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Feuerbach - Projektionstheorie

Don

Großer Auserwählter
10. April 2002
1.692
Ich denke ich werfe mal einen Link hier rein und einen Teil des Textes. Brisant ist das Thema seit Beginn der Niederschrift.

Hier ein Auszug:


Die Ursache für die Entstehung des Glaubens an Gott ist nach Feuerbach niemand anderer als der Mensch, der nach sich selber sucht. Der Mensch ist ein Mängelwesen: er ist vom Tod bedroht, von Leid, Krankheit und Elend. Der Mensch sehnt sich aber nach Vollkommenheit, Unsterblichkeit, ewiger Gesundheit ...

Hier der LINK dazu.

Ich denke das wichtigste ist sachlich bleiben.....



mfg Don
 

Lyle

Vorsteher und Richter
16. Februar 2003
777
Feuerbach hatte gar nicht mal so unrecht und doch lag er sehr weit von der Wahrheit entfernt (Als Gläubiger kann ich es mir leisten das zu sagen)

Bei Feuerbachs These gibt es erst mal drei Problemfelder auf die ich hinweisen möchte:
Es glaube schon, dass es stimmt, dass Menschen Ängste und Bedürfnisse haben, die sie mit der Vorstellung eines Gottes besänftigen wollen. Die Erklärung unbekannter Naturphänomene ist im Preis dann auch gleich mit inbegriffen. Das Problem an Feuerbachs These ist hier nur, dass das nichts über die Existenz dessen aussagt, was sich vorgestellt wird.
Wenn man sich z.B. wünscht, dass der Partner einen liebt, dann ist das mit Sicherheit etwas, dass in den menschlichen Bedürfnissen verankert ist. Man braucht Liebe, und darum wünscht man sie sich und stellt sich vor, dass der Partner einen liebt. Aber bedeutet dass denn automatisch, dass der Partner einen dann nicht liebt, dass die Liebe eben nur Einbildung ist? Ich hoffe doch, dass das nicht der Fall ist.
Nur dass der Mensch sich also Gott vorstellt, sagt nichts darüber aus, ob Gott existiert oder nicht.
Feuerbachs These ist übrigens nicht ganz so neu. Schon in der Bibel wird berücksichtigt, dass die Menschen die Neigung haben sich Gott so vorzustellen, wie sie ihn gerne hätten. Aus diesem Grund gibt es ja auch das Gebot sich eben keine Gottesvorstellung zu machen.

Das zweite Problem an der Projektionsthese ist, dass sie, solange sie so im Raum steht, einfach nur einen These ist. Ich könnte genau so gut sagen, dass Al Kaida nicht existiert, sondern SIE sie nur erfunden haben. SIE wollten ein Feindbild schaffen, auf dass sie die Aggressionen lenken, um uns besser kontrollieren können.
Soll heißen, um Feuerbachs These auf einen sichereren Boden zu stellen, bräuchte es eine Untersuchung über die Gottesvorstellungen verschiedenster Kulturen. Wenn Feuerbach recht hat, müssten diese einen deutlichen Zusammenhang mit den Problemen und Bedürfnissen der Menschen aufweisen. Hast Du dazu irgendwelche Links oder Informationen?

Problem Nummer drei sind Offenbarungen übernatürlicher Mächte, d.h. wo eine übernatürliche Macht in das Leben eines oder mehrer Menschen eingegriffen hat. Nach Feuerbach dürften diese gar nicht auftreten. Man kann versuchen dieses Problem zu lösen, indem man die Phänomene mit Psychologie, Zufall, Selbsterfüllenden Prophezeiungen und ähnlichem Handwerkszeug wegerklärt. Bei manchem / vielem gelingt das auch ganz gut, aber meiner Ansicht nach längst nicht bei allem. Ich hab vor kurzem übrigens mal die selbst erzählte Geschichte eines ehemaligen Yanomamo-Schamanen (Indianerstamm am Amazonas, beliebtes Betätigungsfeld von Anthropologen) gelesen: Was es da nicht so alles gibt 8O. Das Buch sollte auch ein gutes Mittel für die sein, die von dem paradiesischen Leben der unberührten Naturvölker schwärmen.
 

agentP

Ritter Kadosch
10. April 2002
5.361
Wenn Feuerbach recht hat, müssten diese einen deutlichen Zusammenhang mit den Problemen und Bedürfnissen der Menschen aufweisen.
Einige nordamerikanische Indianer verehrten einen weissen Büffel als Inkarnation ihres Gottes, also ein Geschöpf auf dem ihre gesamte wirtschaftliche Existenz basierte. Ähnliche Beispiele gibt es zuhauf. Da du nach Quellen fragst, kann ich dir das Buch "Fauler Zauber - Unsere Sehnsucht nach der anderen Welt" des amerikanischen Ethnologen und Anthropologen Marvin Harris empfehlen, der sich zu diesem Thema ausgiebig bei diversen Naturvölkern umgesehen hat, unter anderem auch bei den von dir genannten Yamomamo und recht anschaulich belegt, daß sich eine Verbindung zwischen wirtschaftlichen und soziologischen Bedürfnissen und der Form der angebeteten Gottheit estaunlich oft herstellen lässt. Auch den Monotheismus stellt er in Verbindung mit sozio-kulturellen Entwicklungen, so zum Beispiel das Votum Roms für den christlichen Gott vor dem Hintergrund einer immensen Bedrohung von aussen durch die beginnende Völkerwanderung.

