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Krise GB / Russland verschärft sich

tweety

Geselle
9. Februar 2006
42
In den letzten Tagen hat sich die Auslieferungsgeschichte um den vermutlichen Mörder von Litwinenko richtig hochgeschaukelt. Nachdem russiche Diplomaten aus GB ausgewiesen wurden, hat Russland nun nachgezogen. Ausserdem wurde die Zusammenarbeit bei der BEkämpfung des internat. Terrosismus ausgesetzt.

http://www.sueddeutsche.de/,tt2m4/ausland/artikel/420/124241/

Ich frage mich welches Spiel Russland hier spielt. Mittlerweile liegen sie mit der halben Welt (Lettland, Polen, USA, Georgien, GB, Tschechien, Nato, UN) im Clinch. Ich frage mich was die damit bezwecken. Letztendlich schaden die sich doch selber damit. Putin führt sich auf wie der Elefant im Porzellanladen. Handelt er nach dem Motto nach mir die Sintflut oder was ist da im Moment los.Würde mich nicht wundern, wenn demnächst auch das Gas für die Insel abgedreht wird.
 

Gilgamesh

Erhabener auserwählter Ritter
24. Juni 2003
1.110
Ich stufe die aktuelle Situation als äußerst bedenklich ein.
Nur weil Russland seine "Feinde" nicht auf die feine englische Art ermordet, muß sich England hier nicht so aufspielen.

Spionage und Gegenspionage sind doch alltäglich.
Und Auftragsmorde sind auf beiden Seiten sicher auch nicht selten.
Was soll denn dabei rauskommen, wenn Russland seinen Agenten rausrückt? Möchte England die Regierung Russlands als Auftraggeber vor dem Kadi führen?

England sollte sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, zumal auch wir Festlandeuropäer dafür mitbüßen könnten...

Damit rechtfertige ich in keinster Weise den Poloniumanschlag.
Russland hat einen Überläufer abgestraft und damit sollte es gut sein.
Für einen "toten Russen" würde ich die Sicherheit Europas nicht auf´s Spiel setzen...!

Tun wir nicht so, als seien wir "lupenreine" Demokraten...
 

Laokoon

Vollkommener Meister
11. August 2004
550
Ich möchte mich in erster Linie auf das Eingangspost beziehen.

Russlands Führung hat ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit und patriotischem Stolz (schließlich haben die Russen über Jahrhundert große Teile der Welt regiert und versanken spätestens nach dem entgültigen Zusammenbruch der Sowjetunion in einem Sumpf aus Wodka und Schmach).

Zum einen sehnen sich viele Russen nach einem starken Führer, zum anderen sind im März 2008 Präsidentschaftswahlen in der Russischen Föderation - und auch wenn Wladimir Putin sich wohl keine Sorge darüber machen muss, dass sein ernannter Nachfolger Präsident wird - um ihm, dem Staatskonzept, sowie der längerfristigen Politik Russlands eine gute Ausgangsposition zu geben, muss und will Putin außenpolitische Stärke zeigen. Der Elefant im Porzellanladen ist für mich eine unzutreffende Bezeichnung. Putin weiß schon, was er tut, auch wenn Medien und ungeschickte Diplomatie auf beiden Seiten die Spannungsamplituden sicherlich stärker ausschlagen lassen, als er es sich vielleicht gewünscht hat. Eine Konfrontation auf möglicht großer Breite schon von vorne herein, das hat er sicherlich nicht geplant, wenn auch bestimmt in Kauf genommen.

Russland sieht sich an die Wand gedrängt, im Stolz verletzt und zugleich auch als mächtig genug an, um sich nicht alles gefallen zu lassen, ja, sogar selber manchmal die Muskeln spielen zu lassen.

Georgien ist nicht mehr als ein kleiner Floh, der Russland ein wenig zwickt. Die derzeitige georgische Regierung macht es Putin nicht schwer. Schließlich sorgen ihre nationalistischen Äußerungen schon von ganz alleine dafür, dass ihr die Südosseten und Abchasier weglaufen und sich lieber unter dem Schrimherr Russland verbergen. Russen machen schon seit mehr als zehn Jahren Urlaub in Abchasien und bringen damit Geld ins Land. Die Südosseten strebten schon immer eher einen Anschluss an die russische Provinz Nordossetien an, als sich von Georgiern regieren zu lassen.
Und denken wir mal an den September 2006 zurück, als Georgiens Geheimdienst vier russische Offiziere unter Spionageverdacht über längere Zeit festhielt. Wer noch russische Truppen in seinem Land stationiert hat, sollte da einfach diplomatischer vorgehen. Letztendlich hat sich Georgien damit selbst ans Bein gepinkelt, da Russland den Abzug der Streitkräfte deshalb weiter nach hinten verschieben wollte.

