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BND und (ex)jugoslawien

ColonelKurtz

Lehrling
19. März 2003
3
habe ein äusserst interessantes interview im netz gefunden

BND und Jugoslawien

Interview mit Antun Duhacek, dem Geheimdienstchef von Tito




"Sie haben Jugoslawien zerstört!", sagte der kroatische Präsident Stipe Mesic Anfang Oktober vor dem Haager UN-Tribunal zu Slobodan Milosevic. Mesic wolle damit nur von seiner eigenen Schuld und den deutschen Drahtziehern ablenken, meint dagegen dessen Landsmann Antun Duhacek, der unter Tito Chef des jugoslawischen Geheimdienstes war

Elsässer: Deutschlands Rolle bei der Zerschlagung Jugoslawiens Anfang der neunziger Jahre war von großer Bedeutung, vor allem was die selbst gegen Einwände der Nato-Partner vorgenommene diplomatische Anerkennung der Sezessionsrepubliken Kroatien und Slowenien anging. Welche geheimdienstlichen Erkenntnisse gibt es über die Einzelheiten?

Duhacek: Deutschlands Position wurde von Italien, Österreich und dem Vatikan unterstützt. Der Bundesnachrichtendienst koordinierte die Unterstützung für die Sezessionisten und übernahm Ende der achtziger Jahre die direkte operative Führung des kroatischen Auslandsgeheimdienstes - der war de jure noch Teil des gesamtjugoslawischen Dienstes UDBA, de facto schon seit den frühen siebziger Jahren praktisch ohne Belgrader Kontrolle. Bei einem persönlichen Treffen zwischen Bundesaußenminister Genscher und dem kroatischen Geheimdienstchef Josip Manolic im Februar 1990, im Vorfeld der Wahlen im - damals noch zu Jugoslawien gehörenden - Kroatien, hat Genscher 800 Millionen Mark versprochen. Manolic wollte das Geld gleich in bar mitnehmen, der spätere Präsident Franjo Tudjman und sein damaliger Mitstreiter Stipe Mesic warteten dringend darauf. Schließlich floß das Geld erst kurz nach den Wahlen im März 1990. Leute des BND übergaben die 800 Millionen Mark in Zagreb, cash.

Elsässer: Das muß ein ziemlich schwerer Koffer gewesen sein.

Duhacek: Die Deutschen haben ja auch eine Gegenleistung dafür bekommen. Manolic hatte im Februar 1990 mit dem BND ein sehr weitreichendes Geheimabkommen geschlossen. Es umfaßte im wesentlichen drei Punkte: 1. Zusammenarbeit des von ihm kontrollierten kroatischen Dienstes mit dem BND im Vorgehen gegen Jugoslawien und Serbien. 2. Der BND stellt seinen kroatischen Partnern alle Aufklärungsergebnisse zur Verfügung, die er und befreundete Nato-Dienste in und über Jugoslawien sammeln, zum Beispiel über die Situation in der Jugoslawischen Armee, ihre Truppenbewegungen und so weiter. Das sollte bei den bald beginnenden militärischen Auseinandersetzungen ein großer Vorteil für Zagreb werden. 3. Manolic unterstellt einen Teil seiner Informanten und informellen Mitarbeiter, zum Beispiel in Belgrad, direkt dem BND.

Elsässer: Erich Schmidt-Eenboom nimmt in Der Schattenkrieger, seinem Buch über die BND-Aktivitäten von Klaus Kinkel, an vielen Stellen auf Sie bezug. Bei ihm heißt es aber, daß schon "unmittelbar vor dem Tode Titos" in Zagreb "alle Entscheidungen in strategischen Fragen nur noch in Absprache ... mit BND-Instanzen und Ustascha-Repräsentanten getroffen werden". Das war zu Beginn der achtziger Jahre.

Duhacek: Das waren enge Kontakte, aber sie mußten noch verdeckt abgewickelt werden. Die heiße Phase beginnt erst Ende der achtziger Jahre, als aus dem Apparat, den Manolic und sein Ziehvater Ivan Krajacic im Verborgenen aufgebaut haben, der offizielle Geheimdienst des neuen kroatischen Staates wird. Ab ungefähr Mai 1990 funktioniert dieser Geheimdienst wie ein Anhängsel des BND. Die deutsche Seite verlangte für ihre Leistungen eine totale Unterordnung des kroatischen Dienstes, und das hat sie bekommen. Zum Beispiel bestimmten die Deutschen, welche kroatischen Emigranten Pässe bekommen sollten. Nach 1945 hatten bekanntlich viele Aktivisten der faschistischen Ustascha-Bewegung das Land verlassen müssen und dann in der ganzen Welt verstreut gelebt. Der BND legte 1990 fest, welche dieser extremistischen Kader mit Pässen ausgestattet wurden, damit sie zurückkommen konnten. Diese Heimkehrer haben sich dann in die Regierung des neuen kroatischen Staates eingekauft, 300.000 Mark kostete etwa der Posten eines Ministerialbeamten. Präsident Tudjman setzte voll auf diese Leute.