Bei manchem / vielem gelingt das auch ganz gut, aber meiner Ansicht nach längst nicht bei allem.
Die meisten dieser Vorfälle passieren ja auch zufällig hartnäckig immer dann, wenn keine geeigneten Meßbedingungen oder neutrale Zeugen in der Nähe sind.

Man braucht Liebe, und darum wünscht man sie sich und stellt sich vor, dass der Partner einen liebt. Aber bedeutet dass denn automatisch, dass der Partner einen dann nicht liebt, dass die Liebe eben nur Einbildung ist? Ich hoffe doch, dass das nicht der Fall ist.
Schönes Beispiel: Wenn die Liebe meines Partners real ist, dann wird er sie aussprechen und auf verschiedene Art zeigen und zwar so, daß es unerheblich ist ob ich mit Liebe darauf antworte. Also egal ob ich daran glaube oder nicht
 

Lyle

Vorsteher und Richter
16. Februar 2003
777
Einige nordamerikanische Indianer verehrten einen weissen Büffel als Inkarnation ihres Gottes, also ein Geschöpf auf dem ihre gesamte wirtschaftliche Existenz basierte. Ähnliche Beispiele gibt es zuhauf. Da du nach Quellen fragst, kann ich dir das Buch "Fauler Zauber - Unsere Sehnsucht nach der anderen Welt" des amerikanischen Ethnologen und Anthropologen Marvin Harris empfehlen, der sich zu diesem Thema ausgiebig bei diversen Naturvölkern umgesehen hat, unter anderem auch bei den von dir genannten Yamomamo und recht anschaulich belegt, daß sich eine Verbindung zwischen wirtschaftlichen und soziologischen Bedürfnissen und der Form der angebeteten Gottheit estaunlich oft herstellen lässt
Danke für die Quellenangabe.
Aber sollte "erstaunlich oft" nicht eigenlich "immer" sein? Ich bin ja übrigens durchaus der Ansicht, dass Feuerbachs These für viele Menschen / Religionen / Religionsausprägungen zutrifft. Ich schließe da das Christentum in manchen seiner Erscheinungsformen, z.B. auch die Christanisierung des römischen Reiches, auch gar nicht aus. Wobei ich mich bei Rom allerdings frage, ob die Religion da nicht eher direkt als politisches Mittel eingesetzt wurde, als das sie aus unbewusster Projektion entstanden wäre.
Nur formuliert Feuerbach ja einen universal gültigen Anspruch, der dann auch immer zutreffen müsste. Oder hab ich da was falsch verstanden?


Schönes Beispiel: Wenn die Liebe meines Partners real ist, dann wird er sie aussprechen und auf verschiedene Art zeigen und zwar so, daß es unerheblich ist ob ich mit Liebe darauf antworte. Also egal ob ich daran glaube oder nicht
Das hast wiederum Du gut gesagt. Allerdings kann mich ich auch weigern diese Liebe wahrzunehmen und die Aussagen für Lügen / Märchen / Beruhigungspillen halten.
 

hives

Ritter Rosenkreuzer
20. März 2003
2.785
Lyle schrieb:
Nur formuliert Feuerbach ja einen universal gültigen Anspruch, der dann auch immer zutreffen müsste. Oder hab ich da was falsch verstanden?

Der Anspruch ist sicher universal gültig - seine Theorie ist jedoch nicht falsifiziert, wenn bestimmte Phänomene (und seien sie scheinbar noch so zentral) nicht monokausal erklärt werden können...

Feuerbach selbst:
"Der Mensch glaubt an Götter nicht nur, weil er Phantasie und Gefühl hat,
sondern auch, weil er den Trieb hat, glücklich zu sein"

aber:
"Hätte der Mensch keine Wünsche, so hätte er trotz Phantasie und Gefühl keine Religion, keine Götter."


Der Wunsch als eine Art Initiator ist offenbar gemäß Feuerbach eine notwendige Bedingung für die Gottesvorstellung, nicht unbedingt aber der alleinige Grund, und sicher nicht der einzige Einfluss. Ganz zweifellos spielen viele andere Aspekte mit hinein, etwa soziale Komponenten, sonstige Umwelteinflüsse oder kulturelle Traditionen, aber die psychologische Motivation ist für Feuerbach eine wesentliche Komponente - das bedeutet nicht, dass sich jede Einzelheit in diesem Kontext begreifen lässt, sondern dass die Wünsche des Menschen in der Entstehung und Aufrechterhaltung von Gottesvorstellungen und allgemein religiösen Kulten eine wesentliche, tragende Rolle spielen.
Es wird nicht ein komplettes Bild projiziert - vielleicht sollte man eher an ein Schattenspiel denken... die Wünsche sind nur eine (die) mehr oder weniger diffuse Lichtquelle...


"Und so verschieden sind die Wünsche, so verschieden sind die Götter, und die Wünsche so verschieden, wie es die Menschen selbst sind."

Das macht eine kritische Prüfung in Details schwierig. Weniger problematisch ist es, einzelne Gottheiten, Mythen, oder die jeweilige Stellung einzelner Gottheiten im Pantheon mit den rekonstruierten äußeren Umständen der betreffenden Kulturen und Gemeinschaften zu vergleichen, was auch immer wieder geschieht.
Aber für die ("abgemilderte") These lassen sich nur schwer Falsifikationskriterien finden, da es keine eindeutigen Folgerungen gibt...



Feuerbach selbst richtete sich ansonsten vor allem gegen Hegels Absoluten Idealismus und diverse Rechtshegelianer - was ich durchaus sympathisch finde... sein recht kompromissloser Schreibstil kann vielleicht auch als unterstrichene Absage an die etablierte idealistische Geisteswissenschaft verstanden werden...


mfg
 
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