Das die russische Regierung eine Schmähung ihrer Kriegshelden nicht dulden darf, ohne vor dem eigenen Volk das Gesicht und den eigenen Stolz zu verlieren, ist wohl auch klar. Schließlich hat der "Große Vaterländische Krieg" viele Opfer gefordert. Aber zwischen Lettland und Russland geht es ja evtl. auch langsam wieder bergauf.

Und der Raketenschild-Konflikt? Aus russischer Sicht eben auch eine eventuelle zukünftige Bedrohung und vor allem auch ein Zeichen dafür, dass man mit den Zentraleuropäern zwar Geschäfte machen kann, aber dennoch Misstrauen zwischen beiden Seiten besteht. Die kleinen Kaszinski-Zwillinge und auch Tschechien mag es zwar freuen, Russland eins auszuwischen, und sie haben auch allen Grund dazu, ihrerseits Russland zu misstrauen und an alte Sowjetzeiten und -rechnungen zurückzudenken, doch trotzdem wird dieser extravagante Revanchismus sich noch bitter bezahlt machen. Das Gas fließt schließlich nicht von allein. Und auch unser Gas fließt über polnische Leitungen.

Die Austragung Winterspiele in Sotschi 2014 zu erreichen demonstriert erneut, wie bedacht Putin darauf ist, sein Land sowhol ökonomisch, wie auch reputationsmäßig ins rechte Licht zu rücken.
Hier möchte ich sarkastisch bemerken, dass man zwischen all den Meldungen über die Beschneidung der Pressefreiheit und dem sich renovierenden autoritären Stil ja schließlich auch mal positiv auffallen will.

Resümierend lässt sich sagen, dass Russlands eigenes Geltungsbewusstsein mehr und mehr steigt. Man lässt sich außenpolitisch nichts gefallen und sieht, dass die Zügel wieder straff geführt werden. Trotz Repressionen kommt das bei größeren Teilen der Bevölkerung besser an, als ein versoffener und strauchelnder Präsident, dem seine Amtsgeschäfte aus den Fingern zu gleiten drohen. Trotz allem: Putin hat Russland stärker gemacht, als man es gedacht hätte. Ob der Preis der Demokratie zu hoch für wirtschaftlichen Erfolg und neu gewonnene politische Stärke ist, vermag ich nicht zu sagen, auch um Themenabgleitungen in diesem Thread damit abzuwenden. Denn darüber könnte man lange diskutieren.

Gruß, Laokoon

PS: Und, richtig, wen kümmert schon ein einzelner Überläufer? Russland hat ein Exempel statuiert. Das war diplomatisch gesehen vielleicht recht unklug, hat aber sicherlich seine Wirkung bei betreffenden Leuten gezeigt. In jedem Computerspiel würden es die meisten von uns genauso machen. Aber in der Realität? Nein, da muss man ethisch und politisch korrekt bleiben. Weil, wie Gilga schon mehr oder weniger formuliert hat, ja auch ansonsten immer alles korrekt abläuft. Sarkasmus.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Wir (der freie Westen) sollen also zu Kreuze kriechen und zulassen, daß Rußland in unserem Machtbereich politische Morde begeht? Es vielleicht noch begrüßen? Auf solche Art Schwäche zu zeigen, halte ich ehrlich gesagt für grundfalsch.

Rußland muß einsehen, daß die Zeiten seines Imperiums gezählt sind und auch nicht unter anderen Vorzeichen wiederkommen. Jedem Versuch, eine Einflußsphäre zu errichten, muß begegnet werden.

Und wenn ehemalige Vasallen nicht mehr vor einem Standbild Kränze niederlegen wollen, daß im Volksmund völlig zu Recht Statue des Vergewaltigers heißt, dann hat Rußland das zu akzeptieren, und meinetwegen kann Putin sich in den Bauch beißen vor Wut.