Elsässer: Tudjmans enge Verbindungen zum BND einerseits, zu alten Ustascha-Faschisten andererseits verdichten sich in der Person von Ernest Bauer. Der Jugoslawe "volksdeutscher" Herkunft war während des Zweiten Weltkriegs Oberst des Ustascha-Geheimdienstes UNS, wurde danach vom BND-Chef Reinhard Gehlen übernommen, reaktivierte für diesen sein Agentennetz in Zagreb und führt es bis Anfang der neunziger Jahre. Als Tudjman 1990 seine nationalistisch-kroatische Partei HDZ gründet, mit der er den Sezessionsstaat fast die gesamten neunziger Jahre regieren sollte, residiert er während der gesamten vier Tage des Gründungskongresses bei Bauer. Nachdem Tudjman Präsident geworden ist, macht er den hochbetagten Geheimdienstmann zu seinem Sonderbeauftragten im Bundespresseamt in Bonn.

Duhacek: Es gibt noch bessere Beispiele für die Macht des BND über seine kroatischen Partner. Zum Beispiel verlangte der BND 1993/94 eine Säuberung des kroatischen Dienstes. Alle Leute, die aus einer Partisanentradition stammen, mußten gehen. Dazu muß man wissen, daß das gesamte Tudjman-Projekt, der neue kroatische Staat und all seine Institutionen, zunächst einen Kompromißcharakter trug. Der kroatische Nationalismus und die Feindschaft gegen Jugoslawien waren die gemeinsamen Nenner; auf dieser Plattform trafen sich die Kräfte, die sich während des 2. Weltkrieges noch bekämpft hatten, nämlich Nationalkommunisten und Ustascha-Faschisten. Nun verlangte der BND, daß erstere hinausgesäubert werden. Deswegen wurde Josip Manolic in den Geheimdienststrukturen entmachtet, und Stipe Mesic verließ mit ihm und einigen anderen frustriert die Tudjman-Partei HDZ und gründete eine eigene.

Elsässer: Das hat der BND verlangt?

Duhacek: Tudjman hat es sogar zugegeben. 1994 schrieb er über seinen Bruch mit Manolic: "Als es zu einer solchen Situation mit Herrn Manolic kam, das muß ich dazu noch sagen - 1992, als wir formell anerkannt waren, aber noch keine wirklichen Freunde hatten -, kamen die Vertreter einer der Hauptmächte der Welt zu mir und sagten: ‚Herr Präsident, Sie sind sich wahrscheinlich bewußt, daß Sie eine neue Verteidigungs- und Sicherheitsstruktur aufbauen müssen. Wir sind bereit, Ihnen dabei zu helfen, aber bitte ohne Joza Manolic."

Elsässer: Aber was sollte der BND gegen Manolic haben? Er war doch der Mann gewesen, der den Deutschen 1990 den kroatischen Dienst ausgeliefert hatte.

Duhacek: Der BND mißtraute den Leuten, die aus der Partisanentradition kamen, die hatten schließlich vier Jahre lang gegen die Deutschen gekämpft. Die erschienen ihm nicht sicher, jedenfalls nicht auf lange Sicht. Nehmen Sie etwa Manolic. Er ist Träger des Partisanenordens "Kämpfer des ersten Tages". Oder Mesic: Der hat zwar zugegeben, daß er 1991 Kontakte zum BND hatte - er war damals Vorsitzender des jugoslawischen Staatspräsidiums ...

Elsässer: ... und der BND half ihm dabei, in diesem Amt möglichst destruktiv zu sein.

Duhacek: Sicher. Aber Mesic hatte im Zweiten Weltkrieg 16 Familienmitglieder verloren, von den Faschisten ermordet. Der war nicht zuverlässig, in den Augen der Deutschen.

Elsässer: Aber aus dem Zitat Tudjmans geht nicht klar hervor, wer die Ablösung von Manolic verlangt hat. Er sagt nur "Vertreter einer der Hauptmächte der Welt". Könnten das nicht auch die US-Amerikaner gewesen sein, die, nachdem sie zunächst gegen die Anerkennung der Sezessionsstaaten gewesen waren, zu Beginn der Clinton-Präsidentschaft den Kurs wechselten, selber Einfluß in Zagreb bekommen und deswegen den pro-deutschen Manolic entmachten wollten?

Duhacek: Nein, die US-Amerikaner hatten keinerlei Einfluß. Die Deutschen waren absolut dominant. Und als 1995 US-Militärberater die kroatische Offensive zur Eroberung der Krajina (und der Vertreibung der serbischen Bevölkerung) dirigierten, taten sie das auf Wunsch der Deutschen. Kohl und Genscher wollten sich nicht die Finger schmutzig machen, ein deutscher Militäreinsatz wäre damals innenpolitisch nicht populär gewesen. Aber die Deutschen haben die Waffen geliefert, vor allem Restbestände aus den ehemals sozialistischen Ländern Polen, Tschechoslowakei und DDR.

