit dieser Messung die Dynamik endet.

In gewisser Weise gelten genaue Ortswerte also bei Stillstand,
um sie zu verändern ist Bewegung mit Ortsunschärfe nötig.

In der Logik beschäftigen wir uns überwiegend (wie die klassische Physik) mit den statischen Wahrheitswerten.
Um sie zu verändern, benötigen wir wohl auch eine Art Unschärfe.
Die Lügnerantinomie scheint mir eine gewisse Dynamik in Bezug auf ihren Wahrheitswert zu enthalten.
Um diese Dynamik zuzulassen ("Bewegung von Aussagen") darf man Aussagen nicht mehr fest einen Wahrheitswert zuordnen, sondern dynamisch mehrere und evtl. wie in der Physik sogar simultan mehrere.

Das Prinzip ist mir klar, aber das konkrete Vorgehen noch nicht ...

Gruß
Trestone
 

Gammel

Geheimer Meister
20. März 2004
134
Ich sähe die Analogie der Unschärferelation der Physik gerade in Gödels Unvollständigkeitssatz.

Die Unschärferelation trifft eine Aussage über die maximal mögliche Information die ich über ein physikalisches Objekt haben kann. Es ist aus physikalischer Sicht also unmöglich, daß mir alle Information zur Verfügung steht, um das genaue Verhalten eines Teilchens vorraussagen zu können. Dass genau nennt man dann Zufall.

Gödels Unvollständigkeitssatz macht doch nun eine ähnliche Aussage. Auch aus rein logischer Sicht ist es mir unmöglich, alle möglichen Informationen über ein axiomatisches System zu erfahren. Gewisse Informationen, wie z.b. 'Hält dieses Computerprogram nun an oder läuft es ewig weiter' kann ich nicht vorraussagen, und sind damit für mich zufällig...

Die anderen von dir genannten Phänomäne sind davon doch weitesgehend unabhängig und schon von der klassischen Mechanik bekannt. Daher glaube ich nicht, daß sich darauf aufbauend neue Ansätze erschliessen.

Interferenz ist auch ein rein klassischer Effekt, denn du schon bei Wasserwellen beobachten kannst. Und ich glaube nicht, daß du anhand einer Wasserwelle eine neue Logik ableiten kannst.

Nichtlokalität gibt es in der klassischen Mechanik ebenfalls (da es hier kein begrenzendes c gibt).
 

Trestone

Geheimer Meister
12. April 2002
306
Gammel schrieb:
Ich sähe die Analogie der Unschärferelation der Physik gerade in Gödels Unvollständigkeitssatz.
...
Auch aus rein logischer Sicht ist es mir unmöglich, alle möglichen Informationen über ein axiomatisches System zu erfahren. Gewisse Informationen, wie z.b. 'Hält dieses Computerprogram nun an oder läuft es ewig weiter' kann ich nicht vorraussagen, und sind damit für mich zufällig...

Immerhin scheinen unsere Überlegungen beide darauf hin zu deuten,
dass die Wahrheit relativ zu Axiomen bei der Übertragung der Analogie
eine Rolle spielen könnte.
Mal sehen, ob dieser Ansatz weiterführt.

Gruß
Trestone
 

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