Wir sind den Bewohnern dieses runtergekommenen Landes doch keine patriotischen Endorphinstöße schuldig![/b]
 

Laokoon

Vollkommener Meister
11. August 2004
550
Ein_Liberaler schrieb:
Wir (der freie Westen) sollen also zu Kreuze kriechen und zulassen, daß Rußland in unserem Machtbereich politische Morde begeht? Es vielleicht noch begrüßen? Auf solche Art Schwäche zu zeigen, halte ich ehrlich gesagt für grundfalsch.
Stimmt, "wir" töten keine Russen. Wir beklauen uns lieber gegenseitig Das ist weit weniger schmutzig. Zugegeben - nicht so effektvoll^^.

Oh, Machtbereich? Dürfen DIE das? Sehr begrüßenswert. Aber gegen die Russen der Zeigefinger.

[edit:] Bzw.: Gegen die Russen den Zeigefinger zu erheben ist ja oft berechtigt - aber nicht mit dem Argument, dass die in unseren Machtbereichen oder Territorien operieren und wir nicht in denen anderer Staaten.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Der Link funzt bei mir irgendwie nicht. Was steht kurzgefaßt drin?

Es geht nicht um das "Operieren" in irgendjemandes Machtbereich, sondern um politischen Mord, den wir nicht zulassen dürfen. Auch und gerade aus machtpolitischen Gründen nicht. Unter Druck unsere Prinzipien zu verraten, würde Schwäche bedeuten.
 

tweety

Geselle
9. Februar 2006
42
Es geht nicht um das "Operieren" in irgendjemandes Machtbereich, sondern um politischen Mord, den wir nicht zulassen dürfen. Auch und gerade aus machtpolitischen Gründen nicht. Unter Druck unsere Prinzipien zu verraten, würde Schwäche bedeuten.

Sehe ich auch so. Litwinenko war doch nur die Spitze des Eisberges. In Russland werde umliebsame Gegner ja schon lange "aus dem Weg geräumt". Das man das jetzt auch noch im Ausland fortsetzte und dabei wissentlich auch die Gefährung unschuldiger (Stichwort Pulonium) mit in Kauf nimmt, ist nicht zu tolerieren. So geht es nicht und da muss man der britischen Regierung vollste Unterstüzung zusagen. Immer hin hat der russische Gehmeimdienst ja auch jemanden geschickt, der den Regimekritiker Beresowski liquidieren sollte. Zum Glück konnte das wohl noch verhindert werden, aber es zeigt doch das Russland mittlerweile vor nichts mehr zurückschreckt.
 

Laokoon

Vollkommener Meister
11. August 2004
550
Merkwürdig, bei mir funktioniert der Link. Evtl. liegt es am Browser? Naja, ist ja auch nicht relevant. Es ging um Industriespionage. Die NSA spionierte 1994 deutsche Windkraftanlagen der Enercon GmbH aus, die auf den amerikanischen Markt vordringen wollte. Als Enercon schließlich vor Abschluss der Verhandlungen für den Bau eines Windparks in Texas stand, meldete sich das US-Handelsministerium und klagte Enercon der Patentverletzung an. Die NSA hatte für das US-amerikanische Unternehmen Kenetech Winpower spioniert, das seine Stellung auf dem amerikanischen Markt gefährdet sah. Aber eben die NSA, eine staatliche Behörde, die Informationen an Konzerne im eigenen Land weiterverkauft, oder sich sogar von ihnen anwerben lässt. Das ist der Teil des Textes, der mir wichtig ist.

Ein britisches Beispiel habe ich leider nicht gefunden, deshalb musste ich auf dieses US-amerikanische zurückgreifen. Eigentlich wollte ich vermeiden, dass der Thread eine antiamerikanische Odeur bekommt. Nun ja, Du weißt ja nun, dass das Beispiel nicht darauf abzielt.

Mir ist klar, dass weder Großbritannien, noch Deutschland, noch sonst ein anderes europäisches Land, dass etwas auf sich hält, wort- und tatenlos zusehen kann, wie innerhalb der eigenen Staatsgrenzen von anderen Regierungen Menschen getötet werden.

Aber, wenn ich nun einmal die russische Sicht annehme, darf Russland, um seinerseits nicht Schwäche zu zeigen, auch nicht zulassen, dass ein Überläufer vom Kaliber Litwinenko frei herumläuft – genauso wie Großbritannien sich nicht die Schwäche erlauben kann, diese Tat ungestraft zu lassen. Ein Exempel zu statuieren war aus russischer Sicht vielleicht eben nötig, um abzuschrecken. Dafür Polonium zu benutzen - nun ja – zeigt, dass im Falle der Fälle nicht nur ein einfacher Mord stattfindet, sondern, dass Dissidenten aus dem eigenen Kader nicht einfach sterben, sondern leiden werden. Aus unserer Sicht ist das natürlich schlichtweg nicht akzeptabel. Wobei Überläufer eigentlich schon bestraft werden müssen. Auf andere Weise, natürlich. Aber Polonium, das setzt ein strahlendes Zeichen, dachte man sich in Moskau.