Elsässer: Mittlerweile ist die Tudjman-Partei HDZ in Kroatien abgewählt, im Jahre 2000 wurde Mesic Präsident. Haben die Deutschen also ihren Einfluß verloren? Mesic müßte, nach allem was Sie geschildert haben, ziemlich sauer auf den BND sein.

Duhacek: Man hat sich arrangiert. Mesic kann nicht ohne die Deutschen, und die Deutschen können nicht ohne ihn, zur Zeit jedenfalls nicht. Tudjman ist tot, seine rechte Hand Gojko Susak, der erste Verteidigungsminister, ebenfalls. Und daß Mesic sich jetzt bemüht, einige der 300.000 vertriebenen Serben nach Kroatien zurückzuholen, ist auch für Deutschland als Hauptwirtschaftspartner sinnvoll: Gebiete wie die Krajina und Slawonien sind seit der ethnischen Säuberung durch die kroatischen Nationalisten wie entvölkert, so liegt ein Drittel des Landes wirtschaftlich brach.

Elsässer: In Kroatien werden Sie steckbrieflich gesucht. Warum?

Duhacek: Weil ich in mehreren Büchern und Zeitungsartikeln ausgepackt habe, wie der neue Staat zustande gekommen ist. Besonders nehmen Sie mir übel, daß ich das als gebürtiger Kroate gesagt habe.

Elsässer: Das ist in der Tat ungewöhnlich. Sind Sie ein Vaterlandsverräter?

Duhacek: Mein Vaterland ist Jugoslawien. Als die Nazis Jugoslawien besetzt haben, habe ich mich den Partisanen angeschlossen. Kommunist wurde ich erst später. Als die kroatischen Nationalisten um Tudjman mit den ehemaligen Helfershelfern der Nazis, den Ustaschen, sich erneut an die Zerstörung Jugoslawiens machten, verteidigte ich mein Land zum zweiten Mal. Und als das neue Kroatien zur Vertreibung der Serben schritt, stellte ich mich denen 1991 in Slawonien als Militärberater zur Verfügung. Das war schließlich die Gegend, wo ich auch als Partisan gekämpft hatte.

Elsässer: Milosevic will Sie als Zeuge nach Den Haag einladen. Werden Sie gehen?

Duhacek: Als das vor einigen Wochen in der Zeitung stand, habe ich sofort wieder Morddrohungen bekommen. Aber ich lasse mich nicht einschüchtern, ich werde hingehen, wenn ich vorgeladen werde.

Elsässer: In der Phase, über die wir gesprochen haben, waren Sie nicht mehr im aktiven Dienst. Woher haben Sie Ihre Informationen, etwa was Genscher und seine 800 Millionen Mark angeht?

Duhacek: Ein Geheimdienstmann ist nie außer Dienst. Meine Quellen kann ich nicht preisgeben, wie Sie verstehen werden. Aber als Kroate kenne ich natürlich viele Kroaten bis hinein in die Ministerien, auch heute noch. Und Krajacic, den Paten von Tudjman und Manolic beim Aufbau der Sezessionsbewegung, kannte ich besonders gut. Mit ihm habe ich vor seinem Tod ungefähr 200 mehrstündige Gespräche geführt. Er war als Geheimdienstmann ein Naturtalent, hat im Zweiten Weltkrieg sowohl für die Komintern wie für die Gestapo gearbeitet. Er zog die Fäden für die Sezession schon seit damals.

Elsässer: Und warum hat er Ihnen alles erzählt?

Duhacek: Vielleicht aus Sentimentalität. Er kommt aus dem Nachbardorf, seine Schwester habe ich 1941 in die KP aufgenommen, mit seinem Bruder war ich im Gymnasium und dann bei den Partisanen. "Antun, wenn Du über mich schreibst, geize nicht mit Lob", sagte er mir auf dem Totenbett, "denn ich war ein kleiner Gott, und mein einziger Wunsch war ein reines Kroatien".

Zur Person: Antun Duhacek (Bildmitte) im Generalstab der Jugoslawischen Volksarmee, Belgrad 1945. Seit 1950 arbeitete Duhacek für den jugoslawischen Geheimdienst UDBA und war von 1955 bis 1968 dessen Direktor. Von 1969 bis 1974 war er Abgeordneter im kroatischen Republiksparlament und u.a. Sprecher für Volksgruppenfragen. Von 1991 bis 1994 fungierte er im kroatischen und bosnischen Bürgerkrieg als Militärberater der Serben. Seit 1998 lebt er in Jugoslawien.
quelle: http://www.juergen-elsaesser.de/html/template.php?inhalt=../de/inhalt_archiv1.html#balkan

wenn jemand mehr zum thema weiss oder andere themenrelevante links kennt, würde ich mich freuen darüber hier zu lesen.
 
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