Ich wollte damit nur sagen, dass unsere rechtsstaatlichen „Prinzipien“ eben auch nicht die saubersten sind und auch wir in Bereiche (ob nun Territorien oder Angelegenheiten) eindringen, in denen wir nichts zu suchen haben. Wo gibt es auch einen völlig sauberen Staat? Zu dulden ist so ein Mord aus britischer Sicht natürlich trotzdem nicht. Nur war eben aus russischer Sicht auch kein so herumlaufender Verräter zu dulden.

Ich neige dazu, Systemen ihr Recht auf Existenz nicht abzuerkennen, auch wenn sie grausamer oder ungerechter anmuten als unseres, einfach, weil die Entwicklungen überall anders verlaufen und eine solche Vielfalt wohl oder übel bezweckt, dass die ideologische und moralische Entwicklung nicht zum Stillstand kommt. Gerade deshalb finde ich sie sehr wichtig. Wahrscheinlich versuche ich deshalb, den russischen Standpunkt, zumindest so, wie er sich in meinem Verständnis darstellt, widerzuspiegeln.
 

Laokoon

Vollkommener Meister
11. August 2004
550
In Russland werde umliebsame Gegner ja schon lange "aus dem Weg geräumt".
Bei uns auch. Nur zerstört man hier Karrieren und Leumünder, die gesellschaftliche Existenz, was für manche ähnlich schlimm sein kann, wie umgebracht zu werden. Mord ist in unserem Verständnis nicht durchführbar, weil er einen barbarischen Akt darstellt. Ist er ja auch. Existenz-Zerstörung ist schleichender, und man bekommt sie nicht so vor die Nase gerieben, wie eine Mord-Schlagzeile in der Zeitung. Kaum jemand nimmt Notiz davon, oder akzeptiert sie einfach, weil derjenige "es sich ja schon selbst zuzuschreiben hat", weil er evtl. in seiner Vergangenheit Fehler gemacht hat. Oder man ihm Fehler unterschiebt.

Die Gefährdung Unschuldiger finde ich auch wirklich unnötig. Jedoch weiß ich nicht, ob die Spuren wirklich so gefährlich waren, bzw. das Behältnis, in dem das Polonium aufbewahrt war. Egal, das musste wirklich nicht sein.

Der Rest steht in meinem obigen Post.
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Ja, Rußland kann das so nicht hinnehmen. Aber warum nicht? Weil es ein Schurkenstaat ist. Weil russische Überläufer naturgemäß wesentlich schlimmere Sachen aufdecken als europäische. Das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie, fortwährend, Böses muß gebären, nicht wahr?

Wenn Rußland zum Rechtsstaat zurückfände, seine Agenten keine Journalisten mehr beseitigten, es keine unliebsamen Geschäftsleute mehr in sibirischen Lagern verschwinden ließe, dann müßten auch keine Überläufer mehr im KGB-Stil ermordet werden, oder?

Natürlich sind unsere Staaten auch keine Unschuldslämmer. Ich wäre der letzte, der das behauptet.
 

tweety

Geselle
9. Februar 2006
42
Ja, Rußland kann das so nicht hinnehmen. Aber warum nicht? Weil es ein Schurkenstaat ist. Weil russische Überläufer naturgemäß wesentlich schlimmere Sachen aufdecken als europäische. Das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie, fortwährend, Böses muß gebären, nicht wahr?

Ja, das denke ich auch. Mal sehen wie es da weitergeht. Der nächste "Kandidat" steht bestimmt schon auf der Liste.

Putin rudert ja nun wieder zurück. Er spricht von einer "Mini-Krise". Immerhin scheint er an einer weiteren Eskalation nicht interessiert zu sein.
Immerhin.
 

Ramses

Geheimer Meister
2. Januar 2004
405
Russland ein Schurkenstaat? So weit möchte ich jetzt nicht gehen, aber ich kann Russland auch nicht als Demokratie mit Rechtsstaat ansehen. Das stolze Russland, Sieger des 2. Weltkriegs, eine Weltmacht, ... doch das ist schon inzwischen lange her. Und nicht wenige in der Bevölkerung sehnen sich nach dem starken Staat zurück.

Der Westen agiert nicht unbedingt zurückhaltend in seiner Politik gegenüber den ehemaligen Ostblock-Staaten. Ich kann es verstehen, dass diese Ausbreitung von EU und NATO direkt ins ehemalige Sowjetreich in Moskau zu mehr als nur diplomatischem Sodbrennen führt. Schließlich waren diese Gebiete kein Hinterhof sondern fast schon Kernland der UdSSR.

Der Mord an Litwinienko sehe ich als Ausdruck eines wiedererstarkenden Russlands an. Man scheut sich nicht mehr, "Vaterlandsverräter" auch im Ausland (nicht bloß Ausland, sondern in Großbritannien!) zu exekutieren - das hätte sich allenfalls der KGB noch erlaubt - und ein Exempel zu statuíeren. Man sollte dabei auch nicht außer Acht lassen, dass Putin aus Geheimdienstkreisen entstammt und so gesehen ein Kollege von Litwinienko war. Und wenn ein Geheimdienstler auf den mächtigsten Platz im Lande vorrückt, dann nehme ich an, dass er weiß, was ein Geheimdienst wie der KGB/FSB bedeuten kann. Es rücken nicht bloß alte Freunde und Kollegen in den difusen Bereich der "Berater" vor, nein, der gesamte Dienst rückt näher an den Präsidenten ... und der wird nicht lange zögern, ihn auch einzusetzen.

Was mich bei der Litwinienko-Affäre interessiert, auf welche Basis stellen die Briten ihre Forderung, Lugowoi an sie auszuliefern? Ist es inzwischen schon Praxis, die eigenen Staatsbürger ins Ausland auszuliefern? Würden die Briten im umgekehrten Fall nicht genau gleich handeln?
 

Winston_Smith

Groß-Pontifex
15. März 2003
2.804
Der Westen agiert nicht unbedingt zurückhaltend in seiner Politik gegenüber den ehemaligen Ostblock-Staaten. Ich kann es verstehen, dass diese Ausbreitung von EU und NATO direkt ins ehemalige Sowjetreich in Moskau zu mehr als nur diplomatischem Sodbrennen führt. Schließlich waren diese Gebiete kein Hinterhof sondern fast schon Kernland der UdSSR.

Eben. Ehemalige Ostblock-Staaten. Sie sind nicht mehr abhängig von "Väterchen Russland" also können sie auch selber entscheiden.

Das hat Herr Putin vielleicht noch nicht mitbekommen...

ws

Edit:
Moskau verhindert Kosovo-Einigung :roll:
 

Ein_Liberaler

Ritter des Heiligen Andreas von Schottland
14. September 2003
4.926
Die Ausbreitung von NATO und EU - das ist doch keine aggressive Expansion, sondern die ehemaligen Ostblockstaaten flüchten sich unter unseren schützenden Mantel. Sie wissen, warum. Unsere Politik denen gegenüber ist großzügig und freundlich.

Klar, daß russischen Eliten, die nur die Knute kennen, nicht mehr aus noch ein wissen vor Wut. Aber warum sollten wir darauf Rücksicht nehmen? Wir sollten uns vielmehr wappnen.

Mit dem Auslieferungsgesuch sind die Briten natürlich in einer schwachen Position. Auch die BRD hat bis vor wenigen Jahren keinen Staatsbürger ausgeliefert, und genau dafür ist ein Staat auch da - seine Bürger vor anderen Staaten schützen. Besser wäre es, mehr darauf herumzureiten, daß die russische Staatsanwaltschaft nicht gegen Luguwoi ermitteln will.

Winston: Korrekt. Väterchen Rußland. Mütterchen ist der traditionelle Titel, das Mütterchen gilt aber volkstümlich als barmherzig und vergebend. Den Vasallen war Rußland immer das traditionell strenge (grosny, auch: schrecklich) Väterchen.
 
G

Guest

Gast
Der Lugowoi den die Briten haben wollen, hat heute im TV gesagt, dass die Briten in gefragt haben ob er für sie arbeiten möchte. Er sollte Informationen über Putin und usw. sammeln.

Das hat sich so angehört, als wäre den briten bei einer Zusammenarbeit der Mord dann scheiss egal gewesen.
 

Eskapismus

Großmeister-Architekt
19. Juli 2002
1.212
Ihr macht es euch ein wenig einfach, wenn ihr euch Putin als das personifizierte Russland vorstellt. Es ist sehr schwer zu sagen, wie die Macht genau aufgebaut ist in Russland. Es ist ein komplexes Gefüge aus Siloviki, Oligarchen, Bürokraten, Deputaten usw.

Gewiss deutet einiges darauf hin, dass die Mörder Litwinenkos im Russischen Geheimdienst oder unter den ehemaligen Agenten zu suchen sind. Ich bezweifle jedoch stark, dass Putin vor dem Attentat darüber Bescheid gewusst hatte zumal Litwinenko bez. Staatssicherheit ein kleiner Fisch war.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Putin erst nach dem Attentat über den Fall Kenntnis genommen hat und nun einfach gem russicher Verfassung handelt und die verbietet es ganz klar eigene Staatsbürger aus zu schaffen. Ausserdem ist Lugowoi noch nicht verurteilt worden und in der russischen Presse gibt es ganz andere Versionen über die Täterschaft. Man muss auch bedenken, dass in den letzten 15 Jahren 21 russische Auslieferungsbegehren an England abgewiesen worden sind und Russland dabei keine Diplomaten ausgewiesen hat.
 

Laokoon

Vollkommener Meister
11. August 2004
550
Ich wollte nur noch den Nachtrag bezgl. Rufmordkampagnen
von Regierungsbehörden bzw. von recht hohen politischen Kreisen/ Entledigung von unbequemen Personen aus abgeben, den ich ja noch schuldig war:

Als Beispiele:
Im Kleinen die drei Polizisten aus Dessau, die zu erfolgreich gegen Neo-Nazis vorgegangen sind und deshalb von ihrem Vorgesetzten versetzt worden sind. Gegen einen der drei versetzten Beamten wurde zudem anschließend wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt.
Weiter soll Glombitza angedeutet haben, Innenministerium, Landeskriminalamt und alle Polizeidirektionen seien "nicht glücklich" mit dem Anstieg rechter Straftaten. Dadurch werde das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung empfindlich gestört und "das Ansehen unseres Landes könnte nachhaltig geschädigt werden", heißt es in dem Protokoll.
Gemeint ist hier eben die Anzahl der erfassten Straftaten, die durch die drei Polizisten stark angestiegen ist. Diese Vorgänge sind nicht als Rufmord zu bezeichnen, jedoch klar als "Entledigung unbequemer Personen", auch wenn die Beamten ja noch weiter im Staatsdienst tätig sind.


Desweiteren hätte ich noch die Kampagne gegen Sarkozy anzuführen, in die angeblich ja auch Dominique de Villepin verwickelt gewesen sein soll und die nun eigentlich ja schon drei Jahre her ist, jetzt aber aufgerollt wird.

Naja, den US-Wahlkampf lasse ich mal außen vor, der ist wie wohl die meisten seiner Art ja recht schmutzig. Außerdem kann man dort ja nicht unbedingt davon sprechen, dass irgendwelche Befehle zur Reputationsbeschmutzung von "höheren Kreisen" kommen.

So, mehr wollte ich eigentlich nicht hinterherschieben, die Diskussion ist ja inzwischen weiter fortgeschritten.

Ich denke es scheint zwar an sich eine "humanere" Art zu sein, schleichender und nicht so "konsequent", aber der Schmutz der dabei aufgewirberlt wird und vor allem entsteht (Lügen, Intrigen), kann manchmal ebenso grausam sein wie eine Exekution. Ich denke, das ist zumindest verständlich, oder nicht.
 

tweety

Geselle
9. Februar 2006
42
Ich kann es verstehen, dass diese Ausbreitung von EU und NATO direkt ins ehemalige Sowjetreich in Moskau zu mehr als nur diplomatischem Sodbrennen führt. Schließlich waren diese Gebiete kein Hinterhof sondern fast schon Kernland der UdSSR.

Aber niemals aus freien Stücken, sondern gezwungenermassen. Der Unterschied ist, dass sich die UDSSR die Länder zwangsweise als Vasallenstaaten einverleibt hat. Die Ausbreitung der EU bzw. Nato beruht hingegen auf dem freien Willen der jeweiligen Bevölkerung bzw. der frei gewählten Regierungen. In meinen Augen ist das ein gravierender Unterschied. Immerhin handelt es sich um souveräne Staaten, auch wenn Herr Putin das lieber anders sehen würde.
